95. Neujahrsblatt für Kinder und Jugendliche für das Jahr 2005
herausgegeben von der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich
 
Feuerberge - Schauplätze des Werdens und Vergehens
Text und Realisation: Susanne Haller-Brem, Zürich
Hawai Vulkan
Ob Magma ausfliesst oder ausgeworfen wird, ist abhängig davon, wie viel Gase im Magma gelöst sind. Das Merkmal einer so genannten hawaiianischen Vulkantätigkeit ist die voluminöse Förderung dünnflüssiger Lavamassen, die aufgrund ihres geringen Gasgehaltes relativ ruhig abfliessen (Bild: XL). 
Vulkanausbrüche sind wie Erdbeben ein Beweis dafür, dass die Erde auch fünf Milliarden Jahre nach ihrer Entstehung noch nicht zur Ruhe gekommen ist. Zudem zeugen sie von den gewaltigen Temperaturen und Kräften im Erdinnern.

Die meisten Vulkane treten dort auf, wo die dünne äusserste Schicht der Erde - die so genannte Lithosphäre - mosaikartig zusammengesetzt ist. Insgesamt sieben grosse und eine ganze Reihe kleinerer Platten bedecken wie ein sich ständig bewegendes Puzzle unseren Planeten.

Bewegte Platten und heisse Stellen
Vulkanausbrüche ereignen sich vor allem in zwei Bereichen: dort, wo Platten auseinander treiben, und dort wo Platten aufeinander prallen und in die Tiefe abtauchen. Nur wenige Vulkane sind weit weg von den Plattenrändern über so genannten Hot-Spots tätig - über ortsfesten Aufschmelzzonen im Erdinnern. Die Quelle aller vulkanischer Produkte ist Magma, eine glühend-flüssige Gesteinsschmelze im Erdinnern. Sobald Magma an die Erdoberfläche gelangt, spricht man von Lava.

Ob ein Vulkan aktiv ist oder nicht, ist gar nicht so einfach zu beurteilen. Erst seit etwas mehr als 2000 Jahren werden Geschehnisse einigermassen glaubhaft überliefert. Im Jahre 79 n. Chr. verschüttete ein Ausbruch des Vesuvs die römischen Städte Pompeji und Herculaneum. Der Schriftsteller Plinius der Jüngere beobachtete dieses dramatische Ereignis. Sein Brief an den römischen Politiker und Geschichtsschreiber Tacitus ist der erste bekannte Augenzeugenbericht von einem Vulkanausbruch. Im Vergleich dazu erstreckt sich die Lebensspanne mancher Vulkane über viel längere Zeitabschnitte. Vulkane können beispielsweise über Jahrhunderte oder gar Jahrtausende ruhen und dann plötzlich wieder aktiv werden. Gemäss einer neueren Definition aus den Achtzigerjahren gelten all jene Vulkane als aktiv, die in den vergangenen 10’000 Jahren ausgebrochen sind. Die entsprechende Liste umfasst inzwischen 1555 Namen und wird auch im Internet unter http://www.volcano.si.edu nachgeführt.

Vergleichbarer Massstab fehlt
Nach jedem Erdbeben geben weltweit gültige Werte auf der so genannten Richter-Skala objektiv an, wie stark das jeweilige Ereignis gewesen ist. Etwas anders ist die Situation bei Vulkanausbrüchen. Da steht kein vergleichbarer Massstab zur Verfügung, um die Stärke eines Ausbruchs  in der Fachsprache Eruption genannt - exakt und verbindlich in einer einzigen Zahl festzulegen. Denn allzu unterschiedlich sind die vorkommenden Prozesse. So kann zum Beispiel rotglühende Lava ruhig ausfliessen oder in spektakulären Fontänen aus dem Boden spritzen. Entsprechend vielfältig sind auch die vulkanischen Formen.

Einen Anhaltspunkt über die freigesetzte Energie bei einem Vulkanausbruch gibt noch am ehesten ein Vergleich der Lockermaterialmengen, die explosiv ausgeworfen werden (Zahl in km3). Durch eine Kombination mehrerer Kriterien lässt sich ein so genannter VulkanExplosivitätsindex (abgekürzt VEI) ableiten. Die entsprechende Skala reicht von 0 bis 8 (0 für wenig bedrohliche Ausbrüche, 8 als Maximalwert).

Die Stärke eines Vulkanausbruchs sagt aber nichts aus über die jeweiligen Opferzahlen. Selbst kleine Ausbrüche können sich verheerend auswirken, wenn sie die Ursachen von Flutwellen oder Schlammströmen sind. So hat zum Beispiel 1985 der Ausbruch des Nevado del Ruiz in Kolumbien (VEI von 3) eine Reihe von Schlammströmen ausgelöst, die weit vom Krater entfernt mehr als 25'000 Menschen unter sich begruben. Im Bezug auf die Opferzahlen war dies die zweit-schwerste Vulkankatastrophe des 20. Jahrhunderts. siehe Scheidegger

Quelle: „Handbuch der 1350 aktiven Vulkane der Welt“, von Felix Frank, Ott Verlag Thun, 2003, ISBN 3-7225-6792-0.
 

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