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Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich

2001 146. Jahrgang   
Burga,C.A. und Klözli, F. Editorial (kein Abstract)

1: 1-2 

Gallandat, J.-D., Hainard, P., Hegg, O. und Klözli, F. Vegetationskunde in der Schweiz
(kein Abstract)

1: 3-6

Mutter, R.J.  "Colobodus", ein Potpourri grösserer Fische aus der europäischen Trias

1: 7-14

Dünnschliffherstellung - fossile Knochenfische - Ganoidschuppe - Histologie - Monte San Giorgio -Morphologie - Systematik Zahlreiche, zum Teil hervorragend erhaltene Knochenfischreste aus der Mitteltrias des Monte San Giorgio -etikettiert mit der provisorischen Bezeichnung "Colobodus" - sind vor allem im Paläontologischen Institut und Museum der Universität Zürich aufbewahrt. Diese Gruppe grosswüchsiger ausgestorbener Breitwangenfische (Perleidiformes) ist besonders interessant, da sie ein intermediäres Evolutionsstadium zwischen ursprünglichem und fortschrittlichem Fischbauplan verkörpert.
Die Gattung Colohodus wurde ursprünglich auf einem Bezahnungsfragment begründet. Die oben erwähnten Reste wurden im Hinblick auf die Systematik und ihre phylogenetischen Beziehungen zunächst morphologisch-taxonomisch untersucht. Dabei hat der Bau der Schuppen besonders wichtige Kriterien geliefert. Histologische Untersuchungen dokumentieren das Wachstum dieser ursprünglichen Strahlenflosser-Ganoidschuppen. Die ersten Ergebnisse werden hier kurz zusammengefasst.
Weggler, M. und Widmer, M.  Brutvögel im Kanton Zürich - Status und Bestandsveränderung 1986/88 - 1999/00

1: 15-28

Bestand - Bestandsentwicklung - Monitoring - Populationsschätzung Wir beurteilen den Status aller Brutvogelarten im Kanton Zürich und dokumentieren die Veränderungen von Verbreitung und Bestand zwischen 1986/88 und 1999/00. Grundlage für die vorliegende Neubeurteilung ist eine Zweitkartiemng aller Brutvogelarten elf Jahre nach der Erstkartierung von 1986/88 auf 154 repräsentativ ausgewählten Stichprobenflächen sowie die seit 1993 gesammelten Daten des AvimonitoringProjekts des Zürcher Vogelschutzes ZVS. Seit dem Abschluss der letzten umfassenden Bestandserhebung 1986/88 sind im Kanton Zürich 142 verschiedene Brutvogelarten nachgewiesen worden. Sieben Arten (Schwarzhalstaucher, Rostgans, Gänsesäger, Wanderfalke, Flussseeschwalbe, Wiesenpieper und Schwarzkehlchen) haben sich neu- bzw. wieder als Brutvögel angesiedelt, fünf Arten (Uhu, Bergpieper, Steinschmätzer, Schwarzstim- und Rotkopfwürger) sind im gleichen Zeitraum als Brutvögel verschwunden. Insgesamt 117 Arten (ohne Neuansiedler) haben regelmässig und alljährlich gebrütet. Weitere 18 Arten brüteten nur unregelmässig oder sporadisch. Von 57 weit verbreiteten und häufigen Arten nahmen im Zeitraum zwischen 1986/88 und 1999 deren 20 in mindestens einem Lebensraum (Kulturland, Siedlung oder Wald) in ihrem Bestand zu, 19 Arten nahmen ab, der Bestand von 17 Arten blieb konstant, und eine Art zeigte in verschiedenen Lebensräumen eine uneinheitliche Bestandsentwicklung.
Möller, A.  Das Verhältnis von Naturphilosophie und Psychiatrie im Werk Eugen Bleulers

1: 29-34

Eugen Bleuler - Ethik - Euthanasie - Mnemismus - Naturphilosophie - Willensfreiheit Es werden Schriften aus verschiedenen Schaffensperioden Eugen Bleulers vorgestellt, die auf sein stets strikt naturwissenschaftliches Weltbild schliessen lassen. Erkennbar ist ein Bemühen um Integration scheinbar unvereinbarer, beziehungslos nebeneinander stehender biologischer und psychologischer Konzepte. Bleuler greift in diesem Zusammenhang auf eine vor ihm bereits (insbesondere durch Arbeiten von R. SEMON) systematisch entwickelte Theorie zurück. Diese als biogenetisch-vitalistisch zu umschreibende Theorie des Mnemismus geht davon aus, dass alles organische Leben - unabhängig von der an das Vorhandensein von Bewusstsein gebundenen Möglichkeit selbstreflexiver Bezugnahme - aus Erfahrungen zu "lernen" und dieses Erfahrungswissen an folgende Generationen weiterzugeben vermag. Reiz-Reaktions-Muster werden im Sinne dieser Theorie als Gedächtnisinhalt gespeichert (engraphiert) und unter ähnlichen situativen Bedingungen reaktiviert (ekphoriert). 1936 hat sich BLEULER mit Fragen einer "neuen", naturwissenschaftlich fundierten Ethik auseinandergesetzt. In seinem sich von religiösen und philosophischen Traditionen abgrenzenden, ausdrücklich "naturwissenschaftlichen" Verständnis von Ethik kommt der Vorstellung von sozialer Zweckhaftigkeit grosse Bedeutung zu, die als allgemeines Naturprinzip gleichermassen in der Tierwelt erkennbar sei. Den ethischen "Instinkt" sieht Bleuler als angeboren; sein Fehlen charakterisiert das schon in seinen Frühschriften thematisierte Bild der "moralischen ldiotie". Es werden Aussagen Bleulers zu Fragen der Euthanasie vorgestellt; weiterhin wird versucht, aus den Texten auf ein zugrundeliegendes Weltbild des Verfassers zu schliessen. Auch in diesem Themenzusammenhang ethischer Fragen lässt sich zeigen, dass der ältere Bleuler kaum durch Sichtweisen der Psychoanalyse beeinflusst wurde.
Elias Landolt Orchideen-Wiesen in Wollishofen (Zürich)- ein erstaunliches Relikt aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts

2-3: 41-51

Keywords: Artenreichtum - Flachdächer - Magerwiesen - Orchideen - Naturschutzgebiet - Zürich Auf den Flachdächern der Filteranlagen Moos in Wollishofen (Zürich) sind seit 1914 magere artenreiche Wiesen entstanden. Diese umfassen eine etwa 3 ha grosse Fläche mit 175 Pflanzenarten, darunter 9 Orchideen und zahlreiche weitere im östlichen Mittelland gefährdete und seltene Arten. Besonders eindrücklich sind die rund 6000 Individuen von Orchis morio (Kleine Orchis), eine Art, die sonst in der Stadt Zürich nirgends mehr vorkommt. Die Wiesen widerspiegeln den Arten- und Blumenreichtum, wie er noch anfangs des 20. Jahrhunderts in landwirtschaftlich genutzten Gegenden des Mittellandes verbreitet war. Um diesen Reichtum langfristig zu erhalten, wird ein kantonaler Schutz vorgeschlagen.
Walter Keller Auf der Suche nach Zeigerpflanzen historisch alter Waldflächen

2-3: 53-63

Keywords: Artenschutz - Eichen-Hainbuchenwälder - alte Karten - Kulturspuren Sind jahrhundertealte Waldflächen artenreicher als rezente und weisen sie eigene Arten auf? Wir klären die Frage für die kleinräumig gegliederte Schweiz anhand von Vegetationsaufnahmen aus dem Kanton Schaffhausen. Danach sind hier neu begründete Wälder binnen weniger Jahrzehnte mit Waldpflanzenarten besiedelt, so dass sie sich im Artenspektrum von historisch alten Wäldern nicht signifikant unterscheiden.
Conradin A. Burga, Roger Perret, und Heinrich Zoller Früh nachgewiesene holozäne Klimaschwankungen in der Schweiz - Charakterisierung und Aussagewert

2-3: 65-74

Keywords: Holozäne Klimaschwankungen - Klimasignale - Pollenanalyse - Vegetationsänderungen - Hypsithermal - Schweizer Alpen Dieser Beitrag gibt einen Überblick zu Lokalitäten in den Schweizer Alpen, wo bereits früh holozäne Klimaschwankungen mittels pollenanalytischen Untersuchungen nachgewiesen wurden. Für Zeitbereiche, die älter als schriftliche und bildliche Quellen sind, liefern natürliche Archive, wie Moorbildungen und Seesedimente, in unterschiedlicher Qualität der Signale und zeitlichen Auflösung Informationen über frühere Klimaverhältnisse. Mit Hilfe von Pollen- und Makrofossilienanalysen wurden bereits in den Fünfziger- und Sechzigerjahren des 20. Jahrhunderts postglaziale Klimaschwankungen erkannt. Diese manifestieren sich in den meisten Fällen durch Auflichtungen der Gebirgswälder (Rückgang von Weisstanne [Abies alba], Fichte [Picea abies], Lärche [Larix decidua], Bergföhre [Pinus mugo) und/oder durch Ersetzung durch Sträucher (Wacholder [Juniperus communis], Sanddorn [Hippophae rhamnoides], Weiden [Salix spec.], Grünerle [Alnus viridis], Heidekrautgewächse [Ericaceae], Heidekraut [Calluna vulgaris], Krähenbeere [Empetrum nigrum]) oder durch markante Zunahme der NBP- Werte (Süssgräser [Poaceae], Sauergräser [Cyperaceae], Rosengewächse [Rosaceae], Nelkengewächse [Caryophyllaceae], Wermut [Artemisia], Ampfer/Säuerling [Rumex/Oxyria-Typ], Alpenwegerich [Plantago alpina], Weidenröschen [Epilobium] usw.).
Nach einer kurzen Charakterisierung der jeweils lokal nachgewiesenen Klimaschwankung werden folgende Aspekte kritisch betrachtet:
• Stratigraphischer Zusammenhang der Fundstelle mit Ablagerungen früherer Gletscherstände
• Art der Feldbefunde und deren Qualität zur Rekonstruktion des Paläoklimas
• Ausmass der Vegetationsänderungen in den betreffenden Höhenstufen
• Hinweise zum mittelholozänen Wärmeoptimum ("Hypsithermal") in den Schweizer Alpen
Heinz Joss 350 Jahre Rechenschieber, und was die Region Zürich dazu beigetragen hat

2-3: 75-82

Keywords: Abakus - Datenschieber - Gunter's scale - Logarithmen - Proportionalzirkel - Rechenscheibe -Rechenstab - Rechentafel - Rechenwalze Der Rechenschieber, meist in den Bauformen Rechenstab, -scheibe und -walze, war während rund 350 Jahren das verbreitetste Rechengerät, bis ihm in den 1970er-Jahren der Elektronenrechner ein abruptes Ende bereitete. Der Artikel zeigt die Entwicklungsgeschichte des Rechenschiebers, seine Bauformen, seine Skalensysteme und seine geographische Verbreitung im Zeitverlauf, um dann die Beiträge der Region Zürich auf dem Gebiet des Rechenschiebers zu beschreiben.
Beides, die allgemeine Entwicklung des Rechenschiebers und die zürcherischen Beiträge in der Marktnische der Rechenwalzen und -scheiben sind weitgehend unbekannt.
Buchbesprechungen  
Landolt Elias, (2001) Flora der Stadt Zürich (1984-1998) mit Zeichnungen von R.Hirzel

2-3: 40

Kaul, R. (2000) Johanniskraut: Botanik, Inhaltsstoffe, Qualitätskontrolle, Pharmakologie, Toxikologie und Klinik

2-3: 52

Rülicke, Th. (2001) Transgene, Transgenese, transgene Tiere: Methoden der nicht homologen DNA-Rekombination

2-3: 64

Heinrich Bührer Der Internet-Auftritt der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich: www.ngzh.ch

4: 85-86

  Die Naturforschende Gesellschaft in Zürich betreibt seit April 2000 eine Internetseite unter der Adresse www.ngzh.ch mit ihrem Vortragsprogramm und ihrer Schriftenreihe, wobei auch Zusammenfassungen publiziert sind.
Jean-Pierre Burg Die stehende und wachsende Göttin des Tibet Himalajas: Das Namche-Barwa-Gebirge

4: 87-93

Key words: Exhumation - krustale Antiklinale - Migmatite - radiometrische Datierung - Spaltspur-Datierung -Yalu Tsangpo Sutur Geologische Beobachtungen am östlichen Ende des Himalaja-Gebirges zeigen, dass die Sutur zwischen der indischen und asiatischen Platte gefaltet ist. Die metamorphen Gesteine, die zum indischen Subkontinent gerechnet werden, treten strukturell unter der Sutur, nämlich im Kern einer regionalen Antiklinale, auf. Die Isotopen und Spaltspur-Datierungen dokumentieren eine Abkühlung (d.h. Übung und Exhumation) der Gesteine aus ca. 30 km Tiefe, und zwar nur innerhalb der letzten 4 Mio. Jahre. Diese sehr schnelle Exhumation von durchschnittlich ca. 10 mm/Jahr, in den Alpen beträgt sie zum Vergleich heute nur ca. 1 mm/Jahr, wird auch heute noch durch die Faltung auf krustalem Massstab und an der Oberfläche durch Erosion begleitet.
Hanspeter Holzhauser Der Vorstoss des Gornergletschers von 1791 bis zum Hochstand um 1859 im Spiegel historischer Bild- und Schriftquellen

4: 95-104

Key words: Dendrochronologie - Gletschergeschichte - Historische Dokumente - Klima Das Auswerten von historischen Bild- und Schriftquellen ist eine wichtige Methode, um neuzeitliche Zungenlängenänderungen der Alpengletscher zu rekonstruieren. Vom Gornergletscher liegt hochwertiges Bild- und Schriftmaterial vor, das eine genaue Rekonstruktion der lang andauemden, mehr oder weniger kontinuierlichen Vorstossphase im 19. Jahrhundert erlaubt. Anders als bei vielen Alpengletschern, die bereits um 1820 hochstandsähnliche Ausmasse annahmen, erreichte der Gornergletscher seine Maximalausdehnung im 19. Jahrhundert erst um 1859. Innerhalb einer Zeitspanne von rund 60 Jahren stiess dieser Gletscher um rund 600 m in Kulturland vor und zerstörte dabei Dutzende von Alpgebäuden und einzelne Wohnhäuser. Das dendrochronologisch ermittelte Baujahr eines Stalles, der innerhalb des Vorfeldes gestanden hatte und vom Gletscher erfasst wurde, weist darauf hin, dass der Gornergletscher von 1696/97 an bis zu Beginn der Vorstossphase im 19. Jahrhundert relativ klein war.
André Grundmann Vegetationskundliche Betrachtungen im Gelände des Goldauer Bergsturzes. Ein Exkursionsführer.

4: 105-114

Key words: Bergsturzlandschaft - Waldentwicklungsstufen - Vegetations-Mosaik - Bergsturzblöcke Im Gelände des Goldauer Bergsturzes haben sich verschiedene Vegetationskomplexe entwickelt. Die Waldentwicklungsstufen reichen von pionierartigen Bergföhrenhainen bis zu gut entwickelten Laubwaldbeständen. Auf Blöcken stockt ein Mosaik aus Sträuchern, Kräutern, Gräsern und Moosen. Im angrenzenden Riedgebiet sind Gesellschaften nasser Standorte vorhanden. Dieser Exkursionsführer gibt dem Besucher des Bergsturzgeländes einen kurzen Überblick über Arten und Vegetationseinheiten.


2000 145. Jahrgang  
Hölzle,M. Dischl, M. und Regula Frauenfelder Weltweite Gletscherbeobachtung als Indikator der globalen Klimaänderung 5-12 (1)
Gletscherschwankungen liefern wichtige Informationen über die Veränderungen der Energieflüsse zwischen Erde und Atmosphäre. Erkennbar sind vor allem allfällige Beschleunigungstendenzen und Informationen über die vorindustrielle natürliche Variabilität. Im Hinblick auf die Erfassung von klimatischen Veränderungen eignen sich Massenbilanzen als relativ unverzögertes Signal sowie Längenänderungen als verzögertes und gefiltertes Signal. Diese Variablen werden in internationalen Programmen auf verschiedenen Gletschern weltweit beobachtet und im internationalen Dienst des "World Glacier Monitoring Service" mit Sitz in Zürich analysiert und publiziert. Der an verschiedenen Gletschern weltweit direkt gemessene mittlere jährliche Massenverlust von 1980-1995 beträgt ca. 0,3 m Wasseräquivalent pro Jahr. Der Massenverlust in den Jahren 1996 und 1997 war mit ca. 0,4 m Wasseräquivalent pro Jahr wiederum bedeutend höher als das Mittel von 1980-1995 sowie auch höher als die ca. 0,25 m Wasseräquivalent pro Jahr für den Zeitraum von 1900 bis heute, welche auf der Basis von Längenänderungsdaten berechnet wurde.
Wyssling, G und J. Eikenberg Die Höllgrotten bei Baar (Kanton Zug). Entstehungsgeschichte und Altersbestimmungen an Quelltuffen 13-30(1)
  Die Höllgrotten, ein Höhlensystem in einem mächtigen postglazialen Quelltuffkörper bei Baar/ZG, gehören zu den meistbesuchten Schauhöhlen der Schweiz. Neue regionale hydrogeologische Untersuchungen im Einzugsgebiet der Höllgrotten-Quellen, sedimentologische Untersuchungen in den Höhlen sowie radiometrische Altersbestimmungen am Quelltuff (230Th/234U and 226Raex/234U) ermöglichen erstmals die Darstellung der Entstehungsgeschichte und des zeitlichen Ablaufs der Quelltuff- und der Höhlenbildungen in Abhängigkeit der nacheiszeitlichen Klimaverhältnisse. Die Entstehung des Tuffvorkommens und die Höhlenbildung fällt in das postglaziale Wärmeoptimum (Hypsithermal) zwischen 8500 und 5500 Jahre vor heute und steht in direktem Zusammenhang mit der Moorentwicklung im Einzugsgebiet der sehr ergiebigen Quelle, welche den Quelltuff der Höllgrotten abgesetzt hat. Die Tropfsteinhöhlen der Höllgrotten entstanden vor 6000 bis 5000 Jahren im Bereich einer steil abfallenden Böschung zum Lorzetobel, unter überhängenden Geländepartien und in nischenartigen Höhlungen. Dort ausfliessendes kalkreiches Quellwasser bildete Moostuffvorhänge, deren ausgedehntes Wachstum dazu führte, dass die dahinter verbleibenden Hohlräume schliesslich mit einem soliden Vorbau aus Quelltuff vollständig umschlossen wurden. In den derart abgeschlossenen Hohlräumen kam es dann zur Ausscheidung von feinkristallinem Kalksinter, dem sogenannten Travertin. So bildeten sich je nach äusseren Um ständen die verschiedenartigsten Tropfsteinhöhlen. Die oberen Höhlen (Zauberschloss, Nadelgrotte, Bärengrotte und Wurzelgrotte) entstanden in Bereichen unter überhängenden zu Nagelfluh verkitteten Partien des Lorze-Schotters. Die unteren Höhlen (Feengrotte, Korallenschlucht, Adlergrotte, Dom und Traubengrotte) bildeten sich unter Überhängen aus Quelltuff, welche vor ca. 6000 Jahren am Fuss des Quelltuff-Kegels durch unterhöhlende Erosion der Lorze geschaffen worden waren. Das Gesamtvolumen der nacheiszeitlich entstandenen Quelltuffablagerungen betrug ursprünglich rund 200 000 m3. Da sich dieses Material zu vorzüglichen Bausteinen verarbeiten liess, setzte in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts ein grosszügiger Abbau ein, in dessen Verlauf die ersten Tropfsteinhöhlen entdeckt wurden (1863). Für die Nachwelt ist es als ein Glücksfall zu bezeichnen, dass der damalige Eigentümer den Abbau im letzten noch nicht ausgebeuteten Abschnitt des Tuffkörpers einstellen liess und die Erkundung weiterer Grotten förderte, so dass schliesslich die ganze Höhlengruppe durch Anlegen eines verbindenden Rundganges für Besucher gut zugänglich gemacht werden konnte.
Stössel, Iwan Frühe Tetrapoden: Kontroverse Spurenfossilien 31-40 (1)
  Die Eroberung des Festlandes durch die Wirbeltiere gilt als eines der Schlüsselereignisse der Evolution. Seit einigen Jahren mussten die älteren Modelle, die diesen Evolutionsschritt veranschaulichen und ausschliesslich auf das grönländische Fossil Ichthyostega abstützen, aufgrund zahlreicher neuer Erkenntnisse grundsätzlich überarbeitet werden. Statt mit einem einfachen linearen Wasser-Land-Übergang ist man heute mit einem Mosaik von evolutiven Experimenten konfrontiert, die sich aber nur schwer in eine zeitliche oder gar kausale Beziehung bringen lassen. Spurenfossilien liefern in dieser Diskussion einen wichtigen, aber meist sehr kontroversen Beitrag.
Diese Kontroversen werden hier am Beispiel des bis anhin umfangreichsten Fundes devonischer Fährten aufgezeigt. Dieser rund 385 Millionen Jahre alte Fund aus Südwestirland scheint zu zeigen, dass die Fähigkeit zur tetrapoden-artigen Fortbewegung älter als die ältesten bekannten Knochenfunde von Tetrapoden ist. Die Fährten zeigen zudem, dass das Fährtentier sich zumindest in einem semi-terrestrischen Milieu fortbewegen konnte. Sie bezeugen damit einen Modus der Fortbewegung, zu dem die ersten bekannten Tetrapoden aufgrund ihres Skelettes eigentlich noch gar nicht fähig gewesen sein können.
Dieter Späni Jugendpreis der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich (1999): Severin Walser 45-46 (1)
  Ausgehend von den Bernoullischen Zahlen und einem Kapitel der "Ars Conjectandi" von Jacob Bernoulli entwickelte der Preisträger neue eigene Ideen, die schliesslich zu einer auf die Stirlingschen Zahlen abgestützten Rekursionsformel für die Potenzsummenpolynome führten.
Laudatio: Der von der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich für besondere naturwissenschaftliche Arbeiten der Zürcher Jugend gestiftete Preis von Fr. 500.- wurde 1999 Severin Walser für seine hervorragende, am Realgymnasium der Kantonsschule Rämibühl Zürich ausgeführte Semesterarbeit "Über die Potenzsummenpolynome" zuerkannt in Würdigung des hohen mathematischen Niveaus, der ausgezeichneten Darstellung und der bemerkenswerten Eigenständigkeit.
Zürich, 27. Januar 2000 Naturforschende Gesellschaft in Zürich
Straumann, Norbert Das Rätsel der kosmischen Vakuumenergiedichte und die beschleunigte Expansion des Universums 49-56 (2/3)
  Das kosmologische Glied ist - seit seiner Einführung durch Einstein und dessen Verwerfung im Anschluss an die Entdeckung der Hubble-Expansion - schon mehrfach wiederbelebt und abgelehnt worden. Astronomische Beobachtungen in jüngster Zeit sprechen nun deutlich für eine positive kosmologische Konstante und damit für eine beschleunigte Expansion des Universums. Teilchenphysiker und Astronomen reagieren auf diesen Befund in ganz unterschiedlicher Weise.
Isaak Schipper Refraktive Chirurgie: Leben ohne Brille - Wunsch und Wirklichkeit 57-63 (2/3)
  Die refraktive Chirurgie am Auge dient der Behandlung von «Refraktions»anomalien, d. h. von Kurz- und Weitsichtigkeit. Es ist ihr Ziel, eine gute Sehschärfe ohne, bzw. mit viel schwächeren Brillen zu ermöglichen.
Die Operationen können entweder auf der Hornhaut oder im Augeninnern mittels Kunstlinsen durchgeführt werden.
Die Lasik (Laser-in-situ-Keratomileusis) ist heute die gebräuchlichste Methode. Dabei wird die Hornhautoberfläche lappenförmig wegpräpariert, zur Seite geklappt, das darunter liegende Hornhautgewebe entsprechend der zu korrigierenden Fehlsichtigkeit mit dem Excimer-Laser abgetragen und der Lappen wieder zurückgelegt.
Kunstlinsen sind v.a. für höhere Grade von Fehlsichtigkeit geeignet. Sie können hinter - oder vor der Regenbogenhaut eingepflanzt werden. Bei hoher Kurzsichtigkeit wird die eigene Linse in bestimmten Fällen mitentfernt.
Für die Korrektur einer schwächeren Kurzsichtigkeit ist das Einführen eines Plastikringes in die Hornhaut eine gute Alternative zur Laserbehandlung. Eine leichte Weitsichtigkeit kann mittels Holmium-Laser-Koagulation der Hornhautperipherie behandelt werden.
Rene Hantke, Gerhart Wagner, Willi Schatz und Heinrich Seitter Präglaziale Florenrelikte im Rigi- und Brienzer Rothorn-Gebiet 65-85 (2/3)
Die höchsten südexponierten Bereiche des Brienzergrates und des Rigi-Gebietes waren in den pleistozänen Kaltzeiten im Sommer schneefrei und boten kälteresistenten Pflanzen Überlebenschancen. Heutige Arten, die das Gebiet vermutlich seit dem Jungtertiär ununterbrochen besiedelt haben, bezeichnen wir als präglaziale Florenrelikte. Bei zwei Arten mit isoliertem Vorkommen am Brienzer Grat - Ranunculus seguien VILL. (Seguiers Hahnenfüss) und Papaver occidentale (MARKGRAF) HESS & LANDOLT (Westlicher Alpenmohn) - muss die Reliktnatur fast zwingend angenommen werden.
Um nach weiteren Arten zu fahnden, die als solche Relikte in Betracht fallen können, nahmen wir auf zahlreichen Exkursionen die heutige Pflanzenwelt möglichst vollständig auf. Die Liste wurde für beide Gebiete mit den im Verbreitungsatlas WELTEN & SUTTER (1982) angegebenen Arten ergänzt. Für alle Arten ermittelten wir nach der Literatur die höchsten heutigen Vorkommen. Bei solchen, die heute bis über 2400 m und in den Zentralalpen bis weit über 3000 m vorkommen, wird angenommen, dass sie in Kaltzeiten während des Eiszeitalters in den Untersuchungsgebieten an ausapemden Südlagen überdauern konnten und in Warmzeiten nicht vom zurückkehrenden Wald verdrängt wurden. Von den 412 im Brienzer Rothorn-Gebiet oberhalb 1800 m, d.h. über dem Niveau der eiszeitlichen Talgletscher, festgestellten Arten dürften 287 (=70%), im Rigi-Gebiet von 298 Arten oberhalb 1400 m beobachteten Arten 169 (=57%) als präglaziale Relikte in Frage kommen.
Susanna Geissbühler Wiedervernässung und Entbuschung als Massnahmen zur Regeneration eines abgetorften Hochmoors im Schweizer Mittelland 87-109 (2/3)
  Vor gut zehn Jahren wurde im Hagenmoos, einem stark abgetorften Hochmoor im Schweizer Mittelland, ein Regenerationsprojekt gestartet. Die Ziele dieses Projekts sind, das dort vorhandene Bergföhrenhochmoor zu erhalten, die Moor-Regeneration im «kleinen Torfstich» zu fördern und im «grossen Torfstich» einzuleiten. Hierzu wurde der «grosse Torfstich» entbuscht und das Wasser in beiden Torfstichen sowie in zwei grossen Entwässerungsgräben eingestaut.
Um die ökologische und vegetationskundliche Entwicklung verfolgen zu können, wurden noch vor dem Wassereinstau 115 einen Quadratmeter grosse Rasterflächen eingemessen. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf 33 Flächen, in welchen die Gefässpflanzen und Moose alljährlich erhoben wurden.
Ökologische und vegetationskundliche Veränderungen wurden vor allem im kleinen und grossen Torfstich beobachtet. Die Vegetation der dort gelegenen Rasterflächen zeigt an, dass die Standortsbedingungen im zeitlichen Verlauf lichtreicher, feuchter und humoser wurden. Die Vegetation des kleinen Torfstichs entwickelte sich in Richtung Hoch- und Übergangsmoor. Im grossen Torfstich nahmen hingegen das Schilfröhricht und das Schnabelseggenried zu.
Es bestätigte sich, dass Vorkommenswahrscheinlichkeiten gut geeignet sind, um das Auftreten von Arten zu prognostizieren. Die Standortsbedingungen wurden von den Gefässpflanzen und Moosen der untersuchten Rasterflächen recht ähnlich angezeigt. Die Moose zeigten jedoch Standortsveränderungen, die vorerst auf eine dünne oberflächennahe Schicht beschränkt waren, besser an als die Gefässpflanzen.
Gassmann, Fritz Erläuterungen zum Artikel von N. Straumann «Das Rätsel der kosmischen Vakuumenergiedichte und die beschleunigte Expansion des Universums» 116-117 (4)
Thöny, Beat Gentherapie: eine Konsequenz der Molekularbiologie für die Medizin der Zukunft 119-128 (4)
Keywords:Erbkrankheiten - Gentechnologie - Neurotransmitter - Hyperphenylalaninämie - Pädiatrie -Retroviren - Stoffwechseldefekte - Tetrahydrobiopterin Die Molekularbiologie erklärt die chemisch-physikalischen Zusammenhänge aller Lebensvorgänge, insbesondere die Speicherung und Weitergabe der Erbinformation. Die Gesamtheit aller Gene, gespeichert im Zellkern in Form von DNA-Doppelsträngen, wird als Genom bezeichnet. Die Gentechnologie wurde entwickelt, um die äusserst komplexe Menge an Genom-Information zu analysieren und sämtliche Gene zu isolieren oder zu klonieren. Als klinische Anwendung sind die molekulare Diagnostik und die Gentherapie, d.h. die Korrektur von vererbten oder erworbenen Mutationen in der DNA von Bedeutung. Die Gentherapie erlaubt im Prinzip die Korrektur sämtlicher Erbkrankheiten. Die molekularen oder erblichen Stoffwechselerkrankungen werden schon beim Neugeborenen manifest und sind eine Disziplin der Pädiatrie. Je nach Krankheit werden verschiedene Methoden der Gentherapie angewandt: Genaddition bei Verlust von Genfunktionen, spezifische Hemmung von pathogenen Genen oder gezieltes Abtöten von Zellen bei Krebsleiden, sowie die gezielte Korrektur von DNA-Mutationen. Ein therapeutisches Gen kann entweder direkt dem Körper verabreicht, oder aber zuerst in vitro auf isolierte Zellen übertragen werden, um dann diese Zellen dem Patienten wieder zu verabreichen. Zum Gen-Transfer werden heute hauptsächlich virale Genträger wie manipulierte Retroviren oder Adenoviren verwendet. Trotz hohem therapeutischem Potential und intensivem Forschen auf dem Gebiet der Gentherapie werden bis zu ihrer routinemässigen Anwendung in der Medizin noch Jahrzehnte vergehen.
KlötzIi, Patrick und Matthias Rosenmayr Feldstudie an einer Lokalpopulation der Ruineneidechse Podarcis sicula (Rafinesque-Schmaltz, 1810) in Rapperswil (SG) 129-142 (4)

Keywords: eingeschleppte Eidechsenart - fehlender Genaustausch - interspezifische Konkurrenz - Lacerta agilis (Zauneidechse) Mikrohabitatsanalyse Populationsdynamik

Auf dem Bahnhofsareal von Rapperswil (SG) lebt eine der grössten Ruineneidechsen-Populationen nördlich der Alpen. Weitere nicht autochthone Vorkommen in der Schweiz wurden aus Basel, Remigen (AG) und aus der Nähe von Chiasso (TI) gemeldet. Nachforschungen im Rahmen einer Semesterarbeit im Fach Tierökologie an der Abteilung für Landschaftsarchitektur der Hochschule Rapperswil haben ergeben, dass die Ruineneidechsen-Population aufgrund der morphologischen Merkmale vermutlich der norditalienischen Unterart Podarcis sicula campestris (Ruineneidechse) zugeordnet werden kann. Es ist anzunehmen, dass die Ruineneidechsen per Bahn, beispielsweise mit Pflanzenlieferungen, eingeschleppt oder von Reptilienhaltern ausgesetzt wurden. Die Population zählte 1996 nach einer ungefähren Schätzung 70 Exemplare. Da im Untersuchungsgebiet ausserdem die einheimische Zauneidechse Lacerta agilis als einzige weitere Eidechsenart vorkommt, wurde mittels einer vergleichenden Mikrohabitatsanalyse eine mögliche interspezifische Konkurrenz untersucht. Podarcis sicula (Ruineneidechse) und Lacerta agilis (Zauneidechse) traten zwar oftmals in den gleichen Biotoptypen auf, belegten aber mehrheitlich unterschiedliche artspezifische Nischen. Eine Verdrängung einheimischer durch eingeschleppte Eidechsenarten ist in diesem Fall nicht ersichtlich. Eher stellt sich aber die Frage, wie lange sich die relativ kleine und extrem isolierte Ruineneidechsen-Population aufgrund des fehlenden Genaustauschs halten kann. Generell gesehen ist es ebenso fraglich, ob eine eingeschleppte Tierart, die eigentlich zur Faunenverfälschung beiträgt, aber bisher andere Arten nicht verdrängt hat, mit Schutzmassnahmen bedacht werden soll.
Boller, Beat Altes und Neues vom schweizerischen Mattenklee, einer ausdauernden Form des Kultur-Rotklees 143-151 (4)
Keywords: Ertrag - Genetische Ressourcen - Herkunft - Morphologie - Sorten - Trifolium pratense - Züchtung Der Mattenklee, eine schweizerische Form des kultivierten Rotklees (Trifolium pratense L.), hat sich unter dem Einfluss der Bernischen Kleegraswirtschaft aus dem ursprünglich aus den Niederlanden eingeführten Brabanter Rotklee entwickelt. Indem die Landwirte ihr eigenes Rotklee-Saatgut auf mindestens dreijährigen, zuvor zur Futternutzung verwendeten Kleegrasanlagen gewannen, verbesserten sie mehr oder weniger unbewusst die Ausdauer ihrer Hofsorten. Dieser unter der Bezeichnung Mattenklee gehandelte frühreife Rotklee wird seit 1900 in der Schweiz züchterisch bearbeitet; zunächst in Lausanne, später auch und seit 1976 nur noch in Zürich-Reckenholz, der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Agrarökologie und Landbau. Durch gezielte Selektion auf Krankheitsresistenz sowie durch künstlich induzierte Verdoppelung der Chromosomensätze entstanden Sorten, die wesentlich ausdauernder sind als vergleichbare ausländische Zuchtsorten. Die ausgeprägte Ausdauer des Mattenklees erlaubt die Zusammenstellung von besonderen Klee-Gras-Mischungen, die wegen ihrer über drei Jahre anhaltenden hohen Leistungsfähigkeit in der Schweiz sehr geschätzt werden. Sieben Mattenkleesorten aus dem Zürcher Zuchtprogramm stehen gegenwärtig auf Sortenlisten von Ländern der Europäischen Union. Sie beweisen ihre überlegene Ertragsfähigkeit im dritten Standjahr mit hoher Konstanz in offiziellen Sortenprüfungen verschiedener Länder. Da die Tradition der hofeigenen Mattenklee-Saatgutgewinnung in den frühen siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts fast vollständig aufgegeben wurde, existiert diese wertvolle genetische Ressource praktisch nur noch in den Sammlungen und im Zuchtmaterial von Zürich-Reckenholz. Einzige Ausnahme bildet die Landsorte LEISI, die auf dem Ursprungsbetrieb im zürcherischen Oberembrach «on farm» erhalten und davon ausgehend für den Schweizer Bedarf vermehrt wird.
Keller, Hugo Magnetische Flusslinien in Hochtemperatur Supraleitern 153-160 (4)
Keywords: Elektrischer Widerstand - Flusslinienbewegung - Flusslinien-Flüssigkeit - Flussliniengitter -Flusslinien-Phase - Hochtemperatur-Supraleitung - magnetisches Phasendiagramm -Typ-II-Supraleiter Ein äusseres Magnetfeld kann in Form von quantisierten magnetischen Flusslinien in einen Supraleiter eindringen. Sind diese Flusslinien an Defekten im Material fest verankert, so kann ein verlustfreier elektrischer Strom fliessen. In den neuen Hochtemperatur-Supraleitern (HTSL) zeigen die Flusslinien, ein aussergewöhnliches Verhalten. Wegen der ausgeprägten Schichtstruktur und der extrem kurzen Kohärenzlänge der HTSL sind die Flusslinien in diesen Materialien schon weit unterhalb der Supraleiter-Sprungtemperatur grossen thermischen Fluktuationen ausgesetzt, so dass sie sich aus ihren Verankerungen befreien können. Die Flusslinien sind dann frei beweglich wie die Moleküle in einer Flüssigkeit, und der elektrische Widerstand verschwindet nicht vollständig. Mit dem gezielten Einbringen von Haftzentren im Supraleiter kann dieses für technische Anwendungen wichtige Problem umgangen werden.

1999 144. Jahrgang  
Endress, Peter K. Pflanzendiversität weltweit - Botanischer Garten der Universität und Herbarium beider Hochschulen in Zürich als Forschungsinstrumente
3-13 (1)
  Gegenstand der Pflanzensystematik ist die Erfassung der Diversität der Pflanzen auf der Erde, die phylogenetische Rekonstruktion ihrer evolutiven Geschichte und die Erforschung der Evolution und Vielfalt ihrer biologischen Eigenschaften. Dazu sind neben Untersuchungen im natürlichen Habitat und im Labor Pflanzensammlungen in Form von Botanischen Gärten und Herbarien wesentlich. Sie sind Bestandteil aller Zentren der Pflanzensystematik. Mit neuen Techniken der elektronischen Datenverarbeitung und der Molekularbiologie haben sich die Aufgaben und Möglichkeiten der Pflanzensystematik in den letzten Jahren stark erweitert. An der Universität Zürich sind grosse Sammlungen vorhanden, und sie wurden noch bereichert durch das Herbar der ETH, das 1991 dazukam. Die Bedeutung der botanischen Sammlungen geht aber weit über die Forschungsarbeit hinaus. Der Botanische Garten ist ein populäres Fenster der Universität. Geschichte und Gegenwart der botanischen Sammlungen und der pflanzensystematischen Forschung Zürichs werden skizziert.
Schubiger, P. August Radiopharmaka zur Tumorbehandlung -Fiktion oder Realität?
15-23 (1)
  Die Chance für eine erfolgreiche Behandlung von Krebspatienten, bei denen zum Zeitpunkt der Diagnose metastasierende Tumoren vorliegen, beträgt heute etwa 12,5%. Dabei kommt primär die Chemotherapie mit all den inhärenten Nebenwirkungen zum Einsatz. Eine Alternative bietet die nebenwirkungsarme gezielte systemische Radionuklidtherapie, wie sie z.B. seit Jahrzehnten mit 1311 bei der Behandlung von Schilddrüsenkarzinomen eingesetzt wird. Nach langen Jahren der radiopharmazeutischen Forschung stehen jetzt die ersten 1311 markierten Antikörper gegen bestimmte Non-Hodgkin's Lymphome vor der klinischen Routineanwendung. Es wird an Beispielen gezeigt, welche neuen Erkenntnisse über metallische therapeutisch einsetzbare Radionuklide, spezifische tumorsuchende Moleküle (von Peptiden bis Antikörpern) und der Synthese der notwendigen Chelatoren und Linkem vorliegen. Der Einfluss der Einzelparameter auf das biologische Gesamtverhalten wird diskutiert und Möglichkeiten für zukünftige verbesserte Radiotherapeutika aufgezeigt.
Müller, Peter Jenseits der Salatkopf-Perspektive: Schnecken aus Bachs und Weiach im Blickfeld des modernen Naturschutzes
25-36 (1)
  An 13 Standorten der Gemeinden Bachs und Weiach, Kanton Zürich, Schweiz, wurden zwischen 1996 und 1998 73 Schneckenarten nachgewiesen. Darunter sind neun gesamtschweizerisch gefährdete bis vom Aussterben bedrohte Arten, zwei Erstnachweise für den Kanton Zürich und ein Erstnachweis für die Schweiz, Columella aspera. Ausgehend von der lokalen Situation werden die notwendigen Naturschutzmassnahmen in einen grösseren Zusammenhang gestellt.
Thallmair, Michaela ...und sie wachsen doch! Nervenwachstum nach ZNS-Verletzungen 37-47 (1)
  Nach einer Verletzung des erwachsenen Zentralnervensystems (ZNS) können Nervenfasern höchstens über sehr kurze Distanzen nachwachsen. Läsionsstudien zeigten, dass in den wenigen Arealen des ZNS, in denen im erwachsenen Tier kompensatorisches Faserwachstum (strukturelle Plastizität) stattfinden kann, meist ein hoher Spiegel des wachstums-assoziierten Proteins GAP-43 vorhanden ist. Zudem sind diese Regionen im allgemeinen nur sehr wenig myelinisiert. Da Myelin spezifische Wachstumshemmstoffe enthält, untersuchten wir was passiert, wenn ein wichtiger Hemmstoff nach einer ZNS-Verletzung experimentell ausgeschalten wird, z. B. durch Unterdrückung der Myelinbildung mit Hilfe von Röntgenbestrahlung oder durch Verabreichung eines neutralisierenden monoklonalen Antikörpers (IN- 1). Der vorliegende Bericht zeigt, dass man nach Ausschalten der myelin-assoziierten Hemmstoffe kompensatorisches Faserwachstum (strukturelle Plastizität) im erwachsenen Hirnstamm und Rückenmark beobachten kann und dass dieses neue Faserwachstum von einer funktionellen Erholung erstaunlichen Ausmasses begleitet wird.
Späni, Dieter Jugendpreis der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich (1998): Roman Schilter und Christian Iten 49-50 (1)
  Bau und Steuerung eines Roboterarms
Teleman, Andrei Die vierte Dimension und Eichtheorie
53-58 (2)
  Das Ziel dieser Arbeit ist, die neuen spektakulären Entwicklungen in der 4-dimensionalen Differentialtopologie und ihre Zusammenhänge mit der Theoretischen Physik in elementarer Form darzustellen. Die 4-dimensionale Topologie ist ein faszinierender, aber sehr schwieriger Teil der modernen Geometrie. Wesentliche Fortschritte wurden erst in den letzten 15 Jahren erzielt, nachdem Ideen aus der Theoretischen Physik (Relativitätstheorie, Eichtheorie, Supersymmetrie) benutzt wurden, um neue mathematische Methoden zu entwickeln. Die wesentliche Rolle der physikalischen Ideen und Konzepte in der Entwicklung des mathematischen Formalismus ist eine interessante Besonderheit der Dimension 4, die vom physikalischen Standpunkt aus als Dimension der relativistischen Raumzeit ausgezeichnet ist.
Odermatt, Bernhard Die Basalmembran - Verbindung und Schranke zwischen Zellen und Bindegewebe
59—71 (2)
  Basalmembranen sind spezialisierte Strukturen der extrazellulären Matrix, welche Zellverbände oder Einzelzellen vom Bindegewebe abgrenzen. Eine der Hauptkomponenten der Basalmembranen ist Typ-IV-Kollagen. Im Gegensatz zu den faserbildenden Kollagenen verbinden sich die Typ-IV-Kollagenmoleküle zu dreidimensionalen Netzwerken, welche das Grundgerüst der Basalmembran bilden.
Bösartige Tumoren können im Rahmen von Invasion und Metastasierung Basalmembranen durchbrechen. Sie benötigen dazu Adhäsionsrezeptoren (Integrine), mit denen sie an Typ-IV-Kollagen anhaften können. Zur Auflösung des Typ-IV-Kollagennetzwerks produzieren sie dann das Verdauungsenzym Typ-IV-Kollagenase. Schliesslich wandern die Tumorzellen durch die so entstandene Lücke in der Basalmembran. Auf molekularer Ebene sind viele Details über diese Vorgänge bekannt.
Das Alport-Syndrom ist eine X-chromosomal vererbte Krankheit, welche mit einer Innenohrschwerhörigkeit einhergeht und zu einem Versagen der Nierenfunktion führt. Die Morphologie der Basalmembranen der Glomerulumkapillaren in der Niere ist verändert und ihre Filtrationsfunktion gestört. Ursache für diese Krankheit sind Mutationen im Gen für die
a5(IV)-Kette des Typ-IV-Kollagens. Heute beginnt man die molekularen Mechanismen zu verstehen, welche vom Gendefekt bis zur Ausprägung der Krankheit führen.
v. Boletzky, Sigurd Systematische Morphologie und Phylogenetik - zur Bedeutung des Werkes von Adolf Naef (1883-1949)
73—82 (2)
  Das umfangreiche Werk des Zoologen Adolf Naef wird in seiner historischen Bedeutung für die spezielle Zoologie (v. a. Cephalopoden und andere Mollusken, Vertebraten und andere Chordaten) und für die Entwicklung einer phylogenetischen Systematik in Erinnerung gerufen. Die unterschiedliche Rezeption der theoretischen Ansätze von Naefs systematischer Morphologie und Phylogenetik spiegelt die Vielseitigkeit morphologischer Betrachtungsweisen in der Biologie unseres Jahrhunderts. Die erfahrungsgemäss unverzichtbare Einbeziehung von Naefs Spezialarbeiten in neuere Untersuchungen belebt auch das Interesse an seinen theoretischen Schriften, die auch heute noch zu wichtigen Fragen morphologischer Forschung in einem evolutionsbezogenen Rahmen hinführen.
Scharfetter, Christian Modelle psychischer Krankheiten - Paradigmen der Psychiatrie in den Jahren 1800-2000 101-112 (3)
  In einem historischen Überblick über die Psychiatrie zwischen 1800 und 2000 werden Modelle und Paradigmen skizziert, die die Entwicklung dieses Faches kennzeichnen. Die meisten folgen dem medizinischen Paradigma: Anerkennung psychischer Krankheiten, gedeutet hirnpathologisch, hereditär, psychodynamisch, soziogen, gemäss Georg Engels bio-psycho-sozialem Modell. Inkompatible Gegenparadigmen brachte die Antipsychiatrie: die Leugnung der Realität psychischer Krankheiten, ja die idealisierende Umdeutung als «eigentlich gesunde» Abkehr von der verrückten Normalität. Konkurrierende, z. T. komplementäre Krankheitskonzepte werden besprochen.
Hergersberg, Martin Das Human-Genom-Projekt: Die Entschlüsselung des menschlichen Erbmaterials
113-127 (3)
  Das ehrgeizige Vorhaben, die Sequenz des menschlichen Genoms zu bestimmen, wird das Human-Genom Projekt genannt (HGP). Es hat seit 1991 bedeutende Ergebnisse hervorgebracht. Die Erstellung hochauflösender genetischer und physikalischer Karten standen bisher im Mittelpunkt der durchgeführten Arbeiten. Ausserdem wurden die genomischen Sequenzen zahlreicher Prokaryonten und einiger Eukaryonten völlig aufgeklärt. Die Sequenz von ungefähr 17% des menschlichen Genoms ist bereits bekannt, und aufgrund technischer Entwicklungen wird die vollständige Sequenz des menschlichen Genoms im Zeitraum in den Jahren 2000-2003 erwartet. Zurzeit ist die ungefähre Lokalisation und die DNA-Sequenz von 30000 menschlichen Genen bekannt, etwa 30% der vermuteten Gesamtzahl. Diese Resultate sind für die Lokalisation und Untersuchung von Genen, deren Mutation zu einer Krankheit oder einer Krankheitsdisposition führt, von grosser Bedeutung. Die Kenntnis eines Grossteils der menschlichen Gene erlaubt es, die Aktivität vieler tausend Gene in einer Gruppe von Zellen gleichzeitig zu messen. Die Flut neuer Daten ermöglicht die Suche nach verbreiteten Allelen für häufige Krankheiten mit Methoden zur Identifikation von Kopplungsungleichgewichten. Diese Untersuchungen erfordern die klinische und genetische Beschreibung grosser Bevölkerungsgruppen in bisher nicht gekannter Genauigkeit und werfen zahlreiche neue Fragen zu Anspruchsrechten auf genetische Daten auf.
Nievergelt, Bernhard Theorie und anwendungsorientierte ökologische Grundlagenforschung: Synergien bei gegenseitiger Akzeptanz
137-146 (4)
  Die freie und die anwendungsorientierte Grundlagenforschung haben in der Ökologie je eine wichtige Funktion. Führende Konzepte und Theorien sind der freien Forschung zu verdanken; sie sind auch im Naturschutz eine unentbehrliche Ressource. Aktuelle Probleme im Natur- und Landschaftsschutz zeichnen sich aus durch ihren komplexen, oft multidimensionalen Charakter. Das Erarbeiten von passenden Lösungen erfordert daher eine bewusste Ausrichtung des eigenen Beitrages aufgestellte bzw. gemeinsam mit Vertretern anderer Disziplinen möglichst vor Ort formulierte Fragen. Diese sind übergeordnet und werden zu der für alle Forscher verbindlichen, gleichsam oben plazierten Leitlinie (bottom up). Beim freien, vom persönlichen Forschungstrieb gelenkten traditionellen Vorgehen ist die Orientierung «top down». In den Methoden und in den wissenschaftlichen Ansprüchen an die Forschungsarbeit dagegen besteht grundsätzlich kein Unterschied zwischen den beiden Fachrichtungen. Ein Miteinander in möglichst institutioneller Nähe fördert gegenseitiges Verständnis und ist für alle Teile gewinnbringend.
Graf, Kurt Konzeptionelle Überlegungen zur Landschaftsökologie in der Schweiz 147-158 (4)
  Die vorliegende Studie basiert auf empirischen Untersuchungen zum Landschaftswandel in der Schweiz und versucht, die vielfältigen Formen und Prozesse in der Geo-, Pedo-, Hydro-, Bio- und Klimaökologie zu ermitteln. Methodisch geht es darum, gezielt die entsprechenden Kartierungen, Listenerhebungen und Bewertungen vorzunehmen. Allerdings liegen diese vorgeschlagenen Methoden nicht standardisiert vor, sondern sind jeweils noch der speziellen Situation und der Problemstellung anzupassen. Zu diesem Zweck werden grundsätzliche Überlegungen einerseits zur Landschaftsökologie und andererseits zur landschaftlichen Schönheit (Ästhetik) angestellt. Mit Graphiken wird versucht, solche Zusammenhänge und Mechanismen auf verschiedenem Abstraktionsniveau zu veranschaulichen.
Halliday, Alex N. Angeregte Atome, planetare Zusammenstösse und Unterschiede zwischen Erde und Mars 159-168 (4)
  Die Ereignisse im Zusammenhang mit der Geburt unseres Sonnensystems zeitlich einzuordnen ist eine grosse technische und wissenschaftliche Herausforderung. Eine Möglichkeit, diese Fragen anzugehen, bieten uns die Unterschiede in Isotopenhäufigkeiten, welche durch den Zerfall kurzlebiger radioaktiver Nuklide produziert wurden, die heute längst ausgestorben sind. Der Zerfall von Hafnium-182 nach Wolfram-182 ist besonders bedeutend und zeigt, dass grosse Asteroide sich innerhalb von 10 Millionen Jahren nach der Geburt des Sonnensystems bildeten und in einen Silikatmantel sowie einen Eisenkern differenzierten. Die Bildung der Erde erfolgte jedoch über einen längeren Zeitraum. Die W-Isotopenhäufigkeit in der Erde wird am besten mit einem verzögerten Wachstum durch Kollisionen von sehr grossen Körpern erklärt, wie derjenigen, die unseren Mond etwa 50 Millionen Jahre nach der Geburt des Sonnensystems bildete. Der Mars hingegen zeigt keine Anzeichen von solch späten Rieseneinschlägen und scheint nach zwanzig Millionen Jahren mit Wachsen aufgehört zu haben, vermutlich unter dem Einfluss des mächtig gewordenen Jupiters in seiner Nachbarschaft. Der Mars eröffnet uns somit eine einzigartige Sicht auf die früheste Entwicklung unseres eigenen Planeten.

 
 
 
 
1998 143. Jahrgang   
Holderegger, Rolf Habitat, Rückgang und Naturschutzbiologie der präalpinen Pflanzenart Saxifraga mutata L. im Kanton Zürich, Schweiz 3-11 (1)
  Saxifraga mutata ist eine charakteristische präalpine Pionier-Pflanzenart des schweizerischen Mittellandes. In einer Übersicht über einige populationsbiologische Arbeiten zu dieser Art wird gezeigt, dass für die Aufrechterhaltung ihrer Populationsdynamik immer wie der neu entstehende offene Erosionsflächen nötig sind. Genetische Faktoren spielen demgegenüber für das lokale Überleben der Art eine geringere Rolle. Vor allem stärker isolierte Vorkommen von S. mutata im Zürcher Mittelland sind in diesem Jahrhundert verschwunden. Die verbliebenen Populationen sind teilweise sehr klein und stark isoliert. Eine floristische Analyse der Wuchsorte von S. mutata zeigt, dass vom Schutz der Lebensräume dieser Art eine grosse Zahl weiterer Rote-Liste Arten profitieren würde. Aus diesen Ergebnissen werden allgemeine Schlussfolgerungen für den Naturschutz im Kanton Zürich gezogen.
Zangger, Eberhard Das Atlantis = Troja-Konzept - Auf den Spuren einer versunkenen Kultur in Westkleinasien 13-23 (1)
  Platons Geschichte von Atlantis ist eine Nacherzählung des Trojanischen Krieges aus ägyptischer Sicht. Somit ist Atlantis das spätbronzezeitliche Troja. Der etwa zwanzig Druckseiten umfassende Bericht schildert die mykenische Kultur in Griechenland einschliesslich ihrer hierarchisch gegliederten Gesellschaft, Schriftkenntnis und militärischen Ausrichtung mitsamt Streitwagen und Bronzewaffen. Die bemerkenswerteste Leistung der mykenischen Königreiche war der Sieg ihrer vereinten Streitkräfte über Troja. In dem ursprünglich aus Ägypten stammenden, von Platon niedergeschriebenen Bericht sind die Namen jedoch gräzisiert wor den. Dabei wurde der Begriff «Atlantis» eingeführt. Platons Beschreibung von Atlantis deckt sich mit mittelalterlichen Schilderungen von Troja. Bis ins vergangene Jahrhundert bezeichneten englische Historiker die Trojaner sogar als «Atlantians». Nur an wenigen Stellen ist der Atlantis-Bericht verzerrt worden. Dabei handelt es sich um Fehler, die typisch sind für Übersetzungen von altägyptischen Hieroglyphentexten ins Altgriechische.
Woggon, Brigitte Angst 25-28 (1)
  Angst kann als Symptom anderer Krankheiten auftreten, kann aber auch eine eigene Krankheitsform darstellen. Jeder vierte Mensch leidet mindestens einmal in seinem Leben an einer behandlungsbedürftigen Angststörung (Phobien, Generalisierte Angst, Panik). Angst kann erfolgreich mit Verhaltenstherapie und Psychopharmaka behandelt werden.
Satz, Norbert Die Lyme-Borreliose 29-38 (1)
  Die weltweit und auch bei uns weitaus häufigste durch Zecken übertragene Erkrankung ist die Lyme-Borreliose. Zum besseren Verständnis wird zuerst das Leben des Überträgers sowie der Erreger Borrelia burgdorferi beschrieben. Der Befall zahlreicher Organsysteme führt zu einem Reichtum an verschiedenen Krankheitsbildern, die übersichtsmässig dargestellt werden. Im weiteren wird auf die grossen diagnostischen Schwierigkeiten, auf die oft kontroverse Therapie und auf die Krankheitsprophylaxe eingegangen.
Späni, Dieter Jugendpreis der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich (1997): Christoph Lippuner 45-46 (1)
  Proteasen in der Kannenflüssigkeit von Nepenthes alata
König, Barbara Die Bedeutung der Verhaltensbiologie für den Naturschutz 49-55 (2)
  Weltweit müssen wir derzeit einen dramatischen Schwund an Arten wahrnehmen, der nicht mehr nur unter engagierten Naturschützern und Biologen tiefe Besorgnis erregt. Ursache dieses Artensterbens ist vor allem Lebensraumzerstörung durch den modernen Menschen. Um Populationen und Arten vor dem Aussterben zu bewahren, sind neben dem Erhalt ihres Habitats gute Kenntnisse ihrer Umweltbedingungen und ihrer Lebensweise erforderlich. An Beispielen wird im folgenden diskutiert, welchen Beitrag verhaltensbiologische Studien zum Erstellen von naturschutzrelevan ten Richtlinien für den Schutz bedrohter Arten leisten können.
Eckert, Johannes Der "Kleine Fuchsbandwurm" (Echinococcus multilocularis) - eine persistierende Gefahr für den Menschen? 57-66 (2)
  Der «Kleine Fuchsbandwurm» (Echinococcus multilocularis) ist Ursache der Alveolären Echinokokkose (AE) des Menschen, die primär fast ausschliesslich die Leber betrifft und bei etwa 90% der unbehandelten Patienten innerhalb von 10 Jahren nach Diagnosestellung tödlich verläuft. Bei Früherkennung der Infektion ist durch vollständige chirurgische Entfernung des Parasiten eine Heilung möglich. In späteren Phasen der Erkrankung sind die Heilungsaussichten ungünstig, doch können durch langfristige Chemotherapie das Parasitenwachstum gehemmt und die Überlebenszeit der Patienten wesentlich verlängert werden. Bei der AE handelt es sich um eine seltene Erkrankung mit einer durchschnittlichen Inzidenzrate in der Schweiz (1984 - 1992) von 0,1 neuen Fällen pro Jahr und 100 000 Einwohner. Angesichts der Schwere der Erkrankung und des persistierenden Infektionsrisikos muss die AE jedoch grundsätzlich als ernsthafte Gefahr für Menschen angesehen werden.
In der Schweiz ist während der letzten Jahre E. multilocularis bei Füchsen aus 21 von 26 Kantonen (inkl. Halbkantonen) nachgewiesen worden. Dabei schwankte die mittlere Prävalenz in den verschiedenen Kantonen zwischen 2,7% und 53%. Der Parasit kommt seltener auch bei Hunden und Katzen vor, die ebenfalls als Infektionsquelle für den Menschen anzusehen sind. Nach neuestem Kenntnisstand ist das Verbreitungsgebiet von E. multilocularis in Mitteleuropa grösser als bisher angenommen und umfasst derzeit 10 Länder.
In Anbetracht der anwachsenden Fuchspopulationen, der zunehmenden Einwanderung von Füchsen in Wohnsiedlungen und vieler offener epidemiologischer Fragen wird empfohlen, ein System zur ständigen Überwachung zu etablieren, und zwar unter Einsatz der verfügbaren neuen Methoden zur Diagnose der Infektion in Karnivoren (Fuchs, Hund und Katze) (Koproantigennachweis und PCR) bzw. bei Menschen (Immundiagnose, Ultraschalluntersuchung).
Matile, Philippe Ungelöste Rätsel 67-75 (2)
  (Apotosis, Tracheidenentwicklung, Zelltod und Autolyse, Vakuolen als Lysosomen, Todesgen kodiert Todesprotein)
Steiner, Pascale & Hans Turner Die Mollusken des Greifensees: Inventar und Häufigkeit der Arten in Abhängigkeit von Standortsfaktoren 85-96 (3)
  Mit 6400 m Länge, 1750 rn Breite und 32 m Tiefe gehört der Greifensee zu den Seen mittlerer Grösse im Schweizer Mittelland. Subfossile Belege der Molluskenfauna seit Beginn des Postgiazials sowie Aufsammlungen 1916, 1928, 1936 und die vorliegende Untersuchung widerspiegeln eine beschleunigte Eutrophierung seit etwa 1900. Von Mai bis August 1996 wurden regelmässig an sieben Stellen (2 und 5 m Tiefe) und einmalig an neun weiteren Stationen (Uferzone bis in 14 m Tiefe) Proben gesammelt. Dabei konnten in den Uferzonen bis 5 m Tiefe 15 Schnecken- und 13 Muschelarten festgestellt werden, aber nur wenige Arten in grösserer Häu figkeit. An einer 1 1,8 m tiefen Stelle fanden sich als einzige Mollusken vier Erbsenmuschelarten (Pisidium casertanum, R hensiowanum, P. hibernicum und P. nitidum). Die noch tieferen Seebereiche sind wegen Sauerstoffmangels und erhöhter Konzentrationen von löslichen Phosphat-Eisen-Verbindungen heute molluskenleer. Unter den 28 gefundenen Arten sind vier Arten für den Greifensee seit 1928 bzw. 1936 neu: Neuseeland-Zwergdeckelschnecke Potamopyrgus antipodarum, Spitze Blasenschnecke Physella acuta, Wandermuschel Dreissena polymorpha und Glänzende Erbsenmuschel Pisidium nitidum. Hingegen konnten 15 Arten und eine Unterart nicht mehr entdeckt werden, die frühere Autoren noch registriert hatten. Einige dieser Arten können vermutlich in nicht speziell besammelten wasserpflanzenreichen Uferzonen heute noch gefunden werden, aber mindestens sechs Arten und eine Unterart scheinen im ganzen See ausgestorben zu sein: Bauchige Schnauzenschnecke Bithynia leachii, Alpen-Federkiemenschnecke Valvata piscinalis alpestris, Quell-Blasenschnecke Physa fontinalis, Linsenförmige Tellerschnecke Hippeutis complanatus, Posthornschnecke Planorbarius corneus, Grosse Erbsenmuschel Pisidium amnicum und See-Erbsenmuschel Pisidium conventus .
Binggeli, Bruno Ein Blick in die Kosmische Frühzeit mit dem Hubble-Weltraumteleskop 97-108 (3)
  Im Dezember 1995 wurde mit dem Hubble-Weltraumteleskop ein winzig kleiner Himmelsausschnitt im Sternbild des «Grossen Bären» praktisch 10 Tage lang belichtet. Das daraus resultierende Hubble Deep Field stellt die tiefste Himmelsaufnahme dar, die je gemacht wurde. Rund 3000 Galaxien sind darauf zu sehen. Die entferntesten Objekte haben ihr Licht vor über 10 Milliarden Jahren zu uns losgeschickt und werden möglicherweise in ihrer Geburtsphase, 1—2 Milliarden Jahre nach dem Urknall, erblickt. Die Beobachtungen bestätigen Modelle, nach denen Galaxien wie die Milchstrasse durch gravitationelle Anhäufung und Verschmelzung kleinerer Sternsysteme entstanden sind.
Beck-Sickinger, Annette G. G-Protein gekoppelte Rezeptoren - die molekularen Empfänger für Licht und Farben, Gerüche und Schmerz 109-116 (3)
  G-Protein gekoppelte Rezeptoren bilden eine Superfamilie von Transmembran-Proteinen, die in die Zellmembran vieler Zellen eingebettet sind. Viele hundert Vertreter dieser Familie sind bislang bekannt und binden alle möglichen Arten von chemischen Botenstoffen, wie z. B. Neurotransmitter, Peptidhormone und sogar Proteine. Daneben sind diese Rezeptoren die Schlüsselmoleküle unserer Seh- und Geruchssinnesorgane und können somit auch Licht detektieren und Farben unterscheiden. Wegen ihres komplexen Aufbau es ist es bislang nicht gelungen, die dreidimensionale Struktur der G-Protein gekoppelten Rezeptoren, die sieben charakteristische Transmembranhelices aufweisen, mittels NMR oder Röntgenstrukturanalyse aufzuklären. Allerdings ist mit Hilfe von indirekten Methoden einiges über die Anordnung der Transmembranbereiche, über die Bindung der Liganden und über die Signaltransduktion — also wie das Signal in die Zelle gelangt — bekannt.
Pletscher, Alfred Das Janusgesicht der Wissenschaft in der Öffentlichkeit 117-125 (3)
  Die Wissenschaft hat heute in der Öffentlichkeit ein zwiespältiges Gesicht. Einerseits gab es besonders in unserem Jahrhundert spektakuläre Erfolge, zu denen auch die Schweiz beigetragen hat. Diese hatten positive Auswirkungen, insbesondere für Bildung, Kultur und Praxis. Anderseits war dieser Fortschritt von Problemen von bisher unbekanntem Ausmass begleitet. Dies erzeugte Befürchtungen und Ängste in der Öffentlichkeit, die u. a. zu gesetzgeberischen Massnahmen im Forschungsbereich führten. Auch die Wissenschafter wurden sich zunehmend der aus ihrer Tätigkeit hervorgehenden Probleme bewusst und haben Mitverantwortung für deren Lösung wahrgenommen. Es liegt im Interesse der Öffentlichkeit, dass die Forschung wegen ihres positiven Potentials für Mensch und Umwelt nach wie vor prioritär gefördert wird. Dazu bedarf es einer, die wissenschaftliche Entwicklung begleitenden und kontrollierenden Zusammenarbeit, einer Art «contract social», zwischen einer offenen Wissenschaft und einer informierten Öffentlichkeit. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist für beide Partner die Qualität ihrer Bildung — ein Gut, dem in unserem Lande erstrangige Bedeutung als Rohstoff des geistigen und materiellen Wohlstands zukommt.
Schäfer, Beat W. Molekulare Ursachen der Tumorentstehung: Grundlage für neue Therapieansätze 133-141 (4)
  Die spezifischen Eigenschaften von Krebszellen beruhen auf genetischen Veränderungen, die im Laufe der Zeit über mehrere Stufen akkumuliert werden. Auf molekularer Ebene lassen sich diese veränderten Eigenschaften in einige wenige Konzepte zusammenfassen, die am Beispiel eines kindlichen Tumors, des Rhabdomyosarkoms, diskutiert werden: Eine erste Gruppe betrifft die Onkogene, welche als Komponenten der Signalübertragung das Zellwachstum stimulieren. Zweitens konnten in den vergangenen Jahren Suppressorgene identifiziert werden, deren normale Aufgabe es ist, das Wachstum zu stoppen. Diese müssen von Krebszellen inaktiviert werden. Drittens hat man erst kürzlich erkannt, dass die Krebszellen ihr eigenes, für Notfälle vorgesehenes Selbstmordprogramm unterdrücken können. Diese Erkenntnisse können nun die Grundlage bilden für neue Therapiekonzepte, die von einem bestimmten Zielprotein ausgehen. Mögliche Ansätze beinhalten die Synthese spezifischer Hemmstoffe, somatische Gentherapie oder der Einsatz von Antisense-Molekulen Einige dieser neuen therapeutischen Moleküle befinden sich bereits in der klinischen Erprobung.
Arnold, Susi Vom Wolf zum Rassehund: Geschichte der Selektion und ihre Konsequenzen 143-155 (4)
  Molekulargenetische Untersuchungen belegen, dass unsere Haushunde ausschliesslich vom Grauwolf, vermutlich von zwei mütterlichen Linien, abstammen. Demnach reicht auch die Geschichte der Inzucht bis zu den Anfängen des Hundes zurück. Inzucht an sich kann also nicht für den bedenklichen Gesundheitszustand unserer Rassehunde verantwortlich gemacht werden. Vielmehr ist es die Intensität der Inzucht, die für die Konsequenzen entscheidend ist. Solange leistungsfähige Gebrauchshunde erwünscht waren, hielt sich die Inzucht in Grenzen. Erst seit Beginn des 20. Jahrhunderts steht die Schönheit der Hunde im Vordergrund, und zur Erreichung dieses Zuchtziels war leider die Intensivierung der Inzucht das Mittel der Wahl. Da durch ist der Homozygotiegrad stark gestiegen, und dies manifestiert sich in gehäuftem Auftreten von verschiedenen Erbkrankheiten.
Die Zukunft unserer Rassehunde hängt nun davon ab, wie geschickt wir mit dieser Situation umgehen. Nur durch gezieltes Engagement und intensive Zusammenarbeit von Hundezüchtern, Tierärzten und Molekulargenetikern kann den Rassehunden zu einer besseren Gesundheit und Lebenserwartung verholfen werden.
Brandl, Helmut Vom Nutzen der Mikroben: Bakterien als Helfer bei der Produktion von industriellen Werkstoffen 157-164 (4)
  Die organismische Vielfalt von Mikroorganismen bildet die Grundlage für eine breite Palette von industriellen Anwendungen im Bereich der Umweltbiotechnologie. Zwei Fallbeispiele illustrieren dieses Potential:
(i) Viele Mikroorganismen sind bekannt für ihre metabolischen Fähigkeiten, intrazelluläre Reserve- oder Speicherstoffe wie zum Beispiel Polyhydroxyalkanoate (PHA) zu bilden. Diese Materialien können aus den Zellen extrahiert und mit Techniken der Kunststoffindustrie zu Gebrauchsartikeln verarbeitet werden. Das herausragende Merkmal dieses Materials ist zum einen seine biologische Abbaubarkeit, die für einen Einsatz in einem Bereich genutzt werden kann, wo die Abbaubarkeit einen selektiven Vorteil gegenüber konventionellen Kunststoffen darstellt. Zum anderen basiert die Produktion auf nachwachsenden Rohstoffen und leistet somit einen Beitrag zur Nachhaltigkeit. (ii) Durch die Fähigkeit von gewissen Mikroorganismen, organische und anorganische Säuren zu produzieren oder Redoxprozesse zu katalysieren, lassen sich Metalle aus festen Substraten (Erze, Metallkonzentrate) in Lösung bringen und durch geeignete Methoden zurückgewinnen. Diese Techniken werden bereits erfolgreich im Kupfer- und Goldbergbau eingesetzt und lassen sich auch für die biologische Behandlung von festen Abfällen verwenden. Die Anwendung von mikrobiologischen Laugungsverfahren wie auch die Entwicklung von biologisch abbaubaren Kunststoffen können im Kontext einer industriellen Zukunft gesehen werden, wo Technologien zunehmend mit globalen Stoffkreisläufen der Biosphäre in Einklang stehen müssen.
Brinkmann, Winand Die Ichthyosaurier (Reptilia) aus der Grenzbitumenzone (Mitteitrias) des Monte San Giorgio (Tessin, Schweiz) - neue Ergebnisse 165-177 (4)
  Die 240 Mio. Jahre alten marinen Beckensedimente der mitteltriassischen Grenzbitumenzone bzw. Besano Formation (Anisium/Ladinium) der Tessiner Kalkalpen haben am Monte San Giorgio (Schweiz) und bei Besano (Italien) umfangreiches Material von Ichthyosauriern (Fischsaurier) geliefert, über das bereits 1997 in dieser Zeitschrift berichtet wurde. Damals waren aus der Grenzbitumenzone mit den Gattungen Cymbospondylus und Besanosaurus nur Vertreter der Shastasauridae und mit den Gattungen Mixosaurus und Phalarodon der Mixosauridae bekannt. Über das Vorkommen der Gattung Phalarodon, mit anterio-posterior verlängerten Quetschzähnen im hinteren Bereich des Ober- und Unterkiefers, im Südtessin wurde zum ersten Mal berichtet.
Neuerdings sind auf Ichthyosaurier-Schädelmaterial vom Monte San Giorgio, das in Tübingen, Deutschland, aufbewahrt wird, zwei weitere Fischsaurier, Mikadocephalus gracilirostris und Wimanius odontopalatus, begründet worden, die zurzeit keiner Familie zugeordnet werden können. Ausserdem wurde unter der Bezeichnung Mixosaurus cf. nordenskioeldii auf das Vorhandensein von Tübinger Material aus der Grenzbitumenzone hingewiesen, das Ähnlichkeiten mit gewissen Mixosaurier-Resten aus Spitzbergen, Norwegen, aufweist. Entsprechendes Material enthält auch die Zürcher Sammlung. Im Zürcher Ichthyosaurier Material vom Monte San Giorgio fand sich inzwischen das Skelett eines zweiten Mixosauriers, Mixosaurus [San giorgiosaurus] kuhnschnyderi, mit anterio-posterior verlängerten Quetschzähnen. Im Gegensatz zu Phalarodon sind die Quetschzähne von Mixosaurus kuhnschnyderi aber kleiner und auf den hinteren Bereich des Unterkiefers beschränkt. Ein weiterer Schädel von Mixosaurus kuhnschnyderi mit prächtig entwickeltem Sagittalkamm gelangte am Anfang dieses Jahres in den Besitz des Naturhistorischen Museums von Lugano, Schweiz. Damit sind aus der Grenzbitumenzone des Monte San Giorgio/Besano-Beckens zurzeit folgende vier Mixosauridae nachgewiesen: Mixosaurus cornalianus (BASSANI, 1886), Mixosaurus kuhnschnyderi (BRINKMANN, 1998), «Mixosaurus cf. nordenskioeldii» (HULKE, 1873) (oder, falls dieser Name wegen Synonymie mit Phalarodonfraasi MERRIAM, 1910 nicht verfügbar ist, ein weiteres neues Mixosaurier-Taxon) sowie die Gattung Phalarodon MERRIAM, 1910. Gemeinsame Merkmale der Taxa sind ein Schädel mit einer Crista sagittalis und eine charakteristische Rippenartikulation, wo bei auch im Halsbereich Wirbel mit zwei Rippen-Ansatzstellen auftreten.
Das Material von Mixosaurus cornalianus gehört zu zwei Morphotypen. Sie werden hier vorläufig als Mixo saurus cf. cornalianus-Typ A und Mixosaurus cf. Cornalianus-Typ B bezeichnet, da noch nicht vollständig geklärt ist, auf welches Material sich das von BASSANI (1886) vergebene Binomen beziehen lässt und ob beide Morphotypen unter demselben Namen zu vereinigen sind.

 
 
 
1997 142. Jahrgang   
Greber, Urs F. Viren als Parasiten und Überträger genetischer Elemente in die Wirtszelle: Zellbiologie von Viren 3-12 (1)
  Viren tauchen in unregelmässigen Intervallen, aber häufig in der Bevölkerung auf Die erfolgreichen sich stark ausbreitenden Viren haben Wege gefunden zelluläre Mechanismen auszunutzen Sie können mit hoher Effizienz und Raffinesse in die Zellen des Wirts ein dringen und der Neutralisierung durch den Wirt entgehen. Das Adenovirus des Typs C, ein menschliches Grippevirus hat zum Ziel sein DNS Genom im Zellkern zu deponieren und sich in den Zielzellen der menschlichen Atemwege zu vermehren. Durch rezeptorvermittelte Endozytose gelangt das Virus mit hoher Effizienz in die Zellen, durchbricht die endosomale Membran und wird zum Zellkern transportiert. Es zerfällt an den Kernporenkomplexen der Kernmembran und entlässt seine DNS in das Kernplasma. Was sind die molekularen Mechanismen hinter diesem fein abgestimmten Programm des Zelleintritts und Viruszerfalls?
Bandtlow, Christine E. Wie Nervenfasern zu ihren Zielen finden 13-21 (1)
  Neuronale Wachstumskegel wandern oftmals über längere Distanzen zu ihren Zielgebieten, wobei die ungeheure Präzision der axonalen Wegfindung ein auffallendes Charakteristikum darstellt. Als Weglenkungs- und Positionserkennungsmoleküle dienen dabei sowohl lösliche als auch membrangebundene Faktoren, die in der unmittelbaren Umgebung der wachsenden Nervenfaser vorliegen und entsprechende Rezeptoren auf der Oberfläche des Wachstumskegels aktivieren. Man unterscheidet dabei mindestens vier verschiedene Wirkungsmechanismen: Anziehung durch Kontakt, Anziehung durch lösliche Faktoren (Chemoattraktion), Wachstums-Hemmung durch Kontakt und Abstossung durch lösliche Faktoren (Chemorepulsion). Derartige Wirkungsprinzipien werden von vielen Molekülen ausgelöst, die in verschiedene unterschiedliche Familien von neuronalen Lenkungs- und Erkennungsmolekülen zusammengefasst werden können, wie Zelladhäsionsmoleküle der Immunoglobulin Superfamilie, Netrine bzw. membrangebundene Hemmstoffe wie RAGS, die sich alle durch eine hochspezifische Wirkungsweise auszeichnen. Wir stehen sicher erst am Anfang in unserem Verständnis über die genaue Funktion dieser und anderer Moleküle während der Entwicklung bzw. bei der Regeneration des Nervensystems.
Mensch, Roland, Barbara Känel & Urs Uehlinger Kurzfristige Auswirkungen einer Entkrautung auf einen Mittellandbach (Chriesbach bei Dübendorf, ZH) 23-31 (1)
  In einem stark verbauten und nährstoffbelasteten Bach (Chriesbach, Kt. Zürich) untersuchten wir, wie sich die Entfernung von Wasserpflanzen auf die WirbellosenFauna, die Primärproduktion und die Respiration auswirkte. Durch den Schnitt der Pflanzen fiel der Wasserspiegel um mehr als die Hälfte, und die Fliessgeschwindigkeit verdoppelte sich. Die Entkrautung eliminierte 65% der Makroinvertebraten. Am stärksten betroffen waren die Larven der Simuliidae (Kriebelmücken) und der Chironomidae (Zuckmücken), welchen die Wasserpflanzen als Habitat dienen. Asellus (Wasserassel) und Gammarus (Bachflohkrebse) nahmen wahrscheinlich aufgrund der durch den Schnitt veränderten Strömungsverhältnisse ab. Die Primärproduktion sank um mehr als 50%, während die Respiration nur wenig auf den Eingriff reagierte. Die Primärproduktion erholte sich während vier Wochen vollständig. Hingegen waren im strukturarmen Chriesbach die Auswirkungen bei der Wirbellosen-Fauna auch vier Wochen nach dem Schnitt noch deutlich sichtbar.
Gassmann, Fritz Komplexe Systeme: Die Vereinigung von Chaos und Ordnung 41-48 (2)
  In den vergangenen zwei Jahrzehnten setzten sich innerhalb der exakten Naturwissenschaften neue Erkenntnisse durch, die zentrale Begriffe wie Determinismus und Vorhersagbarkeit makroskopischer Phänomene relativiert haben. Dadurch ereignete sich eine überraschende Öffnung gegenüber Lebensphänomenen, die grosse Hoffnungen auf einen Brückenschlag zwischen Physik und Biologie aufkommen lässt. Es werden die zentralen Begriffe Chaos und Selbstorganisation aus einem historischen Blickwinkel erläutert und hernach am Modellsystem Wasserrad illustriert. Anhand dieses Systems wird auch von einer neuen Entdeckung betreffend rauschinduzierte Chaos-Ordnungs-Übergänge berichtet. Abschliessend werden einige Fragen zur Berechenbarkeit natürlicher Systeme sowie zum möglichen Verständnis von Lebensvorgängen aufgeworfen.
Simon, Hans-Uwe Die physiologische und pathophysiologische Bedeutung des programmierten Zelltodes 49-53 (2)
  Wir haben in den letzten Jahren sehr viel über die Kontrolle und die Mechanismen des programmierten Zelltodes (PZT) gelernt. Trotzdem gibt es noch grosse Lücken in unserem Verständnis. Es sollte jedoch durch die Verfügbarkeit verschiedener Gene, die während des PZT eine grosse Rolle spielen, möglich sein, weitere wichtige Proteine in diesem Prozess zu identifizieren. Ziel ist es auch, neben den intrazellulären Mechanismen des PZT, in Zukunft die Überlebensfaktoren sowie deren spezifische Rezeptoren für jede einzelne Zelle zu definieren. Neben der wissenschaftlichen Grundlagenforschung ist es notwendig, die Rolle und Regulation des PZT bei Erkrankungen des Menschen zu studieren. Die Bedeutung dieser klinischen Forschung liegt nicht nur in einem besseren pathophysiologischen Verständnis, sondern vor allem auch in der Entwicklung von Therapeutika, die den fehigesteuerten PZT korrigieren. Diese Übersicht soll eine Einführung zur physiologischen und pathophysiologischen Rolle des PZT beim Menschen geben.
Leu, Urs B. Geschichte der Dinosaurierforschung 55—67 (2)
  Die Geschichte der Rekonstruktion der Dinosaurier wird unter Berücksichtigung von einigen seltenen Dokumenten geschildert, die im Paläontologischen Museum und der Zentralbibliothek in Zürich aufbewahrt werden. Auch die Schweizer Forschungsgeschichte findet Erwähnung, wobei der älteste, 1824 veröffentlichte Bericht über Dinosaurier in der Schweiz erstmals besprochen wird. Da die Ichthyosaurier und die Pterosaurier in der Öffentlichkeit häufig mit den Dinosauriern in Verbindung gebracht werden, sind auch sie Gegenstand dieser Darstellung.
Winand Brinkmann Die lchthyosaurier(Reptilia) aus der Mitteltrias des Monte San Giorgio (Tessin, Schweiz) und von Besano (Lombardei, Italien) - der aktuelle Forschungsstand 69—78 (2)
  Die mitteltriassischen marinen Schichten (Grenzbitumenzone, Untere Meride-Kalke, Kalkschieferzone) der Tessiner Kalkalpen an der schweizerisch-italienischen Grenze sind in Fachkreisen seit langem als klassisches reiches Fundgebiet (Monte SanGiorgio /Besano) hervorragend erhaltener Fische und vor allem verschiedenster Meeresreptilien, darunter Ichthyosauriem (Fisch-saurier), bekannt. Seit einigen Jahren beschäftigen sich auch Zürcher Paläontologen eingehend mit dem sehr umfangreichen Fischsaurier-Material jener Region. Der vorliegende Artikel gibt einen Überblick über den derzeitigen Stand dieser Forschungen.
Die Ichthyosaurier-Fauna der Grenzbitumenzone bzw. Besano-Formation (AnisiumfLadinium) der Tessiner Kalkalpen ist sehr vielfältig und umfasst sowohl mdividuen der kleinwüchsigen Mixosauriden Mixosaurus (ausgesprochen häufig) und Phalarodon (ein Exemplar) als auch mehrere grössere Shastasauriden, z. B. Besanosaurus und Cymbospondylus. Das MixosaurierMaterial, darunter Reste von Mixosaurus-Embryonen sowie ein weiterer Shastasauride vom Monte San Giorgio sind zurzeit in Bearbeitung. Über das Vorkommen der Gattung Phalarodon im Südtessin und die daraus ableitbaren Schlussfolgerungen wird an dieser Stelle zum ersten Mal berichtet.
René Hantke & Adrian E. Scheidegger Zur Morphogenese der Zürichseetalung 89-95 (3)
Die Arbeit befasst sich mit der Morphogenese von Zürichsee/Obersee und dessen Einzugsgebiet. Besonderes Augenmerk ist auf die markante Krümmung der Zürichseetalung und auf das augenfällige Durchschneiden der Ufererhebungen durch die Seitenflüsse gerichtet: die Bäche fliessen selten in der Fallinie in den See. Es wird gezeigt, dass die Genese der erwähnten morphologischen Elemente tektonisch bedingt ist: Die Haupttalung wurde durch die Platznahme der Decken vorgezeichnet; die Täler der zufliessenden Bäche werden durch die fortschreitende Plattenbewegung ständig weiter modelliert. Diese Tatsache wurde durch einen Vergleich der Orientierungsstruktur der Bäche im Einzugsgebiet mit derjenigen der neotektonischen Klüfte erhärtet.
Judith A. McKenzie, Miriam S. Andres & Crisogono Vasconcelos Wie Bakterien Steine bauen 97-104 (3)
Der multidisziplinäre Ansatz, der die Erde als ein geobio-chemisch-physikalisches System betrachtet, ermöglicht es, chemische Sedimente zu verstehen. Mit diesem Ansatz können die Gesteine auf der geologischen Zeitskala mit Prozessen der heutigen Umwelten verglichen werden. Diese wiederum liefern uns Material und Modelle, welche wir in unseren Labors testen können. Studien an Gesteinen zeigen, wie das Zusammenspiel von Bakterien und ihrer Umwelt in der Ausfällung chemischer Sedimente resultierte, angefangen bei den ältesten, auf 3,5 Milliarden Jahre datierten Sedimenten. Dagegen können uns Untersuchungen in modernen Umwelten Rückschlüsse auf die vorherrschenden Bedingungen in der erdgeschichtlichen Vergangenheit erlauben. Die Ausfällung von Dolomit ist ein Beispiel eines chemischen Sediments, welches den Einfluss der geomikrobiellen Aktivität bei der Entstehung von Dolomitgestein im Laufe der Erdgeschichte illustriert.
Mario Lippuner Springfrosch (Rana dalmatina BONAPARTE, 1840) in den Kantonen Zürich und Thurgau entdeckt 105-113 (3)
  Der Springfrosch (Rana dalmatina BONAPARTE) wird neu als Faunenelement der Kantone Zürich und Thurgau beschrieben. Da die Art im benachbarten Kanton Schaffhausen und im grenznahen Gebiet von Baden-Württemberg verbreitet ist, u. a. auch in der Kiesgrube der Enklave Büsingen, wurde bis anhin der Rhein in dieser Region als südliche Verbreitungsgrenze der Art betrachtet. Das Vorkommen von für R. dalmatina typischen Habitaten in nur durch den Rhein vom bisher bekannten Verbreitungsgebiet getrennten Teilen der Kantone Zürich und Thurgau veranlassten den Schreibenden im April 1996, einige Nassstandorte im grenznahen Gebiet zu besuchen, wobei R. dalmatina im südlich Büsingen gelegenen Schaarenwald (Gemeinde Unterschlatt TG) und auf dem Hamenberg ob Rudolfingen (Gemeinde Trüllikon ZH) nachgewiesen werden konnte. Im Frühjahr 1997 folgten weitere Feldbegehungen mit R. dalmatina-Funden in 13 Objekten. Im vorliegenden Bericht werden die Funde und die zugehörigen Habitattypen beschrieben. Aufgrund von Literaturangaben über R. dalmatina-Lebensräume werden Schutzmassnahmen aufgezeigt. — Vermessene und gewogene Adulte aus zwei verschiedenen Populationen ergaben bei den Männchen eine mittlere Kopf-Rumpf-Länge (mKRL) von 51,5 mm resp. 49.1 mm und ein mittleres Gewicht (mG) von 16,4 g bzw. 15,7 g, bei den Weibchen mKRL = 62,8 mm bzw. 62,1 mm und mG = 34,2 g bzw. 31,7 g. Ferner wird ein neues morphologisches Merkmal gezeigt, das die R. dalmatina-Larve von der R. temporaria-Larve unterscheidet.
Christian P. Braegger Was nützt die Grundlagenforschung der klinischen Medizin? Moderne Immuntherapie am Beispiel des Morbus Crohn 115-122 (3)
  Der Morbus Crohn gehört zur Gruppe der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen. Aus unbekannten Gründen ist diese Krankheit in den letzten 20 Jahren viel häufiger geworden, und der Krankheitsbeginn hat sich bei mehr als einem Drittel der betroffenen Patienten in die Kindheit verschoben. Die Krankheitsursache ist nicht bekannt. Die Behandlung ist oft nur unbefriedigend wirksam und hat viele Nebenwirkungen. Neuere Erkenntnisse der immunologischen und molekularbiologischen Grundlagenforschung haben jedoch das Verständnis der Krankheitsentstehung vertieft. Aus diesem Verständnis sind vor kurzem neue experimentelle Therapiemöglichkeiten entwickelt worden, die hoffnungsvolle Ansätze insbesondere auch für Kinder ermöglichen.
Martin A. Suhm Aus dem Gesellschaftsleben eines kleinen Moleküls:Eine Einführung in die Molekularsoziologie 133-143 (4)
  Wechselwirkungen zwischen Molekülen sind für Molekularbiologie und Materialwissenschaften von zentraler Bedeutung. Eine besonders wichtige Rolle nimmt hierbei die Wasserstoffbrückenbindung ein. Das einfachste Molekül, das solche Wasserstoffbrücken mit seinesgleichen eingehen kann, ist der Fluorwasserstoff (HF). Am Beispiel seiner Molekülaggregate wird das Wechselspiel von zwischenmolekularen Kräften und Bewegungsabläufen erläutert, wie es durch spektroskopische Experimente im Überschallstrahl und durch die Behandlung der Kerndynamik in vieldimensionalen Potentialhyperflächen aufgeklärt wurde. Gelegentlich wird von Analogien zum Gesellschaftsleben komplizierterer Spezies Gebrauch gemacht.
Jovan Pavlovic Abwehrstrategien gegen Grippeviren Induktion antiviraler Mx-Proteine durch Interferon 145-152 (4)
  Das Interferonsystem spielt eine wichtige Rolle bei der Abwehr von Virusinfektionen. Das Mx1 -Protein der Maus und das menschliche MxA-Protein sind interferoninduzierte GTPasen mit antiviraler Wirkung. Das Mx 1-Protein akkumuliert im Zellkern, wo es die Vermehrung von Influenzavirus und nahe verwandte Viren hemmt. Das zytoplasmatische MxA-Protein besitzt eine umfangreiche antivirale Spezifität gegen viele Negativstrang-RNS-Viren sowie gegen das Semliki-Forest-Virus, einem Vertreter der Positivstrang-RNS-Viren. Das Mxl-Protein hemmt die RNS-Synthese von Influenzaviren, welche im Zellkern von infizierten Zellen stattfindet. Dabei interferiert das Mxl -Protein mit der Funktion der PB2-Untereinheit der Pol ymerase des lnfluenzavirus. Das humane MxA-Protein hemmt —abhängig vom Virustyp — entweder die virale RNSSynthese oder spätere bis anhin nicht identifizierte Replikationsschritte. Die GTP-Bindungs- oder GTP-Hydrolyseaktivität der Mx-Proteine scheint essentiell für deren Aktivität zu sein. Die Funktion von MxA in vivo wurde in einem für das menschliche MxA transgenen Mäusestamm untersucht, der kein funktionelles Interferon-a/ß-System besitzt. Dabei zeigte sich, dass die Expression von MxA auch in Abwesenheit anderer interferoninduzierter Proteine ausreicht, um die Mäuse vor verschiedenen Viren zu schützen.
Urs Boutellier Auch die Atmung limitiert die körperliche Leistung bei gesunden Personen 153-159 (4)
  Verschiedene Faktoren können eine Leistung limitieren. Weil die Atmung die maximale Sauerstoffaufnahme nicht limitiert, ging man davon aus, dass die Atmung genügend Reserven für körperliche Leistungen hat. Wir konnten nun aber zeigen, dass die Atmungsmuskulatur bei intensiven Ausdauerleistungen eine wichtigere Rolle spielt, als bisher angenommen worden ist: Ein isoliertes Atmungstraining verlängerte die Fahrradausdauerleistung von inaktiven Personen um 50% und von Ausdauersportlern um 38%. Die genauen Zusammenhänge zwischen dem Atmungstraining und der dadurch verbesserten Ausdauerleistung sind noch nicht bekannt.
Nazario Pavoni Geologische Exkursion an die Lägern vor 160 Jahren 161-168 (4)
  Das Neujahrsblatt (XXXIX. Stück) der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich auf das Jahr 1837 beschreibt die Durchführung einer geologischen Exkursion mit einer Gruppe von jungen Leuten von Zürich aus an die Lägern und nach Würenlos. Ziel des Unternehmens ist es, Versteinerungen der Jurazeit (Lägern) und der Molasse (Würenlos) kennen zu lernen und aufzusammeln. Die Tafel 1 des Neujahrsblattes zeigt ein gut gelungenes Lebensbild mit Sauriern (Megalosaurus, Ichthyosaurus, Plesiosaurus, Flugsaurier), Krokodilen, Schildkröten und andern Tieren der Jurazeit. Als Ursache für die Hebung des Juragebirges werden in dem Neujahrsblatt irrtümlicherweise noch vulkanische Kräfte angenommen. Im Zusammenhang mit der Entstehung des Juragebirges wird deshalb in der vorliegenden Betrachtung auch auf die aus der gleichen Zeit stammenden, wenig bekannten, sehr genauen tektonischen Untersuchungen von ALBERT M0USSON (1840) im Gebiet von Baden hingewiesen. Mousson führt die Heraushebung des Juragebirges richtigerweise auf die Wirkung eines seitlichen Druckes zurück. — Ein kurzer Vergleich der Situation von damals mit heute lässt uns die gewaltigen, erschreckend raschen Veränderungen unseres Lebensraumes bewusst werden und mahnt zur Besinnung.
Nazario Pavoni Diskussionsbeitrag zum Forum-Artikel "Zur Morphogenese des Zürichseetalung" von R.Hantke & A.E. Scheidegger  169-172 (4)
  Ohne Zusammenfassung  

 
 
1996  141. Jahrgang   
Ruth Dreifuss Ethik und Verantwortung in der Wissenschaft 3-7 (1)
  Die Bedingungen des künftigen Erfolgs des Denkplatzes Schweiz werden analysiert. Als eine von vier Bedingungen wird festgestellt, dass die Wissenschaft das Vertrauen der Öffentlichkeit braucht, nicht nur wegen der hohen Kosten, sondern auch, weil die Akzeptanz der Forschungsfreiheit von grösster Bedeutung für den Fortschritt unserer Gesellschaft ist. In den letzten Jahren hat sich jedoch die Skepsis weiter Bevölkerungskreise gegenüber Forschung und Technologie verstärkt. Der rasche Wandel und die zunehmende Komplexität der Technologien verunsichern die Öffentlichkeit. Sie stellt sich daher die Frage: Weiss die Wissenschaft selbst noch, was sie tut und wie sich ihre Tätigkeit auf die Gesellschaft auswirkt? - Auf zwei umstrittene Bereiche wird besonders eingegangen: Kernenergie und Gentechnologle. In beiden Bereichen stellen sich ethische Probleme mit einer solchen Brisanz, dass sie nicht als individuelle, sondern nur als gesellschaftliche und politische Fragen entschieden werden können.
J. Osterwalder Atomare Struktur auf Katalysatoroberflächen 9-15 (1)
  Die moderne Oberflächenphysik und -chemie kennt heute verschiedene Messmethoden, welche einen tiefen Einblick in die Struktur an Oberflächen gewähren, bis hin zu den Positionen der Oberflächenatome. Am Beispiel der heterogenen Katalyse soll aufgezeigt werden, wieso solche mikroskopische Erkenntnis relevant ist für das Verständnis von makroskopischen Oberflächeneigenschaften. Als Illustration soll die Struktur einer halben Monolage Gold auf einer Platin(110)-Oberfläche dienen, welche mit Hilfe der relativ neuen Methode der Photoelektronenbeugung untersucht wurde.
Milos Opravil Wie profitieren Mikroorganismen von einer abgeschwächten Immunabwehr? 17-28 (1)
  m Verlauf der Evolution haben Infektionserreger verschiedene Wege gefunden, der Immunabwehr zu entgehen. Eine von Viren - z.B. Herpesviren oder HIV -genutzte Strategie ist das Einbringen der genetischen Information in die befallenen menschlichen Zellen, die dann chronisch infiziert bleiben. Gewisse Bakterien oder Parasiten vermögen zudem in den Makrophagen oder abgekapselt in einer Gewebszyste während des ganzen Lebens zu persistieren, ohne Symptome zu verursachen. Häufige Mutationen und Antigenvariation können die Erkennung durch das Immunsystem zusätzlich behindern. Schliesslich können auch die Zellen des Immunsystems selbst befallen werden, wodurch die Immunabwehr direkt oder indirekt behindert wird.
Bei Immunschwäche kann sich eine Infektion leichter etablieren, auch mit Erregern, die normalerweise nicht pathogen sind. Häufig finden zudem Reaktivierungen latenter Infektionen statt. Schwere und chronische Krankheitsverläufe sind die Regel. Ohhe wirksame Hilfe des Immunsystems können die Erreger trotz Antibiotikagabe nur unvollständig eliminiert werden. Die besseren Bedingungen für die Vermehrung der Mikroorganismen unterstützen die Entstehung von Resistenzen und erschweren die Therapie.
Heinz Hilbrecht & Brigitte Graf-Pinthus 3D-Morphometrie am Gaumen mit einfacher Bildanalyse: Ein «spin-off» aus der Mikropaläontologie in die Medizin 29-33 (1)
  Für die Behandlung von Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten stehen verschiedene Methoden zur Verfügung, deren gemeinsames Ziel die Herstellung einer normalen Gaumengeometrie ist. Wir haben mit Hilfe der Röntgenabsorption die Höhenvariation in Gipsabgüssen behandelter Gaumen in ein zweidimensionales Bild transformiert, die Grauwerte im Bild in Gipsdicken umgerechnet und entlang von drei Messlinien mit Hilfe eines Bildanalyse-Systems gemessen. Die Methodik wurde so gewählt, dass alle Schritte von der Bilderzeugung, der Bildanalyse und der Datenauswertung von Medizinern ohne spezielle Erfahrungen mit Bildanalyse intuitiv nachvollziehbar und in die Erfahrung mit den Patienten übertragbar sind. Die beiden untersuchten Behandlungsverfahren für Gaumenspalten liefern vergleichbare Ergebnisse, wobei eines die Behandlung der Kleinkinder deutlich früher abschliesst.
Späni, Dieter Jugendpreis der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich (1995):Ilona Grimm 41-42 (1)
  Mamitu und ihre Kinder, Mutter-Kind-Beziehungen bei Gorillas im Zoo
David Nadal Epstein-Barr-Virus in Tumorzellen: Blinder Passagier oder Steuermann? 45-52 (2)
  Das zu den Herpesviren gehörende menschenspezifische Epstein-Barr-Virus (EBV) wurde vor etwas mehr als 20 Jahren entdeckt und lässt sich in gewissen Tumoren nachweisen. Dies berechtigt zur Frage, ob das Virus die Tumorbildung verursacht. Die Erstinfektion erfolgt meist in frühen Lebensjahren und kann Pfeiffersches Drüsenfieber verursachen (infektiöse Mononukleose). Trotz gezielter Immunabwehr des menschlichen Organismus wird das EBV nicht aus dem Körper verbannt. Rund 95 % der Erwachsenen tragen das Virus in sich. Hauptziel des EBV sind B-Lymphozyten, in denen es als lytische (produktive) oder latente Form auftreten kann. Letztere verleiht den infizierten B-Zellen erhöhte Vermehrungspotenz, die bei immunobgisch gesunden Individuen aber durch zytotoxische T-Lymphozyten begrenzt wird. Dem Zugriff der T-Zellen kann sich das EBV durch Minderung der Expression oder Mutation von Latenzgenen entziehen. Den exprimierten Genmustern zufolge scheint das EBV sich bei Tumoren von immunkompetenten Individuen als «blinder Passagier» oder «Saboteur mit Tarnkappe» zu verhalten. Demgegenüber agiert das EBV in Tumoren immunkompromittierter Individuen zweifellos als «Steuermann».
Hannes Schüepp & Beat Frey Das komplexe und dynamische Zusammenspiel von Arbuskularen Mycorrhiza-Pilzen und Pflanzen 53-63 (2)
  Die Arbuskularen Mykorrhizen bilden eine allgemein verbreitete, gegenseitig vorteilhafte Symbiose zwischen Pflanzen nnd Pilzen. Sie kommen bei fast sämtlichen Pflanzenarten in natürlichen wie auch in landwirtschaftlich genutzten Ökosystemen vor. Von den intensiv besiedelten Wurzeln aus durchdringen die Pilze den ganzen Boden mit einem dichten Hyphengeflecht. Die Arbuskularen Mycorrhiza-Pilze stellen eine wichtige Verbindung der Pflanzen zu den biotischen und abiotischen Komponenten des Bodens dar. Die Symbiose mit ihren vielseitigen positiven Auswirkungen, sowohl bezüglich der Ernährung und Entwicklung der Pflanzen als auch bezüglich der Bodenstruktur und der Bioaktivität, ist erst in neuerer Zeit zum Thema intensiver, interdisziplinärer Forschung geworden. -Anhand einiger Beispiele sollen Resultate über die Dynamik der Biomasse der Mycorrhiza-Pilze und deren Bedeutung beim Stickstoffkreislauf im Boden, insbesondere bezüglich Transport und Verfügbarkeit des Stickstoffes vorgestellt werden.
Ralph Bernd Vogel, Heinz Egger & Fritz Hans Schweingruber Interpretation extremer Jahrringwerte in der Schweiz anhand von klima-historischen Aufzeichnungen zwischen 1525 und 1800 A.D. 65-76 (2)
  Nachdem der Astronom Andrew Ellicot Douglass anhand von Holzüberresten die berühmten amerikanischen Felsensiedlungen Pueblo Bonito datieren konnte, haben Historiker und Archäologen in aller Welt die dendrochronologischenDaten in ihre Forschnngen einbezogen. In Europa wurde die Fällungszeit von Tausenden von Stämmen in historischen Kontexten datiert. Die klimatologische Auswertung blieb bis anhin weitgehend aus, weil die Jahrringe von Hölzern aus den ehemaligen Siedlungsgebieten wenig Informationen enthalten. Wenn jedoch nur die extremen Jahrringe - auffallend breite oder schmale - beachtet werden, lassen sich Zusammenhänge zu extremen klimatischen Ereignissen herstellen. Mit der Kartierung der sog. Weiserwerte und -intervalle im klimatisch einheitlichen Raum des schweizerischen Mittellandes lassen sich mit Hilfe der klimahistorischen Aufzeichnungen Jahre erkennen und erklären, so Jahre mit sehr kalten Wintern (z.B. 1624) und trockene oder nasse Sommer (z.B. 1636 oder 1673). Für einige Jahre stimmen die dendrochronologischen Informationen nicht mit jenen der Klimageschichte überein. Daher können wir in Zukunft Aussagen klimahistorischer Archive mit dendrochronologischen Informationen ergänzen.
Fritz Bucher Schutz für Nashörner: Ein Beispiel aus Kenya 77-80 (2)
  Nashörner sind weltweit bedroht, weil ihr natürlicher Lebensraum schwindet und sie ihrer Hörner wegen getötet werden. Selbst das früher häufige afrikanische Spitzmaulnashorn dessen Populationen 1968 noch auf 11 000 bis 13 500 Individuen geschätzt wurden, ist, mit heute noch insgesamt rund 2500 Individuen, in vielen afrikanischen Ländern am Aussterben. Einzig in Südafrika, Namibia und Kenya sind die Populationen stabil oder nehmen sogar zu. Ähnliches oder noch Schlechteres gilt für alle anderen Nashornarten in Afrika bzw. Asien. Nach einem kurzen Überblick über die Verfolgungsjagden im 19. Jahrhundert wird auf die heutige Situation eingetreten und festgestellt, dass die Nashörner nur dann eine Überlebenschance haben, wenn sie in gut bewachten, übersichtlichen und eingezäunten Schutzgebieten gehalten werden. Wichtig ist, dass die einheimische Bevölkerung in das Schutzprogramm miteinbezogen wird. - Spezifisch wird das vom Zürcher Tierschutz unterstützte «Ngare Sergoi Rhino Sanctuary» in Lewa Downs, im Norden Kenyas, detaillierter vorgestellt.
Elisabeth I. Minder, X. Schneider-Yin, B. Schäfer & U. Rüfenacht Porphyrien im Wandel der Zeit: Von der Biochemie zur Gentherapie 93-101 (3)
Porphyrien sind eine Gruppe von angeborenen Stoffwechselstörungen. Hauptsymptome der Porphyrien sind anfallsweise auftretende Bauchschmerzen und psychische Veränderungen einerseits oder aber eine Überempfindlichkeit auf Sonnenlicht andererseits. Berühmte Persönlichkeiten, die möglicherweise an einer Porphyrie litten, sind Vincent van Gogh und König Georg III. von England. Die Diagnose einer Porphyrie basiert auf dem Nachweis erhöhter Stoffwechselprodukte in verschiedenen Körperflüssigkeiten. Die Ursache der Porphyrien liegt in vererbten Defekten einzelner Enzyme der Biosynthesekette von Häm. Verschiedene molekulargenetischen Defekte dieser Enzyme sind heute bekannt, die zu einer Reduktion der Enzymaktivität führen. Durch gezielte, künstlich eingeführte Veränderungen in der Gensequenz können solche veränderten Enzyme in vitro hergestellt, die Reduktion der Enzymaktivität gemessen und mit dem Schweregrad des klinischen Bildes korreliert werden.
Da bei den meisten dieser Porphyrien keine effektive Therapie existiert, setzt man heute die Hoffnungen in die somatische Gentherapie, die erlauben soll, das defekte Gen durch ein gesundes Gen zu ersetzen. Bei zwei Porphyrie-Formen sind bereits in vitro-Versuche erfolgreich verlaufen. Jedoch sind bis zur Anwendung am Patienten noch einige wesentliche Hindernisse zu überwinden.
Stefan Scheib Das Gamma Knife: Medizinphysik im Dienste der Neurochirurgie 103-111 (3)
  Seit September 1994 ist das erste und bislang einzige Gamma-Knife in der Schweiz in der «Klinik Im Park» in Zürich in Betrieb. Es ist für die stereotaktische Radiochirurgie klein- und kleinstvolumiger, gut- und bösartiger Tumoren und Gefässmissbildungen in der Tiefe des Gehirns optimiert. Die stereotaktische Radiochirurgie zeichnet sich durch eine räumlich äusserst präzise Bestrahlung aus, die in einer einzigen Sitzung durchgeführt wird. Das Verfahren kann einen offenen neurochirurgischen Eingriff ersetzen oder ergänzen. Um eine genügend hohe Dosis im Zielgebiet, bei gleichzeitiger Schonung des umliegenden gesunden Gewebes zu erhalten, stehen 201 eng gebündelte 60Kobalt-Gammastrahlen zur Verfügung. Durch geeignet gewählte Bestrahlungspositionen kann das dreidimensional beliebig geformte Zielgebiet nahezu exakt mit der notwendigen therapeutischen Dosis abgedeckt werden. Weltweit wurden mit dieser Methode bislang mehr als 42 000 Patienten an 70 Behandlungszentren therapiert. Der Eingriff, der zwischen 3 und 8 Stunden dauert, kann, je nach Allgemeinzustand des Patienten, während einer Kurzhospitalisierung oder ambulant durchgeführt werden.
Ursula E. Spichiger-Keller Inwiefern gleichen chemische Sensoren Sensillen? 113-122 (3)
  Biologische Sinnesorgane wie die Antennulae von Krabben oder selbst einfache Geschmacks- oder Geruchs-Sinneshaare von Insekten zeigen einen komplexen Aufbau, haben eine anspruchsvolle Energieversorgung und geben eine ebenso komplexe Antwort. Das Ziel der Konstruktion chemischer Sensoren ist es jedoch, einfache und zweckmässige Instrumente für den Einsatz in der analytischen Chemie zu schaffen. Chemische Sensoren im engeren Sinn lassen sich auf der Basis von synthetischen Wirtsmolekulen planen und realisieren. Die Umgebung, in welcher die Wechselwirkung zwischen dem Wirts- und einem Gast- oder Zielmolekul stattfindet, trägt wesentlich zur Selektivität bei. Komponenten von biologischen Sinnesorganen

- z. B. Enzyme oder spezifische Rezeptormoleküle -macht man sich in chemischen Sensoren zu Nutze, um eine vorgegebene Diskriminierung von Störkomponenten zu erreichen. Diese Sensoren werden Biosensoren i. e. 5. genannt. Allen chemischen Sensoren gemeinsam ist die Eigenschaft, reversibel bzw. schnell regenerierbar auf die wechselnden Konzentrationen von «Reizstoffen» bzw. Analyten zu reagieren und deshalb für kontinuierliche Messungen einsetzbar zu sein. Die verschiedenen Typen chemischer Sensoren lassen sich in einem dreiteiligen Schema zusammenfassen: (1) Ein Teil der molekularen Erkennung wird (2) gefolgt vom Transduktionsteil (der die molekulare Erkennungsreaktion in eine physikalische Grösse umwandelt) und dieser (3) vom Teil der Signalverarbeitung und Bereitstellung von Information.

Edwin Urmi & Norbert Schnyder Puzzle statt Schach: Eine naturräumliche Mosaikkarte der Schweiz und Liechtensteins in digitaler Form 123-131 (3)
  Die Autoren stellen ein digitalisiertes Naturraumnetz der Schweiz und Liechtensteins vor, das sie erarbeitet haben, um Verbreitungsdaten von Moosen kartographisch darzustellen. Bei der Herstellung dieser Karte wurde darauf geachtet, dass die einzelnen Flächeneinheiten in bezug auf Untergrund und Klima möglichst homogen und in der Grösse untereinander vergleichbar sind. Das Produkt ist im Hinblick auf Verwendung mit ARC/INFO® zusammen konzipiert, doch ist es auch in andere geographische Informationssysteme übertragbar. Es umschreibt für die Schweiz 413 naturräumliche Einheiten mit einer mittleren Fläche von genau 100 km2, für Liechtenstein 2 etwas kleinere. Das System hat sich für den ursprünglich vorgesehenen Zweck bewährt, kann aber mit oder ohne Modifizierung auch für die Verarbeitung und Darstellung anderer geographischer Daten Verwendung finden.
Klaus Ensslin Klassisches Chaos und Quantentransport: Experimente an Halbleiter-Nanostrukturen 146-152 (4)
  Heutige Halbleiter-Bauelemente basieren auf dem diffusiven Transport von Ladungsträgern. Ein Elektron wird typischerweise an vielen Störstellen gestreut, während es durch einen Transistor hindurch transportiert wird. Moderne Halbleiter sind so rein und haben so kleine laterale Abmessungen, dass Elektronen ballistisch wie eine Billardkugel durch das System hin-durchlaufen können. In diesem Artikel behandeln wir sogenannte Antidot-Übergitter, in denen ballistische Elektronen durch ein periodisches Potential sausen. Der Widerstand eines solchen Halbleiterelements zeigt als Funktion des Magnetfelds ausgeprägte Maxima, die auftreten, wenn der klassische Zyklotron-Durchmesser kommensurabel mit der Gitterperiode ist. So erhält man Informationen über den klassischen Phasenraum eines Teilchens sowie über dessen chaotische und reguläre Anteile. Bei tiefen Temperaturen wird die quantenmechanische Phase der Elektronen wichtig, und die klassischen Widerstands-Oszillationen werden von quantenmechanischen reproduzierbaren Fluktuationen überlagert.
Beat Keller Gentechnik und unser tägliches Brot: Traditionelle und gentechnische Nutzung der Biodiversität
von Wildgräsern in der Weizenzüchtung
153-160 (4)
  Die Verbesserung der Resistenz gegen Krankheiten ist in der Weizenzüchtung ein zentrales Zuchtziel. Viele der gewünschten Resistenzen gegen pilzliche und virale Krankheitserreger sind im Genpool des Weizens nicht vorhanden. Oft werden jedoch solche Gene in Wildgräsem gefunden, die mit Weizen verwandt sind. Mit sexuellen Kreuzungen und cytogenetischen Methoden ist es seit längerer Zeit möglich, Resistenzgene aus verschiedenen Wildgräsern in den Weizen einzukreuzen. Bei diesen Einkreuzungen werden grosse Chromosomenstücke aus dem Wildgras in den Weizen übertragen. Auf diesen grossen Fragmenten liegen sehr viele Gene, die neben der gewünschten Krankheitsresistenz oft auch zu unerwünschten, für moderne Sorten negativen Merkmalen führen. Deshalb wurde bis heute nur ein sehr kleiner Teil der im Genpool der Wildgräser vorhandenen Eigenschaften in kommerziellen Sorten genutzt. Um die genetische Diversität von Resistenzgenen in den Wildgräsern für die Weizenzüchtung in grösserem Umfang nutzen zu können, müssten die Gene mit gentechnischen Methoden isoliert und damit von anderen Wildgrasgenen getrennt werden. Die Fortschritte in der Charakterisierung von Resistenzgenen in Getreide werden kurz am Beispiel von Reis und Weizen beschrieben. In den nächsten Jahren ist die Isolation einer grösseren Zahl von Resistenzgenen aus Wildgräsern und auch aus Weizen selber zu erwarten.
Margret Schlumpf & Walter Lichtensteiger Hormonaktive Umweltchemikalien: Ihre Rolle beim Artenverlust der Fauna 161-171 (4)
Der Verlust an Tierarten in diesem Jahrhundert ist mehrheitlich auf menschliche Tätigkeit zurückzuführen. Neu ist eine Beschleunigung der Abnahme innerhalb der letzten drei bis fünf Jahrzehnte. Neben Habitatzerstörung ist die hohe Belastung mit Chemikalien aus der Umwelt dafür mitverantwortlich. Zahlreiche Beispiele vom Zooplankton bis zum Menschen dokumentieren eine Beziehung zwischen Fortpflanzungs- und Entwicklungsstörungen einerseits und der Belastung mit bioakkumulierenden Umweltchemikalien anderseits, namentlich Organochemikalien und Schwermetallen. Indessen ist es heute noch nicht möglich, die wirkliche Bedeutung einer langfristigen Belastung abzuschätzen, vor allem wegen fehlender Daten über toxische Wirkungen im niedrigen Dosisbereich bei langdauernder Exposition, d. h. während einer ganzen Generation oder länger. Von besonderem Interesse sind in diesem Zusammenhang hormonaktive Chemikalien, die mit der Regulation von Körperfunktionen durch Hormone interagieren. Solche Interaktionen können in Adultorganismen direkt mit der Reproduktion interferieren oder, während kritischen Phasen der Entwicklung, zu bleibenden Funktionsstörungen führen. Wir stehen heute vor einer wachsenden Diskrepanz zwischen der grossen Zahl bioakkumulierender Umweltchemikalien und einer zu geringen Zahl repro- und entwicklungstoxikologiseher Daten.
Daniel Jeanmonod, Michel Magnin & Anne Morel Gemeinsame thalamische Pathophysiologie für sensorische, motorische und limbische positive Symptome beim Menschen 173-181 (4)
  Nach Verletzungen im Nervensystem können positive Symptome entstehen. Die häufigsten sind neurogene Schmerzen, Tinnitus, abnormale Bewegungen, Epilepsie und gewisse neuropsychiatrische Symptome. Während stereotaktischen Operationen im medialen Thalamus bei 104 Patienten mit chronischen, therapieresistenten positiven Symptomen zeigten Einzelzellableitungen mit Mikroelektroden, dass 99% der 2012 Zellen keine Antwort auf sensorische Stimulationen und motorische Aktivität gaben. 45% dieser stummen Zellen hatten salvenartige Aktivitäten mit einem Rhythmus von 3-5 Hz. Die Eigenschaften dieser Salven sind die von «bw threshold calcium spike (LTS) bursts», die in Zusammenhang mit einer Hemmung von thalamischen Zellen auftreten. Diese Salven waren identisch bei allen positiven Symptomen. Operationen im medialen Thalamus und im Pallidumerreichen eine Reduktion oder Entlastung der positiven Symptome. Aufgrund dieser elektrophysiologischen und klinischen Daten schlagen wir ein einziges Konzept für alle positiven Symptome vor, zentriert auf eine selbstunterhaltende thalamische Zelihemmung, ähnlich wie sie in allen Stadien des Tiefschlafs beobachtet wird.

 
 
 
1995  140. Jahrgang    
Beat Akeret & Fred Stössel Vergleichende ökologische Untersuchungen an neun Weihern im Norden des Kantons Zürich 3-17 (1)
  In 9 Weihern wurden zu verschiedenen Jahreszeiten physikalische und chemische Daten erhoben. Gleichzeitig wurde die Besiedlung der Gewässer untersucht. Es wurden regelmässig mischende wie auch nicht mischende Weiher gefunden. Die Nährstoffkonzentrationen waren sehr unterschiedlich. Alle Gewässer waren insbesondere im Sommer partiell anaerob und hatten meistens nahe der Oberfläche nur geringe Sauerstoffkonzentrationen. Trotzdem wurde in 7 der 9 Weiher eine hohe Biodiversität festgestellt. Insgesamt wurden 192 Taxa ermittelt. Davon wurden 9% (18) in mehr als 4 Weihern nachgewiesen, aber nur 1 Art war in allen Weihern zu finden. 65% (124) aller Taxa wurden jeweils nur in einem Weiher, 20% (38) nur in deren zwei gefunden. Die Untersuchung zeigt, dass jedes Kleingewässer ein eigenes Gepräge besitzt und Weiher untereinander nur bedingt vergleichbar sind.
Robert Weibel Geographische lnformationsverarbeitung und digitale Geländemodellierung 19-29 (1)
  Mit Hilfe der digitalen Geländemodellierung lassen sich Einflussfaktoren der Geländetopographie numerisch modellieren und reliefabhängige Prozesse simulieren. Die digitale Geländemodellierung dient uns hier als Beispiel, um die Einsatzmöglichkeiten und das Potential der Geographischen Informationsverarbeitung aufzuzeigen , eines wesentlichen Bestandteils der modernen geographischen Forschung. Nach einer Einführung in den Kontext des Themas werden anhand von Anwendungsbeispielen der Geländemodellierung drei zentrale Zielsetzungen der Geographischen Informationsverarbeitung vorgestellt: die Informationsextraktion, die quantitative Modellierung räumlicher Prozesse und die Visualisierung komplexer räumlicher Zusammenhänge sowie die entsprechenden Methoden.
Gaby Hänggi, & Peter Felder Laser in der Medizin 31-34 (1)
  Die stetige Weiterentwicklung der Lasertechnologie hat in der medizinischen Therapie und Diagnostik in den letzten Jahren zu bemerkenswerten Fortschritten geführt. In der Chirurgie wird der Laser als lokalisierte Heizquelle zur Gewebeabtragung und zur Blutstillung verwendet. In Verbindung mit geeigneten Photosensibilisatoren wird Laserlicht bei der photodynamischen Therapie zur Behandlung von Tumoren eingesetzt. Gepulste Hochleistungslaser erlauben zudem durch Erzeugung von Schockwellen die Zertrümmerung verschiedener Steine im Körperinneren.
Martin Krause Infektionskrankheiten im Wandel: Molekulare Aspekte der Pathogenese 35-41 (1)
  Ein kurzer medizinhistorischer Abriss der Geschichte der Infektionslehre, der Krankheitsprävention und der «goldenen Zeit der Antibiotika» leitet über zu den modernen Problemen der Infektiologie. Antibiotika-Resistenz und das Auftreten alter und neuer Infektionskrankheiten zeigen, dass Forschung in der Infektiologie und medizinischen Mikrobiologie immer noch notwendig ist. Längere Zeit wurde die Erforschung der pathogenen Keime zugunsten der Forschung über das Wirts-Immunsystem und seine Signalstoffe vernachlässigt. Heute ist man sich wieder bewusst, dass die Mikrobe bei der Infektion und dem Krankheitsgeschehen eine ebenso wichtige Rolle spielt wie der Wirt und sein Immunsystem. Die Begriffe der Pathogenität und Virulenz der Keime werden diskutiert. Der Hauptteil der Arbeit ist denn auch der Virulenz und ihren molekularen Aspekten gewidmet. Als Stichwörter seien erwähnt: Virulenzgene beim Choleraerreger und das Choleratoxin mit seiner verheerenden Wirkung; Salmonellen und die Regelung ihrer Virulenzgene durch Signale sowie molekulare Mechanismen; das Pestbakterium und seine genetischen Anpassungsmechanismen an die wechselnden Temperaturen bei den Ratte - Rattenfloh -Mensch-Wirtswechseln.
Jean-Pierre Burg Wie viele Jahre können Berge bestehen, bevor sie im Meer verschwinden? 51-60 (2)
  Die natürliche Verformung von Gesteinen ist die rheologische Reaktion von Erdkrustenmaterial auf Kräfte, die von grossräumigen Bewegungen zwischen Lithosphärenplatten hervorgerufen werden. Strukturen zeigen uns auch, dass ganze Gebirgsketten wegen der gravitativen Kräfte, die auf die verdickte, heisse Kruste einwirken, langsam in sich zusammensacken. Die darauffolgenden vertikalen Bewegungen und topographischen Veränderungen können Veränderungen der Windzirkulation erzwingen und dadurch auch Einfluss auf das globale Klima nehmen. In der Vorlesung wird diese unerwartete Beziehung zwischen internen und externen geodynamischen Systemen entwickelt und die Aufzeichnung der geologischen und klimatischen Geschichte der Erde vor ca. 300 Millionen Jahren verfolgt.
Jean-Michel Hatt Falke und Gepard -Jagdgenossen des Menschen 61-68 (2)
  Um bestimmte Beutetiere erfolgreich jagen zu können, hat der Mensch, mangels technischer Hilfsmittel, seit altersher gezähmte Wildtiere eingesetzt. Über den eigentlichen Nutzen hinaus hat sich daraus eine intensive Beziehung Mensch - Tier entwickelt, die sich in zahlreichen Überlieferungen manifestiert.
In diesem Beitrag wird auf die Geschichte der Jagd mit Geparden und Falken eingegangen. Beide Traditionen hat die Modernisierung der Jagdwaffen stark beeinflusst. Der Rückgang der Gepardpopulation führte zum Aussterben dieser Jagdmethode. Der Fortbestand der Falknerei in Europa hingegen scheint heute, nach einigen Tiefpunkten, gesichert. Dies nicht zuletzt dank grossen Anstrengungen von Seiten der Falkner auf dem Gebiet des Greifvogelschutzes und der Biotoperhaltung.
Werner Schmid Der genetische Mosaicismus beim Menschen 69-74 (2)
  Verschiedene Arten von genetischem Mosaicismus sind nicht nur biologisch betrachtet interessant, sondern haben auch eine klinische Bedeutung in der medizinischen Genetik. Dies gilt besonders für Neumutationen im frühen Embryo, für die mutative Entstehung von Krebszellen und für den Mosaicismus bei Patienten mit Chromosomenaberrationen. Die Zufallsereignisse bei der Inaktivierung des einen X-Chromosoms in den Zellkernen der Frau führen dazu, dass Konduktorinnen auftreten, die klinisch manifest an Hämophihe oder Muskeldystrophie vom Typ Duchenne leiden. Mosaicismus ist auch verbreitet bei den neuentdeckten Triplett-Repeat-Krankheiten, zu denen die Chorea Huntington und die myotone Dystrophie zählen. Ihre Triplett-Expansionen sind nicht nur meiotisch, sondern auch mitotisch instabil. Durch Mutationen oder Chromosomenstückausfall im mitochondrialen Chromosom bedingte Krankheiten sind überhaupt nur im Mosaikzustand mit dem Leben vereinbar.
Christian Sengstag Prädisposition für Dickdarmkrebs: Familiäre Vererbung mutierter DNS-Reparaturgene 75-82 (2)
  Kürzlich erzielte Forschungsresultate bestätigen, dass gewisse Formen von Dickdarmkrebs vererbt sind. Systematisches Absuchen des Erbguts in Angehörigen betroffener Familien brachte vier Gene zutage, welche in krebserkrankten Familienangehörigen verändert vorliegen. Aufgrund grosser Ähnlichkeit der neu identifizierten Gene hMSJI2, hMLHl, hPMSI und hPMS2 mit bekannten bakteriellen Genen konnte deren Funktion geklärt werden. Sie codieren für DNS-Reparaturenzyme, welche an der Erkennung und Beseitigung von DNS-Fehlpaarungsstellen (Mismatches) beteiligt sind. Die beobachteten Veränderungen in den Genen bewirken einen Defekt in der Beseitigung spontaner DNSSchäden, was häufig im Ausbruch von Krebs endet. In diesem Artikel wird der Weg der Entdeckung dieser vier Gene beschrieben.
Bernhard Ryffel Interleukin12: Adjuvans in der Tumor-Therapie? - Biologische Aktivität und Gedanken zur Toxizität von Interleukin 12 83-87 (2)
  Interleukin 12 (IL-12) wird von Makrophagen und BLymphozyten als Antwort auf Bakterien, Bakterienprodukte und intrazelluläre Parasiten im Körper freigesetzt und verbindet die natürliche Resistenz mit der erworbenen Immunantwort. IL- 12 stimuliert das Immunsystem, insbesondere natürliche Killerzellen und zytotoxische Lymphozyten, welche eine wichtige Funktion in der Abwehr gegen Infekte und Tumorzellen haben. Die wesentlichen biologischen Eigenschaften von IL- 12 in vivo - und speziell Ergebnisse aus der experimentellen Krebstherapie - sind kurz dargestellt. Die Pläne für die klinische Anwendung werden zusammen mit dem zu erwartenden Nebenwirkungsspektrum von IL- 12 diskutiert.
Gabriella Hänggi Kontrastmittel in der bildgebenden Diagnostik 97-104 (3)
  In den letzten zwanzig Jahren haben die bildgebenden Verfahren in der medizinischen Diagnostik eine schnelle und beeindruckende Entwicklung gezeigt. Die konventionelle Röntgendiagnostik erhielt durch die Möglichkeit der digitalen Bildaufzeichnung und der nachfolgenden Computerauswertung einen grossen Aufschwung. Neben dieser auf Röntgenstrahlung basierenden Methode sind auch auf anderen physikalischen Prinzipien beruhende Verfahren wie die Ultraschalldiagnostik und die Magnetresonanztomographie eingeführt worden. Durch den gezielten Einsatz dieser modernen bildgebenden Methoden können heute sehr detaillierte Informationen über pathologische Veränderungen im menschlichen Organismus gewonnen werden. Dies beruht jedoch nicht nur auf apparativen Fortschritten, sondern in entscheidendem Masse auch auf der Entwicklung entsprechender Kontrastmittel. Für die Röntgendiagnostik stehen mittlerweile sehr gut verträgliche iodhaltige Substanzen zur Verfügung, die sich durch einen breiten Anwendungsbereich auszeichnen. Zur Kontrastverstärkung bei Ultraschalluntersuchungen wurde ein Präparat auf der Basis von Mikrobläschen entwickelt, welches gegenwärtig aber erst in der Kardiologie Verwendung findet. In der Magnetresonanztomographie werden paramagnetische Gadoliniumkomplexe eingesetzt, wodurch Tumoren und Metastasen im Gehirn und in Weichteilen mit hoher Empfindlichkeit nachgewiesen werden können. Superparamagnetische Magnetitpartikel erlauben aufgrund ihrer selektiven Anreicherung im gesunden Lebergewebe eine eindeutigere und frühzeitigere Erkennung von Lebertumoren.
Hansjörg Seiler Umweltrisiken als Gegenstand interdisziplinärer Risikoforschung 105-112 (3)
  Seit Jahren und in einigen Disziplinen seit Jahrzehnten werden an der ETH Zürich Aspekte von Risiko und Sicherheit untersucht und gelehrt. Eine systematische Risikoforschung bestand bisher jedoch kaum. Deshalb wurde 1990 durch die Schulleitung der ETH Zürich das Polyprojekt «Risiko und Sicherheit technischer Systeme» ins Leben gerufen. Es wurde Ende 1994 abgeschlossen. Das Hauptziel des Projekts war die Beschreibung des Kenntnisstandes sowie die Entwicklung fachübergreifender und praktisch anwendbarer Methoden für die Risikoanalyse, die Risikobewertung und das Risikomanagement technischer Systeme. Die Arbeit des Projekts erfolgte einerseits auf der Ebene einzelner Forschungsprojekte zu verschiedenen Aspekten von Risiko und Sicherheit, andererseits auf einer Forumsebene zur interdisziplinären Verknüpfung sowie zur vertieften Behandlung komplexer Einzelfragen. Der vorliegende Artikel kann nicht alle Resultate dieses Projektes darstellen. Beispielhaft wird daher ein Themenbereich behandelt, an welchem die im Polyprojekt angewandten interdisziplinären Ansätze exemplifiziert werden können. Dabei zeigt sich immer deutlicher eine Kongruenz zwischen Risiko- oder Sicherheitswissenschaft einerseits und Umweltwissenschaft anderseits. Eingehend diskutiert werden der Risikobegriff, der Begriff des Schadens, Wahrscheinlichkeit und Probabilistik, das Restrisiko und das fehlende Wissen bezüglich der Umweltrisiken. Insgesamt zeigt sich, dass die Anwendung risikowissenschaftlicher Denkweisen und Methoden nicht nur in den traditionell als «Sicherheitsbereiche» geltenden Gebieten, sondern auch im Umweltbereich ihre Berechtigung hat.
Wilfried Haeberli Permafrost und Blockgletscher in den Alpen 113-121 (3)
  Vorkommen von Permafrost oder dauernd gefrorenem Gesteinsmaterial sind in den Alpen vor allem oberhalb der Waldgrenze bekannt. Locker gelagerte Schutthalden und Moränen sind in solchen Fällen oft massiv eisübersättigt und kriechen mit typischen Geschwindigkeiten von einigen Dezimetern pro Jahr hangabwärts. Die kumulative Deformation der Eis-Lockermaterial-Gemische hat dabei im Verlaufe der vergangenen Jahrtausende zahlreiche lavastromartige Landschaftsformen gebildet: die sogenannten Blockgletscher. Anhand einer 1987 durchgeführten Forschungsbohrung wird die Reaktion des alpinen Permafrostes in einem aktiven Blockgletscher auf gegenwärtige und in Zukunft möglicherweise andauernde Erwärmungstendenzen dokumentiert. Physikalische Veränderungen im eishaltigen Permafrost beeinflussen langfristig die Stabilität steiler Schutthänge und zerrütteter Felsflanken. Die langsame Wärmeausbreitung im Untergrund und vor allem die beim Schmelzen von Eis umgesetzte Energie verzögert dabei die Reaktion in grösseren Tiefen stark. Ein fortgesetzter atmosphärischer Temperaturanstieg würde dementsprechend im hochalpinen Permafrost über grosse Zeiträume ausgeprägte thermische Ungleichgewichte verursachen. Mit räumlichen Simulationen der potentiellen Permafrostverbreitung anhand digitaler Geländeinformation kombiniert mit geologischer, geomorphologischer und glaziologischer Information wird versucht, besonders sensible Gebiete zu erkennen.
Rudolf Gmür Aggressive opportunistische Bakterien und eine deregulierte Immunabwehr - Auslöser von Parodontitis 123-131 (3)
  Unter Parodontitis versteht man eine destruktive Entzündung des Zahnhalteapparates. Voraussetzung für den Ausbruch von Parodontitis ist die Besiedelung der Zähne, insbesondere des Zahnfleisch-Randbereiches, mit aggressiven opportunistischen Bakterien. Sie produzieren lösliche Stoffe, die zellschädigend wirken oder die körpereigene Abwehr derart stimulieren können, dass eine teilweise Zerstörung von Wirtsgewebe resultiert. Beeinträchtigungen der lokalen Immunabwehr können das Parodontitisrisiko erheblich verstärken, doch genügen die Bakterien allein nicht zur Auslösung der Parodontitis. Fehlen dem Wirt polymorphkernige Granulozyten als «Grenzpolizei» oder sind diese funktionell beeinträchtigt, so folgt Parodontitis zwangsläufig. Gelingt es den Bakterien, diese Phagozyten zu umgehen oder auszuschalten, so besteht ein hohes Erkrankungsrisiko. Ist die Abwehr an und für sich intakt, doch chronisch überreizt, so könnte eine durch z. T. äussere destabilisierende Faktoren (Rauchen, Drogen, Stress, Alter, Diabetes u. a.) beeinflusste Verschiebung des Zytokine-Profils von entscheidender Bedeutung für den Ausbruch eines Parodontitisschubes sein.
Antonio Pellegrini Lysozym: ein "altes" Protein hält die Forschung immer noch in Atem 133-140 (3)
  Seit der Entdeckung von Lysozym durch Alexander Fleming vor über 70 Jahren lenkte dieses Protein die Aufmerksamkeit vieler Forscher aus Biologie und Medizin auf sich. Durch enzymatische Wirkung auf die Wand grampositiver Bakterien bringt es diese zur Lyse. Den antibakteriellen Eigenschaften des Lysozyms wurde aber während der ersten 30 Jahre nach seiner Entdeckung - wegen der stärkeren Wirkung des Penicillins - keine weitere Beachtung geschenkt. Trotzdem erreichte Lysozym in den sechziger Jahren eine neue Blütezeit. Lysozym wurde das erste Enzym, dessen molekulare Struktur vollständig erfasst werden konnte. Neuerdings wird die bakterizide Aktivität des Lysozyms aus einem neuen Blickwinkel betrachtet; dabei konnte gezeigt werden, dass sie von der enzymatischen Aktivität unabhängig ist. Neu ist der Befund, dass ein bei der enzymatischen Verdauung von Lysozym freiwerdendes Pentadecapeptid antibakterielle und antivirale Wirkung entfaltet.
Arnold O. Benz Koronen: Heisse Hüllen kühler Sterne 149-153 (4)
  Kühle Sterne wie die Sonne sind unter ihrer Oberfläche konvektiv. Die Konvektionsbewegungen transportieren nicht nur die Wärme aus dem Innern an die Ober-fläche; kombiniert mit der Rotation des Sterns erzeugen sie auch Magnetfelder und elektrische Ströme. Diese elektrodynamische Energie diffundiert in die Sternatmosphäre und heizt sie auf mehrere Millionen Grad. Der noch unbekannte Heizprozess, der diese Energie freisetzt, hat die überraschende Eigenschaif, Elektronen und Ionen auf relativistische Geschwindigkeiten zu beschleunigen und muss auf kleinstem Raum stattfinden. Anhand von sonnenähnlichen Sternen verschiedenen Alters, die kürzlich in Radio- und Röntgenwellen entdeckt wurden, lässt sich verfolgen, wie sich die Koronen im Laufe der Zeit entwickeln und die Rotation des Sterns verlangsamen. Noch bevor sich die Sonne zu einem Roten Riesen entwickelt, wird ihre Korona rund 10 000 mal mächtiger werden und entsprechend mehr Röntgenstrahlen und Mikrowellen aussenden.
Martin Billeter Wassermoleküle in und um Proteine 155-161 (4)
  Proteine sind an fast allen biologischen Prozessen beteiligt; sie beeinflussen daher zahlreiche Eigenschaften eines jeden Organismus. Die vielfältigen Funktionen von Proteinen werden durch eine noch grössere Vielfalt an dreidimensionalen Strukturen ermöglicht. Die Funktion eines Proteins beruht auf direkten Kontakten zu anderen Molekülen und daher auf seiner Oberflächenstruktur. Die Interaktion von Proteinen mit ihrer Umgebung lässt sich jedoch nicht ohne Berücksichtigung der benachbarten Wassermoleküle beschreiben. Verschiedene experimentelle Methoden (Röntgenkristallographie, NMR) ergeben jeweils verschiedene Teilaspekte von Protein-Wasser-Wechselwirkungen. Zusammen betrachtet entsteht ein Modell, in welchem Wasser nicht nur den Raum zwischen grossen Molekülen auffüllt, sondern darüber hinaus fluktuierende Netzwerke von Wechselwirkungen zwischen Proteinen und anderen Molekülen und die daraus resultierenden entropischen Vorteile ermöglicht. Komplexe von Proteinen mit DNA, in welchen Proteine die genetische Information der DNA «lesen», veranschaulichen dieses Modell.
Christoph Schmid Insulinähnlicher Wachstumsfaktor: Hormon und Zytokin 173-180 (4)
  Die insulinähnlichen Wachstumsfaktoren (IGF I und IGF II) wurden von drei verschiedenen Forschergruppen entdeckt, die sich für biologische Aktivitäten von Serum interessierten. Wie Insulin kann IGF I die Glukoseaufnahme durch Fettzellen in vitro stimulieren und in vivo den Blutzucker senken. IGF I wird unter dem Einfluss von Wachstumshormon in der Leber gebildet und vermittelt dessen Wirkung auf das Längenwachstum, indem es die Zellen der Epiphysenfuge stimuliert. IGF I wirkt bei Tier und Mensch als Somatomedin; es wird derzeit als Therapeutikum beim Diabetes mellitus geprüft. Nebst endokrinen Wirkungen von im Blut zirkulierendem IGF aus der Leber kann in anderen Geweben gebildetes IGF auch lokale (parakrine oder autokrine) Wirkungen ausüben, so z. B. im Knochen.
Bernhard Rüetschi Umweltgifte und Allergien 181-184 (4)
  In unseren heutigen Lebensräumen kommen wir mit einer zunehmenden Zahl von Substanzen in Kontakt, die vor allem für die Haut und die Schleimhäute als Reizstoffe wirken. Zum Beispiel wird dadurch an den Atemwegen die Barrierefunktion beeinträchtigt, womit vermehrt Infektionserreger oder allergieauslösende Substanzen eindringen können. Mit der zunehmenden «Chemisierung» unserer Umwelt ist ein markanter Anstieg der Häufigkeit der Allergien zu beobachten. Neuere Arbeiten weisen darauf hin, dass das Zusammenspiel und die Wechselwirkung verschiedener Faktoren für die Krankheitsentstehung und insbesondere für die Zunahme der Allergien verantwortlich sind. So lassen häufig erst das gleichzeitige Vorhandensein von Umweltgiften, Allergenen und Infekten eine bislang latente Allergie manifest werden. Auch Aktiv- und Passivrauchen können zur Entwicklung allergischer Erkrankungen beitragen. Besonders bei der Abklärung von Hauskrankheiten trifft man oft auf dieses komplexe Zusammenspiel. So können im gleichen Haus einzelne Personen vollkommen gesund sein, andere leiden unter Reizstoffen, und wieder andere zeigen allergische Erscheinungen. Nur gelegentlich scheint ein klarer, monokausaler Zusammenhang zu bestehen.
Es liegt deshalb auf der Hand, dass die Abklärung toxischer und allergischer Erkrankungen sehr kompliziert sein kann. Eine Diagnose mit Nachweis der schädigenden Substanz oder des Allergens mit entsprechender Therapiemöglichkeit ist in vielen Fällen nicht möglich. Um so mehr sollten präventive Massnahmen, insbesondere eine möglichst weitgehende Elimination der Noxen, erste Priorität haben.

 
 
1994 139. Jahrgang  
P. Jetzer Gravitationslinsen 5-13 (1)
  Trajektorien von Lichtstrahlen werden durch Massen abgelenkt. Dieses Verhalten wird durch die Allgemeine Relativitätstheorie erfasst. Befindet sich eine Masse ungefähr auf der Sichtlinie von einer weiter entfernten Quelle, so werden Lichtstrahlen als Folge der gravitationnellen Lichtablenkung zu uns gebündelt. Die Masse wirkt also wie eine Linse. Man spricht dann von Gravitationslinsen. An Hand einiger geschichtlicher Vorkommnisse wird erläutert, wie man zu dieser Erkenntnis kam und 1979 zur Entdeckung des ersten Gravitationslinsensystems gelangte. Wir werden auch einige der wichtigsten Anwendungen dieser Gravitationslinsen erörtern, welche für die Astrophysik und Kosmologie von grosser Bedeutung sind, insbesondere für den Nachweis von dunkler Materie.
R. Bachofen Biogeochemische Zyklen, Mikroorganismen und atmosphärische Spurengase 15-22 (1)
  Die Aktivität verschiedener Mikroorganismen in Boden und Wasser tragen zu einer natürlichen Erhöhung der Konzentrationen von Gasen bei, welche die Infrarot-Rückstrahlung erhöhen und deshalb zu einer globalen Erhöhung der Temperatur unseres Planeten führen können. Neben Kohlendioxid (CO2) sind Methan (CH4) und Distickstoffoxid (N2O) besonders wichtig. Eine allgemeine Erhöhung der Temperatur der Atmosphäre dürfte weltweit die Aktivität der Mikroorganismen stimulieren und damit die Bildung von Treibhausgasen zusätzlich erhöhen. Gewisse Algen und Bakterien bilden methylierte reduzierte Schwefelverbindungen wie u. a. Methanthiol, Dimethylsulfid (DMS) und Dimethyldisulfid (DMDS). Diese Verbindungen werden in der Luft zu SO2 oxydiert, das Kondensationskeime liefert und über die Wolkenbildung die globale Erwärmung entscheidend reduzieren könnte. Mikroorganismen können auch von andern Elementen flüchtige methylierte Verbindungen bilden, so etwa von SeIen, Tellur, Arsen, Blei, Quecksilber, Cadmium und Zinn. Viele dieser reduzierten organischen Metallverbindungen sind unstabil und dürften deshalb an der Atmosphärenchemie beteiligt sein. 
Verena Lubini Hydrobiologische Untersuchungen am Unterlauf der Thur (Kanton Zürich, Schweiz) - 1. Libellen, Eintags-, Stein-, Köcher- und Schlammfliegen (lnsecta: Odonata, Ephemeroptera, Plecoptera Trichoptera, Megaloptera) 23-31 (1)
  Im Zusammenhang mit Massnahmen zur Wiederherstellung der ursprünglichen Abflusskapazität im Unterlauf der Thur wurde 1990/91 im Auftrag des Kantons Zürich die Insektenfauna untersucht. Im Verlauf der Untersuchung sind zwischen Gütighausen und Altikon insgesamt 33 Eintags-, 21 Stein- und 43 Köcherfliegen sowie 3 Libellenarten nachgewiesen worden. Von den nachgewiesenen 33 Eintagsfliegenarten stehen 15 auf der Roten Liste; Baetis buceratus und Caenis rivulorum sind vom Aussterben bedroht. Für die letzteren ist der untersuchte Thur-Abschnitt der einzige aktuelle Fundort in der Schweiz. Bei den Libellen ist erstmals ein Entwicklungsnachweis für Onychogomphus forcipatus in der Thur erbracht worden. Erst zum drittenmal in der Schweiz wurde ein Vorkommen von Sialis nigripes (Megaloptera) nachgewiesen. Der untersuchte Abschnitt der Thur ist als Lebensraum für alle untersuchten Insektenordnungen von schweizerischer, für eine Art (Rhithrogena germanica) sogar von europäischer Bedeutung.
Zwei während der Untersuchung aufgetretene zehnjährliche Hochwasser vermochten lndividuenzahl und Biomasse der Insektenlarven höchstens vorübergehend zu reduzieren.
Theo Gasser Die statistische Analyse des menschlichen Wachstums 33-41 (1)
  Traditionelle statistische Methoden zur Analyse longitudinaler Wachstumsdaten beruhen auf Verlaufsmodellen, die sich in der Anwendung aber als zu wenig exakt erwiesen. In dieser Arbeit werden neuere statistische Ansätze vorgestellt, die ohne a priori Spezifikation eines Modells arbeiten. Ihre Anwendung auf die Analyse des Skelettwachstums und auf die Analyse von fett- und gewichtsbezogenen Parametern führte zu neuen Erkenntnissen über das menschliche Wachstum, die beispielhaft illustriert werden.
Ruth Durrer UrknalIkosmologie:Antworten und Fragen 51-59 (2)
  Die Kosmologie als Frage nach dem Universum als Ganzes beschäftigt die Menschheit schon seit es sie gibt. Im 20. Jahrhundert hat sich die Kosmologie zu einer modernen Naturwissenschaft entwickelt, die gerade heute auf Grund immer genauerer Beobachtungen eine Hochblüte erfährt. In diesem Beitrag sind die wichtigsten Erkenntnisse, welche bis heute gewonnen wurden. wie die isotrope Expansion des Universums, die Nukleosynthese und der Mikrowellenhintergrund. beschrieben. Sie haben zu einem einigermassen abgerundeten Bild von der Entstehung und Entwicklung des Universums geführt, dem sogenannten Standardmodell, welches jedoch einige Probleme offen lässt. Zum Schluss werden solche ungelösten Fragen aufgeworfen.
Walter Lang Pathogenetische Konzepte der Alzheimer Demenz 61-70 (2)
  Die Alzheimer Demenz ist die häufigste Demenzform im höheren Lebensalter. Sie ist charakterisiert durch eine fortschreitende Störung höherer Hirnfunktionen wie Sprache, Gedächtnis, visuell-räumliches Denken und Kognition. Strukturelle Veränderungen im Gehirn finden sich in Form von neurofibrillären Degenerationen, senilen Plaques, kongophiler Angiopathie sowie Neuropil-Fäden. Die Ursache der Erkrankung ist bislang unbekannt. Es wurden jedoch zahlreiche pathogenetische Konzepte entwickelt, die in dieser Übersicht diskutiert werden.
Guido Erni & Hans Rudolf Preisig Hydrobiologische Untersuchungen am Unterlauf der Thur (Kanton Zürich, Schweiz) -II. Algen 71-78 (2)
  Algenproben wurden an neun Probenahmestellen im April, Juli und September 1990 entnommen. Insgesamt konnten 123 Taxa (118 Arten und 5 Varietäten) nachgewiesen werden. Kieselalgen dominierten mit 89 Taxa (84 Arten), daneben traten Grünalgen mit 27 Taxa (26 Arten), Blaualgen mit 6 Arten und eine Goldalge auf. Die Artenzusammensetzung und -vielfalt ist mit jener ähnlicher Fliessgewässer vergleichbar, die entsprechend gründlich untersucht worden sind. Eindeutig seltene Arten wurden keine gefunden. Einige der nachgewiesenen Kieselalgen-Arten sind in der Literatur nicht oft verzeichnet worden. Sie sind aber vermutlich nicht selten, sondern nur wegen ihrer schwierigen Bestimmbarkeit bisher nicht öfter richtig erkannt worden. Zur Beurteilung der biologischen Wasserqualität wurde die quantitative Zusammensetzung der Kieselalgengesellschaften ausgewertet. Die Befunde weisen auf mässig belastete Verhältnisse hin; zumindest zeitweise wurde aber ein kritischer Belastungsgrad erreicht.
Peter Keller & Kurt Hanselmann Erfolgskontrolle bei Seesanierungen: Dynamik von Mineralisierungsprozessen im sedimentnahen Hypolimnion des Pfäffikersees (Kt. Zürich) 79-92 (2)
  Im stark eutrophierten Pfäffikersee wurde in den letzten Jahren der während der Frühjahrszirkulation eingetragene hypolimnische Sauerstoffvorrat im Verlaufe des Frühsommers regelmässig aufgezehrt.
Seit dem Winter 1992 wird die natürliche Wasserzirkulation des Pfäffikersees jeweils für die Dauer einiger Monate mit Pressluft unterstützt (interne Seesanierung). Als Teil der Erfolgskontrolle dieser Seesanierungsmassnahme wurden die zeitlichen Veränderungen der Konzentrationsgradienten von Sauerstoff, Nitrat, Nitrit, Ammonium und Phosphat analysiert. Messungen im sedimentnahen Tiefenwasser während der Messkampagne 1993 zeigen, dass - die Verteilung gelöster Stoffe im sedimentnahen Hypolimnion im dichtestabilisierten See nicht nur durch turbulente Diffusion, sondern auch durch horizontale Strömung geschieht, - mikrobielle Mineralisierungshorizonte nicht nur in den obersten Sedimentschichten, sondern zeitweilig auch im sedimentnahen Hypolimnion auftreten, - sich die in den Mineralisierungshorizonten freigesetzte biogene Wärme als messbare Veränderung im Temperaturprofil des sedimentnahen Hypolimnions ausdrückt, - die zusätzliche Anreicherung des Hypolimnions mit Sauerstoff die oxischen Bedingungen in Sedimentnähe nur 1 Monat länger als vorher zu erhalten vermögen, - der erhöhte Sauerstoffgehalt im Hypolimnion somit nur teilweise ausreicht für den aeroben Abbau von absinkender Biomasse - und nicht ausreicht, um die Sedimentoberfläche ganzjährig im oxidierten Zustand zu halten.
Norbert Straumann Albert Einstein: Auf dem Weg zur Gravitationstheorie 103-112 (3)
  Einsteins frühe Beiträge zur relativistischen Gravitationstheorie werden im Lichte seiner Publikationen und des ausgedehnten Briefwechsels, der im fünften Band der Gesamtausgabe kürzlich erschienen ist, besprochen. Es wird der Versuch unternommen, aufzuzeigen, wie die Entwicklung der Theorie bis zum Frühjahr 1914 verlaufen ist.
Klaus Felix Kaiser Mit Jahrringen und Schneckenschalen dem Eiszeitklima auf der Spur 113-122 (3)
  20 000 bis 15 000 Jahre vor heute erreichten unsere Alpengletscher letztmals ihre Höchststände. Der Limmattallappen des Linth-Rhein-Gletschers beispielsweise stirnte im Raume Killwangen, später Schlieren. In dieser kältesten Phase der letzten Eiszeit begann eine Klimaentwicklung, die gegen das Eiszeitende immer besser belegt ist. Um 12 500 vor heute, als der Eiszerfall schon weit fortgeschritten war, beginnt das Spätglazial. Es bildet den interessantesten Abschnitt der letzten Eiszeit und gleicht einem klimatischen Wechselbad mit raschen Erwärmungen, die immer wieder von kürzeren und längeren Rückschlägen unterbrochen werden, bis sich die Verhältnisse mit Beginn des Holozäns, der heutigen Warmzeit, beruhigen. Die Altersbezeichnung «Jahre vor heute» beruht auf der Datierung mit der 14C- oder Radiokarbonmethode.Dieser wechselvolle Übergang vom Hochglazial ins frühe Holozän, das Spätglazial, wird mit Befunden, die aus Molluskenschalen und Jahrringen fossiler Bäume gewonnen wurden, genauer durchleuchtet.
T. Knöpfel Wie Nervenzellen miteinander sprechen 123-130 (3)
  Die Neurowissenschaften kennen eine für den einzelnen Wissenschaftler zunehmend unüberschaubare Fülle von Einzelinformationen, jedoch auch generelle Prinzipien, denen Rechnung zu tragen ist. Der vorliegende Versuch einer Übersicht zum Thema «wie Nervenzellen miteinander sprechen» ist als Streifzug durch die Neurophysiologie organisiert. Dieser beginnt mit der Illustration einiger allgemeiner Grundprinzipien der Nervenzellkommunikation anhand einfacher Schemazeichnungen. Wie Nervenzellen in einer speziellen Hirnstruktur, dem Kleinhirn, miteinander sprechen, wird die Betrachtung auf der Ebene des Nervenzellverbands zeigen. Der Streifzug führt zum Schluss zu Rezeptoren für den Neurotransmitter Glutamat, die als Beispiele für die Betrachtung auf der molekularen Strukturebene dienen.
Sybille Meier & Peter Voser Deutliche Signale: Der Zürichsee erholt sich; Veränderungen der Unterwasservegetation als Reaktion auf verbesserte Wasserqualität 131-139 (3)
  Im Sommer 1993 untersuchten wir die Unterwasservegetation an verschiedenen Stellen im Zürichsee und im Obersee. Der Vergleich mit Aufzeichnungen um die Jahrhundertwende und aus den späten 70er Jahren lieferte ermunternde Resultate: Der Zürichsee scheint sich zu erholen. Die Wasserpflanzen sind ein Anzeichen dafür, dass sich die Wasserqualität im Zürichsee im letzten Jahrzehnt verbessert hat. Die wichtigsten Veränderungen manifestieren sich folgendermassen:
- Das Seewasser ist im allgemeinen klarer als in den Jahren zuvor.
- Die üppigen Kammlaichkraut-Bestände, die noch vor wenigen Jahren die Unterwasservegetation dominierten, sind an vielen Stellen verschwunden.
- An zahlreichen Stellen finden sich heute ganze Teppiche von Armleuchteralgen, ein bekannter Indikator für sauberes Wasser.
- Im Zürichsee bildet das ehemals seltene Nixkraut an zahlreichen Stellen dichte, zum Teil hektarengrosse Unterwasserrasen.
- Einige Arten der Roten Liste breiten sich wieder aus. Die Anstrengungen des Gewässerschutzes haben Frucht getragen. Weiterhin muss aber alles daran gesetzt werden, die Wasserqualität des Sees zu erhalten oder noch weiter zu verbessern.
Bruno Oesch Rinderwahnsinn und andere Prion-Erkrankungen: Molekulare Grundlagen der Spongiformen EnzephaIopathien 149-154 (4)
  Spongiforme Enzephalopathien wie die Creutzfeldt-Jakobsche Erkrankung beim Mensch, die Traberkrankheit beim Schaf oder der Rinderwahnsinn (Bovine Spongiforme Enzephalopathie) bewirken die Zerstörung des Zentralnervensystems. Als Ursache wurden übertragbare Erreger identifiziert, die aus einem veränderten wirtskodierten Protein (Prionprotein) bestehen. In dieser Arbeit werden die molekulare Charakterisierung der infektiösen Partikel und die sich daraus ergebenden Modelle diskutiert.
Hanspeter Pircher Wie unterscheidet das Immunsystem zwischen Selbst und Fremd? 155-163 (4)
  Die spezifische Immunantwort gegenüber körperfremden Stoffen wird durch Lymphozyten vermittelt. Lymphozyten reagieren in der Regel nicht mit körpereigenen Strukturen (= Selbst). Das Ausbleiben einer Immunantwort gegenüber «Selbst» wird als immunologische Toleranz bezeichnet. Wie entsteht immunologisehe Toleranz? Die geringe Frequenz von potentiell Selbstreaktiven Lymphozyten zusammen mit der Schwierigkeit, solche Lymphozyten direkt in vivo zu verfolgen, erschwert die experimentelle Analyse der immunologischen Toleranz. Um diese Probleme zu umgehen, wurden transgene Mäuse hergestellt, die einen hohen Anteil von T-Lymphozyten mit einer definierten Selbst-Spezifität aufwiesen. Diese Mäuse ermöglichten neuartige Ansätze zum besseren Verständnis der Toleranzmechanismen von T-Lymphozyten. Die vorliegende Schrift gibt eine Übersicht über die dabei gewonnenen Erkenntnisse.
Anton Amann Das Gestaltproblem in der Chemie: Die Entstehung molekularer Form unter dem Einfluss der Umgebung 165-174 (4)
  Die holistische Struktur von Quantensystemen verunmöglicht deren Zerlegung in Teile. Will man Teilobjekte eines Systems schaffen, so müssen die sogenannten Einstein-Podolsky-Rosen Korrelationen zwischen den Teilentitäten (etwa den Molekülen in einer Substanz oder den Atomkernen in einem Molekül) im Erkennungsprozess unterdrückt werden. Wie dies genau geschieht und wie dabei Gestalt und Form entstehen, ist kontrovers. Man könnte an eine psychologische oder an eine quantenmechanische Erklärung denken. Im letzteren Fall müsste man den Beobachter (oder zumindest eine Messapparatur) quantenmechanisch diskutieren. Hier möchte ich nicht soweit gehen, sondern nur plausibel machen, dass beim Gestalterkennen und in der Quantenmechanik ähnliche Aspekte und Probleme interessant sind (nicht alle davon werden im Artikel diskutiert): holistische Eigenschaften, Schaffung von Objekten, «Dressingprozeduren», der Einfluss des Beobachters sowie klassische physikalische Grössen. Insbesondere können an Hand von Gestalterkennungsphänomenen die wesentlichen Charakteristika der Quantenmechanik mathematikfrei präsentiert werden. Optische «Täuschungen» einerseits und Einzelmoleküle andererseits dienen zur Illustration. Ich werde argumentieren, dass die Gestalt eines Moleküles zumindest partiell als Folge des Umgebungseinflusses verstanden werden kann. Demnach verursacht die Umgebung (etwa das Strahlungsfeld) nicht nur LambShift-artige Energiekorrekturen, sondern verändert auch das qualitative molekulare Verhalten.
Jürg Beer, Michael Sturm, Jürg Bloesch, Markus Boller, u.a. EAWAG - Infotag: Umweltarchive - Ordnung und Chaos
ohne Zusammenfassung
175-180 (4)
Späni, Dieter Jugendpreis der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich (1994): Valérie Enderlin 189-190 (4)
  Alterungsprozesse im menschlichen Körper

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