Verliehen wurden am 5. November 2012 zwei Preise an:
1.Preis | 1.Preis | |
Andriu Deplazes
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Nima Moshayedi
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Schnecken als Vektoren von Fuchsbandwurm-Eiern | Numerische Auswertungen der zeitabhängigen Schrödingergleichung in einigen interessanten Potenzialen | |
KS Stadelhofen | Neue Schule Zürich |
Die Fuchspopulation im Raum Zürich hat in den letzten 20 Jahren stark zugenommen. Die Stadtfüchse haben sich an die Menschen
gewöhnt und schrecken nicht mehr vor ihnen zurück. Rund die Hälfte der Füchse sind vom kleinen Fuchsbandwurm (Echinococcus
multilocularis) infiziert und scheiden mit dem Kot Parasiteneier aus. Solche Eier können z.B. über verunreinigtes Gemüse in
Menschen gelangen und dort nach einer Inkubationszeit von 10-15 Jahren die Fuchsbandwurmerkrankung (alveoläre Echinococcose)
mit tumorähnlichem Befall der Leber erzeugen. Jedes Jahr erkranken in der Schweiz etwa 20 Menschen. Die Füchse infizieren sich
über Nagetiere als Zwischenwirte.
Die Maturitätsarbeit von Andriu Deplazes untersucht erstmals, ob Schnecken ein zusätzliches Glied in der Infektionskette
darstellen könnten. In einem Fütterungsversuch zeigt er, dass Schnecken verfütterte Parasiteneier etwa einen Tag später anscheinend
unverändert mit dem Kot ausscheiden. In einer Feldstudie findet er häufig Schnecken, die sich an Fuchslosungen laben. Er setzt diese
Schnecken in Einmachgläser und untersucht deren Kot zwei Tage später, wie auch Proben der Fuchslosungen. Im Kot aus zwei von 29
untersuchten Schnecken lassen sich Fuchsbandwurm-Eier entweder mit dem Mikroskop oder mit PCR nachweisen. Zahl und Art der
Beobachtungen reichen nicht aus, urn die Hypothese zu bestätigen oder zu widerlegen, aber Andriu Deplazes formuliert vorsichtig:
«In Zukunft darf die Schnecke als Vektor von Fuchsbandwurm-Eiern zumindest nicht mehr unbeachtet bleiben».
Die Arbeit ist klar aufgebaut. In der Einleitung erfahren wir Wissenswertes über Schnecken, über Füchse, über den Kreislauf
des kleinen Fuchsbandwurms und über die Bedeutung der alveolären Echinococcose. Der methodische Teil zeigt die sorgfältige
Planung der Arbeit, welche auch die Arbeitssicherheit im Umgang mit den gefährlichen Eiern berücksichtigt. Völlig eigenständig
entwickelte Deplazes die Haltung und Fütterung der Schnecken zuhause im Bastelraum. Für den
Nachweis der Parasiteneier konnte er die Infrastruktur des Instituts für Parasitologie benutzen. Der Vater des Maturanden leitet
dieses Institut, hat sich aber aus der Beratung und Betreuung seines Sohnes konsequent zurückgezogen.
Im Resultateteil zeigt Deplazes, dass die untersuchten Hausschnecken (Bänderschnecken) die Parasiteneier über einen längeren
Zeitraum ausscheiden als die Nacktschnecken (Wegschnecken); letztere beginnen später und sind früher fertig mit der vollzähligen
Ausscheidung. In der Feldstudie untersucht er Fuchslosungen und Schnecken aus drei verschiedenen Gebieten (Irchel-Park, Reckenholz
und Hönggerberg). Die Mehrzahl der Proben findet er im Reckenholz, wo auch viele Mänse aktiv sind, und wo deshalb mit vielen
infizierten Füchsen zu rechnen ist. Wider Erwarten zeigen die Resultate, dass nur vier (14%) der Fuchslosungen Eier des Fuchsbandwurms
(Taeniiden) enthalten. Nur zwei (7%) Proben von Schneckenkot testen positiv. Eine Tabelle im Anhang verzeichnet alle 29 Kot- und
Schneckenproben mit Datum, Fundort, Wetter, Schneckenarten und Parasitenarten. In der Diskussion geht der Autor auf das Problem der
statistischen Signifikanz ein. Es hätte sich gelohnt, in einem Vorversuch die Orte und Zeiten hoher Durchseuchung mit dem
Fuchsbandwurm zu ermitteln und dort dann gezielt eine grössere Zahl von Proben zu sammeln. Er beschreibt auch die Schwierigkeiten
bei der Bestimmung der Parasiteneier und -larven sowie der Schnecken. Er schlägt Verbesserungen bei der Versuchsanlage vor, etwa
die Schnecken vor dem Einsetzen in die Gläser abzuspülen, um eine passive Übertragung durch Kotspuren auszuschliessen. Insgesamt
liegt eine originelle und überzeugend präsentierte Arbeit von 50 Seiten vor, welche die Forschung dazu anregen sollte, die mögliche
Rolle der Schnecken bei der Übertragung der Fuchsbandwurmerkrankung definitiv zu klären.
Prof. Martin Schwyzer, Virologisches Institut, Vetsuisse-Fakultat, Universitat Zürich
Die Bewegung von Elementarteilchen wie z.B. Elektronen lässt sich nicht wie diejenige kleiner Kügelchen beschreiben,
indem die zeitliche Veränderung der Ortskoordinaten berechnet wird. Die sich in einem Atom befindenden Elektronen sind
„verschmiert", man kann nur die Wahrscheinlichkeit angeben, mit der sie in einem
bestimmten Raumvolumen beobachtet werden können. Diese Wahrscheinlichkeitsverteilung wird mathematisch beschrieben durch den Betrag des Quadrates einer Wellenfunktion, deren Werte an jeder Stelle komplexe Zahlen sind. Wie Wasser-, Schall- oder Radiowellen Icemen sich Wellenfunktionen überlagern und sich dadurch verstärken oder sogar auslöschen. Die dynamische Gleichung, die die zeitliche Entwicklung der genannten Wellen beschreibt, ist bei Wasser- und Schallwellen das Newton'sche Bewegungsgesetz, bei Radiowellen sind es die Maxwell'schen Grundgleichungen der Elektrodynamik und bei Wahrscheinlichkeitswellen ist es die Schrödingergleichung. Das Einzigartige der Schrödingergleichung ist, dass sie die zeitliche Entwicklung komplexwertiger Wahrscheinlichkeitswellen beschreibt, die sich z.B. im Falle eines Atoms mit N Eletronen in einem 3N-dimensionalen Raum befinden. Man kann sie also nur im einfachsten Fall des Wasserstoffatoms als 3-dimensionales Gebilde darstellen. All dies strapaziert die mathematischen Kenntnisse und die Vorstellungskraft der Physikstudenten, weshalb die Atomphysik meist erst ab dem 5. Semester gelehrt wird.
Nima Moshayedi liess sich dadurch nicht abschrecken und wollte möglichst klar verstehen, wie sich die Wellenfunktion. benimmt. Er versuchte dies mit Hilfe eines Computerprogramms, das die Veränderung der Wellenfunktionen für ausgewählte Potenziale (d.h. Anordnungen von Elementarteilchen und Randbedingungen) in kurzen Zeitabständen berechnen
kann, so dass ein Film entsteht. Er musste dafür zwei wichtige Probleme lösen. Erstens musste er sich mit der Fouriertransformation vertraut machen, urn zeitabhängige Lösungen zu finden. Allgemein bekannt ist die Fourieranalyse, die zeigt, aus welchen reinen Tönen z.B. der Klang einer Geige aufgebaut ist (Oberwellen). Zweitens musste er sicher sein, dass sein Computerprogramm korrekte Lösungen liefert. Für besonders einfache Potenziale wie rechteckige oder quadratische existieren exakte mathematische (sog. analytische) Lösungen. Nima Moshayedi testete die Genauigkeit seiner simulierten numerischen Lösungen mit diesen bekannten exakten Lösungen and konnte so die Numerik optimieren, bis die Übereinstimmung zufriedenstellend war.
Im Resultateteil zeigt Nima Moshayedi das Verhalten der Wellenfunktionen für interessante willkürliche Potenziale, die nur numerisch simuliert, aber nicht analytisch berechnet werden können. Er illustriert überzeugend, dass sich die Wahrscheinlichkeitsdichte vor allem auf die tiefsten Potenzialstellen (Täler) fokussiert, ähnlich wie sich auch Wasser an den tiefsten Stellen sammelt. Im Gegensatz zum Wasser kann ein kleiner Teil der Wahrscheinlichkeitsdichte aber über jeden Berg fliessen, was zum für die Quantenmechanik typischen Tunneleffekt führt. Beispiele für den Tunneleffekt sind der radioaktive Zerfall oder viele Anwendungen in der Halbleiter-Elektronik (Tunneldiode, etc.). Es wäre zu überlegen, ob auf der Grundlage dieser Arbeit ein Tool für Physikstudenten hergestellt werden könnte, mit dessen Hilfe diese mit einfachen aber willkürlichen Potenzialen spielen könnten. Dies wäre ein wertvoller Beitrag zum besseren Verständnis der Quantentheorie!
Dr. Fritz Gassmann, Paul Scherrer Institut, 5232 Villigen-Psi
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