Jugendpreis 2005 der Naturforschenden Gesellschaft
in Zürich
Dieses Jahr wurden zum dritten Mal alle Gymnasien im Kanton Zürich
eingeladen, je ihre beiden besten Maturitätsarbeiten aus den Bereichen
Biologie, Chemie, Geographie, Mathematik und Physik für den Wettbewerb
um den Jugendpreis der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich einzureichen.
Von fünf Schulen gingen insgesamt acht Arbeiten ein. Wiederum war
die Jury sehr beeindruckt vom grossen Engagement aller Autorinnen und Autoren
und der hohen Qualität dieser Arbeiten. Als Hauptkriterien für
die Entscheidungsfindung dienten Wissenschaftlichkeit, Originalität
und Relevanz.
Der erste Preis ging an eine Arbeit aus dem Bereich Entomologie, der
zweite Preis wurde für eine Tiermedizinische Arbeit vergeben und ein
Originalitätspreis ging an eine interdisziplinäre Arbeit.
Gewinner des Jugendpreises 2005: Erster Preis: Renate Heinzelmann,
Zweiter Preis: Janine Brunner, Dritter Preis: Marko Kovic
Alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen erhalten als Anerkennung für
ihren ausserordentlichen Einsatz und die hohe Qualität ihrer Maturitätsarbeiten
eine NGZ-Mitgliedschaft für das Jahr 2006. Zudem erhielt die Siegerin
Fr. 500.- und die Zweite Fr. 300.-.
Die Verleihung der Preise erfolgte am 12. Dezember 2005 an der ETH
im Rahmen eines NGZ-Vortrages des Wintersemesters 2005/06.
Felix Stauffer
Laudatio zum 1. Preis
für Renate Heinzelmann
Der Schwalbenschwanz - Forschungsarbeiten zu seinen
Entwicklungsstadien
Gymnasium Unterstrass, Zürich
Die Arbeit von Frau Renate Heinzelmann hatte folgende klare Fragestellung:
1. Bestimmung von Gewichten und Brustbreiten der fünf Raupenstadien,
die für die Häutung zum nächsten Raupenstadium oder zur
Puppe kritisch sind.
2. Dauer der Entwicklung der Eier, Larven und Puppe bei drei verschiedenen
Temperaturen (RGT- Regel). RGT = van’t Hoffsche Regel (Reaktions-Geschwindigkeit-
Temperatur - Regel, die wie auch die Maturandin weiss, aus der Chemie [1884]
stammt).
Beim gewählten Organismus, dem Schwalbenschwanz, Papilio machaon
L., handelt es sich um einen grossen, imponierenden und attraktiven Schmetterling
der Familie Papilionidae („Ritter“). Laut schweizerischer Literatur ist
dieser schöne Schmetterling in seinem Vorkommen bei uns noch nicht
gefährdet. Grund zur Sorge besteht aber trotzdem, weil die Fenchel-
und Karottenfelder in der Schweiz, die ein willkommenes Futter für
die Raupen bieten, immer häufiger auch mit Insektiziden gespritzt
werden.
Trotz fehlenden Klimakammern, geeigneten Insekten-Käfigen und
ohne professionellen Zugang zur wissenschaftlichen Literatur, hat die Kandidatin
ihre Ziele voll erreicht. Die bei einer solchen Arbeit zu erwartenden Schwierigkeiten
wurden nicht nur klar beschrieben, sondern sie wurden gut beobachtet, beschrieben,
analysiert und daraus auch die richtigen Schlüsse gezogen. Darum stimmen
die Resultate auch mit den generellen Erwartungen aus den entsprechenden
Lehrbüchern erstaunlich genau überein und dies obwohl die Kandidatin
bei der Abfassung ihrer Arbeit das nicht wusste!
Die Arbeit zeichnet sich durch eine klare Strukturierung, detaillierte
Beschreibung der Versuche, aufwändige Darstellungen und eine grosse
Zahl eindrücklichen Fotographien von den verschiedenen Lebensstadien
(inklusive entsprechende Vergrösserungsangaben) aus. Mit diesen Angaben
könnte man den Schwalbenschwanz relativ leicht selbst züchten.
Die Maturarbeit zeugt von einer grossen Begeisterung für biologische
Objekte und die Fähigkeit, die Hilfe von Wissenschaftlern zu suchen
und Familienmitglieder und Freunde für die eigenen Ziele zu begeistern
und mit Erfolg einzubeziehen. Wir zeichnen dieses erfreuliche Resultat
mit dem diesjährigen Jugendpreis der NGZ aus.
Schönenberg / Zürich, 12. Dezember 2005 Erich Städler.
Laudatio zum 2. Preis
für Janine Brunner, Winkel
Nutzen und Schaden von Kamelmilchfütterung in
der Pferdezucht und Pferdehaltung
Liceo artistico, Zürich
Betreuer: Luisella Barberis-Maino
Kamelmilch diente früher in Wüstenregionen als Grundnahrungsmittel für die Aufzucht von Fohlen. Diese Praxis entstand wohl mangels Futter und Wasser, dürfte aber in der Zuchtgeschichte des Araberpferdes zur Entwicklung guter Eigenschaften wie Ausdauer und Genügsamkeit beigetragen haben. Heute erlebt die Kamelmilchfütterung eine Renaissance; so hält der Emir von Abu Dhabi für seine Stutenzucht eigens eine Herde von Milchkamelen. Janine Brunner möchte mit ihrer Araberstute künftig selbst eine Zucht aufbauen. Deshalb will sie wissen, ob die in den arabischen Ländern für die Pferdezucht so hoch gelobte Kamelmilch auch im heutigen Europa von Nutzen sein könnte. Sie beantwortet die Frage einerseits mit einem breit gefächerten und hervorragend wiedergegebenen Literaturstudium, anderseits mit einer kleinen experimentellen Arbeit. Darin vergleicht sie Kamel-Chymosin mit eigenhändig aus Pferdemagen extrahiertem Pferde-Lab in ihrer Wirkung auf die Gerinnung von Kamelmilch. Sie kommt zum Schluss, dass die Verfütterung von Kamelmilch in unseren Breitengraden sinnlos ist. Kamelmilch ist zwar besser zusammengesetzt als Kuhmilch, aber es gibt Alternativen wie nachgebaute Stutenmilch. In Wüstenländern, wo Kamelmilch verfügbar ist, mag sie sinnvoll sein. Auf jeden Fall müssten aber die Fohlen von klein auf daran gewöhnt werden, sonst fehlen im Magen die für den Abbau von Proteinen und Laktose nötigen Enzyme. Der mikrobielle Abbau erfolgt dann im Dickdarm, was Gasbildung und gefährliche Koliken auslösen kann. Frau Brunner zeigt grosse wissenschaftliche Neugier, stellt gute Fragen, gibt den Sachverhalt korrekt und anschaulich wieder und zieht glaubwürdige Schlussfolgerungen. Dafür verdient sie einen der drei im Jahr 2005 von der NGZ verliehenen Jugendpreise.
Martin Schwyzer, Vetsuisse-Fakultät, Universität Zürich
Laudatio zum 3. Preis (Originalitätspreis
der Naturforschenden Gesellschaft)
für Marko Kovic
Of Nessie and Men - A critical view on cryptozoology
Kantonsschule Zürich Birch
Betreuer: Hans Trüb, Bubikon
Die Kryptozoologie beschäftigt sich mit den (noch) nicht klassifizierten
Tieren, wie dem Nessie, dem Berner Oberländer Tatzelwurm oder dem
Yeti. Zu diesem Forschungsbereich gehören auch der vermutlich ausgerottete
tasmanische Beutelwolf und die Tiefsee-Riesenkalmare. Da diese Forschung
neben Wissenschaftern viele Laien beschäftigt, ist das Gebiet stark
gewachsen; es umfasst neben Zoologie auch Täuschung, Schwindel, Beeinflussung,
Selbsttäuschung, Psychologie und Physik und verlangt viel Menschenkenntnis.
Marko Kovic hat zu Versuchszwecken ein neues Seemonster gebastelt,
das aus zwei halb versenkten Autoschläuchen in einem Weiher bestand.
Ein absichtlich schlechtes Digital-Foto davon stellte er in ein Kryptozoologie-Forum
im Internet. Es löste eine rege Diskussion aus, welche Bestandteil
der Arbeit ist. Marko Kovic hat sich nach seiner Arbeit in aller Form für
die Täuschung mit seinem See-Monster entschuldigt. Die Entschuldigung
wurde angenommen.
Ein weiterer Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der Beeinflussbarkeit
des Erkennens. Dazu hat Marko Kovic eine eigene Testreihe mit Rorschach-Kleckstests
entwickelt und eine kleine Statistik gemacht. Zwischen die echten Bilder
wurden Bilder von Saurier-Silhouetten geschmuggelt, welche prompt ein vermehrtes
Erkennen von Sauriern auslösten. Allerdings ist die schmale statistische
Basis für eine harte Aussage etwas wackelig, was dem Autor bewusst
ist.
Ich bewundere die Originalität der Themenwahl, wie auch die Durchführung.
Es ist schwierig sich in diesem Grenzbereich des Wissens nicht in Details
zu verlieren. Der Rundumschlag ist gut gelungen.
Heinrich Bührer, Eawag, Dübendorf
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