Neujahrsblatt; Herausgegeben von der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich; Auf das Jahr 2002; 204. Stück
Ausgegeben am 31. Dezember 2001; ISSN 0379-1327

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«… nicht geschaffen 
für die Höhe»
Eine kurze Geschichte der Höhenmedizin 
in der Schweiz
E.Simons & O.Oelz
Elisabeth Simons und Oswald Oelz 

Zertifikat einer Montblanc-Besteigung (ca.1840, Charles Weibel) 

«… nicht geschaffen für die Höhe»
Eine kurze Geschichte der Höhenmedizin in der Schweiz

Elisabeth Simons und Oswald Oelz

Einleitung
Die moderne Höhenmedizin im engeren Sinne entstand erst, als viele Menschen zu schnell zu hoch gelangten und dabei krank wurden. Die ersten Berichte über die Folgen des Sauerstoffmangels in der Höhenluft, über Müdigkeit, Kopfschmerzen und Atemnot sind aber mehr als 2000 Jahre alt. Der Weg von der zufälligen Beobachtung zur gezielten Erforschung dieser Symptome war weit und verlief parallel mit der Entwicklung des Alpinismus. Die Siedlungsgrenze in den Alpen ist aufgrund klimatischer Bedingungen so tief, dass die Europäer seltener und später als die Bewohner Zentralasiens oder Südamerikas die Folgen des Sauerstoffmangels kennen lernten. Die ersten Eroberungen der hohen Alpengipfel brachte neben Ruhm und Ehre auch Kopfschmerz und Schwäche, was jedoch zunächst eher als Auszeichnung aufgefasst wurde. Erste Spekulationen zur Ursache dieser Erscheinungen gab es schon früh, aber zaghafte Versuche zur Aufklärung dieser Phänomene begannen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die sich dann entwickelnde Höhenphysiologie versuchte zwar die physiologischen Veränderungen des Organismus in der Höhe zu erforschen, beachtete aber Symptome und Therapie der Höhenkrankheiten ein weiteres Jahrhundert nicht. Der Boom der Bergsportarten förderte dann vermehrtes Interesse an der Höhenmedizin, so dass der Fortschritt dort genauso rasant wie auf anderen Gebieten der Medizin einkehrte. Innerhalb weniger Jahrzehnte gelangen wesentliche Beiträge zum Verständnis der Krankheitsursachen und zur Entwicklung von Vorbeugungs- und Therapiemöglichkeiten.


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"Kopfwehberge" im AT-Verlag (kein Link zum Buch möglich) von den gleichen Autoren 
 

1.   DAS KLEINE EINMALEINS DER BERGMEDIZIN
Zur Einführung in das Thema und als Ergänzung des historischen Teils folgt ein kleines ABC der Höhenmedizin, welches den heutigen Stand der Pathophysiologie, der klinischen Präsentation und der Therapie der höhenbedingten Erkrankungen zusammenfasst.

1.1 Akute Bergkrankheit
Fast alle Bergsteiger, die regelmässig in grössere Höhen aufbrechen, haben schon leichte bis mittelschwere Symptome der akuten Bergkrankheit am eigenen Leib erfahren. In den Alpen leiden in Höhen zwischen 2500 und 4000 m 5-20% der untersuchten Bergsteiger an akuter Bergkrankheit, über 4000 m 20-40%. Auch bei Trekking-Touristen in Nepal oder Südamerika findet man je nach Höhe eine Häufigkeit der akuten Bergkrankheit von 10-50%.
Unter akuter Bergkrankheit versteht man das Auftreten von Symptomen (Beschwerden) und körperlicher Veränderungen (Befunde), welche einige Stunden bis Tage nach Aufstieg oder Auffahrt auf Höhen über 2500 bis 3000 m auftreten oder wenn man von einer bereits erreichten Höhe auf eine grössere Höhe gelangt. Besonders empfindliche Personen können Anzeichen der akuten Bergkrankheit schon in Höhen über 2000 m aufweisen.
Alle Patienten mit akuter Bergkrankheit leiden unter Kopfweh, die akute Bergkrankheit ist so definiert und findet ihre stärkste Ausprägung im Gehirn, welches von allen Organen des Körpers am empfindlichsten auf Sauerstoffmangel reagiert. Die Schwere dieses Kopfwehs kann von leichtem Druck bis zu so peinigenden Schmerzen reichen, dass der Betroffene meint, der Kopf würde ihm zerspringen. Kopfweh am Abend, nach einem anstrengenden Bergtag in der Sonne, bedeutet nicht unbedingt akute Bergkrankheit, da sich dieses Kopfweh innert weniger Stunden verflüchtigen kann, während Kopfweh, das sich während der Nacht oder am Morgen entwickelt, charakteristisch ist für die akute Bergkrankheit. Gleichgültigkeit und übermässige Müdigkeit gehören ebenfalls zur akuten Bergkrankheit sowie Schwindel und Schlafstörungen. Viele Patienten klagen auch über Appetitverlust und Übelkeit.
Die Untersuchung eines Patienten mit akuter Bergkrankheit kann periphere Ödeme, also geschwollene Augen und/oder geschwollene Hände und Füsse zeigen und bei schwereren Fällen Gleichgewichtsstörungen. Wird ein solcher Patient aufgefordert, mit geschlossenen Beinen und geschlossenen Augen zu stehen, so schwankt er oder fällt eventuell sogar um. Er ist auch nicht in der Lage, ohne Stütze auf einer Linie zu gehen, wenn er die Ferse jeweils vor die Zehen setzen muss. Die Körpertemperatur solcher Patienten kann bis auf 38°C erhöht sein, diese Temperaturerhöhung bedeutet nicht, dass eine Infektionskrankheit vorliegt, sondern ist Teil der akuten Bergkrankheit.
Bei vernichtendem Kopfweh, Gleichgewichtsstörungen und beeinträchtigter Bewusstseinslage liegt eine Gehirnschwellung, ein Höhen-Hirnödem vor, die schwerste Ausprägung der akuten Bergkrankheit im Gehirn. Dieses ist Folge vermehrter Wassereinlagerung (Ödem) im Gehirn. Da das Gehirn im Schädelskelett eingebettet ist, kann es sich nicht ausdehnen. Dadurch steigt der Druck im Gehirn, der dann die Funktion des Gehirns beeinträchtigt. Wenn solche Patienten nicht sofort absteigen oder abtransportiert werden bzw. Sauerstoff erhalten und medikamentös behandelt werden, folgt bald Bewusstlosigkeit und Tod.

1.2 Höhen-Lungenödem
Patienten mit akuter Bergkrankheit haben ein erhöhtes Risiko, auch ein Höhen-Lungenödem zu entwickeln, welches die Manifestation der Bergkrankheit in der Lunge darstellt. Selten einmal kann ein Höhen-Lungenödem auch isoliert, also ohne Symptome von seiten des Gehirns, also Kopfweh usw., auftreten. Beim Höhen-Lungenödem wird durch den erhöhten Druck im Lungen-Kreislauf Blutwasser aus den Haargefässen der Lungen (den Kapillaren) ins Zwischengewebe und dann in die Lungenbläschen, die Alveolen, gepresst, wodurch die Sauerstoffaufnahme in der Lunge beeinträchtigt und schliesslich verunmöglicht wird. Die Patienten leiden zunächst unter vermehrter Atemnot bei körperlicher Anstrengung, d.h. sie bleiben hinter ihrer Gruppe zurück oder haben Mühe in der Hütte vom Parterre in den ersten Stock zu steigen. Im weiteren Verlauf kommt dann Atemnot in Ruhe dazu, welche besonders beim Liegen ausgeprägt ist. Aufsitzen und Stehen schaffen eine gewisse Erleichterung. Die Frequenz der Atemzüge, welche normalerweise maximal 20/Min. beträgt, ist erhöht, ferner besteht ein beschleunigter Puls. Die Patienten leiden an zuerst trockenem, später produktivem Husten, es wird also Schaum abgehustet, der manchmal Blutspuren zeigt. Bei Beginn des Höhen-Lungenödems können mit dem Stethoskop in der Lunge rasselnde Geräusche, also Rasselgeräusche, gehört werden, welche durch die Ansammlung des Wassers in den Lungenbläschen entstehen. Bei schwereren Formen des Höhen-Lungenödems kann dieses Rasseln auch ohne Stethoskop gehört werden, der Patient hustet schaumige Flüssigkeit aus seinen Lungen ab. Das Höhen-Lungenödem ist in den Alpen selten, immerhin aber müssen in den Schweizer Alpen jedes Jahr 10-20 Bergsteiger deswegen durch Flugrettungsorganisationen evakuiert werden. Bei Trekking-Touristen in Nepal wird eine Häufigkeit von 1-2% angenommen, bei Expeditionsbergsteigern ist sie höher, dies betrifft besonders die schweren Fälle mit tödlichem Verlauf.

Symptome und Befunde der akuten Bergkrankheit
Kopfweh Von leichtem Druck bis zu vernichtendem Schmerz.
Müdigkeit und/oder Schwäche: Leichte Müdigkeit und Schwäche bis zur völligen Unfähigkeit
irgendetwas zu tun.
Schwindel Milder Schwindel bis zur schweren Form, die das Aufstehen verunmöglicht.
Schlafstörungen: Leicht gestörter Schlaf bis zur völligen Unfähigkeit zu schlafen.
Magensymptome Eingeschränkter Appetit und leichte Übelkeit bis zur schwersten Übelkeit mit Erbrechen.
Veränderung der Bewusstseinslage: Gleichgültigkeit und Lethargie, Verwirrtheit, Antriebslosigkeit bis zur tiefen Bewusstlosigkeit.
Gleichgewichts-störungen: Schwierigkeiten bei Balance-Manövern, Unfähigkeit eine gerade Linie zu gehen bis zum Niederstürzen und Unfähigkeit zu stehen.
Periphere Ödeme Schwellungen um die Augen, Schwellungen der Hände und Füsse.
Erhöhte Körpertemperatur: Bis 38,5°C.

Symptome und Befunde des Höhen-Hirnödems
Kopfweh Vernichtendes Kopfweh, das nicht auf Aspirin und dergleichen anspricht.
Schwindel: Schwerer Schwindel.
Erbrechen, Gleichgewichtsstörungen, Lethargie, Benommenheit, Bewusstlosigkeit.

Symptome und Befunde des Höhen-Lungenödems
Atemnot Vermehrte Atemnot bei körperlicher Tätigkeit, Atemnot beim Liegen und in Ruhe bis zum Ersticken.
Husten Zunächst quälender trockener Reizhusten, dann zunehmend produktiver Husten mit schaumigem Auswurf und eventuellen Blutspuren.
Rasselgeräusche Zunächst nur mit dem Stethoskop feststellbar, später Rasseln, das die Atmung begleitet.
Zyanose Blaue Lippen, blau-graues Gesicht.

1.3 «Vorbeugung» der akuten Bergkrankheit auf natürliche Art
Die beste und sinnvollste Prophylaxe der akuten Bergkrankheit und des Höhen-Lungenödems ist der langsame Aufstieg, welcher eine gute Akklimatisation ermöglicht. Als Daumenregel wird empfohlen, in Höhen über 2500-3000 m die Schlafhöhe täglich um nicht mehr als 300 m zu steigern. Natürlich kann während des Tages höher aufgestiegen werden, entscheidend ist die Schlafhöhe. Beim Beachten dieser Regel sind die allermeisten Bergsteiger vor Bergkrankheit und Höhen-Lungenödem geschützt. Es handelt sich hier um einen Erfahrungswert, der die grösstmögliche Sicherheit bietet. Es gibt andere Empfehlungen wie Verschiebung der Schlafhöhe um 500 Höhenmeter pro Tag und pro tausend Höhenmeter eine Zusatznacht und dergleichen. Das Hauptproblem für die Aufstellung fixer Regeln liegt in den grossen individuellen Unterschieden bei der Akklimatisationsgeschwindigkeit und bei der Höhentoleranz. Jeder Bergsteiger muss deswegen seine individuelle Höhentauglichkeit selbst testen und daraus seine Regeln entwickeln. Zudem kann auch beim gleichen Bergsteiger die Höhentauglichkeit variieren, wenn zum Beispiel eine Erkältungskrankheit die Sauerstoffaufnahme in der Lunge beeinträchtigt. Guter Gesundheits- und Trainingszustand schützen nicht vor akuter Bergkrankheit und Höhen-Lungenödem. Gerade junge und fitte Bergsteiger sind besonders gefährdet, weil sie dazu neigen, zu schnell zu hoch hinaufzusteigen und die Warnsymptome der akuten Bergkrankheit nicht beachten. Leider besteht nach wie vor keine brauchbare Vorsorgeuntersuchung, um die Disposition für akute Bergkrankheit zu testen. Die wichtigste Regel für die Vorbeugung der akuten Bergkrankheit ist darum das aufmerksame Beobachten des eigenen Körpers und der Mut sich einzugestehen, dass man sich nicht wohl fühlt. Man muss also akzeptieren, dass man an akuter Bergkrankheit leidet und darf seine Unpässlichkeit nicht auf eine Magenverstimmung, einen Schnupfen, eine Grippe oder ähnliches zurückführen. «Wenn man sich in der Höhe nicht gut fühlt, so leidet man an akuter Bergkrankheit, es sei denn, man beweise eine andere Krankheit.» Dieser Satz des erfahrenen Bergmediziners David Shlim kann nicht genug betont werden. Daneben gibt es weitere von Shlim und Hackett entwickelte Regeln, die verhindern sollen, dass jemand an akuter Bergkrankheit stirbt:
1. Kenntnis und Akzeptanz der frühen Symptome der akuten Bergkrankheit: Der Bergsteiger oder Trekking-Tourist muss sich eine minimale Kenntnis der Symptome der akuten Bergkrankheit aneignen und auf diese Symptome achten. Dabei muss er auch die anderen Mitglieder seiner Gruppe eventuell kritisch im Auge behalten, da manchen die nötige Einsicht fehlt.
2. Steig nie auf eine grössere Schlafhöhe auf, wenn du an irgendwelchen Symptomen der akuten Bergkrankheit leidest: Wenn die Symptome einer auch leichten akuten Bergkrankheit bestehen, so darf nicht auf eine höhere Schlafhöhe aufgestiegen werden. Die natürliche Behandlung dieses Zustandes ist das Einschalten von einem oder zwei Rasttagen, üblicherweise gehen dann leichte Symptome vorbei und jetzt darf weiter aufgestiegen werden.
3. Du musst absteigen, wenn deine Beschwerden zunehmen, während du auf gleicher Höhe bist: Wenn Kopfweh, Übelkeit oder gar Erbrechen auf gleicher Höhe zunehmen, wird die Krankheit schlimmer, das Lungen- oder das Hirnödem kann innert Stunden eintreten und es muss deswegen unbedingt abgestiegen werden.
4. Lass nie einen kranken Bergsteiger allein: Es gehört an sich zu den Grundprinzipien zwischenmenschlichen Verhaltens, kranken Personen beizustehen und sie nicht allein zu lassen. Leider wurde und wird besonders heute auch gegen dieses Prinzip häufig verstossen, weil man seine Ferienreise nicht mit Warten auf Kranke beeinträchtigen will. Davon ausgenommen ist die lebensbedrohliche Situation in grosser Höhe, bei der ein Schwerkranker nicht mehr abtransportiert werden kann und der Begleiter absteigen muss, um das eigene Leben zu retten.

1.4 Prophylaxe der akuten Bergkrankheit mit Medikamenten
Bei besonders höhenempfindlichen Personen, die nicht auf den Bergsport verzichten wollen, oder bei Rettungsaktionen, die zu raschem Aufstieg zwingen, und schliesslich bei Touren wie am Kilimandjaro, wo innert fünf Tagen bis auf eine Höhe von 5900 m aufgestiegen wird (Terror des Zeitplans), empfiehlt sich die prophylaktische Einnahme von Diamox 125 bis 250 bis 500 mg einmal am Tag, vom ersten Tag der Höhenexposition bis zur Rückkehr ins Flachland. Diamox führt zu einer Ansäuerung des Blutes und dadurch zu einer gesteigerten Atmung. Dadurch wird die Sauerstoffversorgung des Organismus verbessert und damit die Leistungsfähigkeit. Symptome und Erscheinungen der akuten Bergkrankheit treten in geringerem Masse und in leichterer Form auf. Diamox führt zu einer vermehrten Wasserausscheidung durch die Nieren, deswegen muss in den ersten zwei Tagen mehr getrunken werden, zudem verursacht es Kribbeln und Ameisenlaufen. Diese Erscheinungen verschwinden nach Absetzen des Medikamentes. Die schwerste Nebenwirkung von Diamox: Das Bier schmeckt grausig, solang man Diamox schluckt.
Als Alternative zu Diamox kann das cortisonartige Präparat Dexamethason zwei- bis dreimal pro Tag in einer Dosis von 2-4 mg eingenommen werden.

1.5 Prophylaxe des Höhen-Lungenödems
Personen mit starker Disposition für die Entwicklung eines Höhen-Lungenödems sollten sich überlegen, ob sie nicht das Bergsteigen aufgeben wollen und sich einer anderen Sportart zuwenden. Falls sie dies nicht können, so ist als Prophylaxe die Einnahme des Kreislaufmittels Nifedipin (Adalat CR 30-60 mg einmal pro Tag) zu empfehlen. Wir haben in einer gut kontrollierten Studie gezeigt, dass dieses Medikament die Entwicklung eines Höhen-Lungenödems auch bei starker Disposition weitgehend verhindert.

1.6 Behandlung der akuten Bergkrankheit, des Höhen-Lungen- und -Hirnödems
Bei milder akuter Bergkrankheit wirkt am besten ein Rasttag, eventuell unterstützt durch ein leichtes Kopfwehmittel, sowie Diamox. Meist gehen dann die Beschwerden der akuten Bergkrankheit vorbei und es kann weiter aufgestiegen werden.
Bei schwerer akuter Bergkrankheit und Verdacht auf Höhen-Hirnödem besteht akute Lebensgefahr, der Patient muss sofort absteigen oder abtransportiert werden. So vorhanden, kann dies mit Sauerstoff mit einer Flussrate von 2-4 Litern/Minute unterstützt werden. Als Medikament hat sich Dexamethason bewährt, welches bei Erbrechen gespritzt werden muss. Die meisten Patienten erholen sich innert weniger Stunden etwas und können dann aus eigener Kraft absteigen. Der Überdrucksack kann diese Behandlung unterstützen und verschafft innerhalb kurzer Zeit eine deutliche Erleichterung.
Abstieg, Abtransport und Sauerstoff sind auch die entscheidende Therapie beim Höhen-Lungenödem. Falls der Abstieg wegen Lawinengefahr oder Wetterverhältnissen nicht möglich ist, empfiehlt sich die Behandlung mit Nifedipin (Adalat 10-20 mg sowie 20 mg ret. alle sechs Stunden). Auch diese Behandlung kann mit dem Überdrucksack unterstützt werden.
Der in äusserste Not geratene Bergsteiger, der nicht beurteilen kann, ob er an einem Hirnödem, einem Lungenödem oder beidem leidet, greift am besten zum Margherita-Cocktail, der in jeder Rucksackapotheke Platz finden sollte.

Notfallbehandlung der akuten Bergkrankheit und des Höhen-Lungen- und -Hirnödems
•  Milde akute Bergkrankheit (Kopfweh, Gleichgültigkeit, Appetitlosigkeit, Übelkeit und Schlaflosigkeit):
  1. Rasttag, Entspannung
  2. Aspirin, Panadol
  3. Diamox 500 mg einmal pro Tag

•  Schwere akute Bergkrankheit/Höhen-Hirnödem (schweres Kopfweh, das nicht auf Aspirin reagiert, Erbrechen, Schwindel, Gleichgewichtsstörungen, Bewusstseinstrübungen und Bewusstlosigkeit):
  1. Abstieg, Abtransport, Sauerstoff
  2a. Dexamethason 8 mg als Tablette oder intravenös gefolgt von Dexamethason 4 mg alle sechs Stunden oder
  2b. Prednison 50 bis 100 mg als Tabletten oder intravenös gefolgt von Prednison 50 mg alle acht bis zwölf Stunden
  3. Überdrucksack
Massnahme 2 und 3 können kombiniert werden.

•  Höhen-Lungenödem (Atemnot, rasselnde Atemgeräusche, Blauverfärbung des Gesichts, schnelle Atmung):
  1. Abstieg, Abtransport, Sauerstoff
  2. Adalat 10 bis 20 mg als Tablette sowie 20 mg retard gefolgt von Adalat 20 mg retard alle sechs Stunden
  3. Überdrucksack
Massnahme 2 und 3 können kombiniert werden.

•  Notfallsituation mit Hinweisen für schwere akute Bergkrankheit und Höhen-Lungenödem:
  1. Abstieg, Abtransport, Sauerstoff
  2. MARGHERITA-COCKTAIL
Dexamethason oder Prednison wie oben plus Adalat wie oben plus Diamox 500 mg
  3. Überdrucksack
Massnahme 2 und 3 können kombiniert werden.

Inhaltsverzeichnis
 
  Einleitung
7
1 Das kleine Einmaleins der Bergmedizin
7
1.1 Akute Bergkrankheit
7
1.2 Höhen-Lungenödem
8
1.3 «Vorbeugung» der akuten Bergkrankheit auf natürliche Art
10
1.4 Prophylaxe der akuten Bergkrankheit mit Medikamenten
11
1.5 Prophylaxe des Höhen-Lungenödems
12
1.6 Behandlung der akuten Bergkrankheit, des Höhen-Lungen- und -Hirnödems
12
2 Erste Schritte in die feindlichen Berge
13
2.1 Das Interesse an der Bergwelt erwacht
14
3 Seltsame Phänomene in den Alpen
16
3.1 hohe Berge - tiefer Barometerstand
16
3.2 Johann Jakob Scheuchzer - von Barometern und Drachen
17
3.3 Albrecht von Haller - Physiologie und Dichtung
20
3.4 Horace Bénédict de Saussure - bergkrank auf dem Montblanc
22
3.5 Krankheit oder Angst?
27
3.6 Johann Hegetschweiler - fieberhafte Zustände
29
3.7 Delaharpe und die Angsthasen
30
4 Erste Schritte zur Erforschung der Bergkrankheit
31
4.1 Conrad Meyer-Ahrens - eine Monografie schafft Ordnung
31
4.2 Henri-Clermond Lombard - Ansichten eines Epidemiologen
34
4.3 André -Louis Gosse - anthropologische Instruktionen
35
4.4 François-Alphonse Forel und der Temperaturanstieg
36
4.5 Paul Bert - die Höhenphysiologie entsteht
38
4.6 Harte Männer in den Alpenvereinen
39
5 Beginn der Feldforschung
40
5.1 Weniger Sauerstoff - mehr Erythrozyten
41
5.2 Ein Todesfall am Montblanc
42
5.3 Richtige Beobachtungen und falsche Schlüsse
46
5.4 Im Tragsessel auf das Breithorn
47
5.5 Kranke Bahnfahrer
49
5.6 Königin Margherita, Angelo Mosso und ihre Hütte
49
5.7 Nathan Zuntz - Akribie bei Bergwanderungen in der Schweiz
53
5.8 Arnold Dung - wie schnell denkt man in der Höhe
58
6 Höhenphysiologie und Klimatologie
61
6.1 Davos -Forschung für die Höhenkur
61
6.2 Jungfraujoch - Amphotonie in Kriegszeiten
66
6.3 Luftfahrtphysiologie und Kriegsvorbereitung
69
6.4 Training und Therapie im Alpenklima
70
7 Moderne Zeiten in der Hütte der Königin Margherita
71
7.1 Akute Bergkrankheit
73
7.2 Höhen-Lungenödem
73
7.3 Physiologie und Pathophysiologie
73
7.4 Die letzten Highlights
74
  Glossar
75
  Literatur
77
  Autorenadressen
81

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