Neujahrsblatt 1988, 190.Stück, 100 Seiten, 30 Bilder (with english captions)
Hydra
Pierre Tardent
 
Hydra Erläuterungen zum Umschlagbild
Die von Dino Rigoli für den Umschlag entworfene und gestaltete Collage ist eine Gegenüberstellung der Süsswasser-Hydra (rasterelektronenmikroskopische Aufnahme von R. Bänninger) mit der Hydra von Lerna aus der altgriechischen Mythologie. Die Darstellung des Kampfes von Herakles und Iolaos mit der Hydra (siehe Vorwort) entstammt einem Ausschnitt der Dekoration eines altgriechischen Gefässes (ca. 590 v. Chr.), das im Besitz des Antikenmuseums Basel ist.

Remarks concerning the cover
The cover which was designed and executed by Dino Rigoli is a confrontation of the freshwater hydra (SEM-picture by R. Banninger) with the mythological hydra of Lerna. The fight of Herakles and Iolaos against the hydra monster (see introduction) was copied from the decoration of a Greek vase (approx. 590 B.C.) which is owned and exhibited by the Antikenmuseum in Basle.
 

Zusammenfassung
Diese Broschüre stellt in monographischer, historische und aktuelle Aspekte berücksichtigender Form die in unseren Gewässern heimischen Polypen der Gattung Hydra vor. Diese dem Stamm der Cnidaria (Nesseltiere) angehörenden Organismen, die zentrales Forschungsobjekt des Verfassers sind, haben u.a. eine wissenschaftsgeschichtlich bedeutende Rolle gespielt. Ihr Entdecker, der Genfer Mathematiker Abraham Trembley (1710-1784), hatte sie zum Gegenstand von äusserst genauen Beobachtungen und wohldurchdachten Experimenten gemacht, deren Ergebnisse er in einer vielbeachteten Monographie (A. Trembley, 1744a) veröffentlichte. Dieses Werk berichtet nicht nur über aufsehenerregende Entdeckungen wie z.B. jene der vegetativen Vermehrung bei Tieren durch Knospung oder die des tierischen Regenerationsvermögens, sondern formuliert gleichzeitig in beispielhafter Weise Richtlinien für die Denk- und Arbeitsweise der modernen experimentellen Biologie.
Nach Trembley haben sich die Süsswasserpolypen und mit ihnen die Cnidaria in zunehmendem Mass der Gunst und Aufmerksamkeit der Zell- und Entwicklungsbiologen erfreut. Unter diesen ist vor allem August Weismann (1834-1914) zu erwähnen, dessen Keimbahntheorie sich weitgehend auf die Ergebnisse seiner zellbiologischen Untersuchungen an marinen Hydrozoen abstützt.
Diese Schrift, die als Standortbestimmung der Hydra-Forschung verstanden sein möchte, preist die Einfachheit des diploblastematischen Bauplanes dieser sich noch in einer «experimentellen Phase» der Metazoen-Evolution befindenden Organismen. Sie beschreibt Bau, Funktionen und Genealogie der wenigen, teils polyvalenten, teils hochspezialisierten (Nesselzellen) Zelltypen von Hydra und schenkt der Zelldynamik besondere Beachtung, die im Sinn eines Fliessgleichgewichts Gestalt und Grösse der Polypen garantiert und die als wesentliche Voraussetzung für deren somatische Unsterblichkeit zu werten ist. Das Kapitel «Fortpflanzung» geht auf die Herkunft und Reifung der Gameten sowie auf die Besonderheiten der Befruchtung ein, diskutiert die für die Geschlechtsbestimmung verantwortlichen Faktoren und erörtert die Vorteile, die der Wechsel zwischen sexueller Fortpflanzung und vegetativer Vermehrung in sich birgt.
Die morphogenetische Plastizität der Polypen, die sich in einem fast unbeschränkten Regenerationsvermögen zu manifestieren pflegt, bildet den Anlass für die Erörterung der zellulären Grundlagen dieser Reparationsprozesse sowie der morphogenetisch kompetenten Faktoren (Morphogene), welche die damit verbundene Musterbildung steuernd beeinflussen.
Das an Elementen arme Verhaltensrepertoire von Hydra wird dargestellt und mit deren primitivem neuromuskulärem System in Beziehung gebracht.
Zuletzt finden die auf und in Hydra häufig anwesenden Epibionten, Symbionten und Parasiten Erwähnung, und der Leser erfährt, wie er sich Hydren beschaffen kann und welche Massnahmen er bei deren Zucht zu treffen hat.

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