Dr. Johannes
Staehelin, Institut für Atmosphäre und Klima, Eidgenössische
Technische Hochschule Zürich, ETH-Hönggerberg |
Ozon, Flugzeuge, Klimaveränderungen |
Montag, 29. Oktober 2001 |
Zu Beginn der
70er Jahre wurde die mögliche Schädigung der Ozonschicht diskutiert,
die durch eine geplante Flotte an Verkehrsflugzeugen, die mit Überschallgeschwindigkeit
in der unteren Stratosphäre fliegen sollte, entstehen könnte.
Als diese (amerikanischen) Flugzeuge nicht gebaut wurden, büsste das
Problem sein grosses Interesse ein. Die Reiseflughöhe der heutigen
Verkehrsflugzeuge beträgt etwa 10-11 km über Meer, weshalb der
grösste Teil der Emissionen in mittleren Breiten in der Nähe
der Tropopause erfolgt. Es stehen in der Diskussion der globalen atmosphärischen
Folgen des Flugverkehrs die Einflüsse auf das Klima (d.h. die Veränderung
der Strahlungsbilanz der Erde, englisch das "Radiative Forcing") im Vordergrund.
Am Vortrag soll das heutige Wissen zusammengefasst werden, so wie es im
Bericht des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change, 1999) "Aviation
and the global Atmosphere" beschrieben ist. Die globalen Auswirkungen des
Flugverkehrs setzen sich aus drei etwa gleichen Beiträgen zusammen:
1. die Emissionen von Kohlendioxid; 2. auf Reiseflughöhe bewirken
die Stickoxide eine Erhöhung der Ozonkonzentration, das in Tropopausennähe
ein sehr starkes Treibhausgas ist; 3. Kondensstreifen. Es sollen auch Rückkoppelungseffekte
aufgezeigt und die grossen Unsicherheiten der Abschätzungen diskutiert
werden. Nach dem heutigen Wissen sind die globalen klimatischen Auswirkungen
des Flugverkehrs im Vergleich zu den anderen klimawirksamen menschlichen
Emissionen vergleichsweise klein. Es muss aber berücksichtigt werden,
dass der weltweite Flugverkehr in den letzten Jahrzehnten sehr rasch zugenommen
hat und auch ein weiteres grosses Wachstum erwartet wird. |
Prof. Dr. Volker Dietrich,
Institut für Mineralogie und Petrographie der ETH Zürich |
"GEOWARN" - Entwicklung eines
vulkanologischen Frühwarnsystems |
MONTAG, 12. NOVEMBER 2001 |
Die rasante
Entwicklung moderner Technologien (satellitengestützte Fernerkundung,
geodätische, geophysikalische und geochemische Messmethoden) haben
gezeigt, dass frühzeitige Erkennung vulkanischer Aktivität verbunden
mit Erdbebentätigkeit durchaus möglich ist. Grosse Teile Süd-
und Südosteuropas liegen in tektonisch, seismisch und vulkanisch aktiven
Zonen. Mit stetigem Bevölkerungswachstum, Konzentration auf städtische
Agglomerationen und Industriezentren und wachsendem Tourismus steigen Verwundbarkeit
und Risiken gegenüber Naturkatastrophen überproportional. Sozio-ökonomische
Aspekte, Planung neuer Siedlungs- und Industriegebiete, Tourismus, Landschafts-
und Gewässerschutz sowie Umweltverträglichkeit im Sinne nachhaltiger
Entwicklung verlangen vermehrt nach einer umfassenden Beurteilung und Vorhersage
von Naturgefahren und möglicher Katastrophen. Das Projekt "GEOWARN",
finanziert durch die Europäische Kommission und das schweizerische
Bundesamt für Bildung und Wissenschaft, hat das Ziel, eine Vielzahl
von Messreihen gekoppelt mit Satellitenbeobachtungen in kohärenter
Form innerhalb eines räumlichen geographischen Informationssystems
(GIS) zu integrieren. Über ein interaktives und benutzerfreundliches
Multimediawerkzeug (Atlassystem) werden auf einer Internet Plattform oder
auf CD-ROM 2- und 3-dimensionale graphische Daten (Meeresboden- und Geländemodelle,
Geologie, Tiefenstrukturen, Tomographie) mit numerischen Messdaten verknüpft.
Aus neu generierten Korrelationen verschiedenartiger Datensätze und
Verknüpfung von Oberflächen können sinnvolle Parameter evaluiert
werden, welche neu auflebende vulkanische Aktivität eines "schlafenden
Vulkanfeldes" frühzeitig erkennen lassen. Parallel können aus
den Datensätzen Gefährdungskarten modelliert und Katastrophenszenarien
simuliert werden. Diese stellen die Grundlage eines Frühwarnsystems
dar, aufgrund dessen die Planung von Krisen- und Katastrophenhilfe ablaufen
kann. Als ideale "Laboratorien"des Projektes GEOWARN wurden zwei geodynamisch
aktive "schlafende Vulkanfelder" gewählt: Die Inselgruppe Kos-Yali-Nisyros
in der Südostägäis (Griechenland) und die Phlegräischen
Felder (Solfatara-Vulkan), auf denen ein Teil der Stadt Neapel liegt. Die
interaktive Gestaltung des multimedialen GEOWARN Atlassystems erlaubt durch
seine benutzerfreundliche Visualisierungstechnologie die breite Streuung
von Informationen via Internet. Sie soll einer sinnvollen Einschätzung
von Vulkanausbrüchen und Bewältigung von möglichen katastrophalen
Ereignissen dienen. |
Prof. Conradin A. Burga,
Geographisches Institut der Universität Zürich |
Madagaskar von der Île
verte zur Île rouge |
MONTAG, 26. NOVEMBER 2001 |
Madagaskar
weist als viertgrösste Insel der Erde eine ausserordentlich hohe Biodiversität
mit teilweise über 90% endemischen Pflanzen- und Tierarten auf. So
gedeihen hier etwa 1000 heute bekannte Orchideen-Arten, mehr als auf dem
ganzen Kontinent Afrika. Obschon das ehemals "grüne Paradies" der
Seefahrer erst seit etwa Christi Geburt dauernd von Menschen besiedelt
ist (hauptsächlich durch Einwanderer aus dem heutigen Indonesien),
wird man heute mit einer erschreckend rasch fortschreitenden Umweltzerstörung
konfrontiert. Die Hauptursachen dafür sind kulturelle und geschichtliche
Aspekte der Besiedlung. Im Zentrum steht die durch die Rinderhaltung bedingte
Waldzerstörung. Armut und Überbevölkerung üben auf
die Umwelt Madagaskars einen hohen Druck aus, so dass heute bereits rund
90% des Waldes zerstört sind und dem Lebensraum Wald angepasste Pflanzen-
und Tierarten, insbesondere noch nicht beschriebene Arten, z.T. bereits
ausgestorben bzw. sehr gefährdet sind. Die alarmierende Zerstörung
des reichen Naturpotenzials ist von den Madagassen zu spät erkannt
worden und bedroht nun deren Lebensgrundlagen. Verschiedene Experten für
Entwicklungsländer haben Lösungsansätze evaluiert, um der
Naturzerstörung Madagaskars Einhalt zu gebieten. Im Vortrag werden
die verschiedenen angesprochenen Aspekte diskutiert und durch zahlreiche
Dias illustriert. |
Prof. Thomas F. Lüscher,
F.C. Tanner, Z. Yang, B. Herren, M. Turina, HerzKreislaufZentrum, Kardiologie
und Herzgefässchirurgie, Universitätsspital und Kardiovaskuläre
Forschung, Institut für Physiologie, Universität Zürich,
Schweiz |
Gentherapie bei Arteriosklerose,
Restenose und venöser Bypassgrafterkrankung |
MONTAG, 10. DEZEMBER 2001 |
Heutige therapeutische
Strategien bei Herz- und Kreislauferkrankungen haben noch viele Nachteile.
So erlauben sie meist nur eine Behandlung aber nicht Heilung. Zudem müssen
die meisten Medikamente lebenslang eingenommen werden. Die Gentherapie
ist eine neue Therapie, insofern als sie versucht die Biologie des Zielorgans
Erkrankung, in diesem Fall Koronararterien und Bypassgefässe zu verändern.
Die Gentherapie erfordert ein gutes Verständnis der molekularen und
zellulären Mechanismen einer Erkrankung; dabei versucht sie ein defektes
Gen zu ersetzen oder ein Gen zu überexprimieren, welches die Fähigkeit
besitzt mit Mechanismen einer Erkrankung zu interferieren. Bei der Bypassgrafterkrankung
und der Restenose nach Ballondilatation ist die Proliferation von Gefässmuskelzellen
und Adhäsion von Thrombozyten wichtig. Entsprechend hat man daran
gedacht ein Gen zu finden, welches wenn überexprimiert diese beide
Ereignisse unterdrückt. Die endotheliale Nitric Oxide Synthase (eNOS)
reguliert Gefässtonus, Proliferation und Thrombozyten-adhäsion.
Eine Ueberexpression der eNOS in menschlichen Gefässmuskelzellen hemmt
den Zellzyklus und damit die Gefässzellproliferation. In Explantaten
der menschlichen Vena saphena (welche als Bypassgraftgefäss Verwendung
findet) konnte damit das Wachstum von Gefässmuskelzellen aus diesen
Biopsien gehemmt werden, wahrscheinlich durch Hemmung von Proliferation
und Migration. Zudem reduzierte eine vaskuläre eNOS Transfektion die
Adhäsion von Thrombozyten. Ein anderes Konzept ist die Suche nach
zentralen Regulationsmechanismen der Genexpression als Ziele therapeutischer
Interventionen. Transkriptionsfaktoren bieten sich dabei an. Nf Kappa B
ein Transkriptionsfaktor, welcher viele Gene reguliert, welche bei der
Arteriosklerose wichtig sind, so Adhäsionsmoleküle u.a.m.. Ein
anderer Transkriptionsfaktor ist E2F, welcher zellzyklusregulierende Gene,
welche für die Proliferation verantwortlich sind, reguliert. So kann
z.B. E2F mittels Doppelhelix Decoy Oligonukleotiden blockiert werden. Die
Arteriosklerose ist eine multifaktorielle Erkrankung und daher gentherapeutisch
schwieriger anzugehen. Mit zunehmendem Verständnis der molekularen
und zellulären Mechanismen der Arteriosklerose ist es denkbar, dass
Gene gefunden werden, welche zentral in der Regulation dieser chronischen
Entzündungserkrankung der Gefässwand involviert sind. Zusammenfassend
ist der vaskuläre Gentransfer in vitro und ex vivo machbar. Zunächst
bietet sich in der Kardiologie die Bypassgrafterkrankung, Restenose sowie
die Myozytentransplantation an. Dazu müssen allerdings noch technische
und andere Probleme gelöst werden, bis Patienten in den Genuss dieser
revolutionären und möglicherweise auch anhaltenden Behandlungsmöglichkeiten
kommen können. |
Dr. Achim Gandorfer, Institut
für Astronomie, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich |
MODERNE BEOBACHTENDE SONNENPHYSIK |
MONTAG, 14. JANUAR 2002 |
Die Sonne kann
als der "Rosetta-Stein" der Astrophysik bezeichnet werden, da das Studium
ihrer physikalischen Natur im Detail möglich ist, gleichzeitig aber
die hier gewonnenen Einsichten auf andere Sterne im Universum ausgedehnt
werden können. Die Rolle des Experimentators tritt in der Astrophysik
scheinbar in den Hintergrund - als passiver Beobachter ist man darauf angewiesen,
maximale Information aus dem Sonnenlicht (bzw. Sternlicht) zu ziehen. Am
Beispiel der Sonne soll aufgezeigt werden, wie in den letzten Jahren das
Zusammenspiel zwischen Technik und physikalischer Interpretation zu neuen
Erkenntnissen über "unseren Stern" geführt hat. |
Dr. Alex Rübel, Direktor,
Zoo Zürich |
Partnerschaft des Zoo Zürich
zum Schutz des Masoala regenwAldes in Madagaskar |
MONTAG, 28. JANUAR 2002 |
Im Jahre 1997
hat die Regierung Madagaskars entschieden, auf der Masoala Halbinsel, wo
sich der grösste restliche tropische Regenwald des Landes befindet,
einen Nationalpark zu gründen. Zur Evaluation sinnvoller Nationalparksgrenzen
brauchte es intensive Forschungsarbeiten im Bereich der Oekologie, der
Biologie und der Strukturen der Bevölkerung. Aus diesem Grund arbeitete
CARE zusammen mit Partnern, wie der ‘Wildlife Conservation Society’, ‘The
Peregrine Fund’, dem Zoo Zürich, Universitäten und Untersuchungsanstalten.
Diese führten zur Wiederentdeckung des Schlangenadlers und der Roteule,
sowie zur Entdeckung von neuen Geckos, Palmen- und Ameisenarten. In der
Bucht d’Antongil, zwischen der Halbinsel und der Küste Madagaskars,
bringen die Buckelwale ihre Jungen zur Welt. CARE selbst besitzt langjährige
Erfahrungen auf den Gebieten der nachhaltigen Nutzung natürlicher
Resourcen, der partizipativen Entwicklungshilfe und der Institutionalisierung
der Aktivitäten. Im Rahmen des Zieles der Institutionalisierung arbeitete
CARE zusammen mit nationalen Instituten wie dem Ministerium des Eaux et
Fôret und der ANGAP, der halbprivaten Association National pour la
Gestion Durable des Aires Protégées. Das Projekt war auf
5-8 Jahre ausgelegt. Gemäss der Welt-Zoo-Naturschutzstrategie der
Zoologischen Gärten, die von der IUCN und dem WWF mitgetragen werden,
entwickelt sich auch der Zoo Zürich zu einem Naturschutzzentrum: Es
ist das Ziel des Zoo Zürich, durch ein attraktives Naturerlebnis,
mit den Tieren im Mittelpunkt, die Herzen der Besucher zu erobern. Gross
und Klein sollen für die Schätze und Wunder der Tierwelt begeistert
und angeregt werden, selbst einen Beitrag zum Naturschutz zu leisten. Auf
der Seite des Zoos geht es darum, eindrückliche Naturerlebnisse zu
ermöglichen und in einen überzeugenden, lehrreichen Zusammenhang
zu stellen. Eine naturnahe, tiergerechte Umgebung zeigt oekologische Zusammenhänge
und integriert den Menschen in einen Lebensraum, in dem von der Pflanze
zum Insekt und bis zum Säugetier ein Zusammenleben in einem Gleichgewicht
möglich ist. Der Zoo Zürich ist insbesondere beteiligt an der
Entwicklung von Aktivitäten, die direkt mit dem Park verbunden sind
und die durch Einkünfte eine langfristige Verwaltung des Parks garantieren
sollen. Dazu gehören der Aufbau von Pflanzschulen und die Unterstützung
des Oekotourismus mit Werbung. Der Park soll von der lokalen Bevölkerung
nicht als eine Exklusivzone gesehen werden, die den Zugang zu den Ressourcen
verringert, sondern als ein zusätzlicher Vorteil für eine nachhaltige
Entwicklung. |
Dr. Walter Dietl und Dr. Josef
Lehmann, Eidgenössische Forschungsanstalt für Agrarökologie
und Landbau, Zürich-Reckenholz |
Unser Vieh - unsere Wiesen und Weiden:
Wohin führt die Zukunft? |
Montag, 30. Oktober 2000 |
Gräser,
Klee und Kräuter sind für unser Vieh bis heute noch die wichtigsten
Nährstofflieferanten. In den letzten fünf Jahrzehnten hat sich
die jährliche Milchleistung unserer Kühe etwa verdoppelt. Junges,
gehaltreiches Wiesenfutter konnte den höheren Nährstoffanspruch
der Tiere weitgehend decken. Nun stösst der "Futterbauer" jedoch an
ökologische und tierhalterische Grenzen.
In der heutigen agrarpolitischen Situation
ist es wichtig, auf diese Grenzen in Bezug auf Ertrag und Nährwert
von Futterpflanzen in der Milchviehfütterung hinzuweisen. 70% der
landwirtschaftlich genutzten Fläche in unserem Land sind mit Wiesen
und Weiden bedeckt. Eine pflegliche Bewirtschaftung dieser Flächen
trägt wesentlich zur Landschaftserhaltung und zur dezentralen Besiedelung
unseres Landes bei. Wird jedoch Wiesenfutter bei der Fütterung der
Hochleistungskuh immer stärker durch Kraftfutter (Getreide, Soja)
verdrängt, so ergeben sich gravierende Konsequenzen: Das Raufutter
verliert seine Rolle als Hauptnährstofflieferant, Kraftfutter (Ackerfrüchte)
werden vermehrt eingesetzt, die Milchproduktion verlagert sich von Graswirtschaftsgebieten
in Regionen mit optimalen Bedingungen für den Ackerbau. Man kann bei
der Hochleistungskuh auch nicht mehr von einer wiederkäuergerechten
Fütterung sprechen, da stärkehaltige Körnerfrüchte
und spezielle Futtermittel den grössten Teil der benötigten Nährstoffe
liefern. |
Dr. Fritz Gassmann |
EXKURSION ANS PAUL SCHERRER INSTITUT |
SAMSTAG, 18. NOVEMBER 2000 |
PROGRAMM:
14.30: Begrüssung im PSI-Forum durch Dr. Fritz
Gassmann
Einiges über das PSI
PSI-Video (7 Min.) und 3D-Film über Neutronen-Strukturanalyse (15
Min.)
15.00: Besichtigung der Exponate und "Hands-on-Experimente"
15.30: Kaffeepause
15.50: Einführung "Swiss Light Source" (SLS)
im Forum
16.00: Transfer zur SLS
16.10: Besichtigung der im Bau befindlichen SLS |
PD Dr. Marco Maggiorini, Med. Intensivstation,
Universitätsspital Zürich
Prof. Oswald Oelz, Chefarzt Med. Klinik,
Stadtspital Triemli, Zürich |
HIGH-SEIN IST GEFÄHRLICH: BERGKRANKHEIT
UND HÖHENLUNGENÖDEM |
MONTAG, 27. NOVEMBER 2000 |
Am
1. September 1891 erreichte nach zwei vergeblichen Anläufen der junge
Dorfarzt von Chamonix, Dr. Etienne Jacottet, den Gipfel des Montblanc.
Von dort sah er seine Heimatstadt Neuenburg und die Gestade des Genfersees.
Die folgende Nacht verbrachte er auf der Vallot-Hütte auf 4'350 m,
die so schlimm war, dass er sie seinem ärgsten Feind nicht zugemutet
hätte. Er litt an schwerer akuter Bergkrankheit, sein Urteilsvermögen
war getrübt, so dass er auch am folgenden Tag nicht ins Tal absteigen
wollte. Er starb wenige Stunden später an einem Höhenlungenödem,
der erste in der westlichen Literatur dokumentierte Fall.
Pro Jahr müssen in
der Schweiz mindestens zehn Höhenlungenödem-Patienten durch Helikopter
ausgeflogen werden, im Himalaja und in den Anden treten bedeutend mehr
solche Fälle auf. Die leichteren Formen der gesundheitsbedingten Höhenstörungen,
also die akute Bergkrankheit, finden sich je nach Höhe des Untersuchungsortes
in den Alpen bei 10 - 40 % der Bergsteiger. Für die Entwicklung dieser
Komplikationen ist einerseits die Disposition, andererseits der zu schnelle
Aufstieg - too fast too high - entscheidend. Der zu Grunde liegende Mechanismus
ist eine Predisposition zu einem, infolge des verminderten Sauerstoffgehaltes
der Luft, überschiessenden Anstieg des arteriellen Druckes im Lungenkreislauf
(pulmonal-arteriellen Druck). Bergsteiger die ein Höhenlungenödem
schon einmal gehabt haben, weisen auf 4559 m einen 50 - 100% höheren
pulmonal-arteriellen Druck auf, als nicht Höhenlungenödem empfindliche
Personen. Unklar bleibt ob ein kurz vor dem Höhenaufenthalt durchgemachter
viraler Infekt die Entstehung eines Höhenlungenödems begünstigen
könnte. Wir nehmen heute an, dass es bei einem zu raschen Anstieg
des pulmonal-arteriellen Druckes zu einer Drucküberlastung der Lungenkapillaren
- kleine wasserdurchlässige Gefässe - kommt, was zu einem Austritt
von Wasser, Eiweiss und roten Blutkörperchen in den Lungenbläschen
führt. Bei Patienten mit Höhenlungenödem kommt es zu einer
leichten bis schweren Atemnot - im liegen verstärkt - eventuell gefolgt
von schaumig blutig tingierten Auswurf, Husten und deutlich hörbares
Lungenrasseln. Den Symptomen des Höhenlungenödems überlagern
sich in fast 80% der Fälle Symptome der akuten Bergkrankheit.
Patienten mit akuter Bergkrankheit
leiden an Kopfweh verschiedener Heftigkeit, Appetitlosigkeit, Übelkeit,
Gleichgültigkeit, Schlafstörungen, Schwindel, erhöhter Körpertemperatur
sowie peripheren Ödemen. Bei schwerer akuter Bergkrankheit ist der
Gleichgewichtssinn gestört, die Patienten sind nicht mehr in der Lage
ihre Situation zu beurteilen. Falls sie nicht rasch in tiefere Lagen gebracht
werden, treten Koma und Tod ein. Die Ätiologie der akuten Bergkrankheit
ist nach wie vor unbekannt. Als mögliche Ursache wird eine vorübergehende
ungenügende Anpassung des Gehirns an den verminderten Sauerstoffgehalt
der Luft, mit Einlagerung von Wasser in lebenswichtigen Strukturen diskutiert.
Die Therapie der schweren
akuten Bergkrankheit und des Höhenlungenödems ist der Abstieg
und/oder Abtransport sowie - falls verfügbar - Sauerstoff. Die Beschwerden
des Patienten können verbessert werden und der Abstieg kann erleichtert
werden durch Gabe von Dexamethasone bei schwerer akuter Bergkrankheit und
Nifedipine bei Höhenlungenödem. |
Horst Machguth und Dominik Thiel, Studenten
der Universität Zürich |
Streifzüge durch Sibirien mit Fokus:
Das Ringen des Baikals |
MONTAG, 11. DEZEMBER 2000 |
Unsere
fotografische Reise beginnt in Barnaul, in einer der grossen Industriestädte
Westsibiriens. Hier, in der Weite der westsibirischen Tiefebene lässt
noch nichts darauf schliessen, dass nur zweihundert Kilometer südlich
bereits das Altai Gebirge beginnt, welches sich mit seinen vergletscherten
Gipfeln bis weit in die Mongolei und nach China erstreckt. Wir berichten
von der mehrtägigen Besteigung des Beluchas, des höchsten Gipfels
des Altais und von den sehr ariden Hochgebirgsplateaus nahe der Mongolischen
Grenze.
Hauptteil des Diavortrages
bildet die Reise an die Ufer des Baikalsees. Der Baikalsee ist der älteste
See der Erde, man schätzt, dass er etwa 20 Millionen Jahre alt ist.
Unsere Schweizer Seen im Vergleich sind am Ende der letzten Eiszeit entstanden
und sind nicht einmal 20000 Jahre alt.
In seiner langen Geschichte
bildeten sich eine grosse Zahl von endemischen Tier- und Pflanzenarten
die heute das Wasser und die Umgebung des Sees bevölkern. In der Nutzung
des Resourcenreichtums kommt es zunehmend zu Konflikten zwischen der allmählich
entstehenden Tourismusindustrie, den Ideen des Naturschutzes und der Bevölkerung
des Baikalgebiets, für die der enorme Reichtum an Naturgütern,
vor allem an Fischen, einen entscheidenden Teil ihrer Lebensgrundlage darstellt.
Inzwischen wurde das Gebiet
des Baikalsees in die Liste des Weltkulturerbes der UNO aufgenommen. Die
Geschichte des Natur- und Artenschutzes am Baikal geht jedoch bis ins Jahr
1916 zurück, als am nordöstlichen Ufer des Baikals der Bargusin
Nationalpark gegründet wurde. Unter dem letzten Zaren gegründet
um das Zobel vor der Ausrottung zu schützen, ist er der älteste
staatliche Nationalpark Russlands. Wir verbrachten in diesem Sommer drei
Monate in diesem Nationalpark und haben mit dem Fotoapparat beobachtet,
wie versucht wird mit viel Improvisation und trotz widriger Rahmenbedingungen
die Aufgaben des Naturschutzes und der Forschung weiterhin zu erfüllen. |
Prof. Detlef Günther, Laboratorium
für Anorganische Chemie, ETH Zürich |
ZWISCHEN GOLD UND DIAMANTEN - LASERSPEKTROMETRIE
AUF NEUEN WEGEN |
MONTAG, 15. JANUAR 2001 |
Laserstrahlen
können aufgrund ihrer hohen Energiedichte und der Möglichkeit,
die Strahlung zu fokussieren, sehr gut für die Ablation von Festkörpern
im µm-Bereich eingesetzt werden. Das aus der Laserstrahl-Probe-Wechselwirkung
resultierende Aerosol kann einer Anregungsquelle (Induktiv gekoppeltes
Plasma, ICP) zugeführt werden, um gezielt die Element- oder Isotopenzusammensetzung
von Festkörpern zu bestimmen. Aufgrund der sehr geringen Massen, die
von einem Festkörper abgetragen werden (ng), sind sehr niedrige Nachweisgrenzen
zur quantitativen Spurenelementbestimmung erforderlich.
Die seit 1985 eingesetzte
Laser Ablation-ICP-Massenspektrometrie hat sich von den anfangs qualitativen
Elementnachweisen mehr und mehr zu einer quantitativen Analysenmethode
entwickelt, was massgeblich auf den Wechsel von Infrarot- zu den UV-Laserwellenlängen
und die damit verbundene "matrix-unabhängigere" Ablation zurückgeführt
werden kann.
Welche Fortschritte durch
die gezielte Optimierung der LA-ICP-MS erreicht wurde und welche Anwendungsbereiche
zwischen "Gold- und Diamanten" erfolgreich bearbeitbar sind, sollen
im Vortrag aufgezeigt und diskutiert werden. |
Frau Dr. oec. Irmi Seidl, Institut für
Umweltwissenschaften, Universität Zürich |
ÖKONOMISCHE URSACHEN FÜR DEN
VERLUST DER BIOLOGISCHEN VIELFALT |
MONTAG, 29. JANUAR 2001 |
Die
Zerstörung von biologischer Vielfalt zählt zusammen mit der Klimaveränderung
und der Bodendegradierung zu den alarmierendsten globalen Umweltproblemen.
In Gefahr sind unsere unmittelbaren existentiellen Lebensgrundlagen, die
materielle und immaterielle Basis unserer Kulturen und wohl als wichtigstes,
die Evolutionsfähigkeit der Erde. Dieser Zerstörung liegen zum
Teil ökonomische Mechanismen und Entscheidungen zugrunde, die allerdings
oftmals verdeckt und kaum bewusst sind. Fünf verschiedene ökonomische
Mechanismen und Sachverhalte werden im Vortrag auf ihre Wirkung auf biologische
Vielfalt hin untersucht: (i) das Versagen von Märkten; (ii) die Bedeutung
(un)geklärter Eigentumsverhältnisse; (iii) die ökonomische
Gewohnheit der Abzinsung künftigen Nutzens; (iv) ökonomisches
Fehlverhalten des Staates und (v) die ökonomische Globalisierung der
Wirtschaft. Ebenso wie diese Punkte aufdecken, wie die Ökonomie zur
Zerstörung biologischer Vielfalt beitragen kann, lassen sich auch
Instrumente für den Schutz von biologischer Vielfalt ableiten. |
Dr. Antonio
Valsangiacomo, Fachdidaktik Biologie, Universität Bern |
Umweltforschung - Anspruch
und Grenzen ihrer Aussagen |
Montag, 01. November 1999 |
Umweltforschung,
wie sie beispielsweise im NFP 31 "Klimaänderungen und Naturkatastrophen"
und im SPP Umwelt geleistet wurde sowie Nachhaltigkeitsforschung im Stile
einer "2000-Watt-Gesellschaft" wie sie von der ETH in Angriff genommen
ist, versteht sich meist als anwendungs- und problemorientiert. Was aber
bedeutet dies für das Wissenschaftsverständnis: Liefern die Naturwissenschaften
eine wertneutrale Beschreibung von Naturphänomenen oder zusätzlich
auch Zielvorgaben für anzustrebende Naturzustände? Umweltforschung
wird häufig auch als inter- und transdisziplinäres Unternehmen
verstanden. Was aber bedeutet dies für das Wissenschaftsverständnis:
Lassen sich die diversen naturwissenschaftlichen Erklärungsweisen
so leicht integrieren oder braucht es ausführlichere Absprachen zwischen
den VertreterInnen der Disziplinen? In meinem Vortrag möchte ich einige
kritische Punkte herausarbeiten, deren frühzeitige Klärung das
Gelingen von Umweltforschungsprojekten fördert. |
Dr. Daniel Robert, Zoologisches
Institut, Zürich |
VON DER NATUR INSPIRIERT:
DIE BIONIK ALS INTERDISZIPLINÄRES FORSCHUNGSGEBIET FÜR INNOVATIVE
PROBLEMLÖSUNGEN |
MONTAG, 15. NOVEMBER 1999 |
Das junge Forschungsgebiet
der Bionik - oder Biomimetik - liegt an der Schnittstelle zwischen Biologie
und den Ingenieurwissenschaften. Die Bionik befasst sich mit der strukturellen
und funktionellen Analyse von natürlichen Systemen und deren potentielle
Relevanz zu menschlichen Technologien. Durch die Übertragung von Problemlösungen
der Natur auf die Technik können fundamentale und angewandte Forschungsansätze
neue gemeinsame Wege finden. Die Natur hält hierzu eine Vielzahl integrierter,
effizienter und auch eleganter Lösungen bereit, die das Ergebnis einer
mehreren Millionen Jahre währenden evolutiven Entwicklung sind. Die
Frage stellt sich nun wie sich Menschen von dieser Entwicklung inspirieren
lassen können? Einige Beispiele werden vorgestellt, die die erstaunliche
Anpassungsfähigkeit von natürlicher "Technologie" illustrieren
sollen. Unter bionischem Gesichtspunkt lässt sich fragen, wie relevant
Insekten zur Weiterentwicklung von Materialwissenschaft, Pharmakologie
oder Mikrosensorentechnologie sind. Oder wie können Haifische und
Fliegen zur Studie der Hydro- und Aerodynamik beitragen? Aus der eigenen
Forschung auf dem Gebiet der akustischen Mikrosensorik wird der Fall einer
kleinen parasitären Fliege vorgestellt, der zur Entdeckung eines neuen
Prinzips für akustische Richtungsempfindlichkeit geführt hat. |
Prof. Dr. Wilfried Haeberli,
Geographisches Institut, Universität Zürich |
SCHNEE UND EIS DER ERDE IN
EINER WÄRMEREN ATMOSPHÄRE |
MONTAG, 29. NOVEMBER 1999 |
Schnee und
Eis reagieren sensibel auf Änderungen der Energieflüsse und der
Temperatur an der Erdoberfläche. Sie nehmen deshalb in der gegenwärtigen
Klimadiskussion einen wichtigen Platz ein. Massenverluste der Gletscher
sowie Temperatur/Tiefenprofile in kalten Firngebieten und polaren Permafrostregionen
gelten aufgrund ihrer günstigen Signalcharakteristiken als natürliche
Schlüsselindikatoren für die Früherkennung anthropogener
Einflüsse. Schnee und Meereis sind entscheidende Grenzschichtphaenomene
für den Wasser- und Wärmehaushalt der Kontinente resp. Ozeane
und üben auf das globale Klima über den Albedo-Effekt einen starken
Einfluss aus.
Im 20. Jahrhundert haben die Gebirgsgletscher
weltweit Massenverluste erlitten und Bohrlochtemperaturen im Permafrost
steigen an, allerdings nicht überall. Jahreszeitlicher Schnee variiert
extrem, scheint aber auf der Nordhalbkugel seit 1987 abzunehmen. Fluss-
und See-Eis in der Tundra und in der Nadelwaldzone scheinen sich geringfügig
später zu bilden und früher aufzulösen als im letzten Jahrhundert.
Keine eindeutige Evidenz existiert für polares Meer-Eis und die Geometrie
der grossen Eisschilde scheint sich wenig verändert zu haben.
Ein weiterer Anstieg der atmosphärischen
Temperatur würde die Fläche und das Volumen globaler Schnee-
und Eisvorkommen reduzieren und damit die Landschaften in Hochgebirgsregionen
und polaren Gebieten auffällig verändern. Derartige Veränderungen
würden sich nicht nur auf die entsprechenden Oekosysteme und die dort
lebenden Menschen sondern auch - überwiegend in verstärkendem
Sinn - auf das sich verändernde Klima auswirken. Im Rahmen der als
Folgeaktivitäten von Rio konzipierten globalen Klimabeobachtung (Global
Climate, Terrestrial, Ocean Observing Systems, GCOS/GTOS/GOOS) sollen die
wichtigsten Variablen der Kryopshäre systematisch und langfristig
beobachtet werden. |
Walter Bersinger, Verein
Sternwarte Rotgrueb Rümlang (VSRR) |
JAMES COOK UND DIE VERMESSUNG
DES SONNENSYSTEMS |
MONTAG, 13. DEZEMBER 1999
/ 19.30 UHR |
In der Wissenschaftsgeschichte
haben Forscher schon immer grossen Wert gelegt auf wichtige Schlüsselzahlen,
sogenannte Konstanten. Die bekanntesten Beispiele dafür sind das Atomgewicht,
die Lichtgeschwindigkeit, die Schwerkraftkonstante, etc. Eine weitere,
die in diesem Vortrag eingehend behandelt wird, ist die sogenannte Astronomische
Einheit, die als mittlere Entfernung zwischen der Erde und der Sonne definiert
wird.
Die Astronomen erkannten schon früh, dass dieser Wert auch in der
weiteren Vermessung des Kosmos eine grosse Rolle spielen würde. Die
Ermittlung dieser Grösse ist eines der spannendsten Kapitel in der
Geschichte der Astronomie und wurde im 18. Jahrhundert nur dank einer grossangelegten
internationalen Zusammenarbeit möglich. Nicht weniger als 150 Expeditionen
wurden 1769 ausgerüstet und in die entlegensten Winkel der damals
erforschten Gebiete der Erde entsandt. Zweck der Reisen: Die Beobachtung
eines Venusdurchganges durch die Sonne, aus der sich die Astronomen jener
Zeit Aufschlüsse über die Dimension des Sonnensystems erhofften.
Die aufsehenerregendste Expedition war wohl die des englischen Forschungsreisenden
James Cook, der mit dem Dreimaster Endeavour nach der polynesischen Insel
Tahiti segelte. Viel mehr Ruhm erlangte seine Reise jedoch dank der zweiten
Hauptaufgabe, der Suche nach dem legendären Südkontinent. Die
"Terra Australis Incognita" sollte nach einer damals verbreiteten Auffassung
ein Gegengewicht zu den auf der Nordhemisphäre überwiegenden
Kontinentalflächen darstellen. Über das Südland-Fieber geriet
das astronomische Experiment später fast gänzlich in Vergessenheit,
nur der Name einer tahitischen Landzunge erinnert noch an die Beobachtung
des inneren Nachbarplaneten, der am 3. Juni 1769 vor der Sonnenscheibe
vorüberzog; Pointe Venus. |
Prof. Dr. pharm. Rudolf Brenneien,
Departement Klinische Forschung, Universität Bern |
HEROIN - VOM SCHLAFMOHN ZUR
HEROINGESTÜTZTEN BEHANDLUNG SCHWERSTABHÄNGIGER |
MONTAG, 10. JANUAR 2000 |
Diacetylmorphin,
aufgrund seiner anfänglich als heldenhaft eingestuften medizinischen
Eigenschaften als „Heroin" bezeichnet, ist ein halbsynthetisches, aus dem
Latex der Schlafmohn-Kapseln gewonnenes Opiat. Es wurde erstmals vor rund
100 Jahren von der Firma Bayer auf den Arzneimittelmarkt gebracht. Abgesehen
von seinem nur noch in Grossbritannien erlaubten Einsatz als Schmerzmittel
dominiert europaweit heute indessen seine illegale Verwendung als Rauschmittel.
Das typische, für den Konsumenten attraktive „Flash" ist auf das nach
der Injektion oder dem Rauchen sehr rasche Anfluten des stark lipophilen
Heroins im Gehirn zurückzuführen. Seine Wirkung wird durch Andocken
an die spezifischen Bindungsstellen im Körper (Opioidrezeptoren),
primär durch die Metaboliten ausgelöst. Brain Imaging und molekularbiologische
Methoden sind wertvolle Hilfsmittel zur Erforschung des Heroin-Wirkmechanismus
und der -Suchtbildung auf Rezeptoren- und Neurotransmitterebene. Heroin
weist ein sehr hohes psychisches und physisches Abhängigkeitspotential
auf und führt rasch zu Toleranzbildung. Die in der Schweiz seit 1994
laufende Abgabe von Heroin unter ärztlich streng kontrollierten Bedingungen
ist eine der Strategien, Heroin-Schwerstabhängige im Sinne einer Überlebenshilfe
in einem medizinisch-sozialen Netz aufzufangen. |
Dr. Mario F. Broggi, Eidg.
Forchungsanstalt für Wald, Schnee und Langschaft (WSL), Birmensdorf |
SITUATIONSANALYSE NATUR -
UND LANDSCHAFTSCHUTZ SCHWEIZ - MEINE PERSÖNLICHE SICHT |
MONTAG, 24. JANUAR 2000 |
Der jüngste
OECD-Bericht gibt der Schweiz im Bereich des Natur- und Landschaftsschutzes
keine guten Noten. Blenden wir in diesem Referat nochmals zurück wie
die Naturschutzbemühungen entstanden sind und in den letzten Jahren
gewirkt haben. Wie hat vor allem der Naturschutz auf den massiven Landschaftwandel
reagiert? Es soll eine Bilanz des Erfolges und Misserfolges gezogen werden.
Der Strukturwandel in der Landwirtschaft bringt nun die grosse Chance für
die Verwirklichung von einigem, was wir trotz viel "Herzblut" bisher nicht
erreichen konnten. Nutzen wir aber diese bestehende Chance ausreichend?
Tun wir das Richtige, und tun wir es richtig? Auch hierzu einige kritische
Anmerkungen. In einem visionären Ausblick wird schliesslich versucht,
mögliche Strategien für ein erfolgreiches Wirken aufzuzeigen.
Es werden einige Überlegungen für Ballungsräume und für
die Berggebiete unterbreitet. |
Stubenhitze |
Unser Neujahrsblatt auf das
Jahr 1998 wurde von Dusej Goran verfasst, Co-Autor ist Peter Müller;
und behandelt das Thema «Reptilieninventar des Kantons Zürich». |
2.Januar 1998 |
PD Dr. Bruno Binggeli, Astronomisches
Institut, Universität Basel |
Ein Blick in die kosmische
Frühzeit mit dem Hubble-Weltraumteleskop |
Montag, 5. Januar 1998 |
Das Hubble-Teleskop
umkreist die Erde seit 1990 in einer Satelliten-Umlaufbahn. Oberhalb der
störenden Erdatmosphäre plaziert, erlaubt es astronomische Aufnahmen
unerreichter Schärfe. Bestechend schöne Bilder Hubbles und damit
einhergehende spektakuläre Entdeckungen füllen regelmässig
die Zeitungsspalten. Das Hubble-Teleskop liefert nicht nur besonders scharfe,
sondern auch besonders tiefe Bilder. «Tief» meint hier nicht
nur grosse Entfernung, sondern gleichzeitig ferne Vergangenheit, denn Raum
und Zeit sind gekoppelt über die endliche grosse Lichtgeschwindigkeit.
Wie tief in die Vergangenheit lässt sich mit Hubble blicken? Gar bis
zum Urknall? Nicht ganz, aber fast. Im Dezember 1995 wurde mit Hubble ein
winzig kleiner Himmelsausschnitt im Grossen Wagen praktisch 10 Tage lange
belichtet. Das daraus resultierende «Hubble Deep Field» stellt
mit Abstand die tiefste Himmelsaufnahme dar; die je gemacht wurde. Sie
gibt uns erstmals einen direkten Einblick in die Entstehungszeit der Galaxien
und Quasare, über die bisher nur spekuliert werden konnte. Welche
neuen Erkenntnisse über die kosmische Frühgeschichte haben das
«Hubble Deep Field» und andere tiefe Aufnahmen mit Hubble gebracht? |
Prof. Dr. F. Klötzli
und A. Bosshard, Geobotanik, ETH Zürich |
Forschungsgebiet Süd-Madagaskar:
eine Oase unerwarteter Konvergenzen |
Montag, 19. Januar 1998 |
Wir freuen
uns, Ihnen diesen Vortrag zusammen mit der Zürcherischen Botanischen
Gesellschaft zu präsentieren. Die «Grosse Insel» Madagaskar
hat nicht nur in der tierischen Evolution eine bekannte eigenständige
Entwicklung durchgemacht. Nach der im Paläozoikum erfolgten Abtrennung
von Afrika und Lemuria und nachfolgenden Gebirgsbildungen haben auch verschiedene
Pflanzengruppen einen ähnlichen Weg eingeschlagen, der zu vielen endemischen
Arten führte, in einigen Gebieten mit über 80% der Sippen.
Bezogen auf die Gebirgsvegetation
sind - im Gegensatz zu Ostafrika verschiedene ungewöhnliche Formen
entstanden. Teilweise sind diese oft verblüffend konvergenten Morphologien
auf das Fehlen vieler afrikanischer Gebirgssippen zurückzuführen,
teilweise auf die mehrfach ökonatale Lage der südmadegassischen
Gebirgsvegetation. Namentlich in der von uns untersuchten Vegetation, in
der hochmontanen Puna des Nationalparkes des Andringitra-Gebirges, sind
die Grenzlagen zwischen feuchter und trockener Gebirgsvegetation, zwischen
tropischen und subtropischen Bereichen, zwischen hochmontanen bis subalpinen
Lagen sehr ausgeprägt. Dazu kommen Grenzlagen zwischen verschiedenen
Muttergesteinen und unterschiedlichen Hangklimaten. Deshalb sind im besonderen
die Waldgrenzlagen sehr differenziert ausgebildet, und zwar bezüglich
Flora und Vegetation, und dabei in spezifischen Pflanzengruppen, z. B.
den Orchideen, von bemerkenswerter Vielfalt.
Im Rahmen eines Forschungsauftrages
des madegassischen WWF konnten wir diese kaum erforschten und schwer zugänglichen
Bergketten auf die Flora und Vegetation und ihre speziellen Standortsbedingungen
untersuchen. Nach einem generellen Überblick zeigen wir einige Beispiele
der vorherrschenden erikoiden und eupressoiden Konvergenzen in fünf
Pflanzenfamilien und beleuchten ihre spezifischen Ansprüche und Vorteile.
In Waldgrenzlagen interessieren zudem die Standortbedingungen, die gerade
noch Baumwuchs erlauben. Schliesslich werden wir auf einige grundsätzliche
Fragen der früheren Beweidung und nachhaltigen Nutzung der Puna-Rasen
- und die Notwendigkeit der Bewirtschaftung auch in einem Nationalpark
- zu sprechen kommen. |
Frau Dr. Barbara Sulzberger;
Abteilung Chemie, EAWAG Dübendorf |
Natur- und gesellschaftswissenschaftliche
Fragen rund um Eisen, Algenwachstum und Treibhauseffekt |
Montag, 2. Februar 1998 |
Eisen ist ein
wichtiger Spurennährstoff für die Algen. Verschiedene Forschungsgruppen
postulieren, dass in einigen küstenfernen Meeresgegenden nicht etwa
die Hauptnährstoffe Nitrat oder Phosphat das Wachstum der Algen limitieren,
sondern Eisen. Diese Meeresgegenden sind durch eine geringe Biomasse gekennzeichnet,
im Vergleich zu Meeresgegenden mit ähnlichem Hauptnährstoff-Angebot.
Zur solchen als «High-Nitrate, Low Chlorophyll» benannte Regionen
gehören zum Beispiel der äquatoriale Pazifik und der Südpazifik.
Eisendüngungsexperimente, welche im äquatorialen Pazifik westlich
der Galapagos-Inseln durchgeführt wurden, unterstützen die Eisenlimitierungs-Hypothese.
In meinem Vortrag werde ich zuerst
die wichtigsten Ergebnisse des Eisendüngungsexperimentes «IronExIl»
vorstellen. Dann werde ich Hypothesen vorbringen, weshalb das Algenwachstum
in einigen Meeresgegenden durch Eisen limitiert sein könnte. Anschliessend
werde ich den Zusammenhang zwischen dem Algenwachstum und dem Treibhauseffekt
erläutern. Schliesslich möchte ich einige Argumente aus natur-
sowie aus sozialwissenschaftlicher Sicht gegen grossflächige Eisendüngung
von Meeren zur Diskussion stellen. |
Bericht über die Exkursion
in die |
Wasserversorgung Zürich,
Grundwasserwerk Hardhof, |
Samstag, 6. Juni 1998 |
Um 08.45 Uhr
besammelte sich eine kleine Gruppe von Mitgliedern der Naturforschenden
Gesellschaft vor der Wasserversorgung Hardhof in Zürich. Nach einer
ausführlichen Einführung über die verschiedenen Tätigkeiten
des Grundwasserwerks Hardhof, wie z.B. die Aufarbeitung des Grundwassers,
die Qualität unseres Trinkwassers, die Finanzierung, der Wasserkonsum
usw., besichtigten wir eines der Grundwasserwerke sowie die Schaltzentrale
des Werkes. Weiter konnten wir von der Dachterrasse bei wunderbarem Wetter
einen herrlichen Blick auf das gesamte Wasserwerk-Areal sowie auf einen
Teil der Stadt Zürich und Umgebung werfen. Wir möchten Herrn
Dr. Zimmermann für die gute Organisation und den hervorragend geführten
Rundgang durch das Wasserwerk ganz herzlich danken. |
Prof. Hans-Peter Ruffner;
Eidgenössische Forschungsanstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau,
Wädenswil |
Herbstwetter, Traubenreife
und Oechslegrade: ein unzertrennliches Gespann? |
Montag, 26. Oktober 1998 |
Die reifende
Traube ist charakterisiert durch eine massive Einlagerung von Zucker welche
in diesem Ausmass in der Natur kaum Parallelen findet. Im gleichen Zeitabschnitt
verringert sich der Säuregehalt der Beeren innert wenigen Tagen um
mehr als die Hälfte. Damit verändert sich das Geschmacksbild
der Frucht in einer Weise, die ihre Eignung für den Verzehr durch
Mensch und Tier; aber auch für die Weinbereitung massgeblich beeinflusst.
Es liegt also nahe, die Traubenqualität anhand dieser Hauptkomponenten
zu bemessen und dabei der Zuckerkonzentration - nicht zuletzt wegen der
einfachen Erfassbarkeit - eine Vorrangstellung einzuräumen. Diese
Situation muss fast zwangsläufig zur Diskussion darüber führen,
ob sich dem Winzer pflegerische Massnahmen anbieten, um die Zuckereinlagerung
gezielt - anzuheben. Besonderem Interesse begegnet dabei erfahrungsgemäss
der Vorwurf einer nachträglichen Zuckerung und vielleicht auch noch
die Frage, ob eine solche analytisch einwandfrei nachgewiesen werden kann. |
Frau Charlotte Vogt Rothberg,
M.A., Psychologin FSP Zürich |
Verhaltenstherapie: kontinuierliche
Weiterentwicklung |
Montag, 9. November 1998 |
Die Verhaltenstherapie
ist ein moderner Psychotherapieansatz, dessen Wirksamkeit bei vielen psychischen
Krankheiten und Problemen durch kontrollierte Studien hinreichend belegt
ist. Während der letzten 30 Jahren wurden zusätzlich zu den ursprünglich
lernpsychologischen und verhaltenspsychologischen Ansätzen hinaus
zunehmend auch Grundlagenwissen aus anderen Disziplinen miteinbezogen.
Aufgrund dieser ständigen Weiterentwicklung wird die Verhaltenstherapie
heute als eine auf empirischer Psychologie basierende psychotherapeutische
Grundorientierung verstanden (Margraf und Lieb, 1995), die für sich
in Anspruch nimmt, ihre Effektivität empirisch abzusichern.
Die Verhaltenstherapie besteht nicht
aus einer einzelnen Therapiemethode, sondern beinhaltet eine Vielzahl von
unterschiedlichen Techniken und Behandlungsmassnahmen, welche konkrete
und operationalisierte Ziele auf den verschiedenen Ebenen des Verhaltens
und Erlebens verfolgen, wobei die emotionale Ebene im verhaltenstherapeutischen
Ansatz immer aus einer behavioralen, einer subjektiven und einer physiologischen
Ebene verstanden wird. Für die Erklärung einer Störung ist
der funktionale Zusammenhang des problematischen Verhaltens, Denkens und
Erlebens mit den vorausgehenden und nachfolgenden internen und externen
Bedingungen entscheidend. Psychische Störungen werden demnach in der
verhaltenstherapeutischen Sichtweise als Resultat prädisponierender;
auslösender und aufrechterhaltender Faktoren verstanden. Die gute
Wirksamkeit dieses Therapieansatzes wird ganz wesentlich dem störungsspezifischen
Vorgehen zugeschrieben, das nicht nur auf das therapeutische Setting begrenzt
ist, sondern auch als Hilfe zur Selbsthilfe verstanden werden will. |
Dr. Martin Hergersberg, Institut
für Medizinische Genetik, Universität Zürich |
Das Human Genome Project:
die Entzifferung der menschlichen Erbinformation |
Montag, 23. November 1998 |
Seit dem offiziellen
Beginn des "Human Genome Project" im Jahr 1990 sind etwa 20 000 menschliche
Gene identifiziert und ihr ungefährer Ort auf einem der 23 Chromosomen
bestimmt worden. Gleichzeitig wurden 20 000 bis 30000 weitere Sequenzen,
von denen mehrere Variationen bekannt sind, im menschlichen Genom lokalisiert.
Diese polymorphen Marker dienen als zusätzliche Markierungspunkte
bei der Etablierung einer genauen Karte des menschlichen Genoms und bei
der Identifikation von Genen und Genmutationen. Seit zwei Jahren wird in
zahlreichen Genom-Zentren an der Bestimmung der Basensequenz des menschlichen
Genoms gearbeitet. Zurzeit ist die DNA-Sequenz von etwa 5% des menschlichen
Genoms bekannt, und die vollständige Sequenz soll im Jahr 2005 vorliegen.
Ausser der Sequenz des menschlichen Genoms wird die DNA-Sequenz des Genoms
weiterer Modellorganismen bestimmt: Zum Beispiel ist das Genom des Fadenwurms
C. elegans von 100 Millionen Basenpaaren Länge zu 75% entziffert und
wird Anfang des kommenden Jahres völlig bekannt sein. Seit 2 Jahren
ist das Erbmaterial der Hefe S. cerevisiae entschlüsselt usw., so
dass Vergleiche zwischen den Genen und Genomen verschiedener Organismen
zahlreiche Hinweise auf die Funktion bisher unbekannter Gene erlauben.
Die bereits jetzt vorliegende Sequenzinformation und die genaue Kartierung
dieser Sequenzen vereinfacht, zusammen mit der Entwicklung neuer Methoden
der Genomanalyse, die Identifizierung von Krankheitsgenen und wirft zahlreiche
Fragen zur Beziehung zwischen Genotyp und Phänotyp auf. |
Frau Petra Lindemann-Matthies,
Institut für Umweltwissenschaften, Universität Zürich |
Von Löwenzahn bis Bachflohkrebs:
ein Beitrag der Umweltbildung zur Erhaltung biologischer Vielfalt |
Montag, 7. Dezember 1998 |
Eine wichtige
Aufgabe schulischer Umweltbildung sollte es sein, Kinder und Jugendliche
so für die Natur zu sensibilisieren, dass daraus letztendlich ein
Verhalten resultiert, das zur Erhaltung biologischer Vielfalt beiträgt.
Unterrichtsprojekte, die Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit
zur Naturerfahrung und Naturbeobachtung bieten, vor allem zum Entdecken
und Erforschen der einheimischen Tier- und Pflanzenwelt, können dazu
einen wichtigen Beitrag leisten.
Im ersten Teil meines Vortrages möchte
ich ein Beispiel für ein derartiges Unterrichtsprojekt vorstellen.
Zum Europäischen Naturschutzjahr lancierte der Schweizerische Bund
für Naturschutz (Pro Natura) 1995 das Projekt «Natur auf dem
Schulweg«, an dem über 14 000 Kinder und Jugendliche aus der
Schweiz teilnahmen. Das Projekt richtete sich vorwiegend an die Unter-
und Mittelstufe und hatte zum Ziel, Kinder und Jugendliche zum Beobachten
und Entdecken auf ihrem täglichen Schulweg anzuregen und ihre Wahrnehmung
und ihr Interesse für die Vielfalt der Pflanzen- und Tierwelt im Siedlungsraum
zu fördern. Der Höhepunkt des Projektes war die sogenannte «Natur-Galerie«,
bei der jedes Kind sein Lieblings-Naturobjekt auf dem Schulweg einrahmte,
beschriftete und es an einer «Vernissage« der interessierten
Öffentlichkeit vorstellte.
Für eine erfolgreiche Umweltbildung
ist es unerlässlich, Unterrichtsprojekte auf ihre Wirksamkeit hin
zu untersuchen. Im zweiten Teil meines Vortrages möchte ich einige
Ergebnisse der von mir durchgeführten Begleituntersuchung zu dem Projekt
«Natur auf dem Schulweg« vorstellen und diskutieren. Mit Hilfe
von Fragebögen habe ich unter anderem die Wahrnehmung von Arten und
ihrer Vielfalt durch Kinder und Jugendliche vor und nach dem Projekt untersucht.
An dieser Untersuchung nahmen mehr als 6000 Schulkinder teil. |
Stubenhitze
Unser Neujahrsblatt auf das Jahr 1997 wurde von
Konrad Akert verfasst und behandelt das Thema «400 Jahre Hirnforschung
in der Schweiz«. |
2. Januar 1997 |
Dr. Roman Kaiser; Givaudan-Roure
Forschung AG, Dübendorf |
Vom Duft der Pflanzen: chemische,
biologische und olfaktorische Aspekte |
Montag, 6. Januar 1997 |
Duftende Pflanzen
lassen sich ganz grob in Blütendufter (Spontandufter) und Blattdufter
(Kontaktdufter) unterteilen. Während die biologische Bedeutung der
Blattdüfte erst teilweise bekannt ist, haben die vertiefter zu diskutierenden
Blütendüfte, zusammen mit der Form und Färbung der Blüten,
die Aufgabe, die jeweiligen tierischen Bestäuber anzulocken. Die Qualität
und Quantität der abgegebenen Düfte können durch eine ausgesprochene
Zeitabhängigkeit geprägt sein. Damit haben sich die Blüten
dem Lebensrhythmus der Bestäuber angepasst.
Auch der Mensch zeigt seit Urzeiten
Wohlgefallen an Naturdüften, und er hat es verstanden, diese in ausgewählten
Fällen als sogenannte ätherische Öle aus den jeweiligen
Pflanzen zu isolieren und für verschiedene Zwecke zu verwenden.
Modernste analytische Methoden erlauben
es heute, den von der lebenden Pflanze/Blüte abgegebenen Duft direkt
aufzusammeln, bezüglich Zusammensetzung zu untersuchen und schliesslich
zu rekonstruieren. Biologische, chemische und olfaktorische Aspekte dieser
Thematik werden besonders am Beispiel von Orchideen- und Kakteenarten diskutiert.
Wie abschliessend illustriert wird, lassen sich mit Hilfe dieser Verfahren
auch ganze «Duftlandschaften« studieren und teilweise rekonstruieren. |
Prof. Dr. Daniel Nüesch,
Geographisches Institut Universität Zürich und Prof. Dr. Hans-Gert
Kahle, Institut für Geodäsie und Photogrammetrie ETH Hönggerberg |
ERS (European Remote Sensing
Satellite) und GPS (Global Positioning System) im Dienste der Erdbeobachtung |
Montag, 20. Januar 1997 |
Mehr als 5
Jahre sind inzwischen vergangen, seit der europäische Fernerkundungs-
und Umweltsatellit ERS-1 (European Remote Sensing Satellite) in eine polare
Umlaufbahn gestartet wurde. Während dieser Zeit hat er uns völlig
neue Ansichten von unserem Planeten Erde und seinen Lebensräumen vermittelt.
Mit seinen 4 unterschiedlichen aber einander ergänzenden Instrumenten
erfüllt er verschiedene Aufgaben zu Gunsten von projektführenden
Wissenschaftlern und kommerziellen Nutzern auf der ganzen Welt in den Bereichen
Ozeanographie, Geologie, Hydrologie, Glaziologie, Meteorologie, Geographie,
Klimaforschung und Umweltnaturwissenschaften. Mit dem Start von ERS-2 im
Jahre 1995 wird einerseits die Kontinuität des Datenflusses von ERS-1
mit identischen Instrumenten garantiert und andererseits mit dem neuen
GOME - (Global Ozon Mess Experiment) Sensor eine globale Überwachung
des Ozonhaushaltes in Stratosphäre und Troposphäre ermöglicht.
Radiowellenverfahren des neuen Satellitensystems
GPS tragen zur Beobachtung planetarischer Änderung bei. Hierzu gehören
Meeresspiegeländerungen, globale tektonische Bewegungen und Erdrotationsschwankungen.
Zum Beispiel werden Gezeitenpegel im Umweltprogramm der EU hochpräzise
mit GPS eingemessen und durch Radio- und Laserteleskope weltweit verknüpft,
um globale Meeresspiegelunterschiede zu erfassen. In der Geodynamik ist
die Bestimmung von Erdkrustendeformationen im Rahmen der Erdbebenforschung
von Interesse. In den seismisch aktiven Gebieten des östlichen Mittelmeeres
wird zurzeit der zeitliche Aufbau von Deformationen und Spannungen mit
GPS ermittelt und neuerdings mit Permanentregistrierung nahezu kontinuierlich
verfolgt. |
Dr. Rolf Kipfer; EAWAG/ETH,
Abteilung für Umweltphysik, Dübendorf |
Tiefenwassererneuerung im
Baikalsee |
Montag, 3. Februar 1997 |
Der Baikalsee
ist der tiefste (1630 m) und volumenmässig der grösste (2300
km3) Frischwasserkörper der Erde. Er speichert rund einen
Fünftel des global verfügbaren frischen Oberflächenwassers.
Im Gegensatz zu anderen Seen ist der Baikalsee sehr alt. In den 20 Millionen
Jahren seiner Existenz hat sich im See das weltweit artenreichste limnische
Ökosystem entwickelt. Heute leben mehr als 2000 endemische Arten im
Baikalsee, die sich speziell an die harten Bedingungen angepasst haben:
ausgeprägtes kontinentales Klima,
winterliche Eisbergdeckung und grosse Wassertiefe. Trotz der Tiefe des
Baikalsees ist die im Tiefenwasser gemessene Sauerstoffkonzentration hoch.
Selbst im Bodenwasser unmittelbar über dem Seegrund werden mehr als
80% der zu erwartenden Sättigung gemessen, womit sich unmittelbar
die Frage nach der Tiefenwassererneuerung stellt. Die Frage also, wie sauerstoffreiches
Wasser der Oberfläche in grosse Tiefen absinken und das Tiefenwasser
erneuern und ersetzen kann, so dass im Tiefenwasserkörper trotz der
ablaufenden 0₂-zehrenden Abbauprozesse ein sauerstoffreiches
Milieu erhalten bleibt.
Seit einigen Jahren gehört die
Tiefenwasserbildung im Baikalsee zu den Forschungsschwerpunkten der Abteilung
Umweltphysik der EAWAG. Der Vortrag will die wichtigsten Ergebnisse der
bisherigen Forschung vermitteln und jene Prozesse vorstellen, die die Tiefenwasserbildung
antreiben. Besonders soll auf das diffizile Wechselspiel zwischen Wassertemperatur
und Salzgehalt eingegangen werden, das letztlich die Wasserdichte und damit
die grossräumige Mischungsdynamik im Baikalsee bestimmt. |
Bericht über die Exkursion
in den |
Botanischen Garten in Zürich |
Samstag, 31. Mai 1997 |
Um 9.45 Uhr
besammelte sich eine Gruppe von ca. 55 Personen vor dem Botanischen Garten
in Zürich. Die Rundgänge waren gemütlich und sehr aufschlussreich,
da doch drei verschiedene Themen behandelt wurden, und somit sind alle
Teilnehmerinnen und Teilnehmer angesprochen worden. Das prächtige
Wetter war wie bestellt, und nach der Hauptversammlung konnten die Anwesenden
ein gutes Mittagessen auf der Terrasse der Cafeteria des Botanischen Gartens
einnehmen. Wir möchten Herrn Rutishauser und seinen Mitarbeitern für
die gute Organisation und die hervorragend geführten Rundgänge
durch den Garten danken und wünschen dem Botanischen Garten im Jubiläumsjahr
viel Erfolg. |
Frau Dr. med. Monika Kirsten
Krüger; Oberärztin Psychiatrische Universitätsklinik, Universität
Zürich |
Die Demenz vom Alzheimertyp |
Montag, 3. November 1997 |
Die Demenz
vom Alzheimertyp ist eine unaufhaltsam fortschreitende degenerative Hirnerkrankung,
die überwiegend bei älteren Menschen auftritt. Erstmals wurde
diese Krankheit 1907 von dem deutschen Arzt Dr. Alois Alzheimer beschrieben.
Die Demenz bringt für Patienten und Betroffene grosse Belastungen
mit sich. Internationale Studien haben gezeigt, dass die Prävalenz
ab dem 60. Lebensjahr exponentiell ansteigt, sich etwa alle fünf Jahre
verdoppelt und mit 85 Jahren bei 30 bis 35% liegt. Die Ursachen der Erkrankung
sind bis heute nicht eindeutig gesichert. Ablagerung ,von Amyloidplaques
und neurofibrilläre Degenerationen werden nicht mehr als Ursache,
sondern als Folge eines primären demenzauslösenden pathogenen
Prozesses betrachtet. Einzelne Faktoren dieses Prozesses konnten von der
Forschung aufgedeckt werden, dazu gehören Beeinträchtigung des
Hirnenergiestoffwechsels, Störungen der Neuroprotektion durch erhöhten
oxydativen Stress und vermehrte Entstehung von Glykoselierungsprodukten
sowie Veränderungen immunologischer Parameter. Diese Befunde geben
neue Impulse für pharmakologische Behandlungsansätze, die eine
Linderung der kognitiven Defizite bei der Alzheimererkrankung erzielen
sollen. Praktische Bedeutung hat der Nachweis eines cholinergen Defizites
im Hirn des Kranken, da dieses Defizit heute mit neuen Medikamenten teilweise
kompensiert werden kann. Die Mehrzahl der Therapieansätze jedoch ist
bislang noch experimentell. Kurzfristig aussichtsreich erscheinen antioxydative
Behandlungsstrategien (z. B. mit Vitamin E, Vitamin C, Betacarotin), die
Entwicklung von AChE-1, Ml bzw. M4-Muscarin-Rezeptoren-Agonisten sowie
der Einsatz von neurotrop wirksamen Substanzen. |
Prof. Dr. Hans Hengartner;
Institut für Experimentelle Immunologie, Universitätsspital Zürich |
Gentechnik in der medizinischen
Grundlagenforschung |
Montag, 17. November 1997 |
Wir freuen
uns, Ihnen diesen Vortrag zusammen mit der Zoologischen Gesellschaft in
Zürich zu präsentieren.
Abwehrreaktionen des Körpers
als Folge einer viralen Infektion oder die Zerstörung von körpereigenem
Gewebe als Folge einer Autoimmunerkrankung, zum Beispiel Diabetes mellitus
Typ 1 oder Multiple Sklerose, sind höchst komplexe Vorgänge.
Die Aufklärung der an diesen Prozessen beteiligten Mechanismen bildet
einen wichtigen Ansatz zur Entwicklung von Therapien gegen diese Erkrankungen.
Mit Hilfe von gentechnisch veränderten, sogenannten transgenen und
Gen-knock-out Mäusen, liessen sich in Tieren verschiedene Krankheitsmodelle
entwickeln. Experimente mit derartigen Tieren ermöglichen biologische
Abläufe, die beim erkrankten Menschen nur sehr schwer erfassbar sind,
genauer zu untersuchen. Am Beispiel einer transgenen Maus, die nach Virusinfektion
das Krankheitsbild des Jugenddiabetes zeigt, werden die Möglichkeiten
der Gentechnologie in der medizinischen und biologischen Grundlagenforschung
aufgezeigt. |
Frau Margret Bürgisser,
lic. phil., Sozialforschung, Analyse und Beratung, Zürich |
Modell Halbe-Halbe; neue
Arbeitsteilung in Familie und Beruf |
Montag, 1. Dezember 1997 |
In der Schweiz
orientiert sich eine knappe Mehrheit der Elternpaare noch immer am traditionellen
Familienmodell. Der Mann übernimmt nach der Familiengründung
die Rolle des Ernährers, während sich die Frau um Haushalt und
Kinder kümmert. Dieses Modell erhält jedoch zunehmend Konkurrenz,
zum einen durch die wachsende Anzahl alleinerziehender oder doppelverdienender
Eltern, zum anderen, weil immer mehr Paare sich die Verantwortung für
Erwerbsarbeit, Haushalt und Kindererziehung partnerschaftlich teilen. Im
Modell der «egalitären Rollenteilung», umgangssprachlich
Halbe-Halbe Modell genannt, sind beide Partner in einem Teilzeitpensum
erwerbstätig und wechseln sich daneben in den Haushalts- und Betreuungspflichten
ab. Wie bewährt sich dieses Modell im Alltag? Mit welchen Schwierigkeiten
in Partnerschaft und Beruf ist es verbunden? Welche individuellen und gesellschaftlichen
Voraussetzungen braucht es zu seinem Gelingen? Wie zufrieden sind rollenteilende
Paare mit ihrer Lebensform? Usw. All diesen Fragen ist die Soziologin Margret
Bürgisser in einer vom Schweiz. Nationalfonds finanzierten Studie
und einer ergänzenden Dissertation nachgegangen. Ihre Forschungsprojekte
zeigen, dass es sich bei Eltern mit egalitärer Rollenteilung um eine
kleine Bevölkerung handelt, die je nach Blickwinkel als Pioniere oder
als Aussenseiter beurteilt werden, mit ihrer Lebensform jedoch insgesamt
recht zufrieden sind. Margret Bürgisser präsentiert Grundlagen
und Ergebnisse ihrer Studien, evtl. ergänzt durch eine Video-Einspielung
mit konkreten Beispielen. |
PD Dr. Helmut Brandl, Institut
für Umweltwissenschaften, Universität Zürich |
Bergbau mit Hilfe von Mikroorganismen |
Montag, 15. Dezember 1997 |
Im Licht von
sich verknappenden, nicht-erneuerbaren Ressourcen sind verstärkte
Anstrengungen erforderlich, um Rohstoffquellen durch neue oder verbesserte
Technologien zugänglich zu machen. Unabdingbare Voraussetzung dieser
Technologien ist die Umweltverträglichkeit, die gemäss OECD-Richtlinien
durch vier Schlüsselkriterien charakterisiert wird, nämlich (i)
durch die Abstützung auf erneuerbare Ressourcen, (ii) durch «milde»
Produktionsprozesse, (iii) durch die Umweltverträglichkeit der resultierenden
Produkte und ,(im) durch die Wiederverwertung sämtlicher Abfälle,
die aus dem Produktionsprozess ,entstehen. Mikrobiologische Extraktionsverfahren
(«biologische Laugung» oder «bioleaching») stellen
eine Möglichkeit dar; um Metalle schonend aus mineralischen Ressourcen
zu gewinnen. Dieser Prozess basiert auf der Fähigkeit von Mikroorganismen,
Elemente aus natürlichen Erzen oder lndustrierückständen
in Lösung zu bringen und zu mobilisieren. Die Technologien werden
bereits erfolgreich in der Kupfer- und Goldgewinnung eingesetzt und ermöglichen
die Steigerung der Metallausbeute, die durch konventionelle, thermische
Methoden nicht zu erreichen ist. Feste Rückstände aus der Kehrichtverbrennung
(KVA Reststoffe) wie Schlacken und Aschen stellen Konzentrate von Metallen
dar und können für bestimmte Elemente aufgrund ihres Metallgehaltes
als «künstliche Erze» betrachtet werden. Unter dem Leitgedanken
"Vom Reststoff zum Rohstoff" wird die mikrobiologische Rückgewinnung
von Metallen aus Schlacken und Aschen evaluiert. |
Stubenhitze |
Unser Neujahrsblatt
auf das Jahr 1996 wurde von Urs Boschung verfasst und behandelt das Thema
«Johannes Gessner (1709-1790). Seine Autobiographie - Aus dem Briefwechsel
mit Albrecht von Haller. Ein Beitrag zur Geschichte der Naturwissenschaften
in Zürich im 18. Jahrhundert.» |
2. Januar 1996 |
Im
Jahr 1799 wurde erstmals das Neujahrsblatt für Kinder herausgegeben.
Die NGZ hat diese Tradition am diesjährigen Bächtelistag wieder
aufgenommen. Es wurde das 86. Neujahrsblatt für Kinder und Jugendliche
aufgelegt und behandelte ebenfalls das Thema von Johannes Gessner.
(realisiert durch Denise Schönle-Zollinger) |
2. Januar 1996 |
Prof. Dr. Andreas Pospischil,
Institut für Veterinärpathologie, Universität Zürich |
Erkrankungen durch Morbilliviren
bei Tieren; alte Bekannte - neue Opfer? |
Montag, 15. Januar 1996 |
In den vergangenen
Jahren sind Morbilliviren erstmals bei verschiedenen Tierarten diagnostiziert
worden (1987 Seehunde im Baikalsee, 1988 Nord-Ost-See; 1990 Delphine, Wasserschildkröten;
1993/94 Löwen Serengeti; 1994/95 Pferde Australien), bisher waren
bekannt: Staupe (Hund und andere Karnivoren), Rinderpest (Rind, Wildwiederkäuer),
Peste des petits ruminants (PPR, Schaf, Ziege), Masern (Mensch). Morbilliviren
gehören zur Familie der Paramyxoviren, behüllte RNA-Viren, mit
einer Grösse von 150 nm, sie sind antigenetisch eng verwandt, lassen
sich aber serologisch (Virusneutralisationstest, ELISA) unterscheiden.
Die Viren befallen Zellen der Schleimhäute
des Respirations- und Verdauungstraktes und werden mit Se- und Exkreten
in die Umgebung abgegeben und erreichen per Kontakt neue Wirte.
Molekularbiologische Untersuchungen
zeigen, dass Erreger von Seehunden aus dem Baikalsee und von Löwen
mit Staupe eng verwandt sind, vermutlich identisch sind. Erreger von Seehunden
in der Nord- und Ostsee sind mit Staupe verwandt, aber nicht identisch,
die Viren von Delphinen und Wasserschildkröten sind mit Rinderpest
und PPR vergleichbar; während das Pferde-Morbillivirus nur eine entfernte
Verwandtschaft mit bekannten Morbilliviren aufweist.
Warum hat sich das Wirtspektrum von
Morbilliviren in den vergangenen Jahren derart dramatisch erweitert? |
Dr. Jürg Beer; Umweltphysik,
EAWAG Dübendorf |
Isotopenmethoden in der Umwelt-
und Klimaforschung |
Montag, 29. Januar 1996 |
In den letzten
Jahren häufen sich die Anzeichen, dass menschliche Aktivitäten
natürliche Prozesse in der Umwelt beeinflussen. Dass solche Eingriffe
längerfristig zu Klimaänderungen mit schwer abschätzbaren
Folgen führen können, ist allgemein anerkannt. Weniger Einigkeit
besteht darüber; wie diese Klimaänderungen aussehen werden. Um
bessere Prognosen machen zu können, muss man mehr wissen über
das Klimasystem, sowohl was die heutigen Prozesse als auch sein Verhalten
in der Vergangenheit betrifft, als es noch nicht durch den Mensch beeinflusst
war.
Isotopenmethoden erlauben es, wichtige
Fragen in diesem Zusammenhang zu studieren. An Beispielen soll gezeigt
werden, welche Fortschritte gemacht wurden, aber auch, welche Probleme
es zu lösen gilt. |
Dr. sc. techn. Norbert Dillier;
Klinik für Otorhinolaryngologie, Hals- und Gesichtschirurgie, Universitätsspital
Zürich |
Medizin-Technische Fortschritte
für Hörbehinderte |
Montag, 12. Februar 1996 |
Hörprobleme
haben in den letzten Jahren weltweit stark zugenommen. Die Ursachen liegen
einerseits in der gestiegenen Lebenserwartung, andererseits in der verstärkten
Einwirkung hoher Lärmpegel. Die Verbesserung und Weiterentwicklung
technischer Hilfsmittel für die sprachliche Kommunikation ist deshalb
- parallel zu prophylaktischen Massnahmen - eine wissenschaftliche und
technologische Aufgabe ersten Ranges.
Grundlage für den effizienten
Einsatz moderner Technologie bildet das detaillierte, modellmässige
Verständnis der Funktionsweise des intakten Organs sowie der Mechanismen
seiner Schädigungen. Die nichtlinear verzerrte Lautheitswahrnehmung
(Recruitment), die verminderte Frequenzselektivität aufgrund der verschlechterten
Innenohr-Filterwirkung, der eingeschränkte Dynamikbereich sowie die
verringerte zeitliche Auflösung sind die wesentlichen Elemente der
sensorischen Hörbehinderung.
Volldigitale Hörprozessoren versprechen
in Kombination mit modernen psychoakustischen Anpassmethoden signifikante
Verbesserungen der Sprachverständlichkeit gegenüber konventionellen
Hörgeräten. Zur Unterdrückung störender Nebengeräusche
wurden neben verbesserten Mikrofonen mit Richtwirkung adaptive Filteralgorithmen
entwickelt, welche sich automatisch an unterschiedliche Lärmbedingungen
anpassen können.
Bei einem vollständigen Ausfall
des Innenohrs können seit einigen Jahren mit zunehmendem Erfolg sogenannte
Cochlear lmplants (CI) eingesetzt werden, welche den Hörnerv über
ein bis zwei Dutzend Platinelektroden elektrisch aktivieren. Da diese implantierten
Neurostimulatoren nur eine begrenzte Anzahl der Informationselemente des
akustischen Signals übertragen können, findet zur Optimierung
des Sprachverständnisses in der Stimulatorenelektronik (dem digitalen
Sprachprozessor) eine Informationsauslese bzw. Redundanzreduktion (Filterung,
Merkmalsextraktion) statt. Obwohl das «elektronische Gehör»
niemals die volle Klangqualität eines gesunden Ohrs erreichen kann,
ist damit trotzdem für viele CI-Träger eine Verständigung
sogar über das Telefon möglich geworden. |
Die
Naturforschende Gesellschaft in Zürich feiert dieses Jahr ihr Jubiläum
zum 250 jährigen Bestehen. Deshalb findet die 176. Jahresversammlung
der Schweizerischen Akademie der Naturwissenschaften vom 7.-1 2. Oktober
1996 an der Universität Irchel in Zürich statt. Das Vorprogramm
sowie die Möglichkeit sich zum Festbankett der Jubiläumsfeier,
die im Zunfthaus zur Meisen stattfindet, voranzumelden sowie Bild- und
Kunstkarten zu bestellen, haben Sie im April erhalten.
Die Naturforschende Gesellschaft in
Zürich wird zu diesem speziellen Anlass eine Festschrift mit dem Titel
«Mensch und Natur» herausgeben und Sie werden als Mitglied
ein Exemplar erhalten. Die Festschrift beinhaltet mehr als zwei Dutzend
Beiträge namhafter Persönlichkeiten aus verschiedenen naturwissenschaftlichen
Fachrichtungen. |
7.-12.Oktober 1996 |
Im
Namen der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich führen das
Stadtforstamt Zürich und der Zürcher Naturschutzbund am Samstag,
12. Oktober 1996, eine Exkursion in den Sihlwald zum Thema «250 Jahre
- die Lebensspanne einer Buche. Darstellung der Landschafts- und Nutzungsgeschichte
des Sihlwaldes. Was war vor 250 Jahren im Sihlwald, als die Naturforschende
Gesellschaft in Zürich gegründet wurde» durch.
Auch die Exkursion »Naturnaher
Wasserbau im Kanton Zürich: interdisziplinäre Zusammenarbeit
von Wasserbauern, Landschaftsarchitekten und Biologen in der Praxis. Besichtigung
verschiedener Objekte an zürcherischen Fliessgewässern»
ist für alle Mitglieder offen und findet ebenfalls am Samstag, 12.
Oktober 1996, unter der Leitung des Amtes für Gewässerschutz
und Wasserbau statt |
12. Oktober 1996 |
Prof. Dr. Konrad Basler;
Zoologisches Institut, Universität Zürich |
Signale, die Fliegen Flügel
verleihen |
Montag, 28. Oktober 1996 |
Die entwicklungsbiologische
Forschung versucht zu verstehen, wie das Schicksal der einzelnen Körperzellen
festgelegt wird. Am Beispiel der Taufliege Drosophila werden Erkenntnisse
über die grundlegenden Mechanismen der Zelldifferenzierung gewonnen.
Zwei Signalproteine werden von speziellen Zellgruppen ausgeschieden, bilden
ein Konzentrationsgefälle und informieren so umliegende Zellen über
ihre Position innerhalb der Flügelanlage. Undifferenzierte Zellen
scheinen unterschiedliche Konzentrationen von diesen Signalproteinen wahrnehmen
zu können. Diese Information setzen sie dann in spezifische Genaktivität
um und entwickeln sich zum jeweils richtigen Zelltyp.
Die Entschlüsselung der mit dieser
Signalverarbeitung verbundenen Prozesse leistet einen wichtigen Beitrag
zum Verständnis von Vorgängen, die sich auch im menschlichen
Körper abspielen. So weiss man seit kurzem, dass die Gliedmassenentwicklung
von Wirbeltierembryonen durch Signalproteine gesteuert wird, die denjenigen
der Drosophila nahe verwandt sind. |
Prof. Dr. H. Cruse, Abteilung
für Biologische Kybernetik, Universität Bielefeld |
Laufen eines Sechsbeiners:
einfache neuronale Netze kontrollieren komplexe Bewegungsabläufe |
Montag, 11. November 1996 |
Auf den ersten
Blick scheint Laufen eine einfache Verhaltensweise zu sein. Dennoch zeigt
sich bei näherer Betrachtung, dass die Probleme, die bei der Kontrolle
der Beinbewegungen auftreten, recht kompliziert sein können. Noch
relativ einfach ist die Kontrolle der Schwingbewegung eines einzelnen Beines,
während der das Bein vom Boden abhebt und durch die Luft nach vorne
schwingt.
Schwieriger ist die zeitliche und
räumliche Koordination zwischen den verschiedenen Beinen. Hier muss
ein stabiler Laufrhythmus erzeugt und zugleich verhindert werden, dass
das Tier bei plötzlich auftretenden Störungen seine räumliche
Stabilität verliert. Die Koordination der einzelnen (insgesamt 18)
Beingelenke wird komplizierter; wenn das Tier eine Kurve laufen soll, wenn
der Untergrund nachgiebig ist, und in noch stärkerem Masse, wenn sich
die Geometrie des Körpers, zum Beispiel bei Lastwechsel, bei Längenwachstum
oder aufgrund von Verletzungen ändert.
Alle diese Probleme werden offensichtlich
schon von den "einfachen" neuronalen Systemen der Insekten gelöst.
Die Ergebnisse der Kombination von Verhaltensversuchen an Stabheuschrecken,
von Computersimulationen mit künstlichen neuronalen Netzen sowie von
"Hardwaresimulationen" mit sechsbeinigen Robotern lassen vermuten, dass
das Geheimnis dieser sensomotorischen Intelligenz in einer extremen Dezentralisierung
des Systems zu finden ist. Diese Dezentralisierung und, damit verbunden,
Vereinfachung des neuronalen Systems ist, wie im Referat weiterhin gezeigt
werden wird, vor allem dadurch möglich, dass statt einer expliziten
Berechnung des Gesamtsystems die physikalischen Eigenschaften des zu kontrollierenden
Systems ausgenutzt werden. |
Dr. Urs Kradolfer; Schweizerischer
Erdbebendienst, ETH Zürich |
Weltweite Ueberwachung von
Nuklearwaffentests: Ist dies überhaupt möglich? |
Montag, 25. November 1996 |
Eine grosse
Mehrheit der internationalen Staatengemeinschaften ist am Zustandekommen
eines vollständigen Atomteststoppvertrages interessiert. Damit allfällige
Vertragsverletzungen entdeckt werden können, hat die Abrüstungskonferenz
in Genf ein weltweites Überwachungssystem in den Vertragsentwurf integriert:
zur Detektion von Nuklearwaffentests sollen dabei seismische, hydroakustische,
Infraschall- und Radionukleid-Messmethoden angewendet werden.
Die Schweiz - seit einigen Monaten
Vollmitglied in der Abrüstungskonferenz - beteiligt sich seit rund
zwei Jahren mit einer Messstation des Schweizerischen Erdbebendienstes
am sich bereits im Aufbau befindlichen, experimentellen seismischen Überwachungsnetz.
Anhand von Beispielen soll auch ein Einblick in die zähen Verhandlungen
der Diplomat n und Experten an der Abrüstungskonferenz gegeben werden.
Wieso sind bei internationalen Verhandlungen oft nur kleine Schritte auf
dem Weg zum Ziel möglich? Wie bewegt man sich im Spannungsfeld Wissenschaft
- Politik? |
Prof. Dr. Charles Weissmann,
Institut für Molekularbiologie I, Universität Zürich |
Prionen: neuartige Erreger? |
Montag, 9. Dezember 1996 |
Bisher galt
es als gegeben, dass übertragbare Krankheiten auf nukleinsäurehaltige
Erreger zurückzuführen sind, wie beispielsweise Bakterien, Viren
oder Protozoen. In den letzten Jahren mehren sich die Hinweise, dass das
Prion, der Erreger einer Gruppe übertragbarer; unheilbarer Krankheiten
des Zentralnervensystems, zu denen der berüchtigte Rinderwahnsinn,
Scrapie (Traberkrankheit) beim Schaf, aber auch einige seltene menschliche
Erkrankungen gehören, ein abnormes Eiweiss (PrP*) ist. Die normale
Form dieses Eiweisses PrPc kommt in allen höheren Organismen vor;
vor allem im Hirn. Es wird vermutet, dass PrPc, wenn es mit der (von aussen
eingeführten) abnormen Form in Kontakt kommt, ebenfalls in die abnorme
Form überführt wird, wodurch der Krankheitsprozess eingeleitet
und der Erreger kaskadenartig vermehrt wird.
Die essentielle Rolle von PrPc bei
der Genese der Krankheit wurde mit Hilfe gentechnisch veränderter
Mäuse nachgewiesen. Wir haben Mäuse erzeugt, deren Gen für
PrPc inaktiviert war und die deshalb kein PrPC besassen. Überraschenderweise
zeigten solche Mäuse keine Entwicklungs- oder Verhaltensstörungen;
sie erwiesen sich als völlig resistent gegen Scrapie und vermehrten
den Erreger nicht mehr. Wurden PrP-Gene in solche Mäuse wieder eingeführt,
so wurde die Anfälligkeit für Scrapie wiederhergestellt. |
Stubenhitze
2.Januar 1995
unser Neujahrsblatt auf das Jahr 1995 wurde von
Peter Voser und Ursula Kobe, Männedorf, verfasst und behandelt das
Thema «Naturschutzgebiet Glatt-Hochfelden. Die ersten 15 Jahre eines
neu angelegten Auenreservates.» |
PD Dr. Hannes Schüepp,
Eidgenössische Forschungsanstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau,
Wädenswil |
Das ungeahnt komplexe und
dynamische Zusammenspiel von Mykorrhiza-Pilzen und Pflanzen |
Montag, 9. Januar 1995 |
Die Arbuskulären
Mykorrhizen sind als allgemein verbreitete Symbiose zwischen Pflanzen und
Pilzen eine wesentliche Komponente des Boden-Pflanzen-Systems. Sie kommen
in allen natürlichen sowie in landwirtschaftlich genutzten Ökosystemen
bei fast allen Pflanzenarten vor: Bei der Besiedlung der Wurzeln bilden
diese Pilze neben den wurzelinternen Strukturen ein ausgedehntes Bodenmyzel.
Sie stellen somit eine wichtige Verbindung zwischen Pflanzen und Boden
dar und beeinflussen oder regulieren die Stoffflüsse innerhalb der
vielfältigen Komponenten des Boden-Pflanzen-Systems. Sie sind direkt
oder indirekt bei allen wichtigen Prozessen im Bodenökosystem beteiligt,
spielen eine wichtige Rolle bei den Stoffkreisläufen und bei der Erhaltung
der Bodenstruktur und fördern die Gesundheit der Pflanzen, indem sie
diese vor biotisch und abiotisch bedingten Stressfaktoren schützen.
Zunehmende Umweltschäden und -instabilität infolge anthropogener
Aktivitäten und speziell die Empfindlichkeit der Bodenressourcen liessen
erkennen, dass Massnahmen zur Förderung der Nachhaltigkeit der natürlichen
und der landwirtschaftlich genutzten Ökosysteme notwendig sind. Nachhaltigkeit
kann als erfolgreiches Management der Ressourcen verstanden werden, um
den sich ändernden menschlichen Bedürfnissen zu genügen
und gleichzeitig die Umweltqualität zu erhalten oder zu fördern
sowie die Ressourcen zu schonen. Wegen der grundlegenden Bedeutung der
Arbuskulären Mykorrhizen bei Schlüsselprozessen in Ökosystemen
ist das bessere Verständnis dieser Symbiose eine wesentliche Voraussetzung
für die Entwicklung eines jeden nachhaltigen Boden-Pflanzen-Systems. |
PD Dr. Wilfried Haeberli,
Versuchsanstalt für Wasserbau, ETH Zürich |
Permafrost und Blockgletscher
in den Alpen |
Montag, 23. Januar 1995 |
Permafrost
existiert in den Alpen vorwiegend in der Höhenstufe des unbewachsenen
Schuttes, kann in extremen Schattenlagen aber auch weit unter die Waldgrenze,
reichen. Charakteristische Mächtigkeiten betragen einige von Metern
bei mittleren Oberflächentemperaturen von wenigen °C unter
Null. In Lockergesteinen von Schutthalden und Moränen kann der Eisgehalt
das Porenvolumen weit übersteigen und bis zu 100% ausmachen. Das langsame
Kriechen von solch eisübersättigtem Permafrost führt zur
Bildung von auffälligen lavastromartigen Schuttformen, den sogenannten
Blockgletschern. 1987 führte die VAW/ETHZ an einem solchen Blockgletscher
(Murtèl/Corvatsch) eine Kernbohrung durch und instrumentierte das
Bohrloch für langfristige Beobachtungen, speziell im Hinblick auf
mögliche Klimaveränderungen und ihre Auswirkungen auf den alpinen
Permafrost. Zurzeit steigen die Bohrlochtemperaturen mit einer Geschwindigkeit
von rund 0,1°C pro Jahr an. Mit räumlichen Computersimulationen
wird versucht, Szenarien möglicher zukünftiger Entwicklungen
lokal/regional abzuschätzen. |
Prof. Dr. Arnold Benz, Institut
für Astronomie, ETH Zürich |
Koronen: Heisse Hüllen
kühler Sterne |
Montag, 6. Februar 1995 |
Neue Röntgensatelliten
modernster Technologie zeigen uns die Koronen der Sonne und ähnlicher
Sterne in einem neuen Licht. Diese Atmosphäre zwischen Oberfläche
und interstellarem Raum hat eine Temperatur von mehreren Millionen Grad.
Sie wird in Sternnähe von Magnetfeldern zurückgehalten. Wo dies
nicht möglich ist, fliesst das koronale Gas als Sternwind ab. Die
Erde kreist inmitten des Wettergeschehens des Sonnwindes.
Die Koronen von jungen Sternen sind
besonders stark und aktiv. Zusätzlich zur starken permanenten Strahlung
kommt es häufig zu Strahlungsausbrüchen, sog. Flares. Diese Koronen
enthalten auch relativistische Elektronen, deren Synchrotronstrahlung mit
Radioteleskopen empfangen wird. Wir sind nahe daran, die nächsten
stellaren Koronen mittels interkontinentaler lnterferometrie räumlich
aufzulösen.
Noch ist nicht klar, wie Koronen geheizt
werden. Man beobachtet sie nur bei Sternen mit relativ kühler Oberfläche
(wenige Tausend Grad). Koronen haben einen direkten Einfluss auf die Entwicklung
der Sterne und des interstellaren Mediums, vor allem in der frühen
Phase der Sternentstehung. |
Dr. med. und phil. Cécile
Ernst, Psychiatrische Universitätsklinik, Zürich |
Psychosoziale Risikofaktoren
in der Kindheit: Genetik, Epidemiologie und Mythenbildung |
Montag, 20. Februar 1995 |
Die Industriegesellschaft
wandelt sich zur Dienstleistungsgesellschaft mit wachsender Beteiligung
der Frauen an der Arbeitswelt. Gleichzeitig wird über die Zunahme
von Verwahrlosung, Gewalttätigkeit und Abhängigkeit von legalen
und illegalen Drogen bei Kindern und Jugendlichen geklagt. Das Referat
sucht Antworten auf folgende Fragen zu finden:
- Haben psychische Störungen
in den letzten Jahrzehnten bei Kindern und Jugendlichen zugenommen?
- Welche psychosozialen Risikofaktoren
sind bekannt?
- Gibt es genetische Dispositionen
für psychische Störungen im Kindes- und Jugendlichenalter?
- Gibt es eine öffentliche und
private entscheidungsbeeinflussende Mythenbildung zur Entstehung von psychischen
Störungen im Kindes- und Jugendlichenalter? |
Bericht über die Exkursion |
So arbeitet ein moderner
Wetter- und Klimadienst in der Schweizerischen Meteorologischen Anstalt
in Zürich |
20. Mai 1995: |
Um 10.15 Uhr
besammelte sich eine Gruppe von 70 Personen vor der Schweizerischen Meteorologischen
Anstalt (SMA). Nach einer kurzen Einführung durch Herrn Dr. Gutermann,
Direktor der SMA, erhielten wir in den 11/2 Stunden, die uns zur Verfügung
standen, Informationen über die Verarbeitung und Verbreitung meteorologischer
Daten, die für unser Land wichtig sind. Dr. Gutermann schilderte uns
ausserdem die Aufgaben der Schweizerischen Alarmzentrale, die ebenfalls
in der SMA integriert ist.
Wir möchten nebst Herrn Dr. Gutermann
auch den Herren Schönbächler und Käslin für den aufschlussreich
gestalteten Morgen danken. Anschliessend an ein gutes Mittagessen im Restaurant
Neu Klösterli fand die Jahres-Hauptversammlung statt. |
Prof. Dr. Armin Hermann,
Historisches Institut, Abteilung für Geschichte der Naturwissenschaften
und Technik, Universität Stuttgart |
Der unbekannte Einstein -
die Emotionen eines rationalen Denkers |
Montag, 6. November 1995 |
Der Künstler
und Wissenschaftler verlegt den Schwerpunkt seines Gefühlslebens in
seine Arbeit, hat Einstein gesagt, um so «Ruhe und Festigkeit zu
suchen», die er im persönlichen Leben nicht finden könne.
Bewusst war Einstein vor einer leidenschaftlichen Jugendliebe geflohen,
denn er fürchtete den Sturm von Gefühlen, der sein Lebensschiff
in eine andere Richtung hätte umlenken können. Er wollte Professor
der theoretischen Physik werden. In seinem ganzen Leben hat Einstein seine
Emotionen auf die Wissenschaft konzentriert und dafür das Scheitern
seiner Ehen in Kauf genommen. Die heute in den Archiven zugänglichen
Einstein-Briefe sind Zeugnisse seiner Begeisterung für die Physik
wie für seine gestörten menschlichen Beziehungen. |
Frau PD Dr. Margret Schlumpf,
Pharmakologisches Institut, Universität Zürich |
Sinkende Fertilität
- Konsequenz von Umweltchemikalien mit endokriner Wirkung? |
Montag, 20. November 1995 |
Eine grosse
Zahl von Umweltchemikalien vermag in die Regulation hormoneller Systeme
bei Mensch und Tier einzugreifen und diese empfindlich zu stören.
Diese Dysregulation des hormonellen Milieus kann gravierende Veränderungen
der Reproduktion bewirken. Bei freilebenden Tierpopulationen wie z. B.
bei Fischen, Vögeln, Reptilien und Säugetieren wurden Reproduktionsstörungen
bereits wahrgenommen als verringerte Fertilität, als Verhaltensstörungen,
Demaskulinisierung oder Feminisierung, als Schilddrüsen-Dysfunktionen
oder als Kompromittierung des Immunsystems. Auch für den Menschen
gibt es heute Hinweise für Störungen der Reproduktion, jedoch
besteht noch Unsicherheit über die eigentliche Ursache dieser Veränderungen
und auch darüber, ob tatsächlich eine Verbindung zu den bei freilebenden
Tierpopulationen beobachteten Dysfunktionen besteht. Eine umfangreiche
Literatur steht uns heute zur Verfügung, welche bestimmte Chemikalien
in der Umwelt für die im Tierreich beobachteten Störungen verantwortlich
macht, Substanzen nämlich, welche die Wirkungen endogener Östrogene
zu imitieren vermögen, als Anti-Östrogene wirken oder in einer
anderen, noch unbekannten Weise die delikate Balance der Sexualhormone
zu stören vermögen. Als ganz wichtiger Faktor in der Wirkung
dieser endokrin wirksamen Substanzen erscheint der Zeitpunkt der Einwirkung.
Hier werden prinzipiell zwei Typen von Wirkungen unterschieden: Organisations-
oder Entwicklungs-Effekte, deren Ursache eine chemische Interaktion mit
dem empfindlichen hormonellen Milieu während der embryonalen, fetalen
oder früh postnatalen Entwicklung der (Geschlechts) Organe und/oder
der Organfunktionen ist.
Diese Art von Wirkungen sind häufig
permanent, während die andere Kategorie von Wirkungen, sogenannte
Aktivierungs-Effekte, die im adulten Alter entstehen, zumeist als transitorisch
oder reversibel eingeschätzt werden. Endokrin wirksame Substanzen
sind
persistente, bioakkumulierende Organochlorverbindungen,
darunter auch Pestizide (Herbizide, Fungizide und Insektizide), industriell
verwendete Chemikalien wie z. B. Alkylphenole oder Tween, Metalle und gewisse
natürliche Substanzen. |
Prof. Dr. Francois Diederich,
Laboratorium für Organische Chemie, Universität Zürich |
Fullerene: neue Perspektiven
chemischer Forschung |
Montag, 4. Dezember 1995 |
Die Entdeckung
der Fullerene im Jahre 1985 und die Entwicklung einer Methode zur Herstellung
grosser Mengen der Kohlenstoffbälle im Jahre 1990 führte zu einer
rasanten, interdisziplinären Erforschung der physikalischen Eigenschaften
und der chemischen Reaktivität dieser ersten molekularen Erscheinungsformen
(Allotrope) des Elements Kohlenstoffs.
Dabei zeigte sich, dass das Ensemble
der physikalischen und chemischen Eigenschaften der Fullerene sich grundlegend
von denjenigen aller bisher bekannten Körper unterscheidet. Die weltweit
intensiv verfolgte Erschliessung der kovalenten Funktionalisierung der
Fullerene hat zu einem klaren Satz von Regeln geführt, die ihr Reaktivitätsverhalten
beschreiben. Darauf aufbauend hat sich neuartige Chemie an den Schnittstellen
zur Biologie und zu den ~ entwickelt. So wurden wasserlösliche Fulleren-Derivate
hergestellt, welche die HIV-Protease, ein zum Aufbau des HIV-Virus essentielles
Enzym, hemmen. Da Fullerene und ihre Derivate die bisher wirksamsten Photosensibilisatoren
für die Herstellung des Zellgifts Singulett-Sauerstoft darstellen,
und über diesen Mechanismus DNA spalten können, wird derzeit
ihre mögliche Anwendung in der photo-dynamischen Tumortherapie untersucht.
Auf dem Gebiete der ~ hat die charakteristische
Eigenschaft der Fullerene, leicht Elektronen aufzunehmen, zur Herstellung
von supraleitenden und ferromagnetischen binären Phasen geführt.
Neben diesen anwendungsorientierten Untersuchungen führt die derzeitige
Fullerenforschung zu einem massgeblich verbesserten Verständnis der
Struktur und Eigenschaften dreidimensionaler, elektronisch konjugierter
Moleküle. Von der Aufklärung des Bildungsmechanismus der Fullerene,
die durch Widerstandsheizen von Graphit bei 3000°C in einer Inertgasatmosphäre
erzeugt werden, erhofft man sich das Auffinden neuartiger Herstellungsverfahren
auch für andere, bisher noch unbekannte Molekülklassen. |
Dr. Winand Brinkmann, Paläontologisches
Institut und Museum der Universität Zürich |
Der aktive Flug der Wirbeltiere
- fossil und rezent |
Montag, 18. Dezember 1995 |
Nach einer
kurzen Einführung in aerodynamische Grundlagen werden die verschiedenen
Wirbeltier-Gruppen mit aktiven Fliegern vorgestellt sowie wichtige Anpassungen
an die aktiv fliegende Lebensweise besprochen. Für ausgestorbene aktiv
fliegende Wirbeltiere wird versucht, deren Flugleistungen im Aktualitätsschluss
zu rekonstruieren.
Die Befähigung zum aktiven Flug
ist innerhalb der Wirbeltiere mehrfach unabhängig entstanden, und
zwar bei den seit dem jüngsten Jura nachgewiesenen Vögeln, den
seit dem Alttertiär bekannten Fledertieren (Fledermäuse und Flughunde),
den seit der oberen Trias nachgewiesenen und am Ende der Kreide ausgestorbenen
Flugsauriern sowie - mit Einschränkungen - bei den nur rezent vorkommenden
Beilbauchfischen. Allen aktiv fliegenden Wirbeltieren gemeinsam ist die
Tatsache, dass sie bewegliche Tragflächen besitzen, die stets auf
den Vorderextremitäten aufgebaut sind. Im Gegensatz zu passiven Fliegern,
die nur äussere Energie vor allem in Hub umsetzen, sind aktive Flieger
in der Lage, innere Energie in Hub und Schub zu verwandeln. Weiter können
aktiv fliegende Wirbeltiere - mit Ausnahme der eine Sonderstellung einnehmenden
Beilbauchfische - auch deutlich Höhe gewinnen, da sie sowohl zu einem
ausdauernden Steigflug als auch zum Überbrücken nennenswerter
Entfernungen in der Lage sind. Entsprechend der mehrfach unabhängigen
Herausbildung des aktiven Flugvermögens ist die Konstruktion der Flugapparate
bei Flugsauriern, Vögeln und Fledertieren sehr verschieden. Zum Beispiel
unterscheiden sich ihre Flügel hinsichtlich der Anordnung der tragenden
Elemente (Vorderextremitäten-Knochen) und der Art der «Bespannung»
(Federn oder Flughäute). Stets lassen sich an den Flügeln jedoch
drei funktionell unterschiedliche Tragflächenbereiche abgrenzen, die
entweder hauptsächlich dem Auftrieb, dem Vortrieb oder als Auftriebshilfen
dienen. Ausserdem sind von aktiv fliegenden Wirbeltieren verschiedene Flugmethoden
bekannt (Schlagflug, Segelflug, Rüttelflug), die allerdings bei den
einzelnen aktiven Fliegern in sehr unterschiedlichem Umfang oder aber auch
nur teilweise verwirklicht wird. |
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Podium
unter der Leitung von Frau Dr. Rosmarie Waldner, Tagesanzeiger Zürich |
Transgene Tiere |
Montag, 10. Januar 1994 (AudiMax) |
Teilnehmer:
Prof. Dr. med. Rolf M. Zinkernagel, Institut für
Experimentelle lmmunologie, Univ. Zürich
Transgene Tiere (vor allem Mäuse),
die fremde Modellantigene in bestimmten Organen oder Zellen ausdrücken,
dienen der Erforschung des Immunsystems sowie von Krankheiten, bei denen
schlecht ausgewogene immunologische Mechanismen eine pathogenetische Rolle
spielen.
PD Dr. Kurt Bürki, Sandoz Pharma AG, Abteilung
Biotechnologie, Basel
Anwendungsbeispiele in der Biomedizinischen
Forschung werden vorgestellt, insbesondere die Rolle der transgenen Tiere
als Krankheitsmodelle.
PD Dr. Daniel Ammann, Schweizerische Arbeitsgruppe
für Gentechnologie, Zürich
Die Produktion transgener Tiere verletzt
die Würde der Kreatur. Der Anspruch auf Gesundheit des Menschen legitimiert
keine beliebige Verfügung des Menschen über das Tier. Optimierungen
der Keimbahneingriffe, Xenotransplantationen oder Versuche der Geschlechtsumwandlung
zeigen zudem ein erschreckendes Potential der Transgenese am Tier. |
Dr. Hans Richner, Atmosphärenphysik
ETH Zürich |
Windprofiler- ein neuartiges
meteorologisches Instrument zur kontinuierlichen Messung von Winden bis
auf 30 km Höhe |
Montag, 24. Januar 1994 |
Windprofiler
sind spezielle Radargeräte, mit denen das vertikale Windprofil bis
in Höhen von über 30 km nach dem Prinzip der Fernerkundung gemessen
werden kann. Nach einem kurzen Abriss über die grundlegenden physikalischen
Prozesse, die zu einer Beeinflussung der Radarsignale durch den Wind führen,
wird die Technik dargestellt, durch die aus den Radarsignalen Windinformation
gewonnen werden kann. Dabei wird insbesondere auch auf die Probleme der
Stabilitätskontrolle auf den verschiedenen Stufen der Analyse eingegangen.
Anhand von Beispielen (Fronten und lokalen Windsystemen) wird gezeigt,
welche neue Möglichkeiten Windprofiler eröffnen, indem sie auf
anschauliche Weise die zeitliche Entwicklung dynamischer Strukturen des
Windfeldes aufzeigen. Weitere Probleme, die vor der Errichtung eines europäischen
Netzes gelöst werden müssen, betreffen vor allem die Zuteilung
eines geeigneten Frequenzbereiches und das Finden günstiger Standorte;
die diesbezüglichen Aktivitäten einer europäischen Aktion
werden kurz erläutert. |
Dr.sc.nat. Dennis C. Turner,
Institut für angewandte Ethologie und Tierpsychologie Hirzel/ZH, Präsident
Konrad Lorenz Kuratorium, IEMT-Schweiz, Zug |
Die domestizierte Katze -
zoologisch und psychologisch betrachtet |
Montag, 7. Februar 1994 |
Die domestizierte
Katze lebt in der Nähe des Menschen seit mehr als 3500 Jahren. Sie
hat sich bis zur heutigen Zeit als äusserst anpassungsfähiges
Tier gezeigt, v.a. was ihre sozialen und räumlichen Organisationssysteme
betrifft. Feld- und Koloniebeobachtungen dieser Spezies sind relativ jung.
Domestizierte Arten, die zudem im eigenen Hinterhof leb(t)en, galten, lang
als minderwertige Forschungsobjekte. Jedoch im Zeitalter von Untersuchungen
der Umwelteinflüsse auf das tierische Verhalten und von interdisziplinären
Studien sind Katzen ideale Forschungspartner, da menschliche Einflüsse
und Beziehungen zu ihnen immer eine Rolle spielen. Ihre Beliebtheit verleiht
ihnen zudem grosse Bedeutung in Untersuchungen der sozialen Beziehungen
zwischen Menschen und Tieren. Der Referent wird diese und andere Punkte
in einer Zusammenfassung seiner mehr als zehnjährigen Forschungstätigkeit
mit Hauskatzen erläutern. |
Prof. Dr. Peter Signer, Departement
für Erdwissenschaften, ETH Zürich |
Die Venus nach den Radaruntersuchungen
durch die Magellansonde |
Montag, 21. Februar 1994 |
Die lückenlose
und stets vorhandene Wolkendecke der Venus verunmöglicht Satellitenbeobachtungen
der Venus im sichtbaren Licht. Deshalb wird ihre Oberfläche seit August
1990 mit reflektierten Radarpulsen untersucht, wobei eine Auflösung
bis zu etwa 100 m erreicht wird. Anhand von Diapositiven wird im Vortrag
ein Überblick über die bisherigen Resultate der Magellan-Mission
der NASA vermittelt und erklärt, was über unseren Nachbarplaneten
bekannt ist.
Trotz der ähnlichen Massen, Radien
und Abständen von der Sonne unterscheiden sich die heutigen geologischen
Prozesse der Venus und der Erde teilweise grundlegend. Ein Grund hierfür
ist der äusserst geringe Wassergehalt der Venus. Daher sind Verwitterung
und Sedimentbildung auf der Venus weit weniger bedeutend als auf der Erde.
Zahl, Grössenverteilung und Aussehen der Einschlagskrater lassen vermuten,
dass das~ Alter der' Venusoberfläche etwa 5'00 Millionen Jahre beträgt
und dass keine alten Kontinentalblöcke bestehen. Die Venusoberfläche
wird einerseits sehr wesentlich durch vulkanische Tätigkeiten beeinflusst.
Andererseits sind mannigfaltige Strukturen das Ergebnis von tektonischen
Prozessen wie Krustendehnung und -kontraktion, Faltungen sowie vertikalen
und horizontalen Verschiebungen. Hinweise auf Prozesse, die mit der irdischen
Plattentektonik vergleichbar sind, wurden nicht gefunden. Russische Untersuchungen
zeigen, dass die Venuskruste chemisch eher ozeanischer als kontinentaler
Erdkruste gleicht. Da aber die Oberflächentemperatur bei etwa 500
Grad Celsius liegt und Wasser praktisch fehlt, ist die Rheologie der Venuskruste
anders als jene der ozeanischen Kruste der Erde. Daher können ähnliche
tektonische Prozesse auf den beiden Planeten ganz verschiedene Folgen haben.
Um die im Untergrund ablaufenden Vorgänge besser erfassen zu können,
wurde die Sonde im Mai dieses Jahres zur genaueren Vermessung des Schwerefeldes
von ihrer elliptischen Bahn auf eine niedrige Kreisbahn umgelenkt. Aus
diesen Messungen hofft man Informationen über die Prozesse in Kruste
und Mantel zu erhalten. |
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Verleihung der Ehrenmitgliedschaft
an Prof. Dr. Elias Landolt |
Montag, 31. Oktober 1994 |
Prof. Dr. Bernhard Nievergelt,
Ethologie und Wildforschung, Universität Zürich |
Naturreservate als Lernorte
für Forschung und Naturschutz |
Montag, 31. Oktober 1994 |
Eine wichtige
Qualität von Naturreservaten besteht darin, dass der Umgang mit ihnen
Vertreter der Forschung und des Naturschutzes zusammenführt und unter
den Forschern interdisziplinäres Denken fördert. Das Herausschälen
und Formulieren der Reservats- und Forschungsziele erfordert vor allem
bei grösseren Objekten eine intensive und fachübergreifend abgestützte
Auseinandersetzung mit den Eigenheiten der Lebensgemeinschaften, mit ihren
Inhalten und mit ihrer Dynamik. Man denke aber auch an weitere Daueraufgaben,
wie das Festlegen von Pflegemassnahmen und Erfolgskontrollen, an die Information
der Besucher. Für das bessere Verständnis wirtschaftlich genutzter
Gebiete empfehlen sich Reservate ausserdem als Orientierungshilfe.
Die hier angesprochene Herausforderung
wird im Vortrag vor allem an den Beispielen Schweizerischer Nationalpark
und Naturlandschaft Sihlwald diskutiert. |
Prof. Dr. Christian Schlatter;
Institut für Toxikologie, ETH Zürich |
Dioxine - echte Gefahr oder
Schreckgespenst? |
Montag, 14. November 1994 |
Es mag als
absurd erscheinen, die Gefährlichkeit von Dioxinen in Frage zu stellen,
handelt es sich bei diesen Stoffen doch unbestreitbar um biologisch sehr
potente Agentien. Der Grund, weshalb sie gleichwohl bisher wenig Schaden
angerichtet haben, liegt in den äusserst geringen Konzentrationen
in unserer Umwelt, die trotz der schlechten chemischen und ,biologischen
Abbaubarkeit und Anreicherung in der fetthaltigen Biosphäre keine
bedrohlichen Ausmasse erreicht haben. Durch Dioxine verursachte Todesfälle
hat es bisher noch keine gegeben und bedeutende Gesundheitsschäden
nur wenige. Für viele andere Industriechemikalien sieht diese Bilanz
sehr viel ungünstiger aus. Trotzdem gehören die Dioxine selbst
nach 20jähriger intensiver Forschung weiterhin zu bevorzugten Studienobjekten
in der Toxikologie. Die Mechanismen ihrer Schadwirkung sind zwar im einzelnen
noch nicht bekannt, das wesentliche und hochinteressante Grundphänomen
ist jedoch die Interaktion mit dem cytoplasmatischen Ah-Rezeptor. Dieser
hormonähnliche Mechanismus wurde bisher bei keiner anderen Substanzgruppe
so gut untersucht wie bei den Dioxinen. Seine Bedeutung dürfte jedoch
weit über die Dioxine hinausgehen. Die Dioxine haben sich somit von
lediglich «giftigen» Stoffen zu einer grundlegend wichtigen
Modellgruppe zum Studium der Interaktion organischer Stoffe mit zellulären
Rezeptor- und Regulationssystemen gemausert. |
Prof. Dr. P Baccini, Lehrstuhl
für Stoffhaushalt und Entsorgungstechnik an der ETH Zürich |
Entsorgung in der Schweiz:
erfreuliche Fortschritte - unerwartete Rückfälle |
Montag, 28. November 1994 |
Der Abfallberg,
unter dem unsere Zivilisation begraben wird, wurde vor rund zehn Jahren
zum neuen Drohbild in der breiten öffentlichen Diskussion aufgebaut,
nachdem sich die sterbenden Wälder im Medienrummel zu sehr verausgabt
hatten.
Abfall ist in der Mangelgesellschaft
seit Jahrtausenden eine essentielle Ressource der Armen und Ärmsten
einerseits und andererseits ein ästhetisches Ärgernis der Reichen,
das ausserhalb des Gesichtskreises liegen soll.
Überflussgesellschaften, eine
Schöpfung dieses Jahrhunderts, projizieren fast sämtliche Wohlstandsfrustrationen
auf den Abfall. Die Abfallwirtschaft, bisher ein Aschenbrödel unter
den Schönen und Erfolgreichen dieser Welt, wurde plötzlich zu
einem Tanz gebeten, für den sie weder geeignete Schuhe hatte, geschweige
denn die Schritte kannte. Wesentlich nüchterner formuliert: Die Abfallwirtschaft
(d.h. die Summe aller Unternehmungen einer Volkswirtschaft, welche die
Entsorgung durchführen) wurde plötzlich mit Aufgaben konfrontiert,
die sie gar nicht lösen konnte. Die wichtigste gesellschaftspolitische
Botschaft im Leitbild für die schweizerische Abfallwirtschaft (1986)
bestand eigentlich darin, der Entsorgung dieses Landes vernünftige
Ziele vorzugeben und einen Rahmen zu schaffen, in dem sie kreativ und effizient
arbeiten kann. Was ist nach rund acht Jahren daraus geworden? |
Dipl.-lng. ETH Ueli Bundi,
EAWAG |
Nachhaltige Entwicklung -
pragmatische Annäherung an ein Schlagwort |
Montag, 12. Dezember 1994 |
Das Konzept
der Nachhaltigen Entwicklung wird seit einiger Zeit verschiedenstartiger
Betrachtungen unterzogen. Pragmatisch gesehen ist ein nach bestimmten Grundsätzen
orientiertes Tasten angesprochen: Es gilt, den Verbrauch an natürlichen
Ressourcen schrittweise und massiv zu senken, den Schadstoffgehalt in Boden,
Wasser und Luft auf tiefem Niveau zu stabilisieren, funktionsfähige
ökologische Netzwerke zu gewährleisten und dabei soziale und
wirtschaftliche Einbrüche zu vermeiden. Solche Ansätze lassen
sich im globalen, regionalen und lokalen Kontext behandeln. Immer implizieren
sie grundlegende Neuausrichtungen mit tiefgreifenden gesellschaftlichen
Konsequenzen.
Am Beispiel der Gewässer; des
Stickstoffkreislaufes und der Landwirtschaft in der Schweiz sowie der Entwicklung
des Einzugsgebietes der Töss werden verschiedene Aspekte der Nachhaltigkeit
diskutiert. |