99. Neujahrsblatt für Kinder und Jugendliche für das Jahr 2009
herausgegeben von der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich
 
Biotreibstoffe: Nicht in jedem Fall umweltfreundlich
Text und Realisation: Susanne Haller-Brem, Zürich

Autos brauchen bis heute viel Benzin oder Diesel und belasten das Klima mit ihren Abgasen. Da die Erdöl¬vorräte zudem irgendwann aufgebraucht sind, forscht man seit einigen Jahren verstärkt nach Alternativen. So genannte Biotreibstoffe - das heisst Treibstoffe aus Pflanzen wie zum Beispiel Raps und Mais - wurden bis vor einigen Jahren als „saubere" Lösung gefeiert. Inzwischen sind sie aber unter Beschuss geraten, und Biotreibstoffe aus nichtessbaren Pflanzenteilen (zum Beispiel Stroh und Sägemehl) werden als neue Hoffnungsträger angesehen. Allerdings sind diese noch nicht auf dem Markt.

Treibstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen - das heisst aus Pflanzen - herzustellen, bietet viele Vorteile. Dadurch ist man beispielsweise weniger auf den Import von Erdöl angewiesen und verfügt über Treibstoffe, die nicht irgendwann aufgebraucht sind, sondern ständig nachwachsen. Zudem wird bei der Verbrennung dieser so genannten Biotreibstoffe nicht mehr Kohlendioxid (CO2) freigesetzt, als zuvor die Pflanzen beim Wachstum aus der Atmosphäre entnommen haben. Biotreibstoffe sind also nicht nur erneuerbar, sondern können auch zur Verminderung des CO2Ausstosses in die Atmosphäre und damit zum Schutz des Klimas beitragen. Aus diesen Gründen fördern viele Länder (zum Beispiel auch die Schweiz) solche Treibstoffe. Die Vorsilbe „Bio" beim Treibstoff bedeutet allerdings nicht, dass dieser „biologisch" angebaut wird, sondern bezieht sich auf seine Herkunft „biologischen Ursprungs".
In den Tank oder auf den Teller?
Biotreibstoffe haben jedoch auch Nachteile. Der Anbau von Pflanzen zur Energiegewinnung braucht grosse landwirtschaftliche Flächen und kann somit in Konkurrenz zur Produktion von Nahrungsmitteln stehen. Zudem müssen solche Felder häufig gedüngt und mit Pflanzenschutzmitteln gespritzt werden, und dann sieht die Umweltverträglichkeit von Biotreibstoffen nicht mehr so gut aus. Dass diese Befürchtungen nicht aus der Luft gegriffen sind, belegen folgende Beispiele: Als die USA mit der Nutzung von Mais für die Biotreibstoffproduktion begann, verdoppelte sich 2006 in Mexiko der Preis für Maismehl, und die Ärmsten konnten sich dieses Grundnahrungsmittel nicht mehr leisten. Und wenn man in Südostasien für Palmölplantagen Regenwald abholzt, wird das Ziel, mit Biotreibstoffen CO2 einzusparen, ins Gegenteil verkehrt. Die zerstörten Regenwälder fallen als CO2-Speicher aus. Zudem geht wertvoller Lebensraum verloren.

Biodiesel und Bioethanol (Alkohol) sind die zurzeit bedeutendsten Biotreibstoffe der so genannt ersten Generation. Beide sind seit Jahren auf dem Markt, allerdings mit einem sehr kleinen Anteil, gemessen am gesamten Treibstoffverbrauch. Bei der Herstellung von Biodiesel werden Pflanzenöle - gewonnen aus Raps, Sonnenblumen, Soja oder Ölpalmen - in einem chemischen Prozess zu Treibstoff verarbeitet. Biodiesel kann anstelle von herkömmlichem Diesel aus Erdöl verwendet werden. Bioethanol wird aus stärke- oder zuckerhaltigen Nutzpflanzen wie Mais, Getreide, Kar toffeln oder Zuckerrohr hergestellt. Dieser Alkohol kann Benzin bis zu einem gewissen Prozentsatz beigemischt werden, ohne dass Änderungen am Motor nötig sind. Doch wie erwähnt, entstehen bei Anbau und Verarbeitung dieser Biotreibstoffe erhebliche Umweltbelastungen. Zudem können diese Anbauflächen in Konkurrenz zur Nahrungsproduktion stehen.

Einen Ausweg aus diesem Dilemma versprechen Biotreibstoffe der zweiten Generation, welche Zellulose nutzen. Zellulose ist der Hauptbestandteil von Pflanzen und für den Menschen nicht verdaubar. So könnte Biotreibstoff aus nichtessbaren Pflanzenteilen wie Stroh oder Abfallholz produziert werden. Doch diese Art von Treibstoff lässt sich erst in kleinem Massstab herstellen und ist noch nicht marktreif.

Stroh ist ein möglicher Rohstoff für Biotreibstoffe der zweiten Generation (Bild: ch-fo/Photocase).
Klare Regeln nötig
Die Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion und das Abholzen von Regenwäldern zeigen, dass die Herstellung von Biotreibstoffen international verbindliche Regeln braucht. Wenn die Entscheidung dem Markt überlassen wird, haben die Reichen immer mehr Geld für Treibstoffe als die Armen für Nahrungsmittel. Heute weiss man, dass Biotreibstoffe ökologisch gut abschneiden, wenn sie aus Abfall-, Reststoffen und Holz gewonnen werden. Der beste Treibstoff ist aber jener, der gar nicht verbraucht wird. Das heisst: Unnötige Fahrten vermeiden, den öffentlichen Verkehr benutzen und Fahrzeuge kaufen, die wenig Benzin verbrauchen.
 

Quellen und weiterführende Literatur:
• http://www.bfe.admin.ch , suche: "Positionspapier biogene Treibstoffe"
• http://www.biomasseenergie.ch
 
 

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