Jonas Ehrsam Sonja Astfalck Stefania Wunderli
Naturforschende Gesellschaft in Zürich
Die Preisträger des Jugendpreises der Naturforschenden Gesellschaft des Jahres 2006

Verliehen wurden am 11. Dezember 2006 ein erster und zwei zweite Preise an:
 

1.Preis 2. Preis 2.Preis
Jugendpreis 2006
Jonas Ehrsam
Wettswil
Sonja Astfalck
Stäfa
Stefania Wunderli
Rickenbach
Anatomische Sektionsdokumentation von drei Reptilien und einem Säugetier als Grundlage für Vergleiche Neurofeedback: A theoretical and practical approach to new brain science Auf Gedeih und Verderben
Die beobachtete Entwicklung von zwei reifen Nektarinen bis zum bitteren Ende.
KS Limmattal KS Literargymnasium Rämibühl Liceo artistico

Laudatio zum 1. Preis
für Jonas Ehrsam
Anatomische Sektions-Dokumentation von drei Reptilien und einem Säugetier
Kantonsschule Limmattal, betreut von Brida Bütikofer

Die Anatomie vieler Haus- und Nutztiere ist ebenso gut bekannt wie die Anatomie des Menschen. Viel spärlicher sind Informationen zu Wild- und Zootieren, was bei der grossen Tiervielfalt nicht weiter erstaunt. Mit der Sektion eines Dunklen Tigerpython, eines Elefantenohr-Chamäleons und einer Griechischen Landschildkröte leistet Jonas Ehrsam einen umfassenden Beitrag zur Anatomie dieser Reptilien. Zum Vergleich seziert er ein gut bekanntes Haustier, ein Kaninchen. Alle Tiere ausser dem Chamäleon sind Männchen.
Jeder Sektionsbericht ist gegliedert in (1) Allgemeines zur Art, (2) äussere Betrachtung und (3) innere Betrachtung. Teil (1) findet jeweils auf einer halben Seite Platz, dafür enthalten die Teile (2) und (3) neben der eigentlichen Beschreibung des sezierten Objekts viele Einzelheiten zu artspezifischen Merkmalen und Funktionsweisen. So erfahren wir Wissenswertes zur Schleuderzunge des Chamäleons. Sie ist etwa so lang wie der ganze Körper, wird in ca. 0.04 Sekunden vorgeschnellt und erfasst das Beutetier mit Hilfe eines klebrigen Sekrets aus einem Napf am Ende der Zunge. Zur Beschreibung der Schlangenhaut gehört der Häutungsprozess, die Bedeutung der Bauchschuppen für die Fortbewegung, oder dass die Haut an kritischen Stellen für das Herunterschlucken der Beute besonders elastisch ist. Die Sektionen erfolgten sorgfältig und geschickt, nur vereinzelt kam es zu kleinen, vom Autor protokollierten Fehlschnitten. Verdauungssystem, Atmungssystem, Blutkreislauf, Harn- und Genitalsystem, Sinnesorgane und Gliedmassen wurden einzeln präpariert und mit zahlreichen Fotografien dokumentiert. Der Autor verschweigt die aufgetretenen Schwierigkeiten nicht. So war die Häutung des Chamäleons mühsam und delikat, und die Benennung im Harnsystem der Schildkröte gelang nur mit Hilfe von Fachleuten. Dem Urteil der Lehrerin, «die 3 Reptilienbaupläne, die Jonas mit Hilfe seiner Sektionsunterlagen angefertigt hat, sind mit einer Sauberkeit und Genauigkeit dargestellt, die es so bis jetzt in der Literatur nicht gab», ist zuzustimmen. Allerdings kann die Arbeit nur als erste Basis für weitere Betrachtungen verwendet werden. Alle Reptilien wurden nach ihrem natürlichen Tod etwa ein Jahr tiefgekühlt. Für eine gültige Darstellung eines Bauplanes wären weitere Sektionen frischer Tiere erforderlich, was den weit gesteckten Rahmen dieser Arbeit definitiv sprengen würde.
Gesamthaft zeugt die vorliegende, 90 gedrängte Seiten umfassende Maturarbeit von grosser wissenschaftlicher Neugier, hervorragender Beobachtungsgabe, kritischer Fragestellung und perfekter Präsentation in Wort und Bild. Es ist zu spüren, dass Ehrsam «erblich vorbelastet» ist – sein Grossvater ist Titularprofessor für Geflügelkrankheiten und seine Tante Tierpräparatorin – vor allem aber, dass er ein grosser Reptilienfreund und ein eigenständiger angehender Wissenschafter ist.

Prof. Martin Schwyzer Virologisches Institut, Vetsuisse-Fakultät, Universität Zürich

Laudatio zum 2. Preis
für Sonja Astfalck
Neurofeedback — A Theoretical and Practical Approach to New Brain Science
Literargymnasium Rämibühl, Zürich, Klasse 6i; Betreuer: Daniel Halter, Zürich

Erstaunlich ist bereits das Motiv, das Sonja Astfalck anspornte, ihre aussergewöhnliche Untersuchung anzugehen: Nur schon mit der Selbstanalyse Ihrer persönlichen Schlaf- und Konzentrationsprobleme hat sie eine reife Leistung erbracht, die normalerweise höchstens älteren Patienten zuzumuten ist. Anstelle der üblichen Schuldzuweisung an ihre Umgebung hat sie die Ursachen bei sich selbst geortet und versucht, die daraus entstehenden Probleme mit Hilfe wissenschaftlicher Methoden anzugehen. In einem theoretischen Teil analysiert sie die Wirkungsweise der auf Neurofeedback beruhenden Methoden und unterstreicht deren Überlegenheit gegenüber medikamentöser Behandlung, die in vielen Fällen gegeben sein dürfte. Sie erkennt nach eigenem Training die Wichtigkeit eines zentralen Elementes dieser Therapie: Das durch das Hirnwellenspektrum ausgelöste Feedback muss dem zu behandelnden Gehirn optimal angepasst sein, um ohne intellektuelle Anstrengung genügend Motivation zu generieren, das Spektrum wie durch den behandelnden Arzt gewollt zu verändern. Im Falle von Sonja Astfalck bestand das Feedback in einem Film, der gestoppt wurde, sobald das durch ihr Hirn erzeugte Spektrum ausserhalb vorgegebener Grenzen war.
Sie hat sich deshalb entschlossen, einen eigenen Film zu entwickeln, der sie besonders vorteilhaft anspricht, um so den Therapieeffekt zu erhöhen. Mit viel Feingefühl und künstlerischem Flair arrangierte sie eigene Bilder mit Hilfe des Filmprogrammes VIDEO DELUXE (MAGIX) zu einem sechsminütigen Film. Ein dazu passender Soundtrack verstärkte zudem die Entspannungswirkung der sanft ineinander überfliessenden Bilder von Blumen, Wasser und Wolken.
Es ist klar, dass Sonja Astfalck die Überlegenheit ihres Films und Soundtracks nicht wissenschaftlich einwandfrei belegen konnte. Dazu wären aufwendige und lange Untersuchungsreihen mit verschiedenen Patienten notwendig, wobei der Film allenfalls auch an deren verschiedene Vorlieben angepasst werden müsste. Ihre eigenen positiven Erfahrungen sind aber einleuchtend, und es besteht wohl wenig Zweifel, dass ihre Methode die Effizienz der Neurofeedback-Therapie erhöhen würde!

Fritz Gassmann, PSI

Laudatio zum 2. Preis
für Stefania Wunderli
Auf Gedeih und Verderb - Die beobachtete Entwicklung von zwei reifen Nektarinen bis zum bitteren Ende.
Liceo Artistico Zürich, Betreuerin: Luisella Barberis

Die Arbeit behandelt mit einfachen Mitteln den Zerfall von zwei Nektarinen. Dokumentiert wurde mit Digitalkamera, Waage und Datenlogger. Eines der Resultate ist ein kurzes Video.
Was für im Labor arbeitende Wissenschaftler so einfach tönt, wächst sich für Low-Budget-Maturanden zu grossen Problemen aus. Hauptsächlich welches Problem ist durch mich (allein) bearbeitbar und wie komme ich zu den notwendigen Geräten für einen Langzeitversuch?  Diese Fragen wurden mit grosser Originalität und offenbar auch mit grosser sozialer Kompetenz gelöst. Es wurden einige Leute beigezogen und zur Mitarbeit überzeugt.
Die Idee, den Nektarinen beim Zerfall zuzuschauen ist reichlich morbid, aber auch originell. Sich dabei Gedanken zu machen und in die Wissenschaft hinein zu gleiten war nahe liegend, was die Autorin mit „und mir ein beschränktes Wissen über die ablaufenden Veränderungen nach der Ernte aneignen“ bezeichnet.
Die Arbeit ist ein Zusammenspiel von Phantasie mit viel handwerklichem Können und solider Planung. Es wird eine kurze Einführung über Nektarinen (und Pfirsiche) gegeben. Dann folgen Kapitel zur Reifung und zum Zerfall. Nektarinen sind nicht nur bei Menschen beliebt, sondern auch bei Vögeln, Wespen, Fliegen, Pilzen und Bakterien. Mit Maschendraht wurden Vögel und Wespen ausgesperrt, hingegen Luft und Licht (fast) freien Zugang erlaubt. Die Einrichtung war transportabel und wurde im Verlauf des Versuchs ins Haus genommen. Der Zerfall der beiden Nektarinen war verschieden. Bei der einen spielten die Schimmelpilze und Hefen, bei der anderen hauptsächlich Taufliegen die Hauptrolle. Frau Wunderli erwähnt noch viele andere Möglichkeiten. Abgebrochen wurde erst, als beinahe nur noch die blanken Kerne vorhanden waren.
Kritische Gedanken zur Haltbarmachung sind auf Seite 30 zu finden. Es ist eine geballte Ladung, die auf nur einer halben Seite steht! Ich möchte diesen Text einer weiteren Öffentlichkeit sehr empfehlen.
Ein typisches Zitat aus dieser Arbeit: „Allerdings ist es auf Dauer nicht klar, ob die Lebewesen mit Hirn sich gegenüber denjenigen ohne Hirn klar durchzusetzen vermögen. Erfolgreiche Strategien sind schliesslich weniger eine Frage der Intelligenz als vielmehr der Effizienz.“
Vermutlich braucht es ein Liceo Artistico, um auf eine solche Idee zu kommen und sie in dieser Art durchzuziehen.

Heinrich Bührer, Eawag

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