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Inhalt: Vorwort 3 Die Tintenfische sind ächte Weichtiere. 5 Systematische Bemerkungen über die Cephalopoden 15 Der Bau und die Funktionsweise des Sepiakörpers im Einzelnen. 16 1. Haut; Chromatophoren und Farbenwechsel 16 2. Der Kopffuss 21 3. Mantel, Eingeweidesack, Organe der Mantelhöhle. 24 4. Der Trichter; die Bewegung der Sepia 25 5. Die Schale 27 6. Die inneren Organe 32 7. Entwicklung, Biologisches, etc. 37 |
Wer nur die Fauna unserer Heimat kennt, gelangt leicht zu der Vorstellung,
dass die unter der Stufe der Wirbeltiere stehenden tierischen Lebewesen,
die sogenannten niederen Tiere, wie sie häufig bezeichnet werden,
im allgemeinen ziemlich unansehnliche Geschöpfe seien, denen, auch
wenn wir von den Beziehungen zum Menschen vollständig absehen, nicht
im entferntesten das Interesse zukommen kann, das wir den grossen Formen
des Landes, den Säugetieren und Vögeln vor allem, entgegenbringen.
Eine derartige Anschauung, unwissenschaftlich an sich, wird aber auch der
Laie aufgeben, sobald er Gelegenheit hat, selbst nur oberflächlich
die Tierwelt des Meeres kennen zu lernen.
Wem es einmal vergönnt ist, ein grösseres, mit Meerestieren
besetztes Aquarium, vielleicht gar dasjenige der zoologischen Station zu
Neapel, zu schauen, dem wird der erste Eindruck, den er empfängt,
sicherlich unvergesslich bleiben. Eine unendliche Fülle von neuen
Gestalten, wunderbar in ihren Formen, entzückend in ihrer Farbenpracht,
überraschend in ihren verschiedenartigen Lebensäusserungen, thut
sich vor seinem Auge auf, spannt sein Interesse auf's höchste an.
Fremdartige, seltsame, oft abenteuerlich anmutende Wesen tauchen vor ihm
auf, Repräsentanten grosser Tiergruppen, die auf dem Lande und im
süssen Wasser auch nicht einen Vertreter besitzen. So ist, um
nur ein Beispiel zu nennen, der ganze Stamm der Stachelhäuter oder
Echinodermen mit den charakteristischen, schon durch die Namen gekennzeichneten
Bauformen eines Seesternes, eines Seeigels, der Seewalze und der Seelilie,
vollständig auf das Meer beschränkt. Andere Gruppen, die in der
einheimischen Fauna nicht fehlen, haben sich im Meere ganz verschiedenartig
entwickelt, haben sich dort viel reicher gegliedert, vielseitiger ausgestaltet.
In dieser ausserordentlichen Entwicklung von Mannigfaltigkeit, wie wir
sie bei unseren heimatlichen Formen niemals finden, liegt gerade das Imponierende
und Grossartige der marinen Tierwelt. Und wenn wir nun versuchen, die einzelnen
Gestalten zu klassifizieren, so kommen wir bald zu der Einsicht, dass der
grösste Formen- und Farbenreichtum, die merkwürdigsten Lebensäusserungen,
die höchste Mannigfaltigkeit auf jene sog. niederen oder wirbellosen
Tiere entfallen. Ihnen gegenüber treten die Wirbeltiere, die
nicht einmal mit allen Klassen und, mit Ausnahme der Fische, überhaupt
nur spärlich im Meere vertreten sind, ziemlich zurück. Wir erkennen
nun zum mindesten, dass der Bau-
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plan des Wirbeltierkörpers in allen seinen Variationen, sei es
des Fisches, des Amphibiums, Reptils, Vogels oder Säugetieres, die
Breite der Gestaltungsfähigkeit des tierischen Körpers überhaupt
nicht stärker zum Ausdruck bringt, als mancher Tierstamm aus der Reihe
der wirbellosen Tiere dies zu thun vermag. Was die Wissenschaft längst
erkannt hat, wird uns jetzt angesichts des Lebendigen, ewig Wechselnden
klar: die heute lebenden Tierformen stellen nicht eine fortlaufend aufsteigende
Stufenleiter sich immer mehr komplizierender Organisation dar. Jede
einzelne grössere Abteilung ist ihre eigenen Wege gegangen, und nur
an der Wurzel hängen diese Gruppen zusammen. Es drängt
sich das bekannte Bild auf, das die Verwandtschaftsbeziehungen der Tiere
unter der Form eines reich gegliederten Strauches darstellt; ein Ast ist
allerdings stärker und höher als alle anderen ausgewachsen; er
entspricht den Wirbeltieren und schliesst mit der höchsten Leistung
der Natur, dem Menschen, ab. Allein die anderen Aeste sind deswegen
nicht minderwertig; in einer besonderen, ihnen eigentümlichen Weise
haben sie sich ausgebildet, und der eine und andere hat es schliesslich
auf eine Organisationshöhe gebracht, die in nichts derjenigen der
einfacheren Glieder des Wirbeltierastes nachsteht. Freilich wollen wir
uns vor jeder Uebertreibung hüten; es ist selbstverständlich,
dass auch für den Naturforscher jederzeit die Wirbeltiere das höchste
und nächstliegende Interesse besitzen werden.
Unter den spezifischen Bewohnern des Meeres, die also auf dem Lande
und im Süsswasser nie heimisch geworden sind, gehören die Tintenfische
oder Kopffüsser, mit der wissenschaftlichen Bezeichnung Cephalopoda
genannt, wohl zu den berühmtesten. Gefährliche Räuber
von meist beträchtlicher, hie und da enormer Grösse, äusserst
beweglich, an alle Regionen des Ozeans mit einzelnen Formen angepasst,
geht ihre Organisationshöhe weit über das Mass hinaus, das wir
bei wirbellosen Tieren anzutreffen gewohnt sind; die physiologischen Leistungen
mit entsprechendem anatomischem Bau lassen sie mit den höheren Wirbeltieren
rivalisieren. In der That zählen sie unter den Nicht-Wirbeltieren
zu denjenigen, die es zur höchsten Entwicklung gebracht haben.
Ihre nächsten Verwandten sind die Schnecken und Muscheln. Mit
diesen zusammen (und dazu noch die kleinen Abteilungen der Amphineuren
und Scaphopoden) bilden sie den Stamm der Weichtiere oder Mollusca. Wer
nun aber eine Muschel oder eine Schnecke mit einem Tintenfische vergleicht,
wird auf den ersten Blick nicht viel Aehnliches finden. Stellt man jedoch,
ausgerüstet mit den notwendigsten zoologischen Vorkenntnissen, eine
eingehendere Untersuchung an, so werden sich bald im Baue eines Tintenfisches
gewisse Hauptmerkmale erkennen lassen, welche auch die Organisation einer
Muschel oder einer Schnecke charakterisieren. Wie wir also z. B.
aus der Abstraktion der wichtigsten anatomischen Verhältnisse eines
Säugetieres, Vogels, Fisches etc. eine Einsicht in den Grundplan des
Aufbaues des Wirbeltierkörpers gewinnen und das Gemeinsame in einem
Gerüst, einem Schema, zusammenstellen
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können, so lassen sich auch die typischen Merkmale der verschiedenen
Formen, unter denen der Weichtierkörper auftritt, der Schnecken, Muscheln
und Tintenfische, in einer Grundform zusammentragen, von welcher man mit
grosser Sicherheit behaupten kann, dass sie denjenigen Tieren ähnlich
ist, die einstmals die direkten Vorfahren und der Ausgangspunkt für
die heute lebenden Mollusken waren. Unter den Hauptgruppen der Weichtiere
haben sich aber die Cephalopoden wohl am weitesten von dieser Grundform
entfernt, ihren Körper am eigentümlichsten ausgestaltet.
So gehört denn die Zurückführung der Organisation der Tintenfische
auf das allgemeine Schema, das für die Weichtiere gilt, zu den interessantesten
Kapiteln jener Wissenschaft, die man als vergleichende Anatomie bezeichnet.
Aufgabe der nachfolgenden Zeilen soll sein, an Hand der Beschreibung
eines bestimmten Vertreters aus der Abteilung der Cephalopoden einmal zu
zeigen, wie die Tintenfische merkwürdig umgestaltete, aber dennoch
ächte Weichtiere sind, ferner in spezieller Ausführung des eingangs
berührten Gedankens an dem gleichen Beispiele nachzuweisen, wie eine
Gruppe von Tieren, die ausserhalb des Bereiches der Wirbeltiere steht,
auf eine Organisationshöhe gelangt ist, die als ganz ausserordentliche
bezeichnet werden muss, wie sie mit Hülfe zum Teil ganz anderer Mittel
und Einrichtungen als die Wirbeltiere dieselben Funktionen auszuüben
vermag, wie ihr auch Merkmale zukommen, die wir in anderen Abteilungen
gar nicht oder nur wenig ausgeprägt antreffen. Als speziell zu betrachtende
Form sei der gemeine Tintenfisch, Sepia officinalis L. gewählt. Wenn
im Folgenden also kurzweg vom ,,Tintenfisch" gesprochen wird, so ist zunächst
immer die Sepia gemeint.
Die Tintenfische sind ächte Weichtiere.
Da nicht jedermann einen Tintenfisch auch nur oberflächlich kennt,
so dürfte es angebracht sein, dass wir zunächst ein ihm verwandtes
Objekt betrachten, dessen Kenntnis allgemein vorausgesetzt werden kann.
Ein solches ist z. B. unsere Weinbergschnecke, Helix pomatia L. Dabei
verfahren wir, wie etwa ein Mechaniker vorgehen würde, der einem Nicht-Fachmann
eine Maschine erklären soll. Er wird nicht etwa alle einzelnen
Bestandteile der Reihe nach von hinten nach vorn oder von oben nach unten
aufzählen, sondern das prinzipiell Wichtige an der Konstruktion, das
er mit Hülfe einiger einfacher Zeichnungen vorführen kann, zunächst
erörtern. Gehen wir bei der Untersuchung der Weinbergschnecke
ähnlich vor, heben wir die Hauptmerkmale heraus, so gewinnen wir zugleich
den Vorteil, dass wir auch über die wesentlichen Organisationsverhältnisse
der Weichtiere im allgemeinen orientiert sind und ohne weiteres jene oben
erwähnte Urform verstehen werden. Der Tintenfisch stellt sich
dann nur als besondere Modifikation dieser Grundform vor. Auf eines muss
zunächst noch aufmerksam gemacht werden. Es genügt für
die Weichtiere glücklicherweise, die