![]() Paul Scherrer Institut (Westareal), Villigen, 2005 (Bild Luftwaffe Schweiz) Laser-Experiment mit myonischem Wasserstoff (Bild PSI) Experiment zur Konversion von Myonium zu Antimyonium (Bild PSI) |
Sponsoren Paul Scherrer Institut, Villigen und Physik-Institut der Universität Zürich |
Zusammenfassung
Vor zwanzig Jahren vereinigten sich das Schweizerische
Institut für Nuklearforschung (SIN) in Villigen und das Eidgenössische
Institut für Reaktorforschung (EIR) in Würenlingen zum Paul Scherrer
Institut (PSI). Dieses Jubiläum gab auch Anlass zu diesem Neujahrsblatt,
das einem grösseren Teilbereich des Forschungsspektrums dieses Instituts
des ETH-Bereichs gewidmet ist. Es wird versucht, aus der Sicht eines Teilchenphysikers,
eine Übersicht über die experimentelle Forschung am 590-MeV-Proton-Ringbeschleuniger
seit 1977 zu geben, unter spezieller Berücksichtigung jener Aspekte,
die wegen ihrer Präzision massgebend zur Entwicklung der Teilchenphysik
beitrugen.
Dank innovativen Beschleuniger- und Strahlführungskonzepten
ist der Proton-Beschleuniger am PSI zu einem der intensivsten der Welt
geworden, was - begleitet von kontinuierlicher Verbesserung der anspruchsvollen
Detektortechnologie - eine grosse Zahl von Experimenten durchzuführen
erlaubte, die wesentliche Aussagen über die fundamentalen Wechselwirkungen
und Eigenschaften der leichtesten stark wechselwirkenden Hadronen, der
Pionen, und der zweitschwersten, schwach und elektromagnetisch wechselwirkenden
Leptonen, der Myonen, machen konnten.
Diese Experimente bestätigen einerseits die Vorhersagen
des so genannten Standard-Modells der Teilchenphysik für die elektroschwachen
Wechselwirkungen der Pionen und Myonen und bestimmen mit hoher Präzision
die freien Parameter wie Massen und Kopplungsstärken. Andererseits
schränken sie durch die Untersuchung von im Standard-Modell verbotenen
oder äusserst seltenen Prozessen die Wahlmöglichkeiten für
über das Standard-Modell hinausgehende Theorien ein. In diesem speziellen
Bereich tun sie das unter Umständen sogar besser als dies mit Höchstenergiebeschleunigern
möglich ist. Im Bereich der starken Wechselwirkungen, die im Standard-Modell
durch die Quantenchromodynamik beschrieben werden, bestätigen sie
ebenfalls die Modellvorstellungen bei niederen Energien und bestimmen mit
guter Genauigkeit wichtige freie Parameter.
Die über die Jahre hinweg erkannten und weiter entwickelten
Anwendungen der Pion- und Myon-Strahlen in Atom-, Festkörper- und
Kernphysik werden ebenfalls im Prinzip und an einigen Beispielen erläutert.
Einleitend wird auch kurz auf die Ausgangssituation in
den 1960er Jahren eingegangen, die schliesslich zur Realisation von drei
verschiedenen Mesonenfabriken, d.h. Beschleunigern, die Pion- und Myon-Strahlen
höchster Intensität erlauben, in den USA, in Kanada und in der
Schweiz führte. Die Eigenschaften der drei Forschungszentren werden
verglichen, wobei die einzigartigen Charakteristiken der PSI-Beschleuniger
hervorgehoben werden. Die Inbetriebnahme dieser Forschungseinrichtungen
definierte ein neues Forschungsfeld, die Physik bei mittleren Energien,
die auch der Forschung in der Teilchenphysik an den Schweizer Hochschulen
enorme Impulse gab.
Die experimentelle Kunst steht in diesem Artikel im Vordergrund,
wobei natürlich den für die Interpretation und Zielsetzung der
Experimente notwendigen theoretischen Modellvorstellungen trotz der gebotenen
Kürze die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt wird.
Schlagwörter: Beschleuniger - Mesonenfabriken - Mittelenergiephysik -Myon - Paul Scherrer Institut - Pion - Präzisionsexperimente - Standard-Modell - Teilchenphysik - Zyklotron
Key words: Accelerator - cyclotron - medium energy physics - meson factory - muon - particle physics - Paul Scherrer Institute -pion - precision experiments - Standard Model
Inhaltsverzeichnis
1 | EINLEITUNG | 11 | |
1.1 | Mittelenergiephysik | 12 | |
1.2 | Pionenfabriken | 16 | |
2 | PSI-BESCHLEUNIGER | 23 | |
2.1 | Vorbeschleuniger | 23 | |
2.2 | 590-MeV-Beschleuniger | 26 | |
3 | EXPERIMENTELLE EINRICHTUNGEN | 28 | |
3.1 | Sekundärstrahlen für Pion- und Myon-Experimente | 30 | |
3.2 | Spektrometer | 34 | |
3.3 | Targets | 38 | |
4 | TEILCHENPHYSIK: ELEKTROSCHWACHE WECHSELWIRKUNGEN | 41 | |
4.1 | Einleitung | 41 | |
4.2 | Pion-Zerfall | 43 | |
4.3 | Myon-Zerfall | 46 | |
4.3.1 | Lebensdauer, magnetisches Moment und Masse | 47 | |
4.3.2 | Tests der Symmetrie-Eigenschaften | 51 | |
4.4 | Seltene Pion- und Myon-Zerfälle | 53 | |
4.5 | Erhaltung der Leptonen-Zahl | 55 | |
4.5.1 | Verbotene Myon-Zerfälle | 57 | |
4.5.2 | Myon-Elektron- und Myonium-Antimyonium-Konversion | 59 | |
4.6 | Myon-Einfang | 63 | |
5 | TEILCHENPHYSIK: STARKE WECHSELWIRKUNGEN | 66 | |
5.1 | Pion-Nukleon-Streuung | 67 | |
5.2 | Nukleon-Nukleon-Streuung | 76 | |
6 | PHYSIKALISCHE ANWENDUNGEN | 82 | |
6.1 | Atomphysik - exotische Atome | 83 | |
6.1.1 | Pionische und myonische Atome | 83 | |
6.1.2 | Myonium | 87 | |
6.1.3 | Durch Myonen katalysierte Fusion | 88 | |
6.2 | Pion-Kern-Wechselwirkungen | 90 | |
6.3 | Materialforschung | 94 | |
6.3.1 | Synchrotronstrahlung | 94 | |
6.3.2 | Neutronen | 95 | |
6.3.3 | Myonen | 98 | |
7 | VERDANKUNGEN | 103 | |
8 | ANHANG: HINWEISE ZU BEGRIFFEN AUS DER TEILCHEN-PHYSIK | 106 | |
9 | LITERATUR | 115 |