96. Neujahrsblatt für Kinder und Jugendliche für das Jahr 2006
herausgegeben von der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich
 
Die Rückkehr der Rheinlachse
Text und Realisation: Susanne Haller-Brem, Zürich
Ein Jahr nach der verheerenden Sandoz-Katastrophe von 1986 wurde ein ehrgeiziges internationales Umweltschutzprogramm beschlossen: Der Lachs, der Mitte der 1950er Jahre im Rhein ausgestorben war, sollte wieder zurückkehren. Was damals nahezu unmöglich schien, ist Realität geworden. Heute wandern wieder Lachse den Rhein hinauf und hinunter. Die Schweiz erreichen sie allerdings noch nicht.

Bis ins 19. Jahrhundert galt der Rhein als wichtigster und grösster Lachs- fluss Europas. Zu jener Zeit wanderten jährlich Hunderttausende von Lachsen aus dem Atlantik in den Rhein, um in dessen Nebenflüssen zu laichen. Erst der Rheinfall bei Schaffhausen stoppte damals als natürliches Hindernis die Wanderung dieser Fischart.

Ein Leben zwischen Fluss und Meer
Der Lebenszyklus der Lachse (Salmo salar) beginnt in den Rheinneben- flüssen, wenn die Brut tief vergraben im Kiesbett aus den Eihüllen schlüpft. Ein bis zwei Jahre bleiben die Jungfische in ihrem Geburts- gewässer, danach schwimmen sie Tausende von Kilometern, um im Nordatlantik zu stattlichen Exemplaren heranzuwachsen. Zur Fort- pflanzung kehren die Lachse mit einer erstaunlichen Zielgenauigkeit wieder in ihre Geburtsgewässer zurück. Die Lachse finden ihren Weg im Süsswasser wohl vor allem nach dem Geruch. Am Zielort laichen die Lachse an kiesigen Stellen und legen so die Grundlage für eine neue Generation. Danach sterben die meisten Elterntiere an Erschöpfung.

Springende Lachse
Springende Lachse können nun auch wieder im Rhein und seinen Nebenflüssen bewundert werden. Drei Meter hohe und fünf Meter weite Sprünge meistern diese kräftigen Tiere problemlos. Die viel höheren Staustufen der Wasserkraftwerke stellen aber unüberwindbare Hindernisse dar (Bild ewg). 
Das Aus für die Rheinlachse
Die Lebensbedingungen der Rheinlachse haben sich im Laufe des 20. Jahrhunderts durch Flussverbauungen und die Einleitung von lndustrieabwässer derart verschlechtert, dass diese Fischart vor 50 Jahren im Rhein ganz ausgestorben war. Der Rhein war zu einer Kloake geworden.
Bereits 1950 hatten die fünf Rheinanliegerstaaten Niederlande, Deutschland, Frankreich, Luxemburg und die Schweiz angesichts der Rheinverschmutzung die Internationale Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) gegründet. Anfangs stand vor allem die Verbesserung der Wasserqualität durch den Bau von Kläranlagen im Zentrum.

Lachs als Symbol für die Gesundung des Rheins
1987, ein Jahr nach der verheerenden Sandoz-Katastrophe, startete die IKSR ein ehrgeiziges Naturschutzvorhaben, das die Rückkehr des Lachses bis zum Jahr 2000 ermöglichen sollte. Doch um den Lachs, den anspruchsvollsten aller Rheinfische, wieder anzusiedeln, muss nicht nur die Wasserqualität stimmen. Ebenso wichtig sind die Wiederherstellung intakter Lebensräume, der Bau von Fischpässen, um die zahlreichen Staustufen im Rhein zu überwinden und geeignete Laichplätze in den Nebenflüssen.

In der Sieg, einem Nebenfluss des Rheins südlich von Köln (D), wurden Ende der 1980er Jahre Junglachse als Grundstock für eine eigenständige Lachspopulation im Rhein ausgesetzt. Und was anfangs kaum jemand für möglich hielt, trat schon bald ein: Wenige Jahre später kehrten die Lachse zurück, zuerst nur vereinzelt, inzwischen aber doch zahlreicher. Da die Lachse ohne menschliche Hilfe noch keine neuen Populationen gründen können, werden Eier und Samen von rückkehrenden Tieren abgestreift, Junglachse ausgebrütet und wieder freigesetzt. Einige der Rückkehrer vermehren sich auch natürlich.

Basel als nächstes Ziel
Heute können im Rhein wandernde Lachse wieder bis 700 km vom Meer entfernt beobachtet werden. Dazu hat auch die vor fünf Jahren beim Wasserkraftwerk Iffezheim (D) eröffnete Fischpassage beigetragen. Ohne diese Treppe wäre es den Fischen nicht möglich, die elf Meter hohe Staustufe in der Nähe von Baden-Baden zu überwinden. Doch wenn der Lachs in den nächsten Jahren auch die Schweiz erreichen soll, braucht es weitere Aufstiegshilfen. Wichtig ist zudem, dass der vom Hauptstrom abgeschnittene Restrhein unterhalb von Basel für die Fische wieder zugänglich wird, denn hier finden die Tiere wichtige Ruhezonen.
Das Programm Lachs 2000 wird auf jeden Fall bis 2020 weitergeführt werden.

Quelle: Rhein & Lachs 2020, Bericht Nr.148, herausgegeben von der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins.

Alte Quellen:  Der Lachs von H.R. Schinz, Aufzucht der Lachse im Kanton Zürich von G. Schoch.
 

zur NGZ-Homepage  zum Neujahrsblatt