Teilchenphysik: Unsichtbares raffiniert nachweisen
Text und Realisation: Susanne Haller-Brem, Zürich
Vorstellungen über den Aufbau der Stoffe aus kleinsten Teilchen
gab es bereits in der Antike. Die griechischen Philosophen Leukipp und
Demokrit nannten diese Objekte „atomos“, das heisst unteilbar. Erst ab
Anfang 20. Jahrhundert entwickelten sich aber fundierte Vorstellungen über
Atome und man realisierte, dass diese alles andere als unteilbar waren.
Nun ging alles sehr schnell: Immer mehr Teilchen wurden entdeckt, und die
Forschungsgeräte in der Teilchenphysik wurden immer grösser,
um die Welt des Allerkleinsten und Unsichtbaren zu erforschen.
Die gesamte Materie ist aus chemischen Grundstoffen - in der Fachsprache
Elemente genannt - aufgebaut. Sauerstoff, Kohlenstoff und Eisen sind Beispiele
für Elemente. Jedes Element ist aus sehr kleinen Teilchen zusammengesetzt,
den Atomen. Atome haben verschiedene Massen. Am leichtesten ist das Wasserstoffatom,
Eisenatome sind viel schwerer und Uranatome noch viel schwerer (oder reicher
an Masse). Atome sind winzig klein, ihr Durchmesser beträgt etwa 1/100
000 000 cm. Wie klein das ist, zeigt ein Vergleich: Rund 6.6 Milliarden
Menschen leben heute auf der Erde. Würde man jedem Menschen ein Atom
zuordnen und aus diesen Atomen eine Kette bilden, wäre diese nur 66
cm lang. 1911 entdeckte der britische Physiker Ernest Rutherford, dass
der grösste Teil des Atoms aus Nichts besteht und im Innern eine winzige
Kugel vorhanden ist. Dieser so genannte Atomkern ist noch rund 10 000 mal
kleiner als ein Atom.
Wie ist ein Atom aufgebaut?
Um den winzigen Atomkern, der fast die ganze Atommasse enthält
und elektrisch positiv geladen ist, kreisen kleine, sehr leichte Teilchen.
Diese werden Elektronen genannt und sind elektrisch negativ geladen. Der
Atomkern lässt sich wiederum weiter unterteilen und besteht aus Protonen
(elektrisch positiv geladen) und Neutronen (ohne elektrische Ladung). Lange
Zeit glaubte man, dass die Protonen und Neutronen
wie die Elektronen zu den Elementarteilchen (so werden die Grundbausteine
der Materie genannt) gehören. Heute weiss man, dass diese Kernbausteine
aus noch kleineren Teilchen, den Quarks, aufgebaut sind.
Ordnung im „Teilchenzoo“
Seit 1932 hat die Forschung eine Vielzahl von verschiedenen weiteren
Elementarteilchen mit unterschiedlichen Eigenschaften und Lebensdauern
entdeckt. Zu nahezu allen Teilchen existiert ein Antiteilchen, die sich
beim Zusammenstoss mit den entsprechenden Teilchen direkt in Energie verwandeln.
Die Fachleute sprechen deshalb von einem „Teilchenzoo“. Inzwischen hat
man herausgefunden, dass sich diese verwirrend grosse Teilchenzahl auf
einige wenige, nach heutigen Kenntnissen tatsächlich elementare Bausteine
zurückführen lässt. Einige Elementarteilchen sind stabil,
aus ihnen setzt sich die normale Materie zusammen. Andere Teilchen sind
instabil, existieren nur für einen kleinen Bruchteil einer Sekunde
und zerfallen dann in stabile Teilchen. Alle zusammen existierten jedoch
gemeinsam für einen kurzen Moment bei der Entstehung des Universums,
das heisst nach dem Urknall.
Was hält die Materie zusammen?
Elementarteilchen schliessen sich zu Strukturen in allen Grössenordnungen
zusammen: vom aus drei Quarks bestehenden Proton über Atome, Moleküle,
Flüssigkeiten und Festkörpern bis hin zu den riesigen Materieansammlungen
in Sternen und Galaxien. Dieser Zusammenschluss passiert mit Hilfe von
vier grundlegenden Wechselwirkungen, die man Kräfte nennt. Eine wichtige
Kraft ist zum Beispiel die elektromagnetische Kraft, die alle mit Elektrizität
und Magnetismus zusammenhängenden Phänomene erzeugt.
Die „Mikroskope“ der Teilchenphysik
Bild: Cern. |
Kein Mensch hat jemals Elektronen oder Quarks gesehen. Um Elementarteilchen
zu studieren, braucht es riesigen Geräte: So genannte Teilchen-Beschleuniger
und Detektoren (siehe Bild, © CERN). Gegenwärtig wird am
Europäischen Labor für Teilchenphysik CERN in Genf eine der grössten
Kilometer langen Anlagen installiert. Mit Hilfe von Beschleunigern lassen
sich einzelne Teilchen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit (300 000 km pro
Sekunde) beschleunigen. Dort wo die verschiedenen Teilchen zusammenprallen,
bauen die Physiker Experimente auf, die es erlauben, die Teilchenreaktionen
zu studieren. Bei solchen Kollisionen können auch neue Teilchen
entstehen, da Energie in Materie umgewandelt werden kann und
umgekehrt. Solche Untersuchungen können als „Rückblick in
die Vergangenheit“ aufgefasst werden. Man simuliert die Bedingungen,
die zu Beginn des Universums herrschten um zu verstehen, wie alles begann
(Urknall). Dass Teilchenphysik nützlich ist, zeigen auch die Anwendungen
in der Medizin. Am Paul Scherrer Institut in Villigen werden Beschleuniger
zum Beispiel zur Therapie von Krebs eingesetzt.
Quellen und weiterführende Literatur:
• http://public.web.cern.ch
• http:// www.psi.ch
• http://www.weltderphysik.de
• Was ist Was, Band 79, Moderne Physik, Tessloff Verlag
Nürnberg, 2000,
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Jugend-Neujahrsblatt 2008 als PDF |