Neujahrsblatt der NGZH  Nr. 147 auf das Jahr 1945, 56S. mit 30 Abb.
Regionalplanung im Kanton Zürich
von Heinrich Peter, Kantonsbaumeister
Regionalplanung
im Kanton Zürich
Kanton Zürich, Planung
von Heinrich Peter, 1945
 Gebr. Fretz AG. Zürich
German only
 
 
 

Inhalt:

 
1.Einleitung5
2. Ist eine Regionalplanung nötig ?11
3.Die Antwort der massgebenden Kreise22
4. Beispiele: 
     a)Güterzusammenlegungen und Strassenverkehr im Dreieck Winterthur - Pfungen - Henggart33
     b)Die Nebenbahnen im Zürcher Oberland als Ausgangspunkt für eine Regionalplanung36
     c)Rund um die Flugplätze40
     d)Landschaftsschutzzonen43
5.Gesetzliche Grundlagen47
 Verzeichnis der Abbildungen55
 Benutzte Literatur56

2. Ist eine Regionalplanung nötig?
Jede Bautätigkeit, ungeachtet ob es sich um Strassen oder Hochbauten handle, verringert den landwirtschaftlich genutzten Boden und damit die Grundlage unserer Versorgung mit Landesprodukten. Hat diese Entwicklung eine gewisse Intensität erreicht - die Grenze liegt ungefähr bei 200 Einwohnern auf den Quadratkilometer -, so ist es höchste Zeit, dass die verantwortlichen Instanzen überprüfen, ob die bisherigen Grundsätze, die für die Überbauung massgebend waren, beibehalten werden können oder nicht. Gewöhnlich ist das Bild bei der genannten Bevölkerungsdichte, abgesehen von den Zentren von Städten und grössern Dörfern, etwa folgendes:
Die in gemächlichem Tempo sich entwickelnde Siedlung hat durch die Eröffnung der Bahnlinie plötzlich einen Impuls erhalten. Um die Station herum haben sich verschiedene gewerbliche Betriebe entwickelt. Unmittelbar daneben sind ein paar Einfamilienhäuschen entstanden. Das eine oder andere Unternehmen hat sich mit der Zeit vergrössert und ist zur eigentlichen Fabrik geworden, neben welcher sich ihr Besitzer (noch im letzten Moment, bevor ihm ein anderer zuvorkam) einen Bauplatz für eine Villa erwerben konnte. Im einige hundert Meter von der Bahnstation entfernt liegenden Dorf hat sich ebenfalls die Bautätigkeit geregt. In dieser oder jener Scheune, die wegen der extensiven Bewirtschaftung des Bodens nicht mehr für die Landwirtschaft gebraucht wurde, nistete sich eine mechanische Werkstätte oder ein chemischer Betrieb ein. Florierten die Unternehmen, so wurde um- und angebaut. Für die Arbeiter wurden weitere Scheunen und Ställe zu Wohnungen ausgebaut. Bald wurden auch Neubauten errichtet, besonders der Strasse zwischen dem Dorf und der Bahnstation entlang. Die bauliche Entwicklung ging aber auch in die Tiefe längs alten Flurwegen oder längs von einer frühern Melioration herrührenden, schematisch angeordneten, rechtwinklig aufeinanderstossenden Wegen. So entstand das bekannte Durcheinander von Bauten aller Art. Vor dem Wohnzimmer kreischt die Säge einer Schreinerei und neben dem Schlafzimmer stösst der Ventilator einer Gerberei unangenehme Gerüche aus. Die Fabrik, die aus kleinen Anfängen entstanden ist, liegt abseits von der Bahnlinie und muss auf die Vorteile eines Industriegeleiseanschlusses verzichten. Eine Umsiedlung ist nicht zu verantworten, da bereits zu grosse Werte investiert sind. Eine weitere räumliche Entwicklung ist ihr aber genommen, es sei denn, die vom Gründer des Unternehmens geschaffene Aktiengesellschaft entschliesse sich, die unmittelbar neben dein Fabrikareal erst vor wenigen Jahren entstandenen Wohnhäuser aufzukaufen und abzubrechen. Das Schulhaus ist schon lange zu klein, aber es kann nicht erweitert werden, weil nicht genügend Platz vorhanden ist. Ein anderer Platz, der sich eignen würde und der auch die Erstellung eines genügend grossen Turn- und Spielplatzes zuliesse, könnte nur mit unverhältnismässig hohen Kosten erworben werden. Zu allen diesen Unzukömmlichkeiten und Schwierigkeiten kommt noch das Durcheinander der äussern Erscheinung dieser Bauten. Neben behäbigen Bauernhäusern mit ruhigen Giebeldächern stehen Gewerbebauten in gelbem Backstein mit roten Fenstereinfassungen und Stockwerksgurten. Flache Dächer und Terrassen wechseln mit Mansarden und Walmdächern, und in bezug auf die Materialien und die Anstriche kommen alle Variationen vor. Schliesslich sind alle diese Bauten so sehr ineinandergeschachtelt und nehmen sich gegenseitig Licht und Luft weg, dass auch vom hygienischen Standpunkt aus betrachtet alles eher als zweckmässige Verhältnisse entstanden sind. Diejenigen Bauherren, die es sich leisten können, entfliehen diesem Chaos und suchen sich für ihr Heim irgendeinen schönen Platz an einem See oder auf einer Anhöhe, möglichst mit umfassender Aussicht. Dabei sind sie sich meistens nicht bewusst, dass solches Tun der Anfang für ein neues Chaos ist, nämlich für das Eindringen der städtischen Villa in die Sphäre des Bauern, für das Durchsetzen des landwirtschaftlich genutzten Bodens mit wesensfremden Elementen.
In den Städten sind die Verhältnisse mancherorts noch schlimmer; die Häuser zählen noch mehr Stockwerke, die Abstände von Haus zu Haus sind noch kleiner, Luft und Licht haben noch weniger Zutritt als in den ländlichen Gebieten. Der Lärm ist noch ohrenbetäubender und die üblen Gerüche sind noch unangenehmer. Die Wege von der Wohnung in die freie Natur, in die Wälder, sind noch länger. Das architektonische Durcheinander ist noch grösser. Und wenn nicht immer wieder einsichtige Behördemitglieder und Fachleute alles getan hätten, um die schlimmsten Auswirkungen einer uneingeschränkten und willkürlichen Ausnutzung des Grund und Bodens zu mildern, so wären mancherorts die Verhältnisse untragbar geworden. Dass es nicht so weit gekommen ist, soll aber nicht dazu verleiten, die Hände in den Schoss zu legen und zu denken, unser Land sei ja so schön, dass es ganz ausgeschlossen sei, es verunstalten zu können, und jeder einzelne sei gebildet genug, dass er schon wisse, was recht sei. In Tat und Wahrheit ist es aber für den einzelnen praktisch überhaupt ausgeschlossen, sich ein Bild über die beste Verteilung der verschiedenen Nutzungsarten des Grund und Bodens zu machen, über die Frage, wo er seine Fabrik oder seine Werkstatt, wo er seine Villa oder sein Wohnhaus hinstellen soll oder wo er seinen Lagerplatz anlegen oder einen Laden einrichten soll.
In den grössern Ortschaften und in den Städten haben deshalb schon vor vielen Jahren die Tiefbauämter begonnen, sich mit städtebaulichen Fragen zu befassen. Dadurch erhielten die Stadtingenieure eine Schlüsselposition.
...

c) Rund um die Flugplätze
Schon vor dem zweiten Weltkrieg wurde die Frage erwogen, wie der Luftraum- und Platznot in Dübendorf abgeholfen werden könne. Das Militär hatte sich eine feste Position geschaffen, anderseits suchte der Zivilflugverkehr zu seinem Recht zu kommen. Die heute zur Verfügung stehende Fläche ist auf alle Fälle zu klein und praktisch kaum mehr erweiterungsfähig. Im Nordwesten stünde einer Platzvergrösserung die Strasse Dübendorf-Wangen, die gleichzeitig als Zufahrtsstrasse zum Zivilflugplatze dient, im Weg; im Südwesten Dübendorf und die Bahnlinie, im Südosten die Strasse nach Hegnau und im Nordosten der Wangenerberg. Eine Erweiterung des Flugfeldes in nordwestlicher Richtung würde mit der projektierten Autostrasse Zürich-Winterthur in Konflikt kommen und die Entwicklung der im Bereich der zürcherischen Vorortsstation Dietlikon liegenden Siedlungsgebiete tangieren. Die stärkere Berücksichtigung der natürlichen Entwicklungstendenzen von Dietlikon-Brüttisellen hätte sogar zur Folge, dass die Autostrasse Zürich-Winterthur wesentlich näher an den heutigen Flugplatz herangerückt werden müsste, als dies projektiert ist. Damit wäre aber eine Vergrösserung des Flugplatzes in nordwestlicher Richtung überhaupt ausgeschlossen. In südwestlicher Richtung könnte das Flugfeld wohl erweitert werden, doch bliebe der Luftraum nach wie vor überlastet und ausserdem müsste die Bahn tiefer gelegt, die Strasse nach Hegnau aufgehoben, der Weiler Gfenn niedergelegt und wertvolles Kulturland ausgeschaltet werden. Zu all diesen Schwierigkeiten kommt noch hinzu, dass die Anforderungen, die die grossen Zivilflugzeuge in bezug auf Sicherheit bei Start und Landung stellen, ständig im Zunehmen begriffen sind. Die den Flugplatz flankierenden beiden Höhenzüge, der Zürich- und der Wangenerberg, werden immer mehr als unüberwindbare Hindernisse empfunden. Der Flugplatz Dübendorf wird daher den internationalen Anforderungen nicht mehr entsprechen. Die eine Zeitlang verfolgte Lösung, ihn durch Schaffung eines Nebenflugplatzes für den Sportbetrieb im Furttal zu entlasten, erwies sich als praktisch ebenfalls undurchführbar.
In dieser Situation wirkte es wie eine Erlösung, als die Möglichkeit greifbare Gestalt annahm, den Artilleriewaffenplatz Kloten zu verlegen und dessen Gebiet für einen Zivilflugplatz auszubauen. Ein sorgfältig ausgearbeitetes Projekt liegt zur Zeit bei den zuständigen Bundesinstanzen. Wenn es zu seiner Verwirklichung kommt, so werden manche weitere Probleme auftauchen. Vor allem wird der Zubringerverkehr von Kloten nach Zürich und Winterthur gestaltet werden müssen. Wenn vorläufig ein Anschluss an die Hauptverkehrsstrasse Kloten-Zürich für die Führung eines Autobusses genügen dürfte, wird doch die Möglichkeit eines Bahnanschlusses offen gehalten werden müssen. Ein solcher führt aber in eine Bahnlinie und durch Stationen, die bereits heute stark überlastet sind. Ferner wird sich das Gebiet zwischen Zürich und Kloten mit der Zeit weiter besiedeln, sei es mit Stadtrandsiedlungen, sei es mit Industrie, so dass es dringend notwendig ist, die später einmal auszubauenden Verkehrslinien heute schon festzulegen und in Zukunft von jeder Bebauung frei zu halten. Rund um den ganzen Flugplatz werden weitere Fragen der Gestaltung der Wohn-, Industrie- und Landwirtschaftszonen und des Verkehrs auftauchen. Der Regierungsrat hat deshalb in dieser Richtung Studien an die Hand nehmen lassen. Diese werden, ähnlich wie beim Entwicklungsplan für das Zürcher Oberland, den Gemeinden die Grundlagen für die Gestaltung ihrer Bebauungspläne und Bauordnungen geben.
...

Aus den gesetzlichen Grundlagen:
Unter den Gesetzen, die dem Bund die Oberaufsicht über die Tätigkeit der Kantone geben, ist dasjenige über die Forstpolizei am besten ausgebaut. Dieses Gesetz bestimmt, dass das Waldareal nicht vermindert werden darf. Sogar in den heutigen ausserordentlichen Zeiten, da die Mehranbaupflicht auf den Waldboden übergreift, wird für die Rodungen im Mittelland wenigstens ein teilweiser Ersatz durch Aufforstungen im Gebirge in Aussicht genommen. In diesem Zusammenhang sind auch die Bestimmungen zu erwähnen, die auf dem Gebiete der Nutzbarmachung der Wasserkräfte unter dem Drucke der Natur- und Heimatschutzbestrebungen in die Konzessionen aufgenommen werden müssen. Es handelt sich dabei immer um Bestimmungen, die die Gestaltung des Landschaftsbildes und damit die Nutzung des Bodens nachhaltig beeinflussen.
Ferner kann der Bund durch finanzielle Intervention, d.h. durch Subventionen im Sinne der Landesplanung wirken. Die Subventionen zur Förderung der Landwirtschaft machen allerdings noch sehr spärlich von dieser Möglichkeit Gebrauch. Immerhin wird im Kanton Zürich bei Rebbergmeliorationen eine öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkung eingetragen, wonach eine Änderung der Kulturart nur mit Bewilligung der Volkswirtschaftsdirektion erfolgen darf. Ferner dürfen nach durchgeführten Güterzusammenlegungen die Grundstücke nicht stärker unterteilt werden, als dass sie immer noch mindestens dreissig Aren messen. Ausgenommen von dieser Bestimmung ist allerdings Bauland.
Durch einen kürzlich erlassenen Bundesratsbeschluss wird bestimmt, dass Handänderungen von landwirtschaftlichen Grundstücken genehmigungspflichtig sind. Der Preis der Grundstücke darf den Ertragswert um höchstens 30 % übersteigen. Dadurch wird die Spekulation weitgehend gedrosselt. Die Grösse der Grundstücke, deren Handänderung genehmigungspflichtig ist, wurde auf eine Jucharte herabgesetzt.
Alle diese Massnahmen bedeuten, sofern sie konsequent gehandhabt werden, einen weitgehenden Schutz des landwirtschaftlichen Bodens vor Zerstückelung, wodurch die Erhaltung zusammenhängender landwirtschaftlicher Zonen gefördert wird. Der Umstand, dass auch die Genehmigungspflicht für Handänderungen dahinfällt, wenn es sich um Bauland handelt, könnte zum Anlass genommen werden, eigentliche Bauzonen auszuscheiden. Diese würden das Gegenstück zu den Landwirtschaftszonen bilden.
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Die einfachste Uebersicht kann gegeben werden mit dem Verzeichnis der Abbildungen:
1  Bevölkerungszunahme im Kanton Zürich von 1836 bis 1941
2  Bevölkerungsdichte im Kanton Zürich im Jahre 1850
3  Bevölkerungsdichte im Kanton Zürich im Jahre 1941
4 u. 5 Gemeindepässe der Gemeinden Altikon und Uster (Bevölkerungsbewegung, Zahl der Haushalte, -Häuser, Steuern)
6  Hettlingen 1933
7  Hettlingen nach dem Ausbau der Hauptverkehrsstrasse
8  Oberwetzikon 1934
9  Oberwetzikon, Dorfplatz nach der Strassenkorrektion
10  Seestrasse beim Ritterhaus- Uerikon
11  Niederhasli
12  Das Wehntal
13  Zürichseeufer oberhalb Horgen
14  Isochronenstern von Winterthur
15  Unterschiede der Gesamtsteueransätze im Durchschnitt der Jahre  1931-1933 der um die Zentren Zürich, Winterthur, Bülach,Uster
und Rüti liegenden Gemeinden
16  Dasselbe für den Durchschnitt der Jahre 1941-1943
17  Region Winterthur-Pfungen-Henggart. Bestehender Zustand
18  Region Winterthur-Pfungen-Henggart. Vorschlag für Grundlagen einer Planung
19  Entwicklungsplan für die Regionalplanung im Zürcher Oberland
20  Isochronen der SBB-Linie Zürich-Uster-Hinwil
21  Erwerbstätige in Wetzikon 1930
22  Pfäffikersee
23  Gebiete mit in Kraft stehenden Verordnungen zum Schutze des Landschafts- und Ortsbildes im Kanton Zürich
24  Greifensee
25  Greifensee mit Gittermast
26  Freileitung des Elektrizitätswerks der Stadt Zürich längs dem  Greifensee
27  Rheinfall und Schloss Laufen
28  Der Rhein hei der Tössegg
29  Übersicht über die Gültigkeit der Bauvorschriften im Kanton Zürich
30  Elgg

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