Neujahrsblatt der NGZH Nr. 136 auf das Jahr 1934; 79S. mit 14 Abb. und 6 Plänen (Format des Hefts: 21.1 x 29.1 cm)
Das Limmatwerk Wettingen
von Gustav Kruck

Neujahrsblatt

herausgegeben von der

Naturforschenden Gesellschaft in Zürich
auf das Jahr 1934.
136. Stück.

Das Limmatwerk Wettingen

von 

Gustav Kruck
 
 
 

mit 1 Zeichnung, 6 Plänen und 14 Abbildungen auf Kunstdruck
 

Gebr. Fretz A.G., Zürich

 

German only

Inhalt
I Einleitung 5
II Vorarbeiten 10
A Vertrag mit Locher & Cie. und Wettbewerb 10
B Konzessionsverhandlungen 12
C Einsprachen 14
D Das Werden des Projektes 17
III Grundlagen des Werkes 19
A. Die Konzession (in vollem Wortlaut) 20
B Geologische Untersuchungen 25
C Wasserhaushalt und Energieerzeugung 27
IV Ausführung des Werkes 32
A Bauorganisation und Grundlagen 32
B Bauprogramm, Bauleitung und Baukommission 36
C Versuchsanstalt für Wasserbau an der ETH 38
D Arbeitsvergebungen40
E Erledigung der Einsprachen41
F Energieversorgung der Baustellen und Bedarf an Baumaterialien48
V Die Anlagen des Werkes und ihr Bau50
A Wehranlage und Maschinenhaus50
B Turbinenauslauf, Reservoirkammer und Unterwasserstollen52
C Anlagen im Unterwasser53
D Zufahrtsstrasse und Wohnhäuser 54
E Uferversicherungen54
F Elektromechanische Anlagen 54
VI Schlussbemerkung 56
Inhaltsübersicht
Um einen Einblick in dieses Neujahrsblatt zu ermöglichen, folgen die Seiten 5,6, 12-16, 54-57:

1. Einleitung.
Knapp 20 Kilometer unterhalb des Ausflusses der Limmat aus dem Zürichsee und 2 Kilometer oberhalb des Durchbruches der Limmat durch die Jurafelsen des Ausläufers der Lägern ist in den Jahren 1930-1933 ein neues Werk schweizerischer Ingenieurkunst entstanden, das «Limmatwerk Wettingen der Stadt Zürich». Nach heutigen Begriffen, «vor den Toren der Stadt liegend», ist das Limmatwerk Wettingen das Basiswerk der Elektrizitätsversorgung unseres Gemeinwesens. Ohne Unterbruch, Sommer und Winter, Tag und Nacht, verarbeiten die drei Kaplanturbinen des neuen Werkes die ihnen zufliessenden Wasser, und seine Generatoren wandeln die Kraft der Turbinen in die geheimnisvolle elektrische Energie um, die in Zürich oben Motoren treibt, Licht spendet und in hundert Formen Wärme erzeugt.
In nächster Nähe der mittelalterlichen Bauanlagen des Klosters Wettingen ist ein Werk modernster Technik errichtet worden, das das Bild des Limmattales wesentlich verändert und, wie gesagt werden darf, verschönert hat. Ein gewaltiges Bauwerk, Wehr und Maschinenhaus, sperrt das tief eingeschnittene Limmatbett zwischen seinen hohen Steilufern bei der obern Eisenbahnbrücke Wettingen ab. Und oberhalb dieser Bauwerke bildet die Limmat seit dem 2. Mai 1933 bis gegen Dietikon hinauf einen ruhigen See, in dem die Wasser nur unmerklich fliessen.
Das Limmatwerk Wettingen ist als Werk unseres Gemeinwesens das neueste Glied in den Energie-Erzeugungsanlagen des Elektrizitätswerkes der Stadt Zürich. Dieses kommunale Unternehmen, dessen Gründung 1890 erfolgte, hat, insbesondere seit dem Jahre 1917, eine ausserordentliche Entwicklung erfahren. Es ist weitaus das bedeutsamste der vier Industriellen Betriebe der Stadt und neben den Nordostschweizerischen Kraftwerken und den Bernischen Kraftwerken das grösste schweizerische Unternehmen elektrischer Energieerzeugung und -versorgung. Am 3. August 1892 kam das Elektrizitätswerk der Stadt Zürich in Betrieb. Es war ein reines Lichtwerk, dessen Jahresabgabe im ersten vollen Betriebsjahr, 1893, insgesamt 286,634 kWh betrug. Der entscheidende Schritt zur Sicherung der Selbständigkeit der Elektrizitätsversorgung des Gemeinwesens geschah mit dem Beschluss der Gemeinde vom 10. Juni 1906, für den Bau des Albulawerkes einen Kredit von Fr. 10,685,000 zu bewilligen; das Albulawerk übernahm vom 8. April 1910 an die Energieversorgung der Stadt, die nun in voller Freiheit entwickelt werden konnte. Am 13. Mai 1917 beschloss die Gemeinde den Bau des Heidseewerkes, das als Winterkraft- und Ergänzungsanlage zum Albulawerk im Januar 1920 in Betrieb genommen wurde. Von ganz besonderer Bedeutung war dann der Beschluss der Gemeinde, sich mit Fr. 20,000,000 als der Hälfte des Grundkapitals an der Aktiengesellschaft Kraftwerk Wäggital zu beteiligen. In der unbedingten Gewissheit, die wirtschaftliche Zukunft des Gemeinwesens erfordere dies gebieterisch, traten die leitenden Männer der Stadtverwaltung trotz der damaligen schweren finanziellen Sorgen der Stadt mit grösster Entschiedenheit dafür ein, gemeinsam mit den Nordostschweizerischen Kraftwerken die gewaltige Anlage des Wäggitalwerkes zu bauen, dessen Kosten damals auf 94 Millionen Franken veranschlagt waren. Nach langen Vorberatungen einer 15gliedrigen Kommission stimmte der Grosse Stadtrat am 8. Oktober 1921 der Vorlage einmütig zu, und in der Gemeindeabstimmung vom 20. November 1921 entschieden sich

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die Stimmberechtigten mit 20,374 Ja gegen 3476 Nein für die Beteiligung der Stadt am Wäggitalwerk. Unmittelbar nach dieser Abstimmung begann die Wäggitalgesellschaft mit der Durchführung des gewaltigen Werkes. Am 3. April 1924 war die erste, am 20. Mai 1924 die zweite Maschinengruppe der Zentrale Siebnen zur Durchführung des Probebetriebes bereit. Am 19. Juli 1924 wurde mit dem Aufstau der Aa im grossen Stausee Innertal begonnen, und mit der Inbetriebnahme der ersten Maschinengruppe Rempen am 18. Dezember 1924 begann die Ausnützung der im Stausee Innertal angesammelten Wassermenge. Ende 1925 war das Werk im wesentlichen vollendet. Vom 1. Oktober 1926 an trugen die beiden Partner die vollen Jahreskosten und gegen Bezahlung der Hälfte der Jahreskosten steht seither dem Elektrizitätswerk der Stadt Zürich die Hälfte der Maschinenleistung, der erzeugbaren Energie und des Stauraumes des Werkes zur Verfügung.

Mit der Hälfte des Wäggitalwerkes verfügte das Elektrizitätswerk der Stadt Zürich nun über die nachstehende eigene Energieerzeugung:
a) Maschinenleistungen
           
P.S.
 
kW
Albulawerk =
8
x
3000
=
24000
=
16000
Heidseewerk =
2
x
6000
=
12000
=
9000
Letten =
10
x
150
=
1500
=
1100
Wäggitalwerk =
2
x
19000
=
38000
   
   
2
x
16000
=
32000
=
48000
Insgesamt          
107500
=
74100

b) Technisch mögliche Energieerzeugung im Mittel der Jahre.
   
1. April - 30. Sept.
 
1. Okt. - 31. März
 
Total
   
kWh
 
kWh
 
kWh
Albulawerk =
66,000,000
+
44,200,000
=
110,200,000
Heidseewerk =
15,600,000
+
5,800,000
=
21,400,000
Leiten =
5,200,000
+
3,500,000
=
8,700,000
Wäggitalwerk -  
+
55,000,000
=
55,000,000
Insgesamt =
86,800,000
+
108,500,000
=
195,300,000

Über die Entwicklung des Elektrizitätswerkes orientieren folgende Daten:
 
Jahr
 
Anlage-
Zahl der
Jahreserzeugung u.
Jahres-
     
kosten
Abonnenten
Fremdstrombezüge
einnahmen
     
Fr.
 
kWh
Fr.
 
1893
=
951,948
392
400,000
340,153
 
1906
 
1,939,207
3,971
8,288,568
2,164,858
 
1911
-
27 483,670
9,902
43,110,910
4,261,252
 
1917
 
37,530,791
38,550
99,280,391
8,573,978
 
1918
 
40,745,287
52,791
105,788,820
11,032,772
 
1919
=
44,837,328
58,543
126,697,747
12,157,607
 
1920
-
48909,365
61,880
121,892,445
13,670,637
 
1921
=
61,284,240
63,000
121,267,532
14,024,550
 
1922
-
63082,507
64,050
116,995,630
14,200,704
 
1923
 
64,268,147
67,093
127,047,820
14,717,870
 
1924
 
68,472,486
70,798
156,345,697
15,802,734
 
1925
=
70,463,486
74,977
187,144,238
18,397,925
 
*1926
-
73027,752
77,496
158,004,908
15,150,884*
 
1927
-
75 653,676
82,403
226,510,547
20,346,008
 
1928
 
73,642,045
88,830
241,192,163
21,255,893
 
1929
 
77,873,063
9,6,624
269,318,166
22,403,322
 
1930
=
81,8105446
106,810
277,682,870
23,724,735
 
1931
 
87,166,754
113,062
275,877,900
24,502,471
 
1932
-
92 740,656
121,585
302,940,700
25,862,568
* 1926 umfasst nur den Zeitraum vom 1. Dezember 1925 bis 30. September 1926. Seit 1926 gehört zu den

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Am 29. September 1929 beschloss der Stadtrat, die Vorarbeiten und Projekte der Firma Locher & Cie. zu erwerben und die dafür am 16. Dezember 1925 vereinbarte Summe auszuzahlen. Die Firma Locher & Cie. wurde beauftragt, das städtische Konzessionsprojekt auf Grund der Ergebnisse des Wettbewerbes und der Vorschläge des Preisgerichtes auszuarbeiten, wobei für den architektonischen Teil der Aufgabe die Architekten Gebr. Pfister beigezogen werden sollten. Die Projektierungsarbeiten wurden von Professor E. MEYER-PETER, a. Direktor PETER und Direktor TRÜB überwacht. Ende Dezember 1926 lag das fertig ausgearbeitete Projekt vor und am 5. Januar 1927 beschloss der Stadtrat, das Projekt den Baudirektionen der Kantone Zürich und Aargau zuzustellen und ihnen mitzuteilen, dass die Stadt an ihren Konzessionsbegehren endgültig festhalte. Da das neue Projekt vom Locher'schen Projekt nur in technischen Einzelheiten abwich, die die Privatrechte der Einsprecher nicht beeinflussen konnten, war es gegeben, kein neues Planauflageverfahren durchzuführen, die Verhandlungen mit den Einsprechern vielmehr auf Grund des von Locher & Cie. im September 1925 eingereichten Auflageprojektes weiterzuführen.

B. Die Konzessionsverhandlungen.
Das Einschreiten des Stadtrates vom 7. Oktober 1925 erfolgte, um zu verhindern, dass Locher & Cie. eine Konzession erlangen konnten, die dann nachher von der Stadt hätte erworben werden müssen. Durch den Vertrag vom 16. Dezember 1925 mit Locher & Cie. trat die Stadt an deren Stelle bei den weitern Verhandlungen mit den Konzessionsbehörden und mit den Einsprechern. Eigentliche Konzessionsverhandlungen konnten aber erst einsetzen, nachdem durch den Wettbewerb, durch weitgehende Untersuchungen und durch die Ausarbeitung des städtischen Projektes Ende 1926 alle wesentlichen Fragen des Limmatwerkes Wettingen ausreichend abgeklärt waren und damit feststand, dass die Stadt die Konzession endgültig beanspruche. So ersuchte denn der Stadtrat erst am 5. Januar 1927, als er das städtische Konzessionsprojekt einreichte, die Baudirektionen der Kantone Zürich und Aargau, ihm die Konzessionsbedingungen bekanntzugeben. Das Jahr 1927 verging aber, ohne dass der Stadt diese Bedingungen mitgeteilt worden wären.
Erst nachdem die beiden Baudirektionen Zürich und Aargau sich über die Bedingungen der Verleihung verständigt hatten, Ende Februar 1928, wurde dem Vorstand der Industriellen Betriebe der erste vom 20. Januar 1928 datierte Entwurf der Konzession zugestellt. Eine Reihe von Bedingungen dieses Entwurfes waren für die Stadt unbefriedigend. In vielfachen Verhandlungen, die von seiten der Stadt durch den Vorstand der Industriellen Betriebe, Stadtrat G. KRUCK, den Direktor des Elektrizitätswerkes, W. TRÜB, Direktor PETER und Rechtskonsulent Dr. BÄR geführt wurden, gelang es, den Entwurf so umzugestalten, dass er für die Stadt annehmbar wurde. Am 7. Juli 1928 stimmte der Stadtrat diesem Entwurfe in der Hauptsache zu, verlangte aber noch einige Ergänzungen, über welche weiter verhandelt wurde. Dem nun erwarteten raschen Abschluss der Verhandlungen stellten sich aber eine Reihe neuer Schwierigkeiten entgegen. Einmal das vom 13. Juli 1928 datierte Begehren des Linth-Limmatverbandes, die Stadt müsse beim Bau des Werkes Rücksicht nehmen auf eine beim Wehr des Werkes später zu errichtende Großschiffahrt-Schleuse und dafür einen genügend grossen Geländestreifen mit einem Bauverbot belegen oder in ihren Kosten erwerben. Dann stellte die Baudirektion Aargau weitergehende Forderungen für die von der Stadt an Stelle der alten Holzbrücke zu errichtende neue Limmatbrücke, und verlangte einen höhern Beitrag an die vom Kanton Aargau zu erstellende Limmatbrücke bei Killwangen. Und endlich wurden neue Begehren gestellt hinsichtlich der Fischerei in der Limmat, der Energielieferung an die aargauischen Wasserrechtsbesitzer, wegen der Verschmutzung der Limmat und der Reinhaltung des Grundwassers usw. Besondere Schwierigkeiten bereitete auch die Frage der Einsprachen, da die zürcherische Baudirektion sich anfänglich auf den Standpunkt stellte, die Verleihung könne erst

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erfolgen, wenn die Einsprachen erledigt seien. Erst Ende 1928 waren alle diese Schwierigkeiten beseitigt.
Am 20. Dezember 1928 übermittelte der Regierungsrat des Kantons Aargau dem Stadtrat den von ihm am 12. Dezember festgestellten Wortlaut der Konzession, erklärte, dass er unter Vorbehalt der Zustimmung des Grossen Rates bereit sei, die Konzession in dieser Fassung zu erteilen, und ersuchte den Stadtrat um Mitteilung, ob die Stadt Zürich die Konzession so annehmen wolle. Auf Grund seiner Beschlüsse vom 24. Januar 1929 ersuchte auch der Regierungsrat des Kantons Zürich den Stadtrat, die Annahme der nun bereinigten Konzession zu erklären. In seiner Sitzung vom 2. März 1929 kam der Stadtrat zum Schlusse, auf Grund der Ergebnisse der bisherigen Untersuchungen stehe fest, dass das Interesse der Stadt die Erwerbung der Konzession des Limmatwerkes Wettingen verlange, dass die Bedingungen annehmbar seien und dass die bisher erfolgte Abklärung aller Verhältnisse die Annahme der Verleihung als einen selbstverständlichen Schritt erscheinen lasse. Bei der Aushändigung der Verleihungsurkunden hatte die Stadt an die beiden Kantone Zürich und Aargau Drucklegungskosten, Stempelgebühren und einmalige Konzessionsgebühren zu bezahlen. Fällig wurde dabei auch der städtische Beitrag von Fr. 30,000 an die vom Kanton Aargau zu errichtende Limmatbrücke bei Killwangen. So war zunächst vom Grossen Stadtrat ein Kredit von Fr. 180,000 einzuholen für die nach der Annahme der Wasserrechtsverleihung fällig werdenden Aufwendungen für das Limmatwerk Wettingen. In den Erwägungen des Kreditbegehrens wurde dem Grossen Stadtrat der wesentliche Inhalt der Konzession, nicht aber deren Wortlaut, bekanntgegeben, und kurz dargelegt, der Energiebedarf der Stadt nehme derart zu, dass die Schaffung neuer Energiequellen zum dringenden Bedürfnis geworden sei, das nahe der, Stadt gelegene Limmatwerk Wettingen könne eine wertvolle und wirtschaftliche Ergänzung der Energieerzeugungsanlagen der Stadt werden. In seiner Sitzung vom 3. April bewilligte der Grosse Stadtrat den verlangten Kredit von Fr. 180,000 und bekundete damit stillschweigend, dass er mit der Annahme der Konzession für das Limmatwerk Wettingen einverstanden sei. Am 6. April 1929 erklärte der Stadtrat den Regierungen der Kantone Zürich und Aargau die Annahme und wünschte dabei lediglich einige Änderungen und Ergänzungen mehr redaktioneller Natur, denen die Baudirektionen bereits zugestimmt hatten.
Neben den eigentlichen Konzessionsfragen wurden in den Verhandlungen drei Fragen besonderer Art aufgeworfen und nebenher gelöst. Die aargauische Baudirektion wollte ursprünglich in die Verleihungsurkunde Bestimmungen aufnehmen, wonach die Stadt verpflichtet sei, für die Klärung ihrer und der Abwässer der Limmattalgemeinden zu sorgen. Die Vertreter der Stadt lehnten das aber mit der Begründung ab, die Stadt kläre ihre Abwässer sowieso, die Klärung der Abwässer der Limmattalgemeinden sei deren und des Kantons Sache und berühre die Stadt nicht, auf alle Fälle gehörten Bestimmungen darüber nicht in die Konzession einer Wasserkraftanlage. Die aargauische Baudirektion verzichtete schliesslich auf ihren Vorschlag, als der Stadtrat schriftlich erklärte, die Stadt werde ihre Kläranlage derart ausbauen, dass die städtischen Abwässer ausreichend geklärt würden.
Da die Fischereiverhältnisse der Limmat durch das Limmatwerk Wettingen eine grundlegende Aenderung erfahren mussten, wurden in den Art. 21-24 der Verleihungsurkunde Bestimmungen aufgenommen, die die Pflichten der Stadt hinsichtlich der Fischerei grundsätzlich ordneten. Darüber hinaus wurden am 12. Juli 1929 mit der Finanzdirektion des Kantons Aargau und am 16. September 1929 mit der des Kantons Zürich besondere Verträge «über die Regelung der Fischerei im Bereiche des zukünftigen Limmatkraftwerkes Wettingen» abgeschlossen. Um sich vor zu weitgehenden Forderungen der Fischer möglichst zu schützen, pachtete die Stadt in der Folge die Fischerei auf der zürcherischen Staustrecke des Werkes und gab sie in Unterpacht an die Fischer ab.
Entsprechend dem Gefälle ist der Kanton Zürich mit 19,3 %, der Kanton Aargau mit 80,7 % an den Gebühren und Abgaben beteiligt, die das Werk entrichten muss. Die eigent-

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lichen Werkanlagen liegen ausschliesslich im Kanton Aargau. Der Vorstand der Industriellen Betriebe erachtete es nun als nützlich, schon vor der Annahme der Verleihung festzustellen, welche Steuern die Stadt für die im Aargau liegenden Werkanlagen zu zahlen haben werde. Eine feste Steuervereinbarung, wie sie die Konzession des Wäggitalwerkes mit dem Kanton Schwyz und der March enthält, war nach der aargauischen Steuergesetzgebung nicht möglich. Es wurden aber über die künftige Besteuerung des Limmatwerkes Wettingen Verhandlungen geführt, auf Grund deren die aargauische Finanzdirektion am 31. Mai 1928 beruhigende Erklärungen abgab. Auf Wunsch des Vorstandes der Industriellen Betriebe legte der aargauische Finanzdirektor die Steuerangelegenheit seiner Regierung vor, die sich damit am 27. Juli 1928 befasste.
Im entsprechenden Protokoll des aargauischen Regierungsrates wurden die Grundsätze, nach denen die Besteuerung der Werkanlagen erfolgen soll, und die mutmassliche Höhe der Steuerbeträge so festgestellt, dass sie für die Stadt annehmbar erschienen.
Im Gegensatz zum Kanton Zürich, wo der Regierungsrat über Wasserrechtsverleihungen endgültig entscheidet, musste der Regierungsrat des Kantons Aargau die Konzession seinem Grossen Rate unterbreiten. In den Beratungen der grossrätlichen Kommission wurde verlangt, die Werkhaftung noch zu verschärfen, sodass darüber nochmals Verhandlungen nötig wurden. Schliesslich ermächtigte aber der Grosse Rat des Kantons Aargau den Regierungsrat am 8. August 1929 doch, der Stadt Zürich die Konzession für das Limmatwerk Wettingen gemäss dem vereinbarten Entwurf der Verleihungsurkunde zu erteilen. Der Grosse Rat ersuchte aber den Regierungsrat, über die Bestimmung der Werkhaftung in Art. 39 nochmals mit der Stadt zu verhandeln. Schliesslich wurde Ende November 1929 auch über diese Frage eine Einigung erzielt, so dass der Verleihung endlich nichts mehr im Wege stund. Am 27. Dezember 1929 beschloss der Regierungsrat des Kantons Aargau, gestützt auf den Beschluss des Grossen Rates vom 8. August 1929, und am 30. Dezember 1929 beschloss der Regierungsrat des Kantons Zürich aus eigenem Ermessen, der Stadt Zürich die Konzession für das Limmatwerk Wettingen zu erteilen; die Verleihung wurde auf den 1. Januar 1930 in Kraft gesetzt.

C. Die Einsprachen.
Auf die Ausschreibung des Konzessionsgesuches der Firma Locher & Cie. im September 1925 gingen beim Stadthalteramt Zürich und beim Bezirksamt Baden je 30 Einsprachen gegen das Limmatwerk Wettingen ein. Gemäss dem Vertrag vom 16. Dezember 1925 mit Locher & Cie. und der Verständigung mit den Konzessionsbehörden wurde die Behandlung dieser Einsprachen Sache der Stadt. Eine der je 30 Einsprachen ist die des Stadtrates, der als Vertreter der Stadtgemeinde Zürich Einsprache dagegen erhob, dass Privaten die Konzession des Limmatwerkes Wettingen erteilt werde, die er für das von ihm vertretene Gemeinwesen beanspruche. Im übrigen sind die Einsprachen mannigfaltiger Art, rühren von Behörden, Vereinigungen und Privaten her, erheben in allgemeiner Form Einspruch, oder enthalten bestimmte Begehren für den Fall der Ausführung des Werkes.
1. V e r s c h i e d e n e  E i n s p r a c h e n.
Die «aargauische Vereinigung für Heimatschutz» schrieb dem Bezirksamt Baden, sie wolle keine eigentliche Einsprache erheben, verlange aber, dass die Ausführung des Werkes in möglichster Anpassung an das Landschaftsbild erfolge und erklärte sich bereit, dafür Ratschläge zu erteilen. In Art. 5 der Verleihung ist den Wünschen dieser Vereinigung Rechnung getragen worden. Der Waffenchef der Genietruppen erhob gleichfalls keine Einsprache gegen das Werk, verlangte aber, dass es die Kosten der Verlegung der Minenkammern in den Pfeilern der obern Eisenbahnbrücke Wettingen übernehme, ein Begehren, das ohne weiteres zu erfüllen war. Der Erziehungsdirektor des Kantons Aargau machte geltend, die Ausführung des Werkes beeinträchtige das Seminar Wettingen; er ersuchte die zuständigen Behörden, die Konzession erst

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zu erteilen, wenn die Schadloshaltung des Seminars in jeder Beziehung abgeklärt und sichergestellt sei. Es zeigte sich in der Folge, dass den Wünschen der Seminarbehörden sehr wohl entsprochen werden konnte; die befürchtete Beeinträchtigung des Seminars trat nicht ein. Die Schützengesellschaft Wettingen-Kloster erhob Einsprache gegen das Projekt, weil dessen Verwirklichung ihre am rechten Ufer der Limmat oberhalb des heutigen Einlaufbauwerkes gelegene Schiessanlage vernichte. Sie verlangte auf Kosten des Werkes einen neuen Schießstand. Die Prüfung dieses Begehrens ergab, dass die Gesellschaft keinen derartigen Rechtsanspruch hatte, da ihr Schießstand auf Land der Spinnerei und Weberei Wettingen lag und von diesem Unternehmen nur geduldet war; der Stadtrat gab der Schützengesellschaft Wettingen-Kloster aber einen freiwilligen Beitrag an die Kosten eines neuen Schießstandes.

2. Einsprachen von Gemeinden und Grundeigentümern.
Der Gemeinderat Dietikon erhob Einsprache gegen das Werk, weil durch die vorgesehene Stauung der Limmat das gesamte Gemeindegebiet am linken Ufer der Limmat zwischen Reppisch und Kantonsgrenze überschwemmt, die Kanalisation des Gemeindegebietes erschwert und die Grundwasserversorgung der Gemeinde gefährdet werde. Die bürgerliche Abteilung des Gemeinderates Dietikon erhob Einsprache wegen der durch die Stauung der Limmat zu erwartenden Entwertung ihres Bürgerlandes am linken Ufer der Limmat.
Der Gemeinderat Geroldswil befürchtete von der im Projekt vorgesehenen Limmatstauung gleichfalls eine erhebliche Schädigung des tief liegenden Gemeindegebietes am rechten Ufer der Limmat; er verlangte, dass die Konzession nur erteilt werde, wenn für die Entsumpfung dieses Geländes genügend gesorgt werde. Aehnliche Befürchtungen machte auch der Gemeinderat Oetwil a. L. geltend.
Der Gemeinderat Spreitenbach teilte mit, eine allgemeine Umfrage habe ergeben, es sei gegen das Konzessionsbegehren unter der Voraussetzung keine Einsprache zu erheben, dass das abzutretende Land richtig entschädigt, die Strasse im «Moos» höher gelegt und Limmatufer und Böschung geschützt werde. Der Gemeinderat Neuenhof erhob Einsprache wegen der Trockenlegung der Limmat beim Kloster Wettingen und wegen der Enteignung wertvollen Kulturlandes usw. Er verlangte im Falle der Durchführung des Werkes Massnahmen wegen der Trockenlegung des Limmatbettes, einen neuen Fahrweg nach dem Land oberhalb der Bahnlinie ans rechte Ufer der Limmat, eine Anlage des Wehres, die ermöglichte, darüber eine Verbindungsstrasse Neuenhof-Wettingen zu führen, die Abgabe aller in der Gemeinde benötigten elektrischen Energie zum Selbstkostenpreise; er erhob eine ganze Reihe weiterer Forderungen und fügte einen «allgemeinen Vorbehalt» bei für den Fall er unterlassen hätte, «irgendwelche Rechte anzuführen, aus denen der Gemeinde Neuenhof Entschädigungsansprüche zustehen könnten». Der Einsprache des Gemeinderates war eine Eingabe von Grundeigentümern der Gemeinde Neuenhof beigegeben, die das Begehren des Gemeinderates wegen einer neuen Zufahrtsstrasse zu ihren Grundstücken in Althof unterstützen.
Der Gemeinderat Würenlos stellte in seiner Eingabe lediglich fest, dass infolge der vorgesehenen Limmatstauung die Pumpanlage der Gemeinde auf Kosten des Werkes neu erstellt werden müsste; er machte Vorbehalte wegen eines Limmatsteges, der Bachfischenz im Furtbach und der angemessenen Entschädigung des von der Gemeinde abzutretenden Landes, erhob aber keine Einsprache gegen das Konzessionsbegehren.
Der Gemeinderat Wettingen verlangte, die Konzession sei so lange zu verweigern, bis mit der Einwohnergemeinde Wettingen eine Verständigung über ihre Begehren wegen eines Fussweges bei der Eisenbahnbrücke, der Erstellung einer Badeanstalt, der Abnahme von Kanalisationen, einer Entschädigung für Wasserleitungen, über die unentgeltliche Abgabe elektrischer Energie an die Gemeinde und der Gewährung billiger Energiepreise für ihre Einwohner erfolgt sei. In einer zweiten Eingabe verlangte der Gemeinderat Wettingen auf Kosten des Werkes eine neue Grundwasserfassung und Pumpenanlage mit allen Garantien ausreichender und ein-

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wandfreier Grundwasserversorgung, die die infolge der Limmatstauung untergehende Anlage ersetze.
Der Gemeinderat Baden wies in seiner Eingabe auf die grossen Gefahren hin, die nach seiner Auffassung für die Stadt Baden und ihre Werkanlagen in der Aue durch die projektierte Wehranlage und die durch sie bewirkte gewaltige Aufstauung der Limmat entstünden. Er befürchtete von dieser Aufstauung schädliche Einflüsse für die Grundwasserversorgung der Stadt Baden und hielt es nicht für ausgeschlossen, dass sie auch die Thermalquellen ungünstig beeinflussen könnte. Im Hinblick auf all diese Befürchtungen ersuchte der Gemeinderat Baden um Verweigerung der Konzession, und machte die Instanzen zum voraus für jeden Schaden verantwortlich, die «trotz der voraussehbaren enormen Gefahren eine solche Konzession erteilen sollten».
Die Einsprachen der Grundeigentümer bezogen sich auf Entschädigungsansprüche für das vom Werk beanspruchte Land oder für Schadloshaltung für Landschäden, die infolge der Aufstauung der Limmat befürchtet wurden.

3. Einsprache der Bundesbahnen.
Die Bundesbahnen befürchteten durch die projektierte Aufstauung der Limmat vor allem eine Gefährdung der oberen Eisenbahnbrücke Wettingen. Sie verlangten daher deren Ersatz durch eine neue weitgespannte Brücke ohne Zwischenpfeiler. Daneben erhoben sie auch Einsprache wegen der befürchteten Gefährdung anderer Teile ihrer Bahnanlagen und stellten Begehren über deren Sicherung.

4. Einsprachen der Wasserrechtsbesitzer.
Die Eigentümer der auf der Limmatstrecke Aue Baden-Dietikon bestehenden Wasserkraftanlagen erhoben naturgemäss in aller Form Einsprachen gegen die Verwirklichung eines Projektes, das ihre Anlagen stillegen oder beeinträchtigen wollte. Sie wandten sich auch dagegen, dass der Gesuchstellerin das Enteignungsrecht erteilt werde. Die A. G. Spinnerei und Weberei Wettingen wies daraufhin, dass sie ein ehehaftes, also zeitlich ganz unbeschränktes Wasserrecht an der Limmat und zwei Konzessionen besitze für je ein Wasserwerk am linken und rechten Ufer, die ohne weiteres erhalten werden könnten, wenn das Limmatwerk Wettingen auf den Unterwasserstollen verzichten und das verarbeitete Wasser beim Maschinenhaus wieder der Limmat übergeben würde. Daneben machte sie noch eine Reihe von Begehren geltend für den Fall, dass die Konzession doch erteilt werde. Die Gesellschaft für Elektrochemische Industrie Turgi erhob Einsprache als Besitzerin der Wasserkraftanlage und Fabrik im «Kessel», Gemeinde Spreitenbach. Sie verlangte, dass die Konzession nicht erteilt werde, bevor die Gesuchstellerin sich mit ihr über die untergehenden Anlagen verständigt habe. Th. Wettstein erhob Einsprache als Besitzer der Wasserkraft- und Fabrikanlage in Oetwil, da durch die projektierte Aufstauung der Limmat seine Wasserkraftanlage stillgelegt und seine tiefliegende Liegenschaft schwer beeinträchtigt werde. Die Elektrizitätswerke des Kantons Zürich erhoben Einsprache als Eigentümer des Limmatkraftwerkes Dietikon, da dessen Ausnützung durch den Rückstau des Limmatwerkes Wettingen beeinträchtigt werde; sie erklärten sich bereit, mit der Gesuchstellerin in Verhandlungen zu treten über die Vergütung des zu erwartenden Schadens.

5. Einsprachen wegen der Fischerei.
Die Finanzdirektionen der Kantone Zürich und Aargau erhoben Einsprache, weil durch die Ausführung des projektierten Wehres die Fischereiverhältnisse von der Aue Baden bis nach Dietikon völlig verändert und ungünstig beeinflusst würden. Sie verlangten volle Schadloshaltung für die verminderten Erträgnisse der Fischerei. Einsprache erhoben auch die Inhaber von Fischenzen und die Fischereivereine.
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füllt werden. Der Felsaushub erfolgte vermittelst Löffelbagger in durch Betonfangdämme abgeschlossenen und trocken gelegten Baugruben. Der Kiesaushub erfolgte mit einem Eimerketten-Schwimmbagger. Wegen der vielen Hochwasser im Sommer 1933 sind diese Arbeiten wiederholt unterbrochen worden, sodass die Fertigstellung erst Ende 1933 möglich wurde.
D. Zufahrtsstrasse und Wohnhäuser.
Als Zufahrt zum Maschinenhaus ist eine 240 Meter lange Strasse erstellt worden, die 60 Meter nördlich der gedeckten Holzbrücke rechtwinklig von der Kantonsstrasse abzweigt. Durch die Konzession ist die Stadt verpflichtet worden, an Stelle der alten Holzbrücke eine neue Eisenbetonbrücke zu errichten und die Zufahrten zu ihr im Sinne einer übersichtlichen Linienführung zu verbessern In jüngster Zeit hat aber der Kanton Aargau der Stadt vorgeschlagen, sie von dieser Verpflichtung gegen eine entsprechende Geldzahlung zu entbinden. Veranlassung zu diesem Vorschlage war der Gedanke, später an Stelle des in der Konzession vorgesehenen Brückenprojektes das Projekt einer Hochbrücke zu verwirklichen.
Unterhalb und oberhalb der Zufahrtsstrasse zum Maschinenhaus ist nach den Plänen der Architekten Gebr. Pfister eine Wohnkolonie für das Betriebspersonal des Werkes errichtet worden. Oberhalb der Strasse eine Reihe von vier Einfamilienhäusern für den Zentralenchef, einen Aufseher und zwei Schichtführer. Zwischen Strasse und Limmat eine Reihe von acht Einfamilienhäusern für die Maschinisten. Die sonnig gelegenen und mit Gärten versehenen Häuser bieten dem Betriebspersonal ein wohnliches Heim.

E. Uferversicherungen.
Die vor dem Aufstau der Limmat grösstenteils bewaldeten steilen Uferböschungen bestehen aus festgelagerten Schottern, welche teilweise nagelfluhartig verkittet sind und eine grosse Standfestigkeit besitzen. Es ist anzunehmen, dass die Einstauung dieser Partien keine wesentlichen Veränderungen an diesen Ufergebieten verursachen werde, weshalb auch von besondern Uferversicherungen abgesehen wurde. Eigentliche Uferversicherungen sind nur zum Schutze der beiden Bahnlinien Zürich-Baden und Wettingen-Würenlos ausgeführt worden.
Am linken Ufer in der Gemeinde Neuenhof reicht der Stau zwischen Bahn km. 17,150 und 18,400 teilweise 3 bis 4 Meter über den Fuss des Bahndammes hinauf. Im Benehmen mit den Schweizerischen Bundesbahnen hat das Limmatwerk Wettingen dort auf eine Länge von 1250 Meter eine Uferversicherung erstellt zum Schutze des Bahndammes. Am Fusse des Dammes ist eine Materialanschüttung von etwa 3 Meter Breite mit einer Böschungsneigung im Verhältnis von 2 : 3 gemacht worden. Die Böschung ist mit einer 25 Zentimeter starken Betonplatte abgedeckt und die 80 Zentimeter über dem Wasserspiegel entstandene 3 Meter breite Berme als Fahrweg ausgebildet worden.
Am rechten Stauseeufer ist direkt oberhalb des Maschinenhauses eine etwa 100 Meter lange Stützmauer erstellt worden zum Schutze der Bahnlinie Wettingen-Würenlos und beim Lugibach eine solche am Fusse des über 20 Meter hohen Bahndammes.

F. Elektromechanische Anlagen.
Die von Escher Wyss & Cie. Maschinenfabriken A.-G. in Zürich gelieferten 3 Kaplanturbinen sind für die folgenden Daten berechnet:
Gefälle 21,16 m bis 23,21 m
Wassermenge
40 m3/sec
Leistung
9660 PS. bis 10,710 PS.
Umdrehungszahl
214 pro Minute.
Es sind diese die ersten Kaplanturbinen, welche für so grosse Gefälle ausgeführt worden sind. Die aus rostfreiem Stahl erstellten Laufräder haben je 6 verstellbare Flügel, die mit 15 bis 20

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Atmosphären Oeldruck durch eine in der hohlen Turbinenwelle befindliche Regulierspindel während des Betriebes bewegt werden können. Die eisernen schneckengehäuseartigen Spiralen sind für die Aufnahme des ganzen Innendruckes dimensioniert und ausserdem noch in einer kräftigen Eisenbetonkonstruktion vollständig einbetoniert.
Gegen das Oberwasser werden die Turbinenspiralen durch Drosselklappen von 3,90 Meter Durchmesser abgeschlossen, von denen jede ein Gewicht von 27 Tonnen hat. Für jede Maschinengruppe ist eine eigene durch Elektromotoren angetriebene Oeldruckanlage für einen Betriebsdruck von 15 bis 20 Atmosphären vorhanden. Jede dieser Anlagen ist so reichlich bemessen, dass sie für den Betrieb von 2 Maschinenaggregaten ausreicht. Durch Oeldruck werden betätigt die Drosselklappen, die Laufräder und die Leitapparate der Turbinen. In den aufgebauten Windkesseln wird gleichzeitig die Druckluft erzeugt für die Bremsen, mit denen im Notfall ein Maschinenaggregat sofort zum Still stand gebracht werden kann.
Mit den vertikalachsigen Turbinen sind die von der Maschinenfabrik Oerlikon gelieferten Dreiphasen-Wechselstromgeneratoren direkt gekuppelt. Letztere sind für die folgenden Daten gebaut:
 
Leistung
10,000 kVA
bis cos φ 0.7
 
10,000 kVA
bis cos φ 0 kapazitiv
 
5,000 kVA
bis cos φ 0 induktiv
Umdrehungszahl   214 pro Minute
Spannung   6400 V, voll verkettet
Frequenz   50 Hertz

Aeusserlich haben diese Generatoren gegenüber den frühern Ausführungen ein etwas ungewohntes Aussehen, weil alle technisch nicht notwendigen Verschalungen weggelassen sind, wodurch die Konstruktion der Tragbalken deutlich hervortritt. Die rotierenden Teile der Generatoren, die Rotoren, haben ein Gewicht von je 55 Tonnen und sind zusammen mit den Turbinenwellen und Laufrädern an Spurlagern aufgehängt. Jedes Spurlager ist gebaut für einen Druck von 210 Tonnen, der sich zusammensetzt aus dem Gewicht der rotierenden Maschinenteile von 65 Tonnen und der hydraulischen Reaktion auf das Turbinenlaufrad von etwa 145 Tonnen.

Ueber dem Spurlager ist direkt auf der Welle die Erregermaschine aufgebaut. Sie hat eine Leistung von 115 kW, d.h. sie gibt bei 210 Volt 550 Ampere ab. Zur Auftransformierung der Generatorenspannung von 6400 Volt auf 50,000 Volt sind im Maschinensaal in offenen Nischen gegenüber den Generatoren 3 Transformatoren aufgestellt von je 10,000 kVA mit einem Uebersetzungsverhältnis von 6400 auf 46400 / 48500 / 50700 Volt.
Die Lieferung dieser Transformatoren erfolgte durch die Maschinenfabriken Brown Boveri & Cie. in Baden. Ferner sind noch vorhanden ein Betriebstransformer von 500 kVA für den Eigenbedarf des Limmatwerkes Wettingen, mit einem Uebersetzungsverhältnis von 53,000 Volt auf 7410 / 7150 /6890/ 6720 Volt und 2 Eigenbedarfstransformatoren von je 145 kVA für die Speisung der internen Licht- und Kraftleitungen und für die Wohnhäuser, mit einem Uebersetzungsverhältnis von
6600 /6400/ 6200 Volt auf 380/220 Volt
Die Schaltanlage ist zwischen das Einlaufbauwerk und den Maschinensaal eingebaut. Die einfachen Betriebsverhältnisse des Limmatwerkes Wettingen ermöglichten auch eine einfache Ausführung der Schaltanlage.
Im Parterre sind in offenen Zellen die von der Maschinenfabrik Oerlikon gelieferten Oelschalter 50 KV untergebracht. Darüber befindet sich im 1. Stock das Doppelsammelschienensystem mit den dreipolig gekuppelten Trennschaltern 50 kV und die 50 kV Durchführungs-Stromwandler 300/150/5 Ampere der Siemens E. A. G. Zürich und die 50 kV Mantelspannungswandler System B. B. C. Baden. In speziellen Durchführungen der Porzellanfabrik Hermsdorf

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werden die 6 Leitungen senkrecht in den 2. Stock und von dort durch das Dach ins Freie geführt zu einem in Eisenbeton erstellten Abspanngerüst. An diesem sind die nach Zürich führenden Freileitungen befestigt.
Ausser diesen hauptsächlichsten mechanischen und elektrischen Einrichtungen sind noch zu erwähnen die Kühlwasseranlagen, die Pumpenanlagen zum Auspumpen des Sickerwassers und der Turbinenausläufe, welche tiefer liegen als der Unterwasserspiegel, die Lüftungs- und Heizungsanlagen vermittelst der Verlustwärme der Generatoren, die Brandschutzeinrichtungen, Notbeleuchtung und Erdungsanlagen.
Die wichtigsten mechanischen und elektrischen Anlagen sind mit sinnreichen Apparaten versehen, welche durch elektrische Uebertragungen den Betriebszustand in der Kommandostelle anzeigen und zum Teil auch graphisch aufzeichnen. Die hiefür erforderlichen Leitungen werden durch einen besonderen Kabelkanal nach dem unter der Kommandostelle befindlichen Kabelraum geführt und von dort durch die Decke zu den vielen Apparaten im Kommandoraum. Durch diese Einrichtungen ist es möglich, dass der Betrieb des ganzen Werkes vom Kommandoraum aus durch einen einzigen Mann überwacht und geleitet werden kann.

Das gesamte Personal des Limmatwerkes Wettingen besteht aus 14 Mann und zwar
1 Zentralenchef,
3 Schichtführer,
4 Maschinisten,
4 Hilfsmaschinisten,
2 Handlanger.
Das Betriebspersonal ist eingeteilt in 4 Schichten zu je 3 Mann. Die 4. Schicht ist als Ersatz für Krankheit, Ferien, Militärdienst und arbeitet in der übrigen Zeit in der Werkstatt. Die 12 Mann Betriebspersonal wohnen in den in der Nähe des Maschinenhauses erstellten 12 Einfamilienhäusern. Die beiden Handlanger wohnen auswärts.
Seit der Inbetriebnahme des Limmatwerkes Wettingen vom 19. Januar 1933 sind bis 30. September 1933 die nachstehenden Energiemengen erzeugt worden:
 
Monat
Maschine 1
Maschine II
Maschine III
Total
 
kWh
kWh
kWh
kWh
Januar
937,000
136,000
184,000
1,257,000
Februar
1,796,000
2,244,000
1,578,000
5,618,000
März
2,006,000
306,000
2,230,000
4,542,000
April
2,021,000
2,035,000
1,818,000
5,874,000
Mai
4,911,000
4,916,000
4,255,000
14,082,000
Juni
3,995,000
4,602,000
4,507,000
13,104,000
Juli
4,683,000
3,670,000
3,491,000
11,844,000
August
5,309,000
2,896,000
2,245,000
10,450,000
Sept.
4,525,000
2,351,000
1,341,000
8,217,000
Total
30,183,000
23,156,000
21,649,000
74,988,000

VI. Schlussbemerkung.
Bis zur Inbetriebnahme des Limmatwerkes Wettingen erfolgte die Energieversorgung der Stadt Zürich fast ausschliesslich vom, Süden her durch die beiden Albulaleitungen. Diese beiden Leitungen waren bereits sehr stark überlastet, was die Spannungshaltung in Zürich in den letzten Jahren zu Zeiten grösster Belastungen immer mehr erschwert hat.
Der grosse Wert der Eingliederung des Limmatwerkes Wettingen in den Betriebshaushalt des E. W. Z. liegt vor Allem darin, dass das neue Kraftwerk mit seiner Energieproduktion

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von etwa 120 Millionen kWh als Grundlastwerk des E. W. Z. eine Speisung des 50 kV Kabelnetzes von Norden her über 2 neue, leistungsfähige und betriebssichere 50 kV-Leitungen ermöglicht. Dadurch werden die 50 kV-Albulaleitungen, da der Fremdstrombezug zum grössten Teil wegfällt, entlastet, die Uebertragungsverluste werden geringer und die Spannungshaltung kann durch das Limmatwerk Wettingen einwandfrei durchgeführt werden.
Obwohl die endgültigen Abrechnungsergebnisse noch nicht vorliegen, steht fest, dass der von der Gemeinde bewilligte Baukredit nicht völlig beansprucht wird.
Das ursprüngliche Bauprogramm sah die Vollendung des Limmattalwerkes Wettingen auf Ende September 1932 vor, auf den Anfang des Winterhalbjahres. Es dauerte 3½ Monate länger, bis das Werk die Erzeugung elektrischer Energie aufnehmen konnte und die Vollendung des Werkes zwei weitere Monate. In den 35 Monaten seiner Bauzeit ist aber doch eine gewaltige Arbeit geleistet worden, geistige Arbeit der Ingenieure und Techniker und mühevolle Arbeit von hunderten fleissiger tüchtiger Arbeiter. Alle, die am Werk arbeiteten, verdienen den Dank der Stadt. Dank und Anerkennung verdient vor allem der Bauleiter, Ingenieur H. BERTSCHI, der all die Jahre hindurch mit vorbildlicher Umsicht und Pflichttreue arbeitete, und mit ihm Ingenieur GROB, der den elektromechanischen Teil der Arbeiten leitete. Dank und Anerkennung gebührt den Herren der Baukommission, die ihre grosse Erfahrung der Projektierung und Durchführung des Werkes widmeten, den Architekten Gebr. Pfister, die die Bauten architektonisch gestalteten, den Ingenieuren des Elektrizitätswerkes, den Maschinenfabriken und Baufirmen und ihren Ingenieuren, Technikern und Arbeitern.
Stadtrat und Grosser Stadtrat feierten am 17. Mai 1933 in einfacher Weise die Vollendung des Limmatwerkes Wettingen, als eines Werkes, das unserem Gemeinwesen zur Ehre und seiner Wohlfahrt zum Segen gereicht. Sie waren sich dabei bewusst, dass die Eingliederung dieses Werkes in die Elektrizitätsversorgung unserer Stadt diese noch nicht endgültig sichert. Seit Jahren schon sind wiederum Studien und Untersuchungen im Gange, der Stadt weitere Energiequellen zu verschaffen. Möge ein glücklicher Stern über diesen Arbeiten walten. Unser Gemeinwesen aber, unser liebes stolzes Zürich blühe und gedeihe auch weiterhin in seinen Werken.

Zürich, im November 1933. Gustav Kruck.

(Stadtrat, Vorsteher des Departements: Technische Betriebe)

Als Beispiel aus den 14 Abbildungen:
Turbinenspiralen, KW-Wettingen, Limmat, EW-Zürich
31. August 1931: Dienstgebäude, Einlaufbauwerk und Turbinenspiralen
(Jeden Monat wurde der Baufortschritt photographisch dokumentiert.)

Bemerkungen: Das Neujahrsblatt sieht aus, wie der offizielle Abschlussbericht des Stadtrates.

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