Mikroorganismen in der Küche: Nützliche
Helfer, gefährliche Keime
Text und Realisation: Susanne Haller-Brem, Zürich
Salmonellen in Eiern, Fäkalbakterien auf Gemüse
- solche Meldungen sind regelmässig in den Zeitungen zu finden. Aufsehen
erregen die Mikroorganismen immer dann, wenn es sich um gefährliche
Krankheitserreger handelt. Jene, die nützlich oder gar lebenswichtig
sind, finden hingegen kaum Beachtung. Ein Augenschein in der Küche
zum Thema Bakterien und mikroskopisch kleine Pilze.
Mikroorganismen sind meist einzellige Lebewesen, die nur wenige Tausendstel
Millimeter gross sind. Deshalb sind sie nur mit Hilfe des Mikroskops zu
erkennen. Diese Kleinstlebewesen sind in unserer Umwelt allgegenwärtig.
Viele sind nützlich oder gar lebenswichtig, andere unerwünscht
oder gar gefährlich. Salmonellen in Roheierspeisen oder im Geflügelsalat
sind ein bekanntes Beispiel für krankmachende Mikroorganismen. Die
dadurch hervorgerufenen Brech-Durchfälle können für geschwächte
Menschen schnell lebensbedrohlich werden. Deshalb ist es wichtig, im Umgang
mit Lebensmittel auf eine gute Hygiene zu achten und verderbliche Speisen
kühl aufzubewahren.
In der Küche sind Bakterien, Hefe- und Schimmelpilze die bedeutendsten
Mikroorganismen. Die Lebensweise und der Stoffwechsel von Bakterien sind
sehr verschieden; so benötigen z. B. manche zum Überleben Sauerstoff,
andere wiederum wachsen nur unter Sauerstoffausschluss. Bakterien vermehren
sich durch Zellteilung. Unter günstigen Bedingungen (nährstoffreiches
Milieu, warme Temperaturen und ausreichend Feuchtigkeit) geschieht dies
alle 20 Minuten. Es ist also nicht erstaunlich, dass die Küche schnell
zu einem Eldorado für Mikroorganismen werden kann. Sichtbar werden
diese Kleinstlebewesen, wenn sie einen Biofilm (auch Kahmhaut genannt)
bilden. Solche Biofilme entstehen, wenn sich Mikroorganismen an Grenzflächen
zwischen verschiedenen Phasen ansiedeln. |
Nektarhefen, die auf den Blüten des Schwarzen Holunders vorkommen,
sind für das perlende, fast alkoholfreie Getränk verantwortlich
(Bild: Christoph Schnauss).. |
Konservieren mit Milchsäurebakterien
Bestimmte Mikroorganismen werden vom Menschen seit Urzeiten für
die Herstellung und Konservierung von Nahrungsmitteln genutzt. Bekannte
Beispiele hierfür sind Joghurt und Quark, die aus Milch mit Hilfe
von Bakterien erzeugt werden. Auch Sauerkraut lässt sich beispielsweise
leicht selber herstellen. Dazu wird Weisskohl fein gehobelt und unter
Salzeinstreuung in einen grossen Topf gepresst. Obenauf kommt z. B. ein
in den Topf passender Teller, der mit einem Gewicht beschwert wird. Anschliessend
stellt man das Ganze für 6-8 Wochen an einen kühlen, dunklen
Ort. Hinter diesem einfachen Vorgehen steckt viel Bakteriologie: Das Salz
entzieht dem Kohl den Zellsaft, dadurch wird dieser schlaff und durch das
Beschweren in den eigenen Saft hineingedrückt. Unter Sauerstoffausschluss
und in salzigem Milieu nehmen die natürlich auf dem Gemüse vorkommenden
Milchsäurebakterien schnell überhand. Sie bauen den im Kohl vorhandenen
Zucker zu Milchsäure und Kohlendioxid ab. Das Einsäuern und Haltbarmachen
geschieht also durch eine nützliche Bakterienart.
Diese ist imstande, fäulniserregende „Mitesser“ zu verdrängen.
Doch Achtung! Nicht jedes Sauerkraut gelingt (Fehlgärungen sind möglich).
Alkoholfreier Holundersekt
Die Schlüsselrolle bei dieser Getränkzubereitung spielt ein
Pilz, nämlich die Nektarhefe. Diese baut den angebotenen Zucker nahezu
vollständig zu Kohlensäure und Wasser ab. Alkohol entsteht dabei
im Gegensatz zur Gärung mit andern Heferassen kaum. Man löst
in einem grossen Glasgefäss 500 g Zucker in 3 l Wasser, gibt 4 in
Scheiben geschnittene Bio-Zitronen (Schalen ohne Fungizidbehandlung, denn
man möchte ja schliesslich Pilze züchten) und 8 Blüten-Dolden
von Schwarzem Holunder hinzu. Nachdem alles gut vermischt ist, bedeckt
man das Gefäss mit einem Tuch und stellt es für 4-5 Tage an die
Sonne und rührt gelegentlich. Durch Licht und Wärme sowie Säure
werden nur die Nektarhefen im Wachstum gefördert. Schimmelpilzsporen
und Bakterien, welche ebenfalls auf den Holunderblüten zu finden sind,
sterben ab. Sobald Kohlensäurebläschen gut sichtbar aufsteigen,
filtert man das Getränk durch ein Tuch und füllt es in saubere
PET-Flaschen ab (nicht ganz füllen). Damit sich der Geschmack
richtig entfalten kann, sollten die Flaschen noch mindestens 4 Wochen
kühl gelagert werden.
Quelle: Max Oettli, Versuche mit lebenden Bakterien: eine
Anleitung zum selbständigen Arbeiten mit Bakterien und anderen Kleinpilzen
für den naturwissenschaftlichen Arbeitsunterricht und den Naturfreund.
Stuttgart, Franckh, 1919
Jugend-Neujahrsblatt 2007 als PDF, andere
Holunder-Rezepte: |