Reisen im Inneren der Insel Viti-Levu
von Dr. Eduard Graeffe
von Zürich
Caveat: nicht vollständig korrigiert
Als Einblick die Seiten 3-16:
1. Der Peale's Fluss und der See Vai-Kalau.
Durch die zahlreichen maritimen Expeditionen von Cook an bis zu den
neuesten Zeiten hin sind die Küsten der meisten Südseeinseln
genau bekannt geworden. Weniger jedoch ist dieses der Fall mit den innern
Landestheilen der grössern Inseln. Theils war die Erforschung
derselben für den Seefahrer zunächst weniger wichtig und theils
bietet die Bereisung von der Küste entfernt liegender Punkte mitten
unter den wilden Eingeborenen bis zum heutigen Tage oft nicht unbedeutende
Schwierigkeiten dar. Namentlich ist dieses der Fall bei den grössern
Inseln der Viti *) oder Fidschigruppe : Viti-Levu und Vanua-Levu, von denen
die 54 englische Meilen breite und 87 Meilen lange Insel Viti-Levu das
meiste Festland umfasst.
Vermittelst Flussfahrten auf dem Vai-Levu oder Peale's Fluss durch
die Officiere der verschiedenen Kriegsschiffe, welche die Viti-Gruppe erforschten,
wurde ein kleiner Theil des östlichen Gebietes von Viti-Levu zur näheren
Kenntniss gebracht. Indessen genügten dieselben nicht, einen
Begriff von den geographischen Verhältnissen des Innern von Viti-Levu
zu geben, wie ein Blick auf die von Admiral Wilkes herausgegebene Karte
von Viti-Levu zeigt. Unter den Colonisten, welche seit langer Zeit
die Küsten dieser Insel bewohnen, herrschten die verschiedensten Ansichten
über die Gestaltung des Inlandes, welche sie aus den Erzählungen
der Eingeborenen geschöpft hatten. Die meisten verlegten eine
Hochebene, eine Art Tafelland, in die Mitte der Insel, andere einen grossen
See u. s. w. Das grösste Hinderniss für die Reisen im Innern
des Landes lag in dem feindlichen Benehmen der Eingeborenen unter sich,
sowie theilweise auch gegen die Fremden.
*) Der Name Viti ist auf den Inseln der gebräuchlichere.
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Im Jahre 1860 bereisten Colonel Smythe, Dr. Seemann und der englische
Consul Pritchard den südlichen Theil von Viti-Levu, indem sie den
Duba Fluss hinauf nach Namosi, dem Sitze des kriegerischen Häuptlings
Kuruduadua gingen. Colonel Smythe sowohl wie Dr. Seemann schrieben über
ihren Aufenthalt in Viti und auch über die Reise nach Namosi.
Letztgenannter Ort wurde schon früher von dem Officier eines englischen
Kriegsschiffs, von Dr. Macdonald, besucht, sowie später von einem
Engländer Namens Kern, welcher den Vai-edina-Fluss hinab nach Reva
zurückreiste. Alle diese Reisen wurden namentlich durch den
Umstand begünstigt, dass sich in Namosi seit längern Jahren ein
in Freundschaft mit dem Häuptlinge lebender Engländer Namens
H. Dunford aufhielt. Die Sprache und Sitten der Eingeborenen dieses
Landestheiles genau kennend, leistete er als Führer dieser Expeditionen
wesentliche Dienste.
Im Jahre 1862 besuchte ich zuerst von den Schiffer-Inseln aus die Viti-Gruppe
und hielt mich längere Zeit zum Zweck einer naturhistorischen Erforschung
des Landes in Viti-Levu auf. Von dem Küstenorte Reva aus hatte
ich damals Gelegenheit, mit einem Amerikaner, namens Dyer, welcher seit
20 Jahren in diesem Lande wohnte, mehrere früher noch nicht von einem
Europäer besuchte Gegenden im Innern des Landes zu bereisen.
Meine erste Excursion dieser Art trat ich in Gesellschaft eines in Nukumotu,
Reva-Distrikt, wohnenden deutschen Gärtners Namens Storck an, welcher
früher Assistent Dr. Seemann's gewesen war und vieles zur Kenntniss
der Flora Viti's beigetragen hat. Wir schifften uns den 16. Sept.
in einem kleinen Boote in Reva mit drei Eingeborenen ein. Der Peale's
Fluss, den wir hinauf fuhren, wird von den Eingeborenen Vai-Levu, das grosse
Wasser, genannt; von Wilkes erhielt er zu Ehren des die Expedition begleitenden
Naturforschers Peale den obigen Namen. Derselbe hat eine bedeutende
Breite und schliesst mit seinen zahlreichen Armen ein grosses Deltagebiet
ein, welches in der Nähe des Meeres ausgedehnte Mangrovedickichte,
weiter landeinwärts aber das fruchtbarste Land enthält.
Es ist auffallend, dass trotz dieser ausgedehnten Mangrovesümpfe,
die hier und an vielen andern Orten, sowohl in Viti als in der Samoa-Gruppe
die Flussmündungen begleiten, doch keine Fälle von intermittirenden
Fiebern auf diesen Inseln vorkommen, welche in andern tropischen Gegenden
diesen Mangrovesümpfen namentlich zugeschrieben werden.
Indem wir durch die aufsteigende Fluth begünstigt rasch den Fluss
hinauf fuhren, hatten wir Gelegenheit in Musse die prachtvolle Scenerie
der Ufer zu bewundern. Grosse majestätische Feigen- und Kassienbäume,
behangen mit zahl-
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reichen Winden (Ipomaea), deren grüne Guirlanden voll weisser
und blauer Blumen bis zum Spiegel des Flusses herabhingen, wechselten mit
hohem Schilfgras, über deren wehenden Blüthenrispen sich de zierlichsten
aller Pflanzenformen, die Farrenbäume (Alsophila excelsa),
mit ihren graciösen straussfederartigen Fiedern erhoben. Hie
und da zeigten sich Gruppen der schlanken Buleito- und Niu-sava-Palme (Kentia
exorrhiza W.), beide den Cocos-Palmen äusserst ähnlich, doch
letztere durch die aufrechtstehende junge Blätterknospe am Gipfel
des Baumes schon von weitem zu unterscheiden.
Bei den Hütten der Eingeborenen des Dorfes Nauson fangen die Ufer
des Flusses an sich zu näheren und höher zu werden. In
zahlreichen Windungen geht es nun zwischen Hügeln an dem Dorfe Kasavu
vorbei. Bei dem nächsten Eingeborenendorfe Naikorokoro übernachteten
wir und wurden in der Hütte des Häuptlings dieses Ortes sehr
gastfreundlich aufgenommen. Den folgenden Tag verliessen wir Naikorokoro
und ruderten den Krümmungen des Flusses folgend weiter. Bei
Naitasin, dem Sitze des Häuptlings dieser Gegend, beengen den Fluss
geschichtete Felsmassen aus einer Art Sandstein bestehend; gelbliche Mergelbänder,
die zwischen diesem Sandstein liegen, enthielten undeutlich erhaltene Pflanzenreste.
Die Lagerung der Sandsteine ist eine horizontale. Es bekleideten
diese felsigen Ufer die Büsche der Lindenia vitiensis, Seem.
mit ihren herrlich duftenden weissen Blüthen. Bei Viti stiegen
wir ans Land und besahen die Hütten, welche wie überall in diesem
Theile von Viti-Levu aus vierseitigen, längsgegiebelten, mit Zuckerrohrblättern
gedeckten einfachen Bauten bestehen. Die Seitenwände der Hütten
sind aus Schilfrohr verfertigt und mit Blättern bedeckt, so dass nur
durch zwei Thüren oder vielmehr Thüröffnungen dem Tageslicht
der Eintritt gestattet ist. In einer Ecke der Hütte umgrenzen
vier Pfosten den Raum, welcher dem Kochfeuer angewiesen ist. Grosse
irdene Töpfe von runder Gestalt mit weiter Oeffnung hingen an Schnüren
von Querhölzern herab, welche über die vier Pfosten gelegt sind.
Da kein Kamin vorhanden ist, so ist das Innere der Hütten schwarz
geräuchert und hässlich. Der Boden der Hütte ist mit
Heu bedeckt und darüber sind Matten gelegt, die aus den Blättern
des Paudanus oder Schraubenbaumes verfertigt sind. In der Mitte des
Dorfes war ein mit losen Steinen ummauertes Grab eines Häuptlings.
Unser Führer Dyer erzählte, dass bei der Beerdigung des noch
jungen Häuptlings zwei seiner Frauen strangulirt und mit begraben
wurden. Er konnte dieses, obgleich er gerade anwesend war, nicht
verhindern und nur mit Mühe sei es ihm gelungen, den Säugling
einer dieser Frauen zu retten. Dieser barbarischen Sitte liegt
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hier ebenfalls die Idee einer Fortdauer nach dem Tode zu Grunde und
es ist mir von mehreren Seiten mitgetheilt worden, dass die Frauen sich
oft freiwillig dem Opfertode darbieten und dass selbst Streit unter den
zahlreichen Frauen eines grossen Häuptlings ausbricht, um die Ehre
zu erhalten, ihrem Gebieter nach dem Tode folgen zu können.
Da fast alle Bewohner des Dorfes der Feldarbeit wegen abwesend waren
und wir daher nichts zum Essen erhalten konnten, schifften wir uns wieder
ein. Hinter den auf dem linken Ufer gelegenen Hütten von Natoika biegt
der Fluss auf einmal nach SSW um. An dieser Stelle begegneten wir
einem Canoe mit drei Eingeborenen; einer derselben zeigte an seinem Körper
ausgedehnte Narben wie von Schnittwunden herrührend. Auf meine
Frage nach der Ursache dieser Narben erzählte mir der Führer
Dyer, dass derselbe beim Schwimmen über den Fluss nahe diesem Orte
von einem Hai angegriffen und verwundet worden sei. Es ist hier in Viti
allgemein bekannt, dass Haifische sich weit im Lande in den grösseren
Flüssen aufhalten, doch ist es mir nicht gelungen, durch den Augenschein
zu entscheiden, ob diese Haie specifisch verschieden von den meerbewohnenden
Haien sind.
Nachdem wir die von vielen Orangenbäumen beschattete Ortschaft
Matai-ni-mate passirt hatten, sahen wir von SO einen bedeutenden Fluss,
den Vai-edina einmünden. Dieser Fluss ist als der Hauptarm des
bei Reva ausmündenden Peale's-Flussse anzusehen, indem er eine grössere
Wassermenge und ein tieferes Bett als der von Norden kommende Arm hat.
Es liegt die Quelle des Vai-edina in dem Grunde des Gebirgthales, worin
das Inlanddorf Namosi liegt. Auf einem Hügel gegenüber der Einmündung
des letztgenannten Flusses steht ein prachtvoller Baum, die Dammara
vitiensis, Seemann, ein tropisches Nadelholz, das ein feines Harz liefert.
Wir verfolgten den nordwestlichen Arm des Flusses, dessen Ufer immer höher
und steiler abfallend wurden, namentlich bei dem Dorfe Tau-sa. Hier
wie an andern Stellen stehen am Ufer einzelne Cocospalmen, doch sahen dieselben
kränklich aus und bringen nur wenige kleine Nüsse hervor, ja
bleiben zuweilen ganz unfruchtbar. Es ist dieses eine Erscheinung,
welche in ganz Viti-Levu stattfindet und es scheint die Bodenbeschaffenheit,
einige günstige Küstenplätze ausgenommen, der Kultur dieser
überaus nützlichen Palme leider nicht zuzusagen. Nachdem
wir beinahe drei Meilen weiter gerudert hatten, erreichten wir die volkreiche
Ortschaft Veria, auf einem Hügel zur rechten Seite des Flusses höchst
malerisch gelegen.
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Die Hütten liegen zerstreut zwischen Baumgruppen meist von Pallisaden
umgeben und ist das Versammlungshaus oder der Bure eines der höchsten
und grössten, das ich in Viti-Levu gesehen habe. Wir quartirten
uns in der Hütte eines Candavu-Eingeborenen ein, welcher uns sehr
gastfreundlich empfing. Derselbe war getauft und, obgleich allein
unter der noch heidnischen Bevölkerung die Gebräuche der christlichen
Kirche aufrecht erhaltend, als geschickter Zimmermann von dem Häuptling
Tokenabure geschützt und gern geduldet. Hier will ich noch bemerken,
dass die unter dem Einflusse der Missionäre gestandenen Einwohner
sich vortheilhaft von den andern unterscheiden, was sonst nicht immer der
Fall ist.
Da der Fluss über Veria hinaus mit Booten nicht mehr weit zu befahren
ist, so wurde beschlossen, dass unser Führer Dyer mit dem Boote nach
Reva zurückkehren und mit einem geräumigen Canoe wieder flussaufwärts
nach Veria kommen sollte. Die Zwischenzeit bis zur Ankunft des Canoë's
wurde von Herrn Storck und mir zum Sammeln naturhistorischer Gegenstände
in der Umgegend von Veria benutzt.
In dem nahegelegenen Walde hörte ich zum ersten Male den eigenthümlichen
Ruf der Chrysoena luteovirens H. und S. genannten kleinen Taube,
welcher täuschend ähnlich dem fernen Bellen eines Hundes ist.
Herr Storck, ein geschickter Schütze, konnte erst nach langem Suchen
in den Wipfeln eines wilden Feigenbaumes mit gelblichen Blättern den
Beller entdecken. Auf den Schuss kam ein wunderschönes goldgelbes
Täubchen herab mit eigenthümlich schmalen Federchen am Halse
und Vorderbrust. Es war der männliche Vogel, welcher allein
hellt, während der weibliche Vogel stumm ist. Wir fanden das
Nest desselben auf den Aesten eines Baumes aus kunstlos zusammengehäuften
Reisern bestehend; dasselbe enthielt ein weisses länglichtes Ei.
Von einem jener riesenhaften Banianbäumen, deren weissliche Aeste
hoch in den Himmel ragen, flog eine Reihe anderer kleiner Taubenarten mit
buntem, grün, weiss und rosenroth gefärbtem Gefieder (Ptilinopus
fasciatus, caesarinus Hart.) ab und zu. Wir schossen eine Anzahl
derselben und fanden ihren Kropf mit den rothen Feigenfrüchten dieses
Baumes gefüllt. Auch diese Taubenarten lassen einen starken
tiefen Bassruf hören, der indessen lange nicht so ähnlich dem
Gebell eines Hundes ist, wie bei der Chrysoena-Taube. Das gleiche
gilt von einer grossen Taube, der Columba vitiensis, welche unserer
wilden Baumtaube am ähnlichsten ist und von den Eingeborenen Sogi
genannt wird. Die Chrysoena nennen sie Vunice und die Ptilinopus-Arten
Sokulu. Von andern Vogelarten Viti's, die hier vorkamen, erwähne
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ich ferner den Artamus mentalis, den ich zuerst im Fluge betrachtet
für eine Schwalbe hielt, getäuscht durch die langen schmalen
Flügel und die schwarz und weisse Schwalbenuniform. Indessen
bemerkte ich bald auch im Fluge Verschiedenheiten; während die Schwalben
meist in fortwährender Bewegung durch die Luft fliegen, sieht man
diesen Vogel mitten im Fluge halten und minutenlang auf derselben Stelle
schwebend, wobei er einen hellen pfeifenden Ton hören lässt.
Meistens sind drei bis vier dieser Vögel beisammen und sie lieben
die Nähe menschlicher Wohnungen, auf welchen sie häufig ihre
Nester bauen. So viele Aehnlichkeiten dieser Vogel mit dem Schwalbengeschlechte
darbietet, so sehr zeigt er wieder Abweichungen und ich war erstaunt, eine
ganz verschiedene Schnabelbildung bei demselben zu finden; diese erinnert
entfernt an das Krähengeschlecht, die Füsse an die Würgerfamilie,
wie auch der verhältnissmässig dicke Kopf. So vereinigt oft die
Natur die Charactere verschiedener Thierfamilien, um durch Combinationen
derselben die Mannigfaltigkeit der Thierformen zu vermehren.
Gegen Abend, wenn schon alle andern Vögel ihr Nachtquartier aufgesucht
haben, kömmt regelmässig aus dem Walde eine kleine bunte Finkenart,
Erythrura
Pealii, Hart., auf die Bäume im Dorfe zu fliegen, einen hellen
scharfen Lockton ausstossend. Es ist dieser Vogel auf diesen Inseln
der einzige Vertreter seiner Familie, zu welcher eine grosse Zahl unserer
Vögel und die besten Sänger in Europa gehören.
Von den Fischen, welche den Fluss hier bewohnen, erhielt ich mehrere
Aale (Anguilla marmorata, Q. und G.) und Gobioden. Letztere,
von dem Geschlechte Eleotris, sehen wie unsere Grundeln aus, welche zu
der gleichen Fischfamilie gehören; es war namentlich eine Art Eleotris
Hoedtii, Blk., durch ihre Grösse und schwarze Färbung mit
kleinen grünen Punkten ausgezeichnet. Im Ganzen genommen finden sich
aber, so weit ich bis jetzt beobachtet habe, wenige Fischarten in den süssen
Gewässern Viti's, aber merkwürdigerweise einige Arten, die sonst
dem Meere angehören, wie die erwähnten Haie und einige Lethrinus-Arten.
Von Reptilien lebt hier eine Unzahl buntgefärbter kleiner Eidechsen
(Lygosoma), die bei jedem Schritt, den man macht, sich eiligst flüchten.
Eine Froschart, die Halophila vitiana D. und B., deren Geschrei
ich aber nie vernommen, so dass ich sie für stumm halte, ist ziemlich
häufig in kleinen Wasserlachen anzutreffen und wird von den Eingeborenen
gegessen
Von Insekten, deren ich hier eine ziemliche Anzahl fand, erwähne
ich einen ausgezeichneten 14 Centimeter langen Bockkäfer aus der Familie
Lamiidae. Die
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Larve dieser und einer kleineren Art hält sich in vermoderten
Baumstämmen auf, wo sie von den Eingeborenen aufgesucht und dann geröstet
verspeist werden. Die Bewohner des Inlandes von Viti-Levu, denen die Seethiere
fehlen, die auch wenig Schweine und Hühner halten, ziehen fast alle
Landthiere in den Bereich ihrer Mahlzeiten. Der Küchenzettel
dieser guten Leute sieht daher, was die animalischen Speisen betrifft,
sehr bunt aus und ist für Europäer nicht einladend. Er lautet:
Schweine, Hühner, Katzen, Hunde, alle Vögel, Tauben mit sammt
den Eingeweiden; verschiedene Eidechsenarten; Baumschlangen (Enygrus
Bibroni D. B.), eine grosse Delikatesse für die Häuptlinge;
Land- und Süsswasserschnecken, als: Helix-, Melania-, Batissa-Arten,
aus letztem kochen sie eine wohlschmeckende Suppe; Larven von Bockkäfern;
verschiedene Heuschreckenarten; Land- und Süsswasserkrebse und schliesslich
Menschenfleisch. Jedenfalls hat der Mangel an grösseren Säugethieren
auf diesen und andern Südseeinseln wesentlich dazu beigetragen, dem
Cannibalismus eine so grosse Ausdehnung zu geben, wenn er nicht Folge desselben
ist. Viele Schriftsteller haben dieses geläugnet und die Menschenfresserei
als das Resultat der Rachsucht dargestellt; allein es lässt sich daraus
schwer erklären, warum vor Einführung der Mission die Häuptlinge
von Bau und Taviuni ihre Kriegsgefangenen öfters nach einzelnen Inseln:
Vokaia, Moturiki. u. s. w. brachten, daselbst sich ansiedeln liessen, um
nach Belieben Generationen hindurch ihre cannibalischen Gelüste befriedigen
zu können. Eben so wenig kann Rachsucht als das Motiv der Sitte
betrachtet werden, dass oft weit von einander entfernte, durch Verwandtschaft
der Häuptlinge befreundete Ortschaften sich mit den Körpern getödteter
Feinde gegenseitig beschenken, wobei oft der Fall stattfindet, dass diese
Schlachtopfer mit dem Stamme, dem sie geschenkt werden, in keiner Berührung
standen.
Ganz roh wird hier nichts gegessen, indessen wird das zwischen erhitzten
Steinen gebackene Fleisch oft nur halb gar. Kleinere Thiere werden
einfach über Kohlenfeuer geröstet und sogleich verzehrt, wobei
es mit dem Garwerden auch nicht sehr genau genommen wird. Die vegetabilische
Nahrung ist jedoch die Hauptsache. Dahin gehören Yamswurzeln
(Dioscorea) und Dalowurzeln (Collocasia antiquorum L.), Brotfrucht,
Bananen, Cocosnüsse, wo solche vorkommen, Zuckerrohr und verschiedene
Gemüse: Farren, Solaneen und Malvaceen.
Um auf die Insekten zurückzukommen, welche sich hier in Veria
besonders auszeichnen, erwähne ich zwei leuchtende Käferarten.
Der eine ist ein grosser Springkäfer von der Gattung Pyrophorus, welcher
an den Hinterecken seines Brustschildes zwei gelbe Punkte zeigt, woraus
Nachts ein so intensives Licht
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ausstrahlt, dass man dabei, den Käfer an die Zeilen haltend, lesen
kann. Der andere dieser Leuchtkäfer ist eine kleine Lampyris-Art
ähnlich unserm Johanneswurm. Von grossen Heuschrecken, namentlich
von den langgestreckten stabförmigen Bacterien leben verschiedene
Arten auf Palmen. Wenige, aber schön gefärbte Tagfalter
mit blau schillernden Flügeln, ähnlich unserm Schillerfalter,
beleben die sonnigen Fluren, während der Wald mit seinem dichten Schatten
von Tagschmetterlingen gemieden wird. Das Heer der kleineren Insekten
hat nur für den Entomologen ein Interesse. Während die
meisten tropischen Länder von einer Menge bösartiger und giftiger
Insekten wimmeln, finden sich in den Viti-Inseln nur wenige derselben.
Zwei kleine Simulia-Arten (Mosquitos), welche der Küste entlang namentlich
zur Regenzeit etwas lästige, jedoch nicht bösartige, nie stark
aufschwellende Stichwunden verursachen, finden sich höchst selten
hier in Veria und überhaupt im gebirgigen Theile der Insel.
Ein Scolopender und grosse Spinnen, die häufig in den Häusern
zu finden, sind mehr widerliche als durch Biss schädliche Insekten.
Ich bin selbst mehrmals von grossen Scolopendern im Bette gestochen
worden, habe aber ausser leichtem Jucken keine nachtheiligen Folgen empfunden.
Von den Eingeborenen wird ein gigantischer Julus, 20-25 Centimeter lang,
sehr gefürchtet, indem derselbe bei Berührung einen ätzenden
Saft aus seinen Seitendrüsen fliessen lässt, welcher ein brennendes
Jucken auf der Haut erzeugt. Dieser Julus findet sich nur auf den
beiden grössern Inseln Viti-Levu und Vanua-Levu.
Während dieser Jagdexcursionen in der Umgegend war eine Woche
vergangen, als endlich unser Führer mit dem Canoë, das zwei seiner
eingeborenen Frauen ruderten, in Veria ankam. Nachdem wir unserm
gastfreundlichen Matai, so heisst der Zimmermann in Viti, für unsere
Verpflegung ein entsprechendes Geschenk gegeben hatten, setzten wir unsere
Fahrt flussaufwärts weiter fort. Anfangs war der Fluss noch ziemlich
breit (100 ') und tief und das Ufergelände in niedrigen Hügeln
bestehend. Wir kamen an einer Reihe Dörfer der Eingeborenen
vorbei, die unter dem Namen Tavaea bekannt sind. Hinter denselben
wird der Fluss aber rasch enger, Kiesbänke treten auf und das Wasser
erhält ein stärkeres Gefall. An mehreren Stellen mussten
wir unser Canoe mühsam über seichte Stellen hinwegziehen.
Endlich kamen wir gegen Abend an den Landungsplatz, der zu dem Dorfe Vai-top
führt. Der Weg dahin war eine englische Meile lang und führte
über niedrige mit Schilfgräsern bewachsene Hügel, bis wir
zuletzt einen höheren ziemlich steilen Hügel erkletterten, auf
dessen Gipfel die Hütten von Vai-top standen. Nach Viti-Sitte
wurden wir nach
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der Empfangsceremonie, welche im Ueberreichen einiger Cachelot-Zähne
und der Verkündigung unseres Reisezweckes besteht, in den Bure-ni-sa
geführt. Diese Häuser sind ausschliesslich für Gäste
gebaut und enthalten meist einen mittlern Gang, und der Raum auf beiden
Seiten desselben enthält abwechselnd Feuer- und Lagerplätze,
die durch Pfosten und Querhölzer getrennt sind. Der Bure hier
in diesem Dorfe war einer der elendesten, den ich gesehen habe, und glich
mit seinem Pfostenwerk einem Pferdestall. Um unsere Lage in der rauchigen
Hütte noch unangenehmer zu machen, trieb die Neugierde Männer,
Weiber und Kinder der Eingeborenen massenhaft herbei, die Hütte füllend
und belagernd. Die Kinder und Frauen, die noch nie vorher Weisse
gesehen hatten, denn wir waren die ersten, die so weit flussaufwärts
vordrangen, zeichneten sich besonders durch ihre Zudringlichkeit aus. Als
ich ihnen einige kleine Geschenke für gebrachte Naturalien gab, wurde
das Gedränge so unerträglich, dass der Häuptling seinen
Leuten den Befehl geben musste, den Platz zu räumen. Nachdem
wir während der Nacht noch leidlich geschlafen hatten, traten wir
am Morgen früh unsern Weg zu dem zurückgelassenen Canoe
an. Am Landungsplatze angekommen brachten mir die Eingeborenen ein
Paar sehr hübsche wilde Tauben, die sie lebend eingefangen hatten.
Diese Taube, Peristera erythroptera Sm., gehört zu den am Boden
gleich den Hühnern lebenden Tauben, wie auch der in Samoa lebende
Didunculus
strigirostris, der jedoch mehr auf Bäumen lebt. Das Männchen
von Peristera erythroptera hat ein prachtvolles Gefieder; während
nämlich der Körper am Kopf, Rücken und Unterleib, so wie
auch die Flügel von metallisch glänzendem Karminroth sind, findet
sich die Brust von einem weissen Schilde mit röthlichem Anflug bedeckt,
was den Vogel ganz besonders ziert. Die schönsten Papageien
gleichen abgeschmackten Harlequinmasken mit ihren grell von einander abstechenden
Farben, während in der Taubenfamilie eine schöne Harmonie in
der Färbung des Gefieders vorherrscht.
Nachdem wir wieder unsere Plätze auf dem Canoe eingenommen hatten,
ging es bald rudernd, bald mit Stangen stossend, bald bei einer grossen
Kiesbank gar nicht mehr vorwärts. Ueber diese ergoss sich ganz
seicht der Fluss und wir gingen daher zu Fuss weiter, während das
Canoë von Eingeborenen über den Kies geschoben wurde. Hohe
Felswände begrenzten theilweise den Fluss, dann wieder mehr niedriges
Hügelland, aber immer war die Richtung, von der er herabfloss, NNW.
Machmittags, nachdem wir ungefähr 4 englische Meilen geraden Wegs
zurückgelegt hatten, kamen wir zu dem Landungsplatz des Dorfes Nai-soro-vaha-valu,
wo ein kleiner Bure stand, in welchem wir uns einquartirten.
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Nachdem auch hier dem Häuptling die üblichen Cachelotzähne
übergeben und unsere Absicht, weiter flussaufwärts zu gehen,
mitgetheilt worden war, eröffnete uns derselbe zu unserm grossen Leidwesen,
dass es ihm nicht möglich sei, uns ein ferneres Geleit zu geben, da
er mit dem nördlich gelegenen Stamme in Fehde liege. Dahingegen
versprach er uns den folgenden Tag an einen Süsswassersee zu führen,
der Vai-kalau heisse. Das Benehmen der wild aussehenden Bewohner
dieses Ortes war anfänglich scheu und misstrauisch, doch wurden sie
bald freundlicher, als ich ihnen für Insekten, Schneckenschalen u.
s. w. Geschenke von rothem Pigment, Feuersteinen u. s. w. versprach.
Die Vorliebe, sich mit rothem Farbpulver das Gesicht zu beschmieren, ist
über ganz Viti verbreitet, verschwindet indessen etwas, wo niedergelassene
Europäer und Missionäre Civilisation verbreitet haben.
Baumwollene weisse und gefärbte Zeuge, die an den von Europäern
mehr berührten Orten, namentlich von den christianisirten Stämmen
sehr begehrt sind und zu den besten Handelsartikeln gehören, werden
von den heidnischen Vitianern nicht gesucht. Dagegen sind Messer,
Aexte, Hobeleisen, Fischangel, Flinten und Zubehör sehr geschätzte
Gegenstände. Die Race ist hier rein erhalten und zeigt keine
Beimischung von Tongisen, wie auf den meisten kleinern Inseln und den Küstenplätzen.
Die Häuptlinge und angesehenen Krieger trugen alle das Haar zu der
ungeheuren Perücke aufgestutzt, welche diese Race auszeichnet und
ihnen ein ganz eigenthümliches Gepräge verleiht. Die Männer
trugen den Maro, eine Art Suspensorium aus dem Baste des Papiermaulbeerbaumes
verfertigt und um die Haarperücke den Sata, ein Stück sehr dünnen
Bastzeuges, gewickelt, wodurch die Männer wie mit einem grossen Turban
bekleidet aussehen. Die Weiber tragen als einzige Kleidung den Liku,
eine Binde aus geflochtenen Baststreifen bestehend mit daran herabhängenden
Fransen aus schmalen Baststreifen. Diese wenig mehr als handbreite Binde
wird um die Hüften gebunden und ist mit Pflanzenfarben roth, gelb
und schwarz gefärbt. Bei feierlichen Anlässen tragen zuweilen
die Männer einen Gürtel mit langen schwarzen und glänzenden
Fasern, die bis zum Knie herabhängen. Diese Fasern werden aus
einer in moderndem Holze schmarotzenden Alge (Rhizomorpha) gewonnen, indem
dieselben im schwarzen Mergel begraben und hernach auf Steinen polirt werden.
Knaben und Mädchen gingen ganz nackt umher und das Haar war ihnen
bis auf kleine Büschel abgeschoren. Ich fand bei diesen Leuten
eine Menge von europäischen Manufacturwaaren, namentlich Flinten,
Messer u. s. w., was für einen starken Verkehr mit der Küste
vermittelst des Flusses spricht.
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Nach einer in dem Bure schlaflos zugebrachten Nacht kam der Häuptling
des Morgens mit einer 30 Mann starken Eskorte, alle mit Gewehren, Speeren
und Keulen bewaffnet, um uns an den See Vai-kalau, d. h. göttliches
Wasser zu führen. Nach einem Marsche von 7 englischen Meilen
über ein niedriges, zuweilen sumpfiges Hügelland mit unabsehbaren
Schilffluren, kleinen Baumgruppen, aber keinem eigentlichen Walde, erreichten
wir die Ufer des See's nahe seinem westlichen Anfangspunkte. Er hatte
daselbst mehr das Aussehen eines Flussarmes mit flachen Ufern; weiter nach
Osten aber wurde das südliche Ufer von einer steil abfallenden Hügelkette
gebildet und hier hatte der See eine grössere Breite und tiefes blaues
Wasser.
Da die Eingeborenen ängstlich waren und stets nach Feinden aussahen,
so konnte ich den See, der viel länger als breit ist, nicht umgehen,
um die Frage nach dem Zufluss und Abfluss desselben zu entscheiden.
Den Angaben der Eingeborenen zufolge hat er weder das eine noch das andere,
allein man kann denselben nicht immer Glauben schenken. Da ausserdem
der Himmel sich bedenklich bewölkte, so beschlossen wir umzukehren,
und kaum hatten wir die Hälfte unseres Weges zurückgelegt, als
ein so heftiger Platzregen erfolgte, dass im Augenblicke die Pfade in rauschende
Bäche verwandelt wurden und wir gänzlich durchnässt einen
Zufluchtsort in dem Dorfe Nobi suchen mussten.
Den folgenden Tag nahmen wir Abschied von Nai-soro-vaka-valu und seinem
gutmüthigen Häuptling, der uns bis an den Fluss zu unserm Canoe
begleitete. Unsere Rückreise den Peale's-Fluss abwärts ging schnell
von Statten, so dass wir in zwei Tagen unsern Ausgangspunkt Toga erreichten,
wo ich meine kleine Menagerie lebender Papageien, Tauben und Falken, die
ich auf der Reise erhalten hatte, bei meinem Freunde Storck in Nukumotu
unterbrachte.
2. Der Vai-edina-Fluss und der Buke-Levu-Pik.
Einige Wochen nach meiner ersten Excursion den Peale's-Fluss hinauf rüstete ich mich abermals, um eine zweite Reise in Begleitung des stets willigen R. Dyers nach dem Inlande anzutreten. Dieses Mal sollte der Buke-Levu-Berg bestiegen werden, welcher von Veria aus sichtbar ist und für einen der höchsten Gipfel von Viti-Levu gilt; wesshalb ich die Hoffnung hegte, von ihm aus den grössten Theil von Viti-Levu übersehen zu können. Es ging wieder im Canoe den schönen Peale's-Fluss hinauf, bis wir an die Einmündung des Vai-edina-Flusses gelangten, in welchen wir nun einbogen und etwa zwei Meilen hinauf-
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ruderten. Bei dem auf einem Hügel gelegenen Dorfe Nagali
zur rechten Seite des Flusses verliessen wir das Canoe und gingen in südwestlicher
Richtung landeinwärts Es besteht hier die Gegend aus hohen Hügeln,
theilweise mit Wald, theilweise mit hohen Gräsern und Bambus bewachsen.
Hie und da sieht man. Yams- und Dalopflanzungen oder kleine Zuckerrohrfelder
zur Seite des Weges liegen. In dem grossen Bure des Dorfes Nakoloba,
das wir nach siebenstündigem Marsche erreichten, blieben wir über
Nacht. Die Eingeborenen dieses Ortes , sowie die am Vai-edina-Flusse
und Peale's-Flusse oberhalb Reva wohnenden gehören zu demselben grossen
Stamm, der sich Solira-Stamm nennt. Auf diese Soliras haben bis jetzt die
christlichen Missionen keinen Einfluss gehabt und es hat einer der mächtigsten
Häuptlinge in Naitaviri durch den Uebertritt zur christlichen
Religion den grössten Theil seiner Macht verloren, die auf den in
Veria residirenden Häuptling Tokenabure übergegangen ist.
Die langsamen Fortschritte der Mission hängen zum Theil auch von der
geringen Anzahl der Missionäre ab, denn es sind nur zwei in Reva.
Diesem an ihren alten Gebräuchen festhaltenden Solirastamm muss ich
aber das Lob spenden, dass sie zu den besten, arbeitsamsten und ehrlichsten
Vitianern gehören. Da die Leute in Nakoloba den Glauben haben,
dass eine Seelenwanderung in die Aale stattfinde, so werden dieselben von
ihnen nicht gegessen, aber doch eingefangen und ich erhielt von ihnen für
wenig rothe Farbe eine ziemliche Anzahl derselben, die wir beiden Europäer
uns wohl schmecken liessen, wobei wir die Aalseelen hoch leben liessen.
Die Priester sollen sich indess im Geheimen der Aalkost auch erfreuen.
Den folgenden Tag verliessen wir den Ort Nakoloba und gingen über
niedrige Berge zu der nächsten Ortschaft Vacadua, wo wir den Fluss
Vai-edina wieder erreichten. Dieses ganze Südufer des Flusses
zeigt viel cultivirtes Land und nur wenige sehr lichte Waldungen.
Wir durchwanderten viele kleine Niederlassungen der Eingeborenen, die ich
aber hier nicht nennen will, da sie oft wieder verlassen oder im Kriege
zerstört werden. In dieser Art von Wanderung der Ortschaften
liegt der Grund, dass man so viele lichte Waldungen und offene, mit Gras
oder Schilf bewachsene Stellen weit von den gegenwärtigen Niederlassungen
antrifft. Das Aufgeben der Ortschaften wird nicht bloss durch die
Kriege veranlasst, sondern auch durch die allmählige Erschöpfung
des Bodens, obgleich die Einwohner beim Feldbau die Brache anwenden.
Von Vacadua aus fuhren wir im Canoe eine Meile wieder abwärts,
betraten alsdann das gegenüberliegende linke Ufer und schlugen unsern
Weg in nordwest-
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licher Richtung über einen bewaldeten Berg ein. Dann ging
es wieder abwärts in ein weites Thal, das von einem Flusse durchströmt
wird. Demselben entlang wandernd kamen wir in eine Gebirgslandschaft
von besonderer Schönheit, die manchen von unsern schönen Gebirgsscenerien
in der Schweiz völlig an die Seite gesetzt werden kann. Aus
einem engen Thale, das sich zwischen hohen Bergketten hinaufzieht, fliesst
ein schäumender Gebirgsbach, an dessen Ufer das kleine Dorf Raravatu
liegt. Gleich über den Hütten desselben erhebt sich der
Buke-Levu-Berg mit seinem domartig gewölbten Gipfel. Der Schatten,
den die Berge in das Thal werfen, sowie das strömende kalte Gebirgswasser,
die ausgedehnten Waldungen der Berghalden bewirkten namentlich Morgens
und Abends eine so kühle Temperatur, dass ich mich den Tropen entrückt
glaubte. Nachdem uns der Häuptling des Dorfes, ein bejahrter
Mann, willkommen geheissen und eine Musquete als Geschenk erhalten hatte,
um uns seine Leute zum Wegbahnen auf den Berg mitzugeben, wurde in dein
Bure der übliche Agona-Trank bereitet. Die Wurzel des Macropiper
methysticum wird zu diesem Behufe gekaut und in einer grossen hölzernen
Schale mit Wasser infundirt. Gesänge mit Händeklatschen
nach der Weise dieser Eingeborenen begleiten dessen Zubereitung.
Das grünliche trübe Getränk wird alsdann in polirten Cocosnussschalen
verabreicht, wobei wieder allerlei Ceremonien beobachtet werden.
Die Raravatu-Leute, welche noch keinen Weissen in ihrem Dorfe gesehen hatten,
waren durch ihre übergrosse Neugierde sehr lästig, indem sie
den Bure, der ohnediess nicht gross war, vollständig füllten.
Um daher der erstickend heissen Luft im Hause zu entgehen. wanderte ich
hinaus, dem Gebirgsbache entlang nach Thieren und Pflanzen suchend. Als
ich so an dem lustig über sein Kiesbett dahinrieselnden Bergwasser
entlang ging, konnte ich mich lebhaft in meine ferne Heimat zurück
denken. Die Abendsonne vergoldete mit ihren Strahlen die Bergesgipfel
und tiefer Schatten lag über dem Thale. Allein die Ankunft der
mich aufsuchenden schwarzen Gestalten der Vitianer, der unmelodische Ton
der grossen Holztrommel, des Lah, welche zu Ehren unserer Ankunft geschlagen
wurde, weckten mich bald aus meinen heimatlichen Träumereien, und
führten mich in die Wirklichkeit zurück.
An den Steinen in dem Bache fand ich zuerst eine eigenthümliche
Wasserschnecke, die der Gattung Ampullacera ähnlich, von Professor
Mousson in Zürich den Artnamen Ampullacera maculata erhalten
hat. Von dieser und einer Physa-Art (sublata Mousson) hatte
ich unter Beihülfe der Eingeborenen, die unter Gelächter mein
Treiben unterstützten, bald eine hinlängliche Anzahl beisammen.
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Die Felsen, welche den Bach einengen, sowie die Gerölle im Flusse
bestehen aus den über ganz Viti verbreiteten Basalte mit zahlreichen
Augitkristallen. Den folgenden Tag brach ich mit meinem Führer Dyer
und 50 Eingeborenen nach dem Gipfel des 3750 Fuss hohen Berges auf.
Der Fuss desselben ist mit vielen losen Felsblöcken besäet, zwischen
denen sich der Weg hinaufwindet. Nach viertelstündigem Steigen kamen
wir auf eine Art Plateau, von dem sich der eigentliche Gipfel des Berges
steil aber doch dicht bewaldet emporhebt. Diese Waldung, durch welche
wir uns hinaufwanden, hatte ein eigenthümliches nordisches Aussehen,
namentlich hervorgebracht durch die vielen Moose, welche die Stämme
bedecken und von den Zweigen in langen Bärten herabhängen.
Die vielen Farren von den baumartigen bis zu den kleinen auf den. Bäumen
schmarotzenden Arten, riesenhafte Lianen, kennzeichnen aber wieder die
tropische Vegetation. Die grosse Feuchtigkeit, welche durch die oft
an diesen Berggipfeln hängenbleibenden Wolken hervorgebracht wird
und dass der Wald selten von Menschen betreten wird, wodurch er Urwald
geblieben ist, verleihen demselben eine so luxuriöse Vegetation mit
einem merkwürdigen Reichthum an Kryptogamen. In dem Dunkel, welches
unter den Kronen gigantischer Bäume herrscht, gedeiht eine überraschende
Menge der verschiedenen Farren und Lycopodiaceen, wohl mehr als 100 Arten.
Von den haarfein verzweigten Wedeln der Trichomanes-und Todea-Arten bis
zu den ledrigen ganzrandigen Ophioglossum, welch' ein Reichthum, welche
Mannigfaltigkeit graciöser Formen bringt hier die Naturkraft durch
die Combination der Elemente einer einzigen Pflanzengruppe hervor! Ausser
den Farren sieht man Moose und Orchideen mit bunten Blüthen, rankende
Schraubenbäume (Freycinetia), Aroideen u. s. w. die Stämme alter
Bäume bedecken, so dass sie eine Säule mit Pflanzenguirlanden
umwunden darstellen. So kräftig und reich die Pflanzenwelt sich hier
entwickelt zeigt, so arm ist das Thierreich; kaum hört man eine bellende
Taube oder sieht einen Papagei in seiner Einsamkeit erschreckt davon fliegen.
Eidechsen und Insekten sind hier seltner als im Thale; ebenso finden sich
nur wenige Mollusken. Es scheint, dass die übergrosse Feuchtigkeit,
welche selbst unter den Pflanzen nur den Kryptogamen willkommen ist, die
Thierwelt beinahe ausschliesst.
Nach einigen äusserst steilen Partien wobei wir an dem Wurzelwerk
der Bäume wie an einer Leiter hinauf kletterten, gelangten wir auf
die kleine Plattform des Gipfels. Hier legten wir uns in das weiche
Farrenkraut, womit die von Bäumen freie Spitze bewachsen ist und genossen
mit Musse die herrliche Aussicht, welche sich hier vor unsern erstaunten
Blicken entfaltete. Nach Süden
...
3. Die Colonisation des Peale's-Flusses durch die Baumwollencultur
in den Jahren 1864-1865 S.19
4. Eine Reise durch das Innere von Viti-Levu
S. 21
Anmerkung: Alle Hinweise über den Kannibalismus sind "hören
sagen", trotz der Knochen. Auf der offiziellen
Fiji Seite wird der Kannibalismus kolportiert, denn wer hat schon
gern brave, pflegeleichte Vorfahren. All Graeffe's evidence on cannibalism is "hearsay evidence", cf. the official Fiji pages.
Cachelot = Potwal, "Moby Dick" (Physeter macrocephalus)
Die Taxonomen haben seit 1868 gearbeitet. Mehrere Art- und Gattungsnamen
sind inzwischen nicht mehr gültig, z.B. Kentia exorrhiza W.= Clinostigma
exorrhizum (H.Wendl.) Becc.
Simuliden stechen nicht, sie beissen! Hingegen ist auf S.45 eine
interessante Beschreibung der "Drehkrankheit" von Schafen: Die Schafe
sind erst vor einigen Jahren von Australien hieher (Korovatu) gebracht
worden wie auf die Insel Malaki; sie haben sich bis jetzt nicht stark vermehrt,
da eine eigenthümliche Krankheit, in ihren Symptomen der Drehkrankheit
ähnlich, dieselben decimirt. Bei der genauesten anatomischen Untersuchung
eines solchen erkrankten Schafes, das ich zu diesem Zwecke mit nach Lefuka
gebracht hatte, habe ich indessen weder im Gehirn noch im Rückenmarke,
noch in den Eingeweiden Parasiten oder pathologische Veränderungen
finden können. Es scheint, dass entweder eine giftige Pflanze oder
die eigenthümlichen Boden- und Klimaverhältnisse diese Nervenkrankheit
erzeugen.
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auch von den Feinden derselben anerkannt werden müssen.
Möge daher diesen schönen Eilanden, wo Tausende von Aeckern unbebaut
liegen, der Handel und die Colonisation diese Segnungen bringen!
Unter solchen und ähnlichen Gefühlen schied ich von meinen Reisegefährten,
um meine in Lefuka zurückgebliebene Familie freudig überraschen
und begrüssen zu können..
Erklärung der Tafel.
Fig. 1 und 2. Graeffea purpuripennis Brunner. Fig. 1 Weibchen,
1. a. Fühler
vergrössert. Fig. 2 Männchen, 2. a. Die ersten Fühlerglieder
vergrössert.
Von Samoa. Herr Brunner erhielt dieselbe Art auch von den Viti-Inseln
und ans Neu-Caledonien (durch Herrn Deyrolle in Paris).
Herr Brunner von Wattenwyl, Direktor der k. k. Staats-Telegraphen in
Wien, theilt uns über diese neue, von ihm aufgestellte Gattung der
Familie der Phasmodeen folgende Beschreibung mit:
There seems to be a lack of the original description of the genus Graeffea on the internet:
Graeffea Br.
Uterque sexus alatus alis abbreviatis. Antennae marium femoribus
anticis breviores, feminarum illorum dirnidiam partem attingentes.
Femora omnia laevia. Articulus primus tarsorum anticorum ceteros
omnes aequans. Mares graciles, lamina supra anali compressa, subemarginata
cercis lanceolatis, ad insertionem valde approximatis, deflectis, lamina
subgenitali planiuscula, obtusa. Feminae crassiores, lamina
planiuscula, apice subacuminata, cercis lamina supraanali longioribus,
lanceolatis, horizontaliter productis, lamina subgenitali longa, naviculari,
acuminata; laminis inferioribus vaginae setaeformibus, superiores non superantibus,
his tertia tantum parte fissis. Ova doliiformia, non carinata.
Dieses Genus würde von Westwood (Catalogue of orthopterous insects
etc. part I. Phasmidae, London 1859) zu Anophelepis gestellt werden,
welches alle mit verkürzten oder vollständig rudimentären
Flügeln versehene Phasmodeen von länglicher Gestalt umfasst und
gleich anderen Gattungen dieses Autors aus Arten sehr verschiedener natürlicher
Gattungen zusammengesetzt ist. - Von denselben gehört An. Periphanes
Westw. in das neue Genus.
Gr. purpuripennis Br. - Tola laete viridis. Campo posteriore
alarum purpureo, pronoto linea longitudinali media et altera transversa
impressis cruciato, mesonoto granulato, linea longitudinali media
elevata et duabus lateralibus longitudinalibus subconvergentibus impressis
ornato. Elytris suborbicularibus, alis maris segmentum primum abdominale
superantibus, feminae segmenti primi dimidiam partem vix attingentibus
fem. masc.
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Longitudo. | maris. | feminae. |
corporis | 68-70 Mm. | 105-116 Mm. |
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Der Charakter der Species besteht in den angeführten Grössen-Verhältnissen
und der derben Gestalt des Weibchens. Besonders hervorzuheben ist
die zarte smaragdgrüne Färbung, welche beim Männchen ins
Bräunlich-gelbe variirt. Während das lederartige Vorderfeld
des Unterflügels die lichte smaragdgrüne Färbung des ganzen
Thieres theilt, ist das zarte Hinterfeld in dem reinsten, intensiven Purpur
gefärbt, mit jenem matten Sammet-Hauche, wie er nur auf den zarten
Membranen der Hinterflügel einer Reihe von Phasmodeen Asiens und Australiens
vorkommt.
Die Füsse sind nicht besonders scharfkantig und glatt, mit Ausnahme
der Mittel- und Hinterschenkel, welche gegen die Spitze der äusseren
Unterkante 3 bis 5 ganz kleine Sägezähne tragen.
Die Form der Genitalien ist bei der Charakteristik des Genus angegeben.
Die relative Länge und Form jener Platten, aus welchen die Legescheide
zusammengesetzt ist, bildet einen wesentlichen Charakter für die Eintheilung
der Phasmodeen und ist daher für die Diagnose des Genus wichtig.
Die Eier gehören zu den tonnenförmigen, nicht gerippten,
mit eingesetztem Deckel: ebenfalls ein Merkmal für grössere Gruppen-Eintheilung.
Von den Viti-Inseln stammt eine zweite Species, welche ich Gr. minor
nenne und die durch die bedeutend kleineren Dimensionen, die schwächere
Granulation des Mesonotum und die durchgehends gelblich-braune Färbung
sich auszeichnet.
Fig. 3. Macrotoma heros Hr.
Von den Viti-Inseln.
Dieser riesenhafte Bockkäfer gehört in die Familie der Prioniden,
welche in Indien mehrere sehr grosse Arten, so den Enoplocerus armillatus
L. sp., besitzt. Er stimmt in den meisten Merkmalen mit Macrotoma
Serv. überein, weicht aber in dem an den Seiten gerundeten, fast halbmondförmigen
Vorderrücken von den bekannten Arten ab und bildet so durch die abweichende
Form der Brust eine besondere Gruppe unter den Macrotomen. Er hat
eine Länge von 144 Millimeter; der Kopf ist 27 Mill. lang (die Oberkiefern
11 Mill.); der Vorderrücken 21 Mill. lang und 37 Mill. breit; beide
Flügeldecken haben eine Breite von 45 Mill., ihre Länge beträgt
94 Mill. Die Oberkiefer sind auf der Innenseite stark gezahnt.
Die Fühler von der Länge des Körpers, das erste Glied auswärts
keulenförmig verdickt, das zweite sehr kurz, das dritte so lang als
die zwei folgenden, das 3-8te Glied sind mit einer Reihe von Dornen besetzt.
Der Vorderrücken ist am Grund fast grade abgeschnitten, an den Seiten
der Art gerundet und nach vorn verschmälert, dass er fast halbmondförmig
wird; die Seiten sind mit zahlreichen sehr genäherten Dornen besetzt.
Die Beine haben starke Schenkel, die wie die
Schienen dicht mit Warzen besetzt sind. Die Vorderbeine sind grösser
als die mittlern. Das zweite und dritte Fussglied sind viel breiter
als das erste, das dritte verkehrt herzförmig. Die grossen , hinten
zugerundeten Flügeldecken sind vorn dicht mit Warzen besetzt , die
sich aber weiter hinten verwischen; dort treten die Längsrippen etwas
deutlicher hervor.
Fig. 4, 5 und 6 sind Prachtkäfer (Buprestiden) der Viti-Inseln,
welche zur Gattung Chalcophora gehören und zwar in die Gruppe mit
hinten stark verschmälerten und gezahnten Flügeldecken, welche
in Indien und auf den Südseeinseln eine grosse Verbreitung hat.
Fig. 4. Chalcophora helopioides Boisd.
Ein oben und unten goldglänzendes Thier dessen nach vorn stark
verschmälerter Vorderrücken von 5 tiefen Längsfurchen durchzogen
ist. Die nach hinten verschmälerten, dort am Rand gezahnten
Flügeldecken haben 3 solcher breiter Furchen. Die erste reicht
längs der Naht bis gegen die Deckenspitze, die zweite dagegen hört
bei 2/3 Länge auf, während die dritte wieder bis zur Spitze reicht.
Die Furchen sind durch starke und ziemlich scharfe Rippen von einander
getrennt. Die Fühler sind gelb, der äusserste Rand der
Flügeldecken schwarz.
Fig. 5. Chalcophora prasina Hr. Fig. 5. a.
Fühler vergrössert
Oben lebhaft grün, unten goldfarben, der Rand der Flügeldecken
feurig geröthet. Fühler blassgelb. Der nach vorn verschmälerte
Vorderrücken ist tief punktirt und mit einer Mittelfurche versehen.
Die Flügeldecken sind nach hinten stark verschmälert, am Rand
hinten fein gezahnt, gleichmässig punktirt gestreift.
Fig. 6. Chalcophora flaviventris Hr.
Oben dunkel erzfarben, jederseits mit einem breiten, gelblichen Saum;
die Unterseite ebenfalls von einem gelblichen Staub gefärbt, nur die
Mittelparthie des Hinterleibes und der Rand der Bauchsegmente sind kahl
und bläulichschwarz. Fühler und Füsse gelb.
Der nach vorn verschmälerte Vorderrücken ist tief runzlich punktirt,
mit Mittelfurche. Flügeldecken tief punktirt gestreift, uni
am Rande mit glatter (gelber) Furche. Hinten sind die Decken scharf
gezahnt.
Fig. 7. Euploea Graeffiana Hr.
Die dunkelfarbigen weissgefleckten Euploen sind in mehreren Arten in
Indien (namentlich den Sundainseln) zu Hause, so die E. Pione, E. Eleusine
und E. Cora Hbst. Die von Herrn Dr. Graeffe auf Samoa entdeckte Art
hat oben braunschwarze Flügel, die vor dem Saum mit einer Reihe weisser,
ovaler Tupfen versehen sind, ein kleinerer breiter Fleck ist weiter innen
nahe dem Flügelrand. Die Unterseite zeigt dieselbe nur etwas
blassere Farbe. Kopf und Brust sind mit kleinen weissen Punkten besetzt.
Graeffea purpuripennis Brunner, fem. Zart smaragdgrün,
Hinterfeld in reinstem Purpur. Brunner von Wattenwyl k&k.Staatstelegraph
Wien.
(original width of picture above 151 mm)