Neujahrsblatt herausgegeben von der Naturforschenden Gesellschaft auf das Jahr 1880
LXXXII; 19S., 2Tafeln
I Die Technik in der künstlichen Fischzucht
II Tabelle zur leichten Bestimmung der Fische der Schweiz
III Fischfauna des Cantons Zürich
von Dr. Gustav Schoch
Fischbrutapparate: Costé, Seth-Green, Holton, Californian, Eisbrut
German only. Artificial fish hatching, history, development and application in Switzerland. Complete list of Swiss fish at 1880 + identification (31 species, incl. 2 different whitefish and 2 lamprey). S. trutta trutta, Idus melanotus, Alosa vulgaris and Alosa Finta are mentioned, but were absent.
Erklärung zur Tafel.
Fig. 1. Kachelbruttrog von Coste. Der Wasserstrom wird hergestellt durch das Abwechseln der Auslaufröhren der übereinander gestellten Gefässe. Die Eier in den obern Geschirren entwickeln sich gewöhnlich viel früher, weil sie mehr Luft im Wasser haben, und dieselbe demnach den untern Etagen entziehen.
Fig. 2. Gewöhnlicher deutscher Bruttrog. Das Wasser fällt in eine Vorkammer, von wo es nach Deposition von Schlamm über den Kiesbeleg des Kastens hinfliesst. In der Zeichnung fehlt im Deckel ein Loch für das Einfliessen des Wassers.
Fig. 3. Schwimmender Brutkasten von Seth - Green für Haufenbrut.
Fig. 4. Fächerbrutkiste von Holton für Felchenbebrütung. a) Zuleitungsrohr, b) Blechschirm, an dem sich der aufsteigende Wasserstrom bricht und zertheilt, c) Drahtgitterlager mit Eiern belegt, d) Abflusscanäle des Wassers.
Fig. 5. Californischer Bruttrog aus einer doppelten Blechkiste bestehend, deren innerer Einsatz einen Drahtgitterboden hat. Für Haufenbrut.
Fig. 6. Transportable Eisbrutanstalt. a) Drahtgitterfächer mit Flanell und Eiern belegt; b) Eisstücke, die beständig auf die Fächer (aa) abtropfen; c) Schublade für den Wassersammler.

Die Technik in der künstlichen Fischzucht.
Alle wasserreichen Länder sind von Haus aus auch reich an Fischen, und diese Fische repräsentiren einen nicht unbedeutenden Betrag des Landeswohlstandes.  Je dichter aber die Bevölkerung wird, je mehr industrielle Bedürfnisse die Gewässer in ihren Dienst nehmen, um so rascher vermindert sich dieses National- vermögen, um so mehr verarmt ein Land an einem sehr wichtigen Nahrungsmittel. Da es nun geradezu unmöglich ist, die gesellschaftliche Entwicklung eines Volkes zu hemmen, ohne dasselbe schwer zu schädigen, so hat man Mittel gesucht, der reissenden Verminderung des Fischgutes auf anderem Weg Einhalt zu thun, als durch Herstellung eines ursprünglichen Naturzustandes.  Eines dieser Mittel besteht in der künstlichen Fischzucht. Man geht hierbei von der Beobachtung aus, dass die Fische im Allgemeinen ausserordentlich fruchtbar sind und eine sehr grosse Nachkommenschaft zu erzeugen vermöchten, wenn nicht die Eier (der Rogen) und die frisch auskriechenden Jungen so vielen Feinden und Schädlich- keiten ausgesetzt wären; ferner wurde beobachtet, dass die Befruchtung und Entwicklungsfähigkeit der Eier in der freien Natur vielfach von Zufälligkeiten abhängt.
Die künstliche Fischzucht hat nun den Zweck, einmal die Befruchtung der Eier vollkommener zu vollziehen, als dies im Freien von den Fischen selber geschieht, und zweitens die ersten Lebensstadien der Fische, wo diese ganz hülflos sind, also die Eizeit und die früheste Jugend, vor den zahlreichen schädlichen Einflüssen der Aussenwelt und den Eierfeinden zu schützen. Auf diesem Wege ist es möglich geworden, von ein paar Dutzend Fischen eine Nachkommenschaft zu erzeugen, die grösser ist, als die Nachkommenschaft von Tausenden in freier Natur laichender Fische. 

Natürlich ist damit nur ein einziges Requisit erfüllt, nämlich die Besetzung unserer Gewässer mit Fischbrut, die immerhin durch Raubfische noch stark decimirt werden wird.
Ein zweites Requisit zur Wiederbevölkerung unserer verödeten Gewässer bestünde nun darin, diese neu producirten Wasserbewohner mit genügender und passender Nahrung zu versehen, so dass sie wachsen und eine Rendite abwerfen würden.  Dieser Anforderung ist aber viel schwerer nachzukommen als der ersten, und es erhellt sofort, dass man nicht beliebige Quantitäten von Fischbrut aussetzen kann, sondern dass ein rationelles Verhältniss bestehen muss zwischen Fischbesatz und Nahrungsmenge eines Gewässers. Es wird dies nirgends deutlicher als bei der Karpfenzucht.  Besetzt man einen Teich mit einer grössern Anzahl Karpfenbrut als er reichlich zu ernähren vermag, so bleiben die jungen Fischchen alle kleine Serblinge, wachsen in mehreren Jahren kaum merklich; sie haben eben zu viel zum Sterben und zu wenig um zu leben.
...
Man schreibt die Erfindung der künstlichen Befruchtung von Salmonideneiern allgemein einem deutschen Offizier, Namens Jacoby zu; wenigstens war er der Erste, welcher einen ganz zweckmässigen Apparat zur Brutpflege construirte.  Die sogen. Jacoby'sche Brutkiste bestand in einem flachen Kistchen, dessen zwei Seitenwände von feinem Drahtgeflecht waren, und dem Bachwasser freien Durchlauf ermöglichten.  Ebenso war der Deckel nicht solid, sondern von Metalldraht.  Die befruchteten Eier wurden in einfacher Lage auf den Kiesboden der Kiste vertheilt und der Apparat in einen klaren Bach eingesetzt.
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Erst im Jahr 1852 gründete das französische Landwirthschaftsministerium die grosse Fischzuchtanstalt in Hüningen auf das Betreiben des Prof. Costé, der sich bei dem Fischer Remy in den Vogesen von der Wichtigkeit und dem Erfolge der Jacoby'schen Befruchtungsart überzeugt hatte. Seit 1871 ausgebaut für 6 Millionen Eier.
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Es müsste doch curios zugehen, wenn die Amerikaner, sobald sie sich einmal einer Sache bemächtigt haben, nicht auch die Dampfkraft zu verwenden suchten. Und so hat Herr Ferguson in Maryland es denn glücklich zuwege gebracht, eine Dampfbrutmaschine zu erfinden, welche auf flachen Flossen angebracht wird und die ältern Seth-Green'schen Brutkisten ersetzt. Dazu sind allerdings amerikanische Verhältnisse nöthig, d. h. colossale Wasserflächen, viel Geld und ausserordentliche Thatkraft. Das Princip dieser neusten, monströse Erfindung beruht auf der Bewegung einer excentrischen Walze, wodurch die ins Wasser gehängten Brutkübel beständig auf und niedergetaucht und die darin enthaltenen Eier stets von frischem Wasser bespühlt werden. Mit diesem Monstreapparat sind mit vielem Erfolg Eier von dem oben erwähnten Shadfisch ausgebrütet worden.
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Schluss des Zuchtartikels:
... sie(die Fischzucht) blieb aber ohne practische merkliche Folgen, bis die industriellen Amerikaner sich der Sache annahmen und jetzt sagen dürfen, dass ein grosser Theil ganz entvölkerter Gewässer der Vereinigten Staaten wieder mit Fischgut versehen worden sind. Bei uns tritt der Erfolg nicht so evident zu Tage, weil im Ganzen mit zu geringen Mitteln gearbeitet wird und die Bevölkerung noch keine Idee von ihrer Verpflichtung zur Mithülfe hat. Erst wenn wir einmal ein Fischereigesetz haben, das jeden Fischenzenpächter dazu verpflichtet, für jungen Nachwuchs zu sorgen, wird auch bei uns ein schöner Erfolg erzielt werden können; unsere kleinstaatlichen Verhältnisse spannen leider die Steuerkraft der einzelnen Gemeinwesen viel zu sehr an, als dass überall von Staats wegen könnte geholfen werden.

In der Brutsaison 1878/79 wurden im Canton Zürich erzeugt und 1879 den öffentlichen Gewässern zugeführt über eine Million Edelfische, nämlich
 Aeschen 190000,  Bachforellen 200000,  Seeforellen 100000,  Lachse 600000, Summe:  1090000.

Im Anhang zur Bestimmung einheimischer Fische findet sich folgende Notiz:
Ferner wird die Meerforelle, Trutta Trutta L. als Bewohner des Rheines erwähnt. Dieser Wanderfisch steigt aber nie bis nach Basel hinauf, und es beruht seine Erwähnung als Schweizerfisch wohl auf einer Verwechselung.
Ferner gestrichen: Idus melanotus, Heck, Nervling, Alant; Alosa vulgaris, Cuv. Maifisch und Alosa Finta, Cuv. Finte.
Diese drei Fische sollen die Seen des Canton Tessin und zeitweise den Tessin selbst bewohnen, es war mir aber unmöglich, Exemplare davon kommen zu lassen.

1880 war der offizielle Name des Atlantiklachses Trutta Salar L.

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