Neujahrsblatt 1991, 193 Stück, 52 S., 25 Bilder
25000 Jahre Gletschergeschichte
Gerhard Furrer
Riedgletscher Bild Riedgletscher
Der Riedgletscher oberhalb Grächen im Kanton Wallis hat während seiner Hochstandsphasen innerhalb des Postglazials hohe, das Gletschervorfeld eingrenzende Ufermoränenwälle sukzessive aufgebaut. Die im Gegensatz zu den steilwandigen Innenseiten flacher abfallenden Aussenseiten sind vegetationsbedeckt. Auf der linken Ufermoräne stocken in Kammnähe über eine kurze Distanz bis zu 820 jährige Lärchen, ein Zeichen dafür, dass der Riedgletscher während der Hochstände im Spätmittelalter und der Neuzeit den Moränenkamm nur knapp erreicht hat und den Wall an dieser Stelle nicht zu überschütten vermochte (Foto H. Holzhauser, September 1982).   (Taken from ca. E7°50'9", N46°9'12", 2300 m asl, heading 355°)
Zusammenfassung
Der würmzeitliche Rheingletscher stiess, aufgrund von radiocarbondatiertem organischem Material, das unter Moränen liegt zu schliessen, nach 25000 yBP über den Bodensee hinaus, an den Rhein im Kanton Zürich und ins Limmattal vor. Seine grösste Ausdehnung ist im Gelände mit Hilfe der Geomorphologie (z. B. Moränen, Schotterablagerungen, randglaziale Erscheinungen) fassbar. Dieser glaziale Formenschatz liegt in einem wenige Kilometer breiten Geländestreifen, dem «Eisrandkomplex». Zwei jüngere Eisrandkomplexe «Stein am Rhein» und «Konstanz» sind in der Nordostschweiz zu beobachten und belegen Unterbrüche im Eisabbauprozess.
Das «Bühl»-Stadium ist einerseits durch den ersten spätglazialen Wiedervorstoss der Lokalgletscher am Säntis und in den Churfirsten sowie im Vorarlberg gekennzeichnet, anderseits durch einen trägen Talgletscher, der im südlichen Abschnitt des St. Galler Rheintals in den Bodensee mündete.
Von dort an gegen das Alpeninnere, also nach dem ersten spätglazialen Gletscherstand des «Bühl»-Stadiums, lassen sich in den Tälern Graubündens, aber auch in allen andern Talschaften der Alpen bis nahe an die Endmoränen der historischen Neuzeit (u. a. 1850 A.D.) mehrere spätglaziale Gletscherstände anhand von Moränenwällen beobachten. Sie widerspiegeln eine schrittweise Höherlegung der Schneegrenze im Spätglazial.
Mit Hilfe von pollenanalytischen Auswertungen von Bohrungen in Moor- und Seeablagerungen lassen sich die egesenaequivalenten Gletschervorstösse der Jüngeren Dryaszeit, alle anderen älteren Vorstösse älteren Zeitabschnitten, vermutlich der Ältesten Dryaszeit, zuordnen. Das durch die schwindenden Eiszungen freigegebene Gelände wurde rasch von der Vegetation besetzt, und zwar zunächst durch gras- und krautreiche Pioniergesellschaffen, die nach 13000 Jahren vor heute vermehrt von Holzarten (Wacholder, Sanddorn, Weiden, Birken, Föhren) durchsetzt wurden. Seit dem Alleröd-Interstadial (vor rund 12000 Jahren) erfolgte die späteiszeitliche Wiederbewaldung der Vor- und Zentralalpen bis auf etwa 1600 m ü.M. Die mittels Pollenanalyse gewonnenen Resultate zur Vegetations- und Klimageschichte liefern einen bedeutenden Beitrag zur Gletschergeschichte und zur Eiszeitchronologie.
Die Gletscherschwankungen im Holozän, also der letzten rund 10000 Jahre, werden mit Hilfe von fossilen Böden in Wallmoränen und einst von Gletschern in Gletschervorfeldern überfahrenen Bäumen rekonstruiert. Um die allerjüngste Gletschergeschichte, jene der historischen Neuzeit, nachzuzeichnen, stützen wir uns auf alte Karten, Bild- und Schriftquellen sowie geländearchäologische Spuren. Daraus ergibt sich, dass unsere Gletscher in der Nacheiszeit mehrmals vorstiessen und dabei in der Regel die Ausdehnungen der neuzeitlichen Hochstände (17. und 19. Jahrhundert) nicht überschritten.
(yBP = years before present. Present = 1950 A.D.)
Animation nach diesem Neujahrsblatt und anderen Quellen:
Rheingletscher etc This scetch is not perfect. Please send modifications to the webmaster
Animation starts with Riss glaciation, but don't take then next 4 Pictures too serious, they are covering some 10 000 years. Only the path of river Rhine is known to be correct. Tectonics and erosion are missing.
Next pictures are starting at 20000 BP and ending 12000 BP + now.

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