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Einleitung:
Als am Ende des sechszehnten Jahrhunderts ein holländischer Brillenschleifer, Zacharias Janssen, durch Verbindung mehrerer Glaslinsen das erste zusammengesetzte Microscop construirte, hatte man noch keine Ahnung davon, dass dadurch der erste Schritt zu einer der folgereichsten und nutzbarsten Erfindungen gemacht worden sei. Während vollen zweihundert Jahren diente das Instrument der Laune Weniger als kostbares Spielzeug und meist nur zur Befriedigung einer momentanen Neugierde, so dass sein Erfinder gänzlich in Vergessenheit gerathen konnte; und noch in den ersten Decennien unseres Jahrhunderts, nachdem durch vielfache Verbesserungen die Leistungsfähigkeit des Instruments erhöht wurde, wiesen viele namhafte Gelehrte den Gebrauch desselben zurück, und verschmähten es oft, die davon gezogenen wissenschaftlichen Resultate anzunehmen. Erst der neusten Zeit blieb es vorbehalten, das Microscop so vollkommen darzustellen, dass sich jetzt schon kein Zweig exacter Wissenschaften mehr seinem massgebenden Einfluss entziehen kann, und der weltbezwingenden Industrie bleibt es zur nächsten Aufgabe überbunden, durch Billigkeit und practische Einrichtung unser Instrument so in das Volksleben einzuführen, dass kein Gewerbetreibender mehr dieser Hülfe entbehren kann, kein irgend wie Gebildeter dies Bildungsmittel vermissen mag. Natürlich muss auch hier dem Zufall sein launiges Spiel eingeräumt werden. Diese oder jene Epoche machende Entdeckung durch das Microscop, deren practischer Nutzen Jedermann einleuchtet, wird mehr für die Verallgemeinerung des Instrumentes wirken als alle Declamationen populärer Schilderungen; hat doch in neuester Zeit ein winziges Thierchen, die Trichine, das uns auf unheimlichem Wege bedrohte, der allgemeinem Verbreitung des Microscopes den grössten Vorschub geleistet. Mehr Schwierigkeiten, als die Handhabung des Instrumentes selbst, bereitet uns das wirre Chaos von Thier- und Pflanzenformen, dem wir bei der ersten Anwendung des Microscopes begegnen. Es ist eine so fremdartige und mannigfaltige Welt, die uns hier entgegentritt, dass wir meist davon zurückschrecken, uns darin zurecht zu finden und die einzelnen Wesen genauer ins Auge zu fassen. Es darf daher gewiss gerechtfertigt scheinen, wenn wir hier versuchen, einen orientirenden Blick in die microscopische Thierwelt zu werfen, um wenigstens in groben Zügen einige Hauptformen zu skizziren, die wir in jedem Tropfen Sumpfwasser wieder treffen, um die Lebenserscheinungen und Lebensbedingungen jener Organismen zu überblicken, welche schliesslich die indirecten Vermittler zwischen den höhern Thieren und der zerfallenden Pflanzenwelt darstellen. |
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Zu diesem Zwecke haben wir ein Potpourri von niedern
Thieren, wie sie unsere Bäche, Sümpfe und Seen beleben, auf der
beigegebenen Tafel zusammengestellt, obwohl natürlich nicht gerade
alle diese Formen sich gemeinsam in ein und demselben Tropfen so vereinigt
finden, wie sie das Bild vorführt. Auch liegt es in der Natur
des Gegenstandes, dass nicht für alle gezeichneten Thiere dieselbe
Vergrösserung angewandt wurde, sonst hätten wir ein Blatt, wie
eine Hausfassade gebraucht, um die hier skizzirten Thiere hineinzuzeichnen.
Der geneigte Leser muss sich aus der Beschreibung einen ungefähren
Begriff der wirklichen Grösse der einzelnen Geschöpfe machen.
Auf dem Bilde befinden sich Repräsentanten aus allen Ordnungen der
Urthiere, der Strahlthiere, der Molluscoiden und der Räderthiere,
so weit sie in unsern Gewässern vorkommen, auf die Darstellung der
microscopischen Würmer und der Gliederthiere mussten wir wegen der
Beschränkung des Raumes gänzlich verzichten. Und nun wollen
wir uns diese merkwürdigen Wesen etwas näher ansehen, und beiläufig
ihrer Verwandten des süssen und Meereswassers gedenken.
Fig 6. Monas. Die Monaden, deren Grösse oft unter 1/1000 stel einer Linie hinuntersinkt, bestehen aus einem kleinen Bläschen, das vermittelst eines (oder mehrerer) langen, peitschenartig schwingenden Haares sich im Wasser herumtreibt. Sie haben eine resistente, deutliche Hautdecke, bilden also nicht blos einen nackten Sarcodeklumpen, obgleich die structurlose, dünne Oberhaut bei vielen Formen äusserst dehnbar ist, und von dem Körperinhalt, der Sarcode, vielfach zu Formveränderungen veranlasst wird. Bei andern Formen hingegen (Thecamonas) ist die Hülle ziemlich resistent, und solche stellen daher formbeständige Thierchen dar. Bei wenigen grössern Formen hat man in der Nähe des Ansatzes des Geisselhaares eine feine Mundöffnung gefunden, wodurch feste Bestandtheile als Nahrung können aufgenommen werden. Die meisten entziehen sich durch ihre ausserordentliche Kleinheit einer genauem Betrachtung, da sie bei mittelstarker Vergrösserung nur als winzige schwimmende Kügelchen erscheinen, bei vielen andern grössern aber, die sogleich durch ihre schön grüne Färbung auffallen, hat man noch nie eine Mundöffnung und in ihrem Innern noch nie fremde Bestandtheile gefunden. Die Monaden bilden die unterste Gruppe der sogen. Infusionsthierchen und zeigen sich in allen Aufgüssen organischer Substanzen massenhaft, kommen aber auch in jedem stehenden Gewässer vor. |