2006 |
151. Jahrgang
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Rohrer, Heinrich |
Was ich mir von einem jungen Wissenschafter wünschte |
151/1-2: 1-3 |
Jörgen Lykke Olson gewidmet |
Verehrte Leserinnen und Leser,
Geschätzte Jung-Wissenschafterinnen und -Wissenschafter,
Ich bedanke mich für die Gelegenheit, anlässlich
der «150 Jahre ETH Zürich»-Anlässe ein paar Gedanken
über Wissenschaft mit Ihnen zu teilen. Wie der Titel sagt, werde ich
nicht über Nano, mein «Nobel-Gebiet», sprechen. Nano ist
ohnehin schon allgegenwärtig. Für die einen mag es zu klein sein,
für andere zu technisch, wiederum für andere noch zu weit weg
und für viele gefährlich, wie alles Neue.
Ich will mich damit nicht aus einer Auseinandersetzung
um Nano davonstehlen, aber die Wissenschaft hat meiner Meinung nach ganz
andere Sorgen. Mein Kurzbeitrag ist an die angehenden und jungen Wissenschafter
gerichtet, aber auch andere sind willkommen.
Die Anforderungen an Lernen, Denken, Können und
Wissen eines Wissenschafters - im Folgenden gilt auch immer die weibliche
Form - steigen stetig und rasant. Die Problemstellungen wurden und werden
komplexer, das experimentelle und theoretische Instrumentarium viel anspruchsvoller,
das erforderliche Wissen breiter und die Ansprüche an die Wissenschaft
immer verworrener und widersprüchlicher. Wettbewerb wurde auch in
der Wissenschaft zu einem dominierenden Faktor, obwohl «besser als
schlecht» nicht einmal «gut» heisst. Wissenschaft ist
eine zu ernste Angelegenheit, als dass weniger als das Beste gut genug
wäre.
All dies zusammen macht eine Ausbildung zum Wissenschafter
und besonders auch seine spätere Laufbahn einiges anspruchsvoller
und auch härter. Deshalb braucht die Wissenschaft nicht einfach mehr
Köpfe, sondern vor allem kluge, brillante und widerstandsfähige.
Wir dürfen uns und auch den angehenden Wissenschaftern da nichts vormachen.
Das mag nicht beste Reklame zur Anwerbung von wissenschaftlichem Nachwuchs
in Mathematik und Natur- und Ingenieurwissenschaften sein. Anderseits sind
es aber gerade die Fähigsten, die von höchsten Ansprüchen
bezaubert und beflügelt werden. Diese müssen die Hochschulen
im Auge haben, nicht quantitatives Wachstum.
Lassen Sie mich meine Vorstellungen eines angehen-den
Wissenschafters in Form von Wünschen ausdrücken. Wünsche
lassen vieles offen, man kann sie erfüllen, muss aber nicht. Man kann
sie auch übertreffen oder mit andern Leistungen wettmachen.
Ich wünschte, dass jeder sich darüber klar
wird, was er leisten kann und will und nicht nur, was er tun und was er
sein möchte. Die immer mehr um sich greifende Bildungs-und Überforderungs-Manie
sollte spätestens nach der Loslösung vom häuslichen Forderungs-
und Förderdruck ein Ende finden. Ritalin und Burnout-Syndrome sind
keine guten Voraussetzungen für eine Wissenschafter-Lauf-bahn, übrigens
für keine Laufbahn und für niemanden. Eine realistische Einschätzung
der eigenen Geistesseholle ist hingegen der erste Schritt zu bester Leistungsfähigkeit
und öffnet damit viele Möglichkeiten.
Ich wünschte, dass ihr euch nicht überrollen
lässt von einer Welt gefüllt mit allgegenwärtigen Schlagwörtern
wie kompetent, innovativ, zukunftsträchtig, trans- und inter-disziplinär,
wettbewerbsfähig, ganzheitlich, nachhaltig, umweltbewusst, global,
Kooperation, Programme, Wettbewerb, und was auch immer. Orientiert euch
an euren Fähigkeiten und Überzeugungen und konzentriert euch
auf euer Kemgeschäft, erstklassige Wissenschaft und Forschung zum
Wohle der Menschheit zu treiben.
Ich wünschte, dass ihr eine geschickte Hand bei
der Auswahl eurer Forschungsthemen habt. Als erstes müsstet ihr euch
fragen: «Was würde es bewirken oder was würde sich wesentlich
ändern, wenn ich es machen könnte oder wissen würde.»
Es mag nicht immer eine Antwort geben, aber ohne Frage gibt es nie eine.
Erst als zweites käme dann die Frage nach der Machbarkeit.
Richard Feynman sagte einmal, dass alles machbar sei, ausser es werde das
Gegenteil bewiesen. Dem wäre beizufügen, dass die Beweise oft
falsch sind. Nicht die Machbarkeit ist heutzutage die Frage, sondern ob
und was wir uns leisten wollen, leisten können und leisten müssen.
Und dann kämen die Fragen nach möglichen, mit
jeder Neuerung verbundenen Gefahren, nach Nachhaltigkeit, ... |
Schweizerischer Nationalfonds |
Knorpelimplantate aus dem Labor
Einsatzbereich fürs Tissue Engineering von Knorpelgewebe entdeckt |
151/1-2: 4 |
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Eine wirksame Therapie gegen die Zerstörung
des Knorpels durch Arthrose gibt es nicht. Die Medizin setzt deshalb grosse
Hoffnungen auf den Einsatz von Implantaten aus körpereigenem Knorpelgewebe.
Doch die Therapie funktioniert nur selten. Nun haben Berner und Basler
Forschende mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds ein
neues Implantat entwickelt und dabei herausgefunden, wer am ehesten von
der Therapie profitiert. März 2006 |
Schaik, van Carel |
Auf der Suche nach den Wurzeln der Natur des Menschen
In search of the roots of human nature |
151/1-2: 5-12 |
Schlagwörter: Evolution - Fortpftanzungsbiologie
- Infantizid - intellektuelle Fähigkeiten - Kultur - natürliche
Selektion - Orang-Utans - post partum Amenorrhöe - soziales Lernen
- Werkzeuggebrauch |
«Wer sind wir und woher kommen wir?»
In diesem Artikel versuche ich diese uralten Fragen zu beantworten. Nach
Charles Darwins Evolutionstheorie stammen wir unter dem Einfluss der natürlichen
Selektion von affenähnlichen Vorfahren ab. Tatsächlich teilen
wir viele Merkmale mit den Affen, insbesondere den Menschenaffen. Gleichzeitig
weisen wir aber auch einzigartige Merkmale auf, deren Evolution viel schwieriger
zu erklären ist.
So ist z.B. Infantizid (Kindstötung; Beispiel für
ein mit anderen Tierarten geteiltes Merkmal) durch männliche Primaten
kein pathologisches Verhalten, sondern eine Folge der weiblichen Fortpflanzungsbiologie
und demnach eine Anpassung der Männchen, die ihn ausführen und
passt zur grausamen Logik der natürlichen Selektion. Gegen dieses
Verhalten haben die Weibchen wiederum Gegenmassnahmen entwickelt, um ihre
Kinder möglichst effizient zu schützen. Auf diese Weise können
auch andere, rein menschliche Eigenschaften erklärt werden.
Bei der sehr speziellen Form von Werkzeuggebrauch bei
Orang-Utans (Beispiel für ein einzigartiges Merkmal) handelt es sich
um eine sozial übermittelte Verhaltensinnovation und damit im Grunde
genommen um eine Form von Kultur, deren Verbreitung durch Verbreitungsbarrieren
gestoppt werden kann. Weil man viele kulturelle Merkmale als intellektuelle
Fähigkeiten deuten kann, lässt sich daraus schliessen, dass Tiere,
die mehr Zeit miteinander verbringen, anscheinend eine grössere Intelligenz
aufweisen. Intelligenzleistung benötigt angeborenes Potential und
Inputs durch individuelles und soziales Lernen. Die Evolution zunehmender
intellektueller Performance scheint bei Tieren mit Kultur am wahrscheinlichsten
zu sein. Kultur und Intelligenz zeigen eine Koevolution. |
Boutellier, Roman |
Wie viel Innovation erträgt der Homo Faber?
How much innovation will Homo Faber tolerate? |
151/1-2: 13-19 |
Schlagwörter: Gesetzgebung - Miniaturisierung
- Nebenwirkungen - Risiko - Technologieakzeptanz - Wachstum |
Politiker, Professoren und Wirtschaftsführer
sind sich einig: Nur Innovation kann uns aus unserer Wachstumsschwäche
herausführen. Tatsächlich stehen wir vor einem Innovationsschub
wie wahrscheinlich noch nie in der Geschichte der Menschheit. Ausgelöst
wurde er technisch durch Miniaturisierung, die einfache Kombinationen von
Modulen zu neuen Produkten erlaubt. Innovation wird zur Routine. Ob sich
diese Innovation kräftig auf das Wachstum des Bruttosozialprodukts
auswirkt, bleibt fraglich: Die heutige Innovationseuphone kann rasch in
Verbote neuer Technologien umschlagen, wenn technische Entwicklungsgeschwindigkeit
und Gesetzgebungsgeschwindigkeit allzu stark auseinanderklaffen. Der Mensch
hat eine beschränkte Risikobereitschaft und neue Technologien brauchen
viel Zeit, bis ihre Nebenwirkungen tatsächlich zum Vorschein kommen.
Viele Technologien werden deshalb bereits heute stark eingeschränkt.
Damit stehen wir vor einem Dilemma: Einerseits wollen wir Technologie möglichst
rasch vorantreiben. Andererseits müssen wir uns aber auch vor Nebenwirkungen
schützen. Der Gesetzgeber, aber auch jeder Einzelne ist gefordert,
Mass zu halten, Verantwortung zu übernehmen. Max Frischs Homo Faber
hat nichts an Aktualität eingebüsst. |
Zingg, Andreas und Peter Brang |
Wer ist die Grösste im ganzen Land? |
151/1-2: 20, 38 |
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Grosse Lebewesen faszinieren. Zu den grössten
Lebewesen auf der Welt gehören Bäume. So stellt sich bei jedem
rekordverdächtigen Baum die Frage: «Ist er der Grösste?»
Die dicksten Bäume der Schweiz sind Buchen und Kastanien
auf der Alpensüdseite - gemessen wird immer 1,3 m über Boden,
am Hang bergseits. Die dicksten Bäume auf der Alpennordseite sind
wahrscheinlich Eichen. Aber auch Fichten erreichen grosse Durchmesser.
Brang (2003a und 2003b) hat eine Riesenfichte im Calfeisental beschrieben.
Die Reaktionen waren vielfältig: Manch ein Baumliebhaber fragte nach
dem genauen Standort des Baumriesen (und bekam die gewünschte Auskunft),
der Weg dorthin ist inzwischen ausgeschildert - und es wurden einige «grössere»
Fichten gemeldet. Diese Meldungen haben wir überprüft. |
Lohmann, Ulrike |
Aerosole und Klima
Aerosols and climate |
151/1-2: 21-28 |
Schlagwörter: Aerosole - Feinstaub Klima - direkter
und indirekter Aerosoleffekt |
Aerosole beeinflussen das Klima
auf vielfältige Weise: sie können einen Teil der Solarstrahlung
entweder in den Weltraum zurückstreuen oder absorbieren (direkter
Aerosoleffekt). Ausserdem wirken sie als Nukleationskerne für Wolkentröpfchen
und Eiskristalle und können so die physikalischen und optischen Eigenschaften
der Wolken beeinflussen sowie ihre Lebensdauer verlängern (indirekte
Aerosoleffekte). In der Summe wirken die direkten und indirekten Aerosoleffekte
abkühlend und vermindern somit regional den anthropogenen Treibhauseffekt.
Allerdings sind gerade die Aerosol~Wolkenwechselwirkungen noch mit sehr
grossen Unsicherheiten behaftet. In diesem Beitrag werden die wesentlichen
Quellen und Senken des atmosphärischen Aerosols vorgestellt und es
wird der aktuelle Wissensstand ihrer Klimawirksamkeit diskutiert. |
Burga, Conradin A. |
Unkraut-Monitoring 2001-2005 und der Hitzesommer 2003 am Beispiel von
Kopfsteinpflasterritzen in Andeer (Hinterrheintal/GR)
Monitoring of weeds 2001-2005 and the hot summer 2003
A case study of a stone pavement area of Andeer (Rhine vaIley/GR) |
151/1-2: 29-34 |
Schlagwörter: Holzpflanzen - Pflasterritzen-Ruderalvegetation
- Samenbank – wärmeliebende/trockentolerante submediterrane Pflanzen |
Der Hitzesommer 2003 fällt im Vergleich
mit früheren Jahren durch das Auftreten von mehr Pflanzenarten auf
insbesondere durch neue wärmeliebende und trockentolerante Arten sowie
durch vermehrt Holzpflanzensämlinge. Die in der Samenbank der
Pflasterritzen vorhandenen Diasporen hatten 2003 signifikant häufiger
gekeimt, z. T. innerhalb der Beobachtungsperiode erstmalig, insbesondere
auch Holzpflanzen. Besonders erwähnenswert ist das 2003 in der Untersuchungsregion
nördlich des Alpenhauptkammes erstmalige Auftreten des submediterranen
Zartblättrigen Spargels (Asparagus tenuifolius) mit natürlichem
Vorkommen in den Mannaeschen-Hopfenbuchen- und Kastanienwäldern des
Südtessins bzw. Misox. Ferner sind vor 2003 nur selten bis schwach
vertretene Arten (meist trocken-tolerante Pflanzen und lästige Unkräuter
mit hoher Samenproduktion, Nährstoffzehrer und Platzräuber von
mässiger bis erheblicher Schadwirkung) zu einer Massenausbreitung
übergegangen (z. B. Kanadisches Berufkraut, Conyza canadensis; Quendelblättriges
Sandkraut, Arenaria serpyllifolia s.str.; Vielstängliges Schaumkraut,
Cardamine hirsuta). Einige 2003 neu aufgetretene Arten konnten den nachfolgenden
Winter überstehen, nicht aber den Winter 2004/2005. Die Diasporenbank
wurde 2003 nachhaltig mit Samen alimentiert, so dass bei anhaltender Erwärmung
eine Massenausbreitung lästiger Unkräuter zu befürchten
ist und damit eine verstärkte Unkrautbekämpfung erforderlich
sein wird. |
Stauffer, Felix |
Jugendpreis 2005 der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich |
151/1-2: 35-37 |
Städler, Erich |
Renate Heinzelmann: Der Schwalbenschwanz - Forschungsarbeiten zu seinen
Entwicklungsstadien |
151/1-2: 35-36 |
Schwyzer, Martin |
Janine Brunner: Nutzen und Schaden der Kamelmilchfütterung in
der Pferdezucht und Pferdehaltung |
151/1-2: 36-37 |
Bührer, Heinrich |
Marco Kovic: Of Nessie and Man - A critical view on cryptozoology |
151/1-2: 37 |
Burga, C., F. Klötzli und M.Gloor |
Internationale Balzan-Stiftung, Balzan-Preis 2005 |
151/1-2: 39-40 |
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Die beiden Preisträger aus dem Gebiet
der Geisteswissenschaften sind Lothar Ledderose (D, Kunsthistoriker Japan
und China), Peter Hall (GB, Sozial- und Kulturgeschichte, Stadtplanung).
Die Auszeichnung im Bereich der Naturwissenschaften ging
an Peter und Rosmary Grant (GB/USA) sowie Russel J. Hemley und Ho-kwang
Mao (USA). |
Wachter, Daniel |
SIMMEN, H., MARTI, M., OSTERWALD, SL und WALTER, F, 2005. Die Alpen
und der Rest der Schweiz: Wer zahlt - wer profitiert? Forschungsbericht
des Nationalen Forschungsprogrammes NFP 48; 132 Seiten, 17 Grafiken, 25
Tabellen; vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich, Zürich. |
151/1-2: 41-42 |
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Das hier besprochene Werk stellt eine Synthese
des mehrere Teilstudien umfassenden Projektes ALPAYS «Alpine Landscapes:
Payments and Spillovers» im Rahmen des Nationalen Forschungsprogrammes
NFP 48 «Landschaften und Lebensräume der Alpen» des Schweizerischen
Nationalfonds dar.
Vorweg ist unter formalen Gesichtspunkten zu erwähnen,
dass damit Forschungsarbeiten in sehr «kunden-freundlicher»
Weise präsentiert werden, d.h. mit einem nicht zu hohen Seitenumfang,
in verständlicher und klarer Sprache, sowie verschiedene Teilstudien
zusammenfassend (wobei es sich noch nicht um eine der vorgesehenen Programmsynthesen
zum NFP 48 handelt). Interessierte Leserinnen und Leser aus Forschung,
Verwaltung oder weiteren Kreisen finden damit leichten Zugang zu wichtigen
Ergebnissen des NFP 48. |
Zingg, Andreas |
Dauerwald - ein neues altes Thema der Waldwachstumsforschung |
151/1-2: 42-45 |
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Ein Jubiläum bahnt sich
an: hundert Jahre praxisnahe Dauerwaldforschung an der WSL. Seit 1905 werden
in der Schweiz Plenterwälder auf Versuchsflächen beobachtet.
Die älteste Fläche im Toppwald bei Konolfingen wird der Waldwachstumsforschung
bis ins Jahr 2005 ein Jahrhundert lang Daten geliefert haben. Sie erlebte
17 Mess- und Durchforstungskampagnen und produzierte über 1200 m3
Holz pro Hektare. Die Dauerwaldforschung wird zu aktuellen Fragen fortgeführt
und um neue Versuche ergänzt: Wie lassen sich solche Bestände
schaffen, wie können sie langfristig erhalten werden und welche wirtschaftlichen
Ergebnisse sind zu erwarten? |
Thees, Oliver, Fritz Frutig, Edgar Kaufmann |
Energiepotenzial im Schweizer Wald |
151/1-2: 46-48 |
Forschungsprojekt im Rahmen von «novatlantis-Nachhaltigkeit
im ETH-Bereich» |
Auch in der Schweiz gewinnt die energetische
Nutzung von Biomasse zunehmend an Bedeutung. Könnte man zum Beispiel
Holz an Stelle von Erdöl verwenden, um das Autofahren und Heizen mit
Biomasse kostengünstig zu ermöglichen? Im Rahmen des Projektes
«ECOGAS»' hat die WSL untersucht, wie gross das Potenzial von
Energieholz im Schweizer Wald ist und wie man diesen Rohstoff wirtschaftlich
nutzen könnte. Gemäss einer Schätzung liessen sich jährlich
rund drei Millionen Kubikmeter Holz energetisch verwenden, nur die Hälfte
davon wird bisher genutzt. Die Studie zeigt: Von der Produktion bis zur
Lieferung des Energieholzes liesse sich noch einiges rationalisieren. |
Schiestl, Florian Paul |
Ehrliche und täuschende Signale: Bestäuberanlockung
und Blütenevolution bei Pflanzen |
151/3: 51-58 |
Auskreuzung - Bestäubung - Mimikry - Orchideen
– Täuschblumen |
Bestimmte Pflanzen
haben für die Bestäubung durch Tiere Täuschmechanismen entwickelt.
Solche Pflanzen produzieren keine Belohnung für die Bestäuber,
sondern spiegeln diesen z. B. das Vorhandensein von Nektar oder eines Sexualpartners
vor. Solche Täuschblumen sind besonders unter den Orchideen weit verbreitet,
von denen etwa ein Drittel aller Arten nach diesem Schema bestäubt
wird. Manche «Nahrungstäuschblumen» imitieren die Blütensignale
von bestimmten Modellpflanzen und werden hauptsächlich von deren Bestäubern
besucht, andere imitieren generell attraktive Signale und locken damit
eine Reihe von verschiedenen Bestäubern an. «Sexualtäuschblumen»
imitieren neben Farbe und Behaarung besonders die olfaktorischen Signale
paarungsbereiter Weibchen und täuschen so die Bestäubermännchen.
Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass die Bestäubung über
Täuschmechanismen zu einer erhöhten Auskreuzungsrate führen
kann, was möglicherweise die treibende Kraft für die Evolution
dieses Phänomens darstellt. |
Hall, Heike |
Künstliche 3D-Fibringerüste: Wundheilung so gut wie in der
Natur? |
151/3: 59-66 |
Angiogenese - Endothelzellen - Fibrinmatrices
- Tissue Engineering - Wundheilung |
Die Blutversorgung
ist essentiell für jede Zelle, um ausreichende Nährstoffversorgung
und Gasaustausch zu ermöglichen. Viele Krankheiten werden durch Verminderung
der Blutversorgung ausgelöst, so dass Gewebe ihre Aufgaben nur noch
unzureichend erfüllen können. Daher befasst sich therapeutische
Angiogenese mit der Verbesserung der Durchblutung unterversorgter Gewebe,
indem das patienteneigene Vermögen, neue Blutgefässe zu bilden,
angeregt wird. Diese Studien umfassen die Verwendung von blutgefässbildenden
Wachstumsfaktoren oder Zelladhäsionssequenzen und die lokale Gentherapie.
Unser Ansatz ist es, künstliche 3D-Fibringerüste
zu verwenden, die mit vorherbestimmten Eigenschaften produziert und an
der gewünschten Stelle genau platziert werden können. Diese 3D-Gerüste
dienen als provisorische Matrix für einwandernde Zellen und induzieren
spezifische zelluläre Reaktionen. Während der Heilungsreaktion
wird das provisorische 3D-Gerüst durch das sich regenerierende Gewebe
nach und nach abgebaut und ist somit nach der Heilung völlig verschwunden.
Solche 3D-Matri-ces können vor der Implantation mit körpereigenen
Zellen besiedelt werden. Sie können aber auch so gestaltet sein, dass
körpereigene Endothelzellen oder deren Vorläuferzellen aus dem
Blut sich nach der Implantation auf dem Gerüst festsetzen und beginnen,
dieses Gerüst mit Blutgefässen zu versorgen und so die Heilungsreaktion
zu beschleunigen. |
Letsch, Dominik |
Die Wulp-Schotter im Küsnachter Tobel |
151/3: 67-72 |
Glazialschotter - Gossau-Interstadial - Relative
Warmphase - Schlamm- und Schuttströme - Seeablagerungen |
Die verkitteten eiszeitlichen
Schotter im oberen Abschnitt des Küsnachter Tobeis (Wulp-Schotter)
sind schon seit mehr als hundert Jahren bekannt, allerdings wurden sie
bis anhin nie genauer untersucht. Der Artikel gibt einen kurzen Überblick
über Verbreitung, Aufbau und Struktur der Schotter und versucht ihre
Bildung als gletschernahe Schlamm-und Schuttstrom-Ablagerungen zu erklären.
Dabei wird die vielfach geäusserte Vermutung, die Wulp-Schotter seien
in ein einstiges Flusstal eingelagert, zu widerlegen versucht, u. a. durch
Schleifmarken, die einen Transport quer zu diesem hypothetischen Tal belegen.
Hinweise auf eine relative Warm-Phase während und nach der Schotterablagerung
und die Frage nach ihrem Alter werden diskutiert. Das mittelwürmeiszeitliche
Gossau-Interstadial wird als wahrscheinlich angesehen. |
Hirsch Hadorn, Gertrude |
«Wer mit Erdöl heizt, ist noch lange kein schlechter Mensch» |
151/3: 73-75 |
Interview durch F.Klötzli
et al. |
In der Diskussion
um den Schutz der Umwelt können ethische Fragen nicht ausgeklammert
werden. PD Dr. phil. Gertrude Hirsch Hadorn von der Gruppe Umweltphilosophie
am Departement Umweltwissenschaften der ETH Zürich beschäftigt
sich seit über 15 Jahren mit Umwelt- und Wissenschaftsethik. In einem
Gespräch nimmt sie Stellung zur Moral der Menschen, zum Vorsorgeprinzip
und zur Verantwortung der Wissenschaft bei der Risikobeurteilung neuer
Technologien. |
Wanner, Heinz |
«Das bedrohlichste Szenario ist der Zusammenbruch des Golfstroms» |
151/3: 76-78 |
Interview durch F.Klötzli
et al. |
Klimadaten der letzten
100 Jahre zeigen insgesamt eine Erwärmung der Erde. Weltweit ist die
Durchschnittstemperatur um 0,7 °C gestiegen. Allein in den letzten
30 Jahren betrug die Temperaturzunahme pro Jahrzehnt 0,1 bis 0,2 °C.
Ein solcher Temperaturanstieg ist für die letzten 1000 Jahre einzigartig.
Die anhaltende globale Erwärmung im 20. Jahrhundert kann daher nicht
einfach als Ausklang der Kleinen Eiszeit gedeutet werden. Für Prof.
Dr. Heinz Wanner, Leiter der Gruppe für Klimatologie und Meteorologie
am Geographischen Institut der Universität Bern, ist klar, dass der
Mensch einen wesentlichen Beitrag zu dieser Erwärmung leistet. In
einem Gespräch nimmt er Stellung zu den Unsicherheiten von Klimaprognosen,
zu den möglichen Auswirkungen der Klimaveränderung und zur Tatsache,
dass Massnahmen gegen den Ausstoss von Treibhausgasen nur schleppend oder
gar nicht umgesetzt werden. |
Fornallaz, Pierre |
«Solarenergie ist nicht nur eine Technik, sondern vor allem eine
Kultur» |
151/3: 79-80 |
Interview durch F.Klötzli
et al. |
Die Schweiz
ist noch weit von einer nachhaltigen Energieversorgung entfernt: 40 Prozent
unserer Elektrizität und über 95 Prozent unserer Brenn- und Treibstoffe
stammen aus fossilen und nuklearen Quellen. Von 1950 bis 2000 hat sich
der Energieverbrauch in der Schweiz verfünffacht. Dieser enorme Zuwachs
wurde überwiegend durch Erdölprodukte gedeckt. Erneuerbare Energien,
die aus Sonne, Wind, Holz und anderer Biomasse gewonnen werden, decken
lediglich etwas über drei Prozent des Energieverbrauchs. Für
Pierre Fornallaz, emeritierter Professor und dipl. Ingenieur der ETH Zürich,
ist die verstärkte Nutzung der Sonnenenergie aber eine unausweichliche
Notwendigkeit. Seit über 30 Jahren kämpft er für eine «solare
Kultur der Nachhaltigkeit». Ein Interview über die Nutzung der
Sonnenenergie sowie über Nachhaltigkeit, Geld und Verantwortung. |
Griot, Christian, Fredéric Eynard, Patrick Mathys, Hans C. Matter,
Robert Steffen und Werner Wunderli |
Die Vielfalt der Influenzaviren
Der Artikel wurde im BioFokus, Mitteilungsblatt Nr.71 «des Vereins
Forschung für Leben», im Dezember 2005 veröffentlicht. |
151/3: 81-90 |
BioFokus, Mitteilungsblatt
Nr.71 «des Vereins Forschung für Leben», im Dezember 2005 |
Seit längerer
Zeit wird in den Medien über die Vogelgrippe in Südostasien berichtet.
Nachdem Befürchtungen über die Entstehung eines neuen Virus geäussert
wurden, ist das öffentliche Interesse an der Vogelgrippe enorm gestiegen.
Dieses Virus könnte zu einem weltweiten Seuchenzug beim Menschen führen.
Was steckt hinter der Vogelgrippe? Wird vielleicht nur dramatisiert oder
sogar damit Panik gemacht? Wie gefährdet ist die Schweiz? Was würde
ein Ausbruch pandemischen Ausmasses für uns bedeuten? Der vorliegende
Bericht soll zur Beantwortung einiger dieser Fragen beitragen. |
Burga, Conradin A. |
Zum Mittelwürm des Zürcher Oberlandes am Beispiel
des Schieferkohle-Profils von Gossau (Kanton Zürich) |
151/4: 91-100 |
Schlagwörter: Pollen- und Makrofossilienanalysen
– Stadial Interstadial - borealer Nadelwald - Parktundra -Waldsteppe -
Serbische Fichte |
Das Mittelwürm des Zürcher Oberlandes
ist im Schieferkohle-Profil von Gossau/ZH gut repräsentiert. Das Schieferkohle-Hauptflöz
umfasst einen Grossteil des Mittelwürms, das Nebenflöz die Mittelwürm-Endphase
vor dem Vorstoss des würmeiszeitlichen Linth-Rhein-Gletschers ins
obere Glattal. Mittels Pollenanalysen konnten zwei Fichten-Zeiten (Mittelwürm-Interstadiale)
und drei Föhren-Zeiten (vorw. Mittelwürm-Stadiale) unterschieden
werden. Während den Interstadialen war das Gebiet von Gossau/ZH mindestens
teilweise von lockerem borealen Nadelwald (Fichte, Serbische Fichte, Föhre,
Arve, Lärche, Birke) bestockt. Während den waldarmen bis -freien
Stadialen wuchsen bestenfalls inselartig Waldsteppe, Park- und Steppentundra
(Birke, Föhre). In den Stadialen dominieren Kräuter und Sträucher
der baumfreien Steppentundra bzw. arktisch-alpinen Tundra.
Die Makrofossilien-Analysen der Schieferkohle lassen
zu Beginn des Mittelwürms auf eine Verlandungssukzession eines ehemaligen
frühwürmeiszeitlichen Gossau-Sees zu einem Seggen-Flachmoor schliessen.
Auf Grund der Holz- und Wasserpflanzen-Funde (Najas flexilis) war das erste
Fichten-Interstadial zu Beginn des Mittelwürms klimatisch das wärmste.
Die jüngeren Interstadiale widerspiegeln zunehmend kühlere Klimabedingungen. |
Brandes, Andrea und Helmut Brandl |
Tier-Milzbrand in der Schweiz: Historische Fälle im Kanton Zürich
zwischen 1878 und 1919 |
151/4: 101-106 |
Schlagwörter: Anthrax - Bacillus anthracis - Gerbereien
- Milzbrand - Rosshaarverarbeitung -Wollverarbeitung |
Historische Aufzeichnungen über Milzbrandfälle
bei Tieren im Kanton Zürich zwischen 1878 und 1919 wurden auf der
Ebene von politischen Gemeinden analysiert, wobei das Auftreten und die
Anzahl von Fällen, die erkrankten Tierarten und die Anzahl betroffener
Gemeinden untersucht wurden. Die Daten wurden sowohl mit den industriellen
Aktivitäten (Gerben, Woll- und Rosshaarverarbeitung) in den Gemeinden
als auch mit den vorherrschenden meteorologischen Bedingungen korreliert.
Insgesamt wurden 675 Milzbrandfälle bei Tieren in 131 von 171 Zürcher
Gemeinden verzeichnet, wobei mehrheitlich Rinder betroffen waren. Das Auftreten
der Fälle korrelierte mit industriellen Aktivitäten in der jeweiligen
Gemeinde. Frühere industrielle Aktivitäten (d.h. Unternehmen,
die potenziell kontaminiertes Material, wie beispielsweise Häute,
Felle, Wolle, Haar, Fleisch oder Knochenmehl verarbeiteten) zeigten einen
positiven Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Milzbrandfällen
in einer Gemeinde und dem Vorhandensein bestimmter lokaler Betriebe. Der
Einfluss von wollverarbeitenden Betrieben (P= 0.004) und Gerbereien (P=
0.032) erwies sich als erheblich, während rosshaarverarbeitende Betriebe
keinen Einfluss aufwiesen. In denjenigen Gemeinden, welche die grösste
Anzahl Fälle verzeichneten, waren Gerbereien oder wollverarbeitende
Betriebe ansässig. |
Hoop, Richard und Martin Schwyzer (Zürich) |
Vogelgrippe - Aktuelle Ergänzungen |
151/4:107-111 |
Aviäre Influenza - H5Nl-Virus - Pandemie-Impfstoff
- Pandemieplan Schweiz - Stallpflicht -Vogelüberwachung - Vogelzug
- Zoonose |
Unter dem Titel «Die Vielfalt der Influenzaviren»
erschien in der letzten Nummer (3/2006) der Vierteljahrsschrift ein Artikel
von Griot, Eynard, Hoop, Mathys, Matter, Steffen und Wunderli, der die
Hintergründe der Vogelgrippe (Geflügelpest) ausleuchtete (GRIOT
et al., 2006). Jener Artikel war zuvor im BioFokus Nr.71 des Vereins «Forschung
für Leben» erschienen und gab die Situation Ende 2005 wieder.
Die seither eingetretene Entwicklung in der Schweiz und in anderen Ländern
gibt Anlass zu den folgenden aktuellen Ergänzungen (Stand Ende August
2006). Wir beschreiben zuerst die weltweite Ausbreitung der Vogelgrippe
als Tierseuche und den Stand der Überwachung und Eingrenzung in der
Schweiz. Dann untersuchen wir die Rolle der Influenzaviren vom Typ H5N1
(insbesondere Genotyp Z) als Zoonose-Erreger und wie sich unser Land auf
eine mögliche Pandemie vorbereitet. |
Schweiz.Nationalfonds
25.Okt.2006 |
Michael Hengartner erhält den Nationalen Latsis-Preis 2006
Auszeichnung für die Erforschung des Modellorganismus C elegans |
151/4:112 |
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Michael Hengartuer von der Universität
Zürich wird mit dem Nationalen Latsis-Preis 2006 ausgezeichnet. Der
Molekularbiologe wird für seine grossen Verdienste bei der Erforschung
eines wichtigen Modellorganismus, des Fadenwurms C. elegans, geehrt. Der
Nationale Latsis-Preis mit einer Preissumme von 100 000 Franken wird vom
Schweizerischen Nationalfonds im Auftrag der Genfer Latsis-Stiftung verliehen.
Die Preisverleihung findet am 11. Januar 2007 im Rathaus Bern statt. |
Köhler, Claudia |
Reproduktionsbiologie in Pflanzen - mit und ohne Mendel |
151/4:113-119 |
Apomixis - Arabidopsis thaliana - Genetik - Mutanten
- Samenentwicklung |
Die Verschmelzung zweier männlicher
Gameten mit zwei weiblichen Gameten, der Eizelle und der Zentralzelle,
markiert den Beginn der Samenentwicklung in Blütenpflanzen. Aus der
befruchteten Eizelle entwickelt sich der Embryo, während aus der befruchteten
Zentralzelle das Nährgewebe hervorgeht. Die doppelte Befruchtung ist
in den meisten Pflanzenarten notwendig, um lebensfähige Samen zu bilden,
und die befruchtungsunabhängige autonome Samenentwicklung wird aktiv
unterdrückt. Im Gegensatz dazu können apomiktische Pflanzen lebensfähige
Samen ohne Befruchtung der Eizelle bilden. Durch genetische Untersuchungen
an der Modellpflanze Arabidopsis konnte gezeigt werden, dass ein evolutionär
konservierter Proteinkomplex die autonome Teilung von Ei- und Zentralzelle
unterdrückt. In Mutanten, in denen dieser Mechanismus defekt ist,
können sich auch ohne Befruchtung samenähnliche Strukturen entwickeln,
die ein Nährgewebe aber keinen funktionellen Embryo enthalten. Der
molekulare Mechanismus, der dieser Repression zugrunde liegt, ist derzeit
Gegenstand intensiver Untersuchungen und wird innerhalb dieses Beitrags
näher erläutert. |
Klötzli,F., F.X.Stadelmann, G. Klaus |
Prof Dr. Peter F. Germann: Landwirtschaft im Wandel - Auswirkungen
auf den Boden und das Landschaftsbild |
151/4: 120-122 |
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Seit Jahrzehnten findet ein tief greifender Wandel der
landwirtschaftlichen Produktionsstrukturen statt. Seit 1992 erfolgte beispielsweise
eine Neuorientierung der schweizerischen Agrarpolitik in Richtung mehr
Ökologie und mehr Markt. Jeder Wandel hat Auswirkungen auf die Umwelt.
In einem Interview nimmt Prof. Dr. Peter F. Germann vom Geographischen
Institut der Universität Bern Stellung zum Problem der Bodenverdichtung
sowie zur Situation und Zukunft der Landwirtschaft, insbesondere der Berglandwirtschaft. |
Klötzli,F., Susanne Haller-Brehm, G. Klaus |
Prof em. Dr. Hans Christoph Binswanger: «Die Natur ist unsere
Lebensgrundlage»
|
151/4: 123-125 |
|
Lange Zeit hat die Ökonomie die Kosten der Umweltzerstörung
ignoriert. Als Antwort auf die ökologischen und sozialen Probleme
des unkontrollierten Wirtschaftswachstums und der Bevölkerungsexplosion
hat sich in den 1960er Jahren die Umwelt-ökonomie als ein wichtiger
neuer Forschungszweig entwickelt. Dr. Hans Christoph Binswanger, emeritierter
Professor für Ökonomie an der Universität St. Gallen und
ehemaliger Direktor der Forschungsgemeinschaft für Nationalökonomie
sowie des Instituts für Wirtschaft und Ökologie, ist ein Wachstumskritiker
der ersten Stunde. In einem Interview nimmt er Stellung zum ökologischen
und ökonomischen Gleichgewichtszustand, zur Rolle der ökologischen
Ökonomie beim Schutz der Umwelt und zur Energiepolitik der Schweiz. |
unipublic.unizh.ch 1.Sept.2006 |
Neue Erkenntnisse über Antibiotika-Resistenz |
151/4: 126 |
|
Wenn Bakterien gegen Antibiotika resistent sind, können
bakterielle Infektionen nicht mehr kuriert werden. Forscher der Universitäten
Zürich und Konstanz haben nun den Bauplan einer Resistenz-Pumpe entschlüsselt.
Die Untersuchung wurde am 1. September 2006 in der Zeitschrift «Science»
publiziert. |
2005 |
150. Jahrgang
|
|
Christian Stauffer |
Die Wiederansiedlung des Przewalskipferdes im
Nationalpark Gobi B in der Mongolei |
(2005) 150/1-2: 1-9 |
Ausrottung - Mongolei - Urwildpferd - Wiedereinbürgerung
- Zucht - Biosphärenreservat |
Das Przewalskipferd
war Ende der 1960er Jahre in freier Wildbahn ausgestorben, hat aber in
Menschenobhut, in Zoos und Wildparks überlebt. Die erfolgreiche Zucht
zwischen 1950 und 1980 schuf die Voraussetzung für eine Wiederansiedlung
in freier Wildbahn. Verschiedene Gebiete in der Mongolei wurden auf ihre
Eignung überprüft, und der Gobi B Nationalpark erwies sich als
das geeignetste Habitat. Zwischen 1992 und 2004 wurden 89 Wildpferde in
die Gobi transportiert und 93 Fohlen geboren. 91 Tiere überlebten
bis heute. Besonders im Winter 2000/ 2001 waren schwere Verluste zu verzeichnen.
2004 hatten sich vier Haremgruppen und eine Hengstgruppe in freier Wildbahn
etabliert. Seit 1998 wurde ein bedeutendes wissenschaftliches Programm
aufgebaut, welches für das Monitoring der Przewalski-Population und
verschiedener Lebensraumfaktoren sehr hilfreich war. Seit 2002 hat sich
der Fokus gewandelt. Das Przewalskipferd ist nicht mehr das primäre
Ziel, sondern ist zu einer Schirmart für die Entwicklung des Gobi
B-Nationalparks zu einem Biosphärenreservat geworden. |
Stefan Brönnimann |
Klimaschwankungen in der ersten Hälfte
des 20. Jahrhunderts |
(2005) 150/1-2: 11-17 |
Arktisches Klima - Dürren - Dust Bowl -
El Niño - Klimadynamik |
Das Studium vergangener
Klimaschwankungen ist wichtig für das Verständnis und die Beurteilung
des Klimawandels. Während die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts
diesbezüglich gut erforscht ist, ist über die erste Jahrhunderthälfte
nur wenig bekannt. Dabei ereigneten sich gerade in diesen Jahrzehnten starke
Klimaschwankungen mit teils verheerenden Auswirkungen wie die Erwärmung
der Arktis 1920-1945, die «Dust Bowl»-Dürren der 1930er
Jahre in den USA oder die globalen Klimaanomalien der frühen 1940er
Jahre. In diesem Beitrag wird anhand einer Zusammenfassung der Literatur
zu diesen Beispielen und eigenen Datenauswertungen die aktuelle Diskussion
nachgezeichnet. Nur durch die Kombination von Beobachtungsdaten und Klimamodellen
ist es möglich, die Mechanismen dieser Klimaschwankungen zu verstehen.
Noch sind viele Fragen offen, und es fehlen Daten, um aus Modellresultaten
abgeleitete Hypothesen zu testen. Hier werden zukünftige Arbeiten
ansetzen. |
Oskar Keller und Edgar Krayss |
Der Rhein-Linth-Gletscher im letzten Hochglazial
1. Teil: Einleitung; Aufbau und Abschmelzen des Rhein-Linth-Gletschers
im Oberen Würm |
(2005) 150/1-2: 19-32 |
Alpen Eiskörper-Rekonstruktion – Hochglazial-
Linthgletscher – Rheingletscher – Schweiz – Spätglazial – Vorlandvereisung
Würmeiszeit |
Rekonstruktionen verschiedener
Gletscherstände des letzteiszeitlichen Rhein-Linth-Gletschers werden
mit glaziologischen, hydrographischen und klimatologischen Verhältnissen
ihres Umfeldes verknüpft. Methodische Grundlage ist das Bestimmen
von Eisrandlagen mittels der Abfolge von Eisrandrelikten und den Niveaus
der Randentwässerung. Für das Erfassen der dreidimensionalen
Geometrie der Eiskörper und zum Verständnis der glazialen Prozesse
ist die Konstruktion von Isohypsenkarten der Eisoberfläche unerlässlich.
Für den Aufbau und den Zerfall des Rhein-LinthVergletscherungssystems
sind vier Hauptphasen unterscheidbar:
(1) Vorstoss in die Vorlandbecken
(2) Aufbau der Vorlandvergletscherung
(3) Eishochstände um und im Anschluss an die Maximalvereisung
(4) Abschmelzen in den Vorlandbecken und Auslasstälern.
Der Beginn des eigentlichen Vormarsches wird auf rund
29 000 Kalenderjahre vor heute angesetzt und erfolgte aus einer Basisposition
im Raum Chur bei Domat-Ems. Im Bodensee-Vorland ist eine AufbauEisrandlage
im Raum Konstanz-Ravensburg erkannt worden. Sie wird als Obersee-Stand
bezeichnet. Vor 24000 Jahren war die maximale Randlage bei Schaffhausen
erreicht. Die Eishochstände und das anschliessende Rückschmelzen
in die Auslasskanäle Rheintal und Linth-Seeztal lassen sich in die
stadialen Eisrandkomplexe Würm-Maximum W/M (Schaffhausen/Killwangen),
Feuerthalen/Schlieren W/F, Stein am Rhein/Zürich WIS, Konstanz/Hurden
W/K und Weissbad/Koblach W/W unterteilen, wobei mehrfach auch Wiedervorstösse
nachweisbar sind. Nach 17 000 Jahren vor heute schmolzen die Gletscher
von der Eisrandlage W/W endgültig in die inneren Alpentäler zurück. |
Frank Klötzli |
Verbindende Elemente in der Vegetation: Konvergenz
- Koevolution - Synevolution |
(2005) 150/1-2: 33-45 |
(Horst-) Büschelgras - Lebensform - Hochstaude
- Vergrasung - Verhochstaudung – Wuchsform – Zwergstrauch |
Der Artikel ist eine
aufdatierte und revidierte Fassung eines Vortrages zu Ehren des 70. Geburtstages
von Prof. Dr. Heinrich Wagner (1916-1997), gehalten an der Universität
Salzburg
1. «Synevolution» bedeutet konvergente Entwicklung
morphologisch-physiologischer Strukturen in Vegetationen ähnlicher
Standorte. Synevolution bestimmt somit das ähnliche Bild, das innerhalb
eines Bioms (einer Vegetationsformation) vorherrscht und das alle Bereiche
eines Ökosystems umfasst.
2. Synevolution erlaubt eine gewisse Vorausschau bei
der Entwicklung gestörter Ökosysteme, indem die Auslenkung gewisser
Standortfaktoren zur Veränderung bestimmter Strukturen führt.
(Beispiel: Nährstoffanreicherung [+DN]
führt zu Verhochstaudung; Ansäuerung [+DH]
und [-DR] zu Verheidung, Verstrauchung; Austrocknung
[-DF] zu Vergrasung.)
(vgl. ferner: Beschattung [-D
L], starker Verbiss [+D V] usw. mit oft kombinierten
Wirkungen; siehe Text und Tab. 2!)
3. Synevolution ermöglicht Schlüsse von Standortsveränderungen
auf die Änderung der Vegetationsstruktur und umgekehrt ohne nähere
Berücksichtigung der Sippen. |
Oliver Kröcher |
Aus der Forschung in die Praxis: Saubere Dieselmotoren
dank Stickoxid-Umwandlung mit Harnstoff |
(2005) 150/1-2: 49-50 |
|
Die Gruppe Abgasnachbehandlung
am Paul Scherrer Institut (PSI) entwickelte zusammen mit dem Institut für
Mess- und Regeltechnik der ETH Zürich ein Harnstoff-System, das es
erlaubt, bei minimaler Grösse etwa 90% der Stickoxide aus dem Abgas
von Dieselfahrzeugen zu entfernen. Das Projekt-Team wurde Preisträger
des Swiss Technology Award 2005 und gewann den Sonderpreis der ABB Schweiz
AG in der Kategorie «Ressourcen schonen». |
Conradin A. Burga |
Pott, R. 2003. Die Nordsee. Eine Natur- und
Kulturgeschichte. |
(2005) 150/1-2: 51 |
|
351 Seiten, 155 farbige
und s/w Fotos, 24 Tabellen und Figuren. C. H. Beck, München. ISBN
3-406-510-30-2. Fr. 60.40.
Wenn man sich über die natur- und kulturgeschichtlichen
Aspekte der Nordsee orientieren wollte, musste man bisher verschiedene
Werke zu Rate ziehen. über erdgeschichtliche und geobotanische Themen
wie z. B. die Auswirkungen des Eiszeitalters, Küstenmorphologie, Gezeiten,
Wattenmeer, Vegetation der West-, Ost- und Nordfriesischen Inseln sind
die vielfältigen Fakten auf zahlreiche Bücher und Zeitschriften
verteilt. Das Buch von R. Pott über die Nordsee bildet somit als einmalige
natur- und kulturgeschichtliche Gesamtschau dieses Raumes eine wertvolle
Synthese. … |
Elias Landolt |
Burga, C.A., Klötzli, F und Grabherr, G.
(Hrsg.)
2004. Gebirge der Erde. Landschaft, Klima, Pflanzenwelt. |
(2005) 150/1-2: 52 |
|
504 S., 296 Farbfotos,
87 Zeichnungen, 146 Klimadiagramme, 15 Tabellen. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart.
ISBN 3-8001-4165-5. Fr. 103.-.
Das mit vielen eindrücklichen Farbbildern und instruktiven
Zeichnungen ausgestattete Buch gibt einen Überblick über die
Gebirge der Erde. Es ist verständlich, dass aus Platzgründen
nicht alle Gebirge dargestellt werden konnten, sondern eine repräsentative
Auswahl von 44 Objekten getroffen werden musste. Diese verteilen sich über
die ganze Erde: von der Antarktis über die tropischen Gebirge bis
nach Spitzbergen und Alaska. Europäische Gebirge, vor allem die Alpen,
sind dabei, entsprechend der zu erwartenden Leserschaft, stärker vertreten.
Bei den dargestellten Gebirgen handelt es sich fast ausschliesslich um
Hochgebirge. Diese werden definiert als Bergmassive, die sich über
mindestens drei Vegetationszonen erstrecken, die also mindestens 1000 m
über das umliegende Tiefland herausragen. Neben den drei Herausgebern
haben sich zahlreiche weitere Spezialisten an den Beschreibungen der einzelnen
Gebirge beteiligt. Trotzdem bildet das Ganze eine harmonische Einheit. |
Christoph P. E. Zollikofer und Marcia S. Ponce
de León |
«Generationenvertrag» im Spätpliozän |
(2005) 150/1-2: 52 |
|
Der älteste bisher
gefundene zahnlose Hominidenschädel nährt Hypothesen, wonach
bereits vor rund zwei Millionen Jahren die Hominiden-Gemeinschaften alte
und behinderte Mitglieder im Austausch gegen Wissen und Erfahrung mit Nahrung
versorgten. Siehe: www.mediadesk.unizh.ch
7.04.2005 |
Christoph P. E. Zollikofer und Marcia S. Ponce
de León |
Facelifting für den ältesten Hominiden |
(2005) 150/1-2: 10 |
|
Dank computerunterstützter
Rekonstruktion haben Christoph Zollikofer und Marcia S. Ponce de León
vom Anthropologischen Institut und Museum der Universität Zürich
belegen können, dass sich bereits vor sieben Millionen Jahren die
Humanoiden von den Menschenaffen abzuspalten begannen. Ihre Forschungsergebnisse,
die neue Erkenntnisse zu den Anfängen der Menschheitsgeschichte erschliessen,
publizierten die beiden in zwei Artikeln in der Zeitschrift «Nature».
Siehe: www.mediadesk.unizh.ch
7.04.2005 |
Felix Stauffer |
Jugendpreis 2004 der Naturforschenden Gesellschaft
in Zürich |
(2005) 150/1-2: 47-48 |
|
Dieses Jahr wurden
zum zweiten Mal alle Gymnasien im Kanton Zürich eingeladen, je ihre
beiden besten Maturitätsarbeiten aus den Bereichen Biologie, Chemie,
Geographie, Mathematik und Physik für den Wettbewerb um den Jugendpreis
der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich einzureichen. Von sieben
Schulen gingen insgesamt zehn Arbeiten ein. Wiederum war die Jury sehr
beeindruckt vom grossen Engagement aller Autorinnen und Autoren und der
hervorragenden Qualität dieser Arbeiten. Als Hauptkriterien für
die Entscheidungsfindung dienten Wissenschaftlichkeit, Originalität
und Relevanz.
Der erste Preis ging an eine Arbeit aus dem Bereich Künstliche
Intelligenz, der zweite Preis wurde für eine ökologische Arbeit
vergeben.
Gewinner des Jugendpreises 2004: Dominik Käser,
Gossau (Kantonsschule Zürcher Oberland in Wetzikon)
Zweiter Preis: Stephan Reber (Literaturgymnasium Rämibühl
Zürich)
Alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen erhalten als Anerkennung
für ihren ausserordentlichen Einsatz und die hohe Qualität ihrer
Maturitätsarbeiten eine NGZ-Mitgliedschaft für das Jahr 2005.
Zudem erhielt der Sieger Fr. 500.- und der Zweite Fr. 250.-.
Die Verleihung der Preise erfolgte am 6. Dezember 2004
an der ETH im Rahmen eines NGZ-Vortrages des Wintersemes ters 2004/05. |
Peter Longatti |
Virtuelle Streifzüge durch die Schweiz mit dem Atlas
der Schweiz, Version 2 |
150/3-4: 56 |
|
Für Leute, die gerne in
der Realität herumspielen, ist der Atlas der Schweiz das ideale Spielzeug.
Im 3-D-Teil bewegt man sich im Geländemodell der Schweiz,
dessen Oberfläche mit Satellitenbildern ergänzt werden kann.
Man erklimmt virtuell Berggipfel und kann dort das Panorama in beliebiger
Richtung anschauen und sich erst noch die Namen der anderen Gipfel anzeigen
lassen. Mit dem Cursor hüpft man auf einen anderen Gipfel und kann
von dort zurückschauen. Man kann auch die Landeskoordinaten eines
Hotels oder Ferienhauses und die Höhe über Meer eingeben und
sieht dann die Aussicht, die man hätte, wenn sie nicht von Bäumen
oder anderen Gebäuden verdeckt wäre. Im Atlas kann man sich zwar
den Wald anzeigen lassen, aber einzelne Bäume oder eben Gebäude
sind nicht enthalten. Der Vordergrund ist deshalb im Vergleich zu der wirklichen
Aussicht diffus und grob.
Im 2-D-Teil kann man Karten erstellen, die
Dinge zeigen, die man von Auge nicht sehen würde: Daten, die von der
Forschung in den verschiedensten Bereichen gesammelt und ausgewertet wurden.
40 nationale Institute (die WSL, das SLF und die Sottostazione sind separat
aufgelistet) und 8 internationale Stellen lieferten Material zu den Karten.
Man kann beispielsweise schauen, welche politischen Tendenzen in den Gemeinden
vorherrschen, wie die Altersstruktur, die Bildung und das Einkommen der
Bevölkerung ist. ...
weitere Info bei: Landestopographie
(Fr. 248.-), resp. direkt:
Atlas
der Schweiz
Der Artikel wurde im Informationsblatt Forschungsbereich
Landschaft 52/2005 veröffentlicht. |
Roland Psenner (Innsbruck) |
Gibt es Leben im Vostok-See? |
150/ 3-4: 57-67 |
Schlagwörter: Antarktis - Eisökosysteme - Leben im Eis -
Limnologie - Mikroorganismen - subglaziale Seen |
Einer der bemerkenswertesten Eisbohrkerne
aus der Antarktis, der uns Aufschluss über das Klima der letzten 420
000 Jahre lieferte, stammt - wie sich gegen Ende der Bohrung herausstellte
- aus der Eisdecke über einem 14000 km² grossen und etwa 1000
m tiefen See, der nach der russischen Station Vostok getauft wurde. Der
3623 m lange Vostok-Eiskern hat viele Fragen über historische Klimaschwankungen
beantwortet, gleichzeitig jedoch eine Reihe von Rätseln aufgegeben,
die wahrscheinlich noch lange nicht gelöst werden können. Eines
davon betrifft die Entstehung des Sees vor mehreren Millionen Jahren, ein
anderes die Frage, ob es im Vostok-See Leben gibt, und wenn ja, welche
Formen es angenommen hat und welchen Weg die Evolution gegangen ist. Da
Leben im Prinzip überall dort existieren kann, wo es flüssiges
Wasser gibt, und da Mikroorganismen auch im angefrorenen Eis des Vostok-Sees
gefunden wurden, können wir davon ausgehen, dass es auch im Vostok-See
Leben gibt. Ein ungelöstes technisches Problem, an dem die Beantwortung
dieser Fragen hängt, ist immer noch die Beprobung des Seewassers,
da man bisher keine Möglichkeit kennt, Wasser ohne mögliche Kontamination
des Sees zu entnehmen. Damit bleibt der Vostok-See im Zentrum der Untersuchungen
und - notgedrungen - der Spekulationen über das Leben in Extremlebensräumen,
er liefert aber gleichzeitig Anregungen für die Exploration ausserirdischer
Himmelskörper, die ähnliche Bedingungen aufweisen, wie z. B.
niedrige Temperaturen und von mehreren Kilometern Eis bedeckte Ozeane oder
Seen. |
Karin Köchle Oberle |
Klimaerwärmung: Mistel erobert immer höhere Gebiete |
150/ 3-4: 68 |
|
Der Artikel wurde im Informationsblatt Forschungsbereich
Wald 19/2005 veröffentlicht.
Lange Zeit glaubte man, die Mistel wachse in der Schweiz
nur in Gebieten unterhalb von 1000 Metern über Meer. Nadine Hilker,
die an der Eidg. Forschungsanstalt WSL im Walliser Föhrenprojekt eine
Diplomarbeit anfertigte, stellte fest, dass die Mistel heute auch in höher
gelegenen Gebieten stark verbreitet ist.
Das Klima hat sich im letzten Jahrhundert stark erwärmt.
In der Schweiz stiegen dabei die Temperaturen deutlich stärker an
als im globalen Mittel: Allein in den letzten 30 Jahren wurde es bei uns
um 1,5 Grad wärmer. Eine der Folgen: Temperaturempfindliche Pflanzen
können in höhere Lagen vordringen.
Nadine Hilker untersuchte die Verbreitung der Föhrenmistel
im Kanton Wallis. Misteln sind licht- und wärme-liebende Halbparasiten
und beziehen von ihren Wirtsbäumen Wasser und gelöste Nährsalze.
Vor allem während Trockenperioden kann dies zu einem erhöhten
Stress für den Wirtsbaum führen. Lange Zeit glaubte man, dass
der Halbparasit oberhalb von 1000 Metern Höhe praktisch nicht vorkomme.
Hilker fand im Wallis jedoch Föhrenmisteln auf bis zu 1500 Metern
Höhe. Im Schnitt hat sich die Arealgrenze der Föhrenmistel in
den letzten 100 Jahren um mindestens 250 Meter nach oben verschoben - das
zeigt der Vergleich mit einer Untersuchung aus dem Jahr 1910.
Dieser Anstieg ist eine Folge der Klimaerwärmung
im letzten Jahrhundert. Entscheidend für das Mistelvorkommen sind
vor allem die Winter- und Frühjahrstemperaturen. Speziell die Wintertemperaturen
sind - im Vergleich zu den Sommertemperaturen - besonders stark angestiegen.
Die Mistelbeeren reifen im Winter und werden durch Vögel verbreitet.
Die Samen keimen dann im Frühling auf den Bäumen Das erklärt,
weshalb die Mistel vor allem von warmen Wintern und den gestiegenen Frühjahrestemperaturen
profitiert. Wird die Mistel in Zukunft noch höher gelegene Gebiete
erobern? Gut möglich: Nimmt die durchschnittliche Temperatur um ein
weiteres Grad zu, dürfte nach Hilkers Berechnungen auch die Arealgrenze
der Föhrenmistel nochmals um etwa 100 Meter ansteigen.
Karin Köchle Oberle, Eidg. Forschungsanstalt WSL,
Zürcherstrasse 111, 8903 Birmendsorf. karin.koechle bei wsl.ch |
Oskar Keller (Eggersriet SG), Edgar Krayss (St. Gallen) |
Der Rhein-Linth-Gletscher im letzten Hochglazial 2. Teil: Datierung
und Modelle der Rhein-Linth-Vergletscherung. Klima-Rekonstruktionen |
150/3-4: 69-85 |
Schlagwörter: Eiszeitniederschläge - Eiszeittemperaturen
- Gletschervorstossraten - Hochwürm-Chronologie - Klimaschwankungen
- Massenbilanz - Schneegrenzlagen |
Alle für den Rhein-Linth-Gletscher im
letzten Hochglazial verfügbaren Datierungen werden in einem Raum-Zeit-Diagramm
erfasst. Die daraus abgeleitete Chronologie ergibt für den Eisaufbau
aus dem Raum Chur bis zum Maximalstand einen Zeitraum von 29000-24 000
Kalenderjahren vor heute, für das anschliessende Zurückschmelzen
23 000-16 500 Kalenderjahre vor heute. Für den Aufbau der modell-mässig
ermittelten Eismassen lässt sich eine durchschnittliche positive Nettobilanz
von 13 cm pro Jahr errechnen. Dabei liegt die Vorstossrate bei 60 m pro
Jahr in den Auslasstälern und später bei 15-20 m pro Jahr in
den Vorlandbecken. Beim Rückschmelzen ergibt sich für die Zeit
der Eishochstände eine negative Nettobilanz von durchschnittlich 5
cm pro Jahr und eine solche von 15-18 cm während der Hauptphase des
Zurückschmelzens.
Zur Zeit der Eishochstände lagen die Jahresmitteltemperaturen
im Gletschervorland mit rund -6° C um 14-15° C tiefer als «heute»
(2. Hälfte 20. Jahrhundert). Für den Juli wird mit einer mittleren
Temperatur von +7° C gerechnet, für den Januar gegen -20°
C. Dabei dürften die Niederschläge auf etwa 20% zurückgegangen
sein. Ein abschliessendes Diagramm orientiert über den mutmasslichen
Verlauf der jährlichen Durchschnittstemperaturen (Depression gegenüber
«heute») im Bodenseeraum und im Zürcher Vorland vom letzten
Interglazial bis zur Gegenwart. |
Reinhard Lässig |
Nächstes Reiseziel: Urwald |
150/3-4: 86 |
|
Im Urwald die Stille wahrnehmen. Seltene
Tier- und Pflanzenarten suchen. Die Vielfalt der Schöpfung bestaunen.
Der neue Naturführer über die «Urwälder im Zentrum
Europas», herausgegeben von der WSL und dem Karpaten-Biosphärenreservat
in Rachiw, gibt Naturfreunden Ideen und Tipps für die Planung einer
erlebnisreichen und naturverträglichen Reise. Der Artikel wurde im
Informationsblatt Forschungsbereich Wald ##/#### veröffentlicht. |
Pascal Beer (Bäretswil) |
Natürlichkeit und gebietsfremde Pflanzenarten im Wald - Untersuchungen
am Zürichberg und im Kanton Aargau |
150/3-4: 87-93 |
Schlagwörter: Bewertungsmethoden - Buchenwälder - Hemerobie
- Neophyten - Phyto-Diversität – potenziell natürliche Vegetation |
Um den Grad der Natürlichkeit von Buchenwaldflächen
im Schweizer Mittelland zu erfassen, wurde ein z. T. neues Verfahren zur
Quantifizierung des menschlichen Einflusses auf zwei Buchenwald-Gebiete
bei Zürich und Zofingen (AG) entwickelt und exemplarisch auf 41 Untersuchungsflächen
angewendet. Die unkomplizierte Beurteilungsmethode basiert auf Braun-Blanquet-Vegetationsaufnahmen
und einem Vergleich der aktuellen mit der potenziell-natürlichen Vegetation.
Ferner wurde die Pflanzenvielfalt der Untersuchungsflächen bestimmt.
Auf acht weiteren Flächen wurde untersucht, wie sich das Auftreten
von invasiven, gebietsfremden Pflanzenarten (Neophyten) auf die Pflanzenvielfalt
von Waldflächen auswirken kann. 51% der Untersuchungsflächen
können als naturnah bezeichnet werden, während 10% der Untersuchungsflächen
stark verändert sind. Flächen mit starkem Neophytenbewuchs weisen
eine tendenziell geringere Pflanzenvielfalt auf als gleichartige Flächen
ohne Neophyten. Zwischen den beiden Buchenwald-Gebieten Zürich und
Zofingen bestehen kaum Unterschiede. Vor allem die Forstwirtschaft, aber
auch Waldbesucher und Anwohner können mit verschiedenen Massnahmen
einen nachhaltigen Beitrag zur Erhaltung und Verbesserung des Zustandes
der Wälder leisten. |
Frank Hagedorn |
Böden - grosse Speicher, kleine Senken für CO2 |
150/3-4: 94-96 |
|
Böden speichern grosse Mengen an Kohlenstoff.
Sind sie auch Senken für atmosphärisches CO2? Wissenschafter
der WSL setzten junge Mischwälder vier Jahre lang erhöhtem CO2
aus, das eine andere Isotopen-Zusammensetzung hatte als übliche Luft.
So konnten sie den Weg des CO2 von den Blättern über die Wurzeln
bis in den Humus des Bodens verfolgen.
Die Ergebnisse zeigen: die Senkenwirkung von Böden
scheint begrenzt zu sein.
Der Artikel wurde im Informationsblatt Forschungsbereich
Wald 15/2003 veröffentlicht. |
Anna Roschewitz, Kathrin Bernath |
Nichts wert und doch so wertvoll: Wie rechnet sich die Walderholung? |
150/3-4: 96 |
|
Ein Waldspaziergang, eine Runde auf dem Vita
Parcours oder ein Picknick am Waldrand: Der Mensch nutzt den Wald intensiv
als Erholungsraum. Insbesondere in Ballungszentren ist die stadtnahe Walderholung
wertvoll. Doch was heisst das konkret? Ein umwelt- und sozio-ökonomisches
Forschungsprojekt geht dieser Frage nach. Menschen, die in einem Ballungsraum
zu Hause sind, haben ein grosses Bedürfnis, sich in nahe gelegenen
Wäldern zu erholen. Dies zeigte in den 1980er Jahren eine Pilotstudie,
die dem Zürcher Wald einen hohen individuellen und gesellschaftlichen
Erholungswert bescheinigte (SCHELBERT-SYFRIG, H. et al. 1988).
Doch wie hoch ist der ökonomische Wert dieses Waldes
als Erholungsraum heute? Wie und warum hat er sich in den vergangenen zwei
Jahrzehnten verändert? Welche Erholungsleistungen werden heute im
Zürcher Wald nachgefragt und wie lassen sich diese optimal bereitstellen?
Und wie gut können wir den Erholungswert eines bestimmten Waldes auf
andere Wälder übertragen? Oder stellen die Menschen in Zürich
vielleicht andere Ansprüche an die Walderholung als jene in Basel
oder Hamburg? Mit unserem Forschungsprojekt, das in die WSL-Programme «Landschaft
im Ballungsraum» und «Walddynamik» eingebunden ist, wollen
wir Antworten auf diese Fragen finden. Dabei verfolgen wir drei übergeordnete
Ziele. Erstens wollen wir den Erholungswert ermitteln. Um diesen Wert für
den einzelnen Menschen wie für die Gesellschaft genauer erfassen zu
können, führen wir mündliche und schriftliche Befragungen
im Wald und in der Stadt Zürich durch. Dadurch wollen wir herausfinden,
was die Walderholung für die Menschen wertvoll macht. Zweitens untersuchen
wir, wie sich die monetären Bewertungsergebnisse auf andere stadtnahe
Wälder übertragen lassen. Dieser so genannte Benefit-Transfer
ist eine zeit-und kostengünstige Alternative, wenn man aufwändige
Befragungen und Bewertungen an anderen Orten vermeiden will oder nicht
durchführen kann. Wir werden daher die Ergebnisse unserer Wiederholungsstudie
mit denen der Pilotstudie von 1988 (temporaler Vergleich) sowie mit denen
anderer, aktueller Waldbewertungs-Untersuchungen (regionaler Vergleich)
vergleichen. Die Ergebnisse des Vergleichs erlauben uns, die Möglichkeiten
und Grenzen des Benefit-Transfers zu bestimmen. Schliesslich sollen die
Ergebnisse der Studie in die Planung von konkreten Massnahmen im Wald einfliessen.
Denn unsere Kooperationspartnerin Grün Stadt Zürich will ihre
zukünftigen Entscheide zur Gestaltung und Nutzung des Zürcher
Waldes auf die Ergebnisse der Untersuchung des Besuchs-verhaltens und der
Ansprüche der Waldbesucherlnnen abstützen.
Dr. Anna Roschewitz, Kathrin Bernath, Eidg. Forschungsanstalt
WSL, Zürcherstrasse 111, 8903 Birmendsorf. anna.roschewitz bei
wsl.ch. kathrin.bernath bei wsl.ch
Der Artikel wurde im Informationsblatt Forschungsbereich
Wald 17/2004 veröffentlicht. |
Karl-Heinz Altmann (Zürich) |
Die Natur als Arzneimittelhersteller und als Quelle der Inspiration
für den Chemiker: Die Bedeutung von Naturstoffen in der Arzneimittelforschung |
150/3-4: 97-105 |
Schlagwörter: Antibiotika - Biogene Arzneistoffe - Epothilone
- Leitstrukturen - Lovastatin - Naturstoffforschung - Statine - Taxol |
Naturstoffe bilden ein unermessliches Reservoir
an Leitstrukturen für die Entwicklung neuer Arzneimittel. Bei mehr
als 50% der heute therapeutisch eingesetzten Medikamente handelt es sich
um solche z. B. von Pflanzen, Pilzen oder Bakterien gebildete Stoffe oder
strukturell davon abgeleitete Substanzen. Im ersten Teil dieses Beitrags
wird die Verwendung von Naturstoffen als Leitstrukturen für die Arzneimittelentwicklung
anhand von zwei in der klinischen Praxis etablierten Arzneimitteln bzw.
Arzneimittel-gruppen exemplarisch illustriert. Der zweite Teil des Artikels
beschäftigt sich mit einer neuen Klasse von Naturstoffen, den so genannten
Epothilonen, die als Leitstrukturen für die Krebsmittelforschung in
der jüngsten Vergangenheit grosse Aufmerksamkeit auf sich gezogen
haben. Die Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Struktur und Wirkung
dieser Moleküle durch chemische Synthese geeigneter Analoga bildet
eines der Forschungsthemen in der Arbeitsgruppe des Autors am Institut
für Pharmazeutische Wissenschaften der ETH Zürich. Das Erkennen
dieser Zusammenhänge bildet die Voraussetzung für die Entwicklung
von neuen Arzneistoffen, die ein gegenüber den ursprünglich aus
natürlichen Quellen isolierten Naturstoffen verbessertes Wirkprofil
aufweisen. Gegenwärtig befinden sich 6 Verbindungen vom Epothilon-Typ
in verschiedenen Phasen der klinischen Entwicklung als Krebsmedikamente. |
Felix Kienast, Stefan Hadorn und Martin Schütz |
Werden Walliser Föhrenwälder zu Eichenwäldern?
Eine pflanzensoziologische Studie mit historischen Aufnahmen |
150/3-4: 106-108 |
|
Seit Beginn des 20. Jh. beobachtet man im
Wallis in periodischen Abständen ein Waldföhrensterben. Gleichzeitig
weisen das Landesforstinventar und kantonale Inventare nach, dass der Anteil
der Flaumeiche (Quercus pubescens) zunimmt. Als mögliche Ursachen
dieses offensichtlichen Sukzessionsprozesses kommen Klimaveränderung,
veränderte Waldbewirtschaftung und erhöhte Föhrenmortalität
in Frage. Unsere Untersuchung beleuchtet den Sukzessionsprozess mittels
alter pflanzensoziologischer Aufnahmen, die im Jahre 2001 wiederholt wurden.
Die Studie wurde als Diplomarbeit an der Universität Bern durchgeführt
und ist Teil des Föhrenprojektes des Forschungsprogramms Walddynamik
der WSL. In 44% der untersuchten 128 Probeflächen nahm in den letzten
20 bis 70 Jahren der Föhrenanteil deutlich ab. Die jährlichen
Abnahmeraten liegen zwischen 1 und 6 Deckungsprozente. Gleichzeitig nahm
in den Flächen mit abnehmender Föhrendominanz der Anteil der
Flaumeiche deutlich zu. In der Strauch- und Krautschicht waren nur wenige
Änderungen zu verzeichnen. Die Flächen, auf denen sich die Föhren-
in Eichenwälder umwandeln, finden sich bevorzugt auf Standorten mit
hoher Einstrahlung und hoher Kontinentalität sowie einem geringen
Nährstoffangebot.
Der Artikel wurde im Informationsblatt Forschungsbereich
Landschaft 59/2004 veröffentlicht. |
Elias Landolt |
AESCHIMANN,D., LAUBER, K., MOSER, D.M. und THEURILLAT, J.-P. 2004.
Flora Alpina.
Ein Atlas sämtlicher Gefässpflanzen der Alpen. 3 Bände,
2670 Seiten, 5933 Farbfotos, 4662 Verbreitungskarten. Haupt Verlag, Bern,
Stuttgart, Wien, ISBN 3-258-06600-0, Fr. 286.-. |
150/3-4: 107-108 |
|
Die im Juni 2004 erschienene «Flora
alpina» umfasst erstmals das ganze Alpengebiet von Nizza bis Wien
(etwa 170 000 km2), das politisch zu Frankreich, Italien, der Schweiz,
Liechtenstein, Österreich und Slowenien gehört. Sie enthält
4500 Arten, die in den Alpen einheimisch sind oder dort vor längerer
oder kürzerer Zeit einwanderten. Unter Arten verstehe ich im Folgenden
alle Sippen oder Taxa, die im Buch auf der untersten taxonomischen Stufe
erwähnt sind, also neben Arten auch Unterarten. Von den erwähnten
Taxa gehören etwas über 10% zu den Neophyten, die erst nach dem
Jahr 1500 eingewandert sind und sich seither einbürgerten. Der Benützer
hat deshalb den Vorteil, dass er alle Arten, die er antrifft, identifizieren
kann. Bei Spezialfioren für die Alpen oder Teile der Alpen sind viele
Arten mit Hauptverbreitung ausserhalb des Gebietes nicht berücksichtigt
und deshalb auch nicht zu bestimmen. |
Christoph Angst WSL |
Vielfältige Waldentwicklung auf Lothar-Versuchsflächen |
150/3-4: 111-114 |
|
Während vier Jahren haben Forscher der
WSL im Rahmen eines interdisziplinären Projektes die Waldentwicklung
auf grossen, geräumten und ungeräumten Lotharflächen im
Mittelland und in den Voralpen untersucht. Besonders auf den geräumten
Windwurfflächen stellte sich nach dem Windwurf eine vielfältige
Vegetation ein, die fast überall schnell von einer dichter werdenden
«Brombeerdecke» abgelöst wurde. Die Waldverjüngung
wird vor allem durch Jungbäume bestimmt, die bereits vor dem Sturm
vorhanden waren; Pionierbaumarten spielen eine eher untergeordnete Rolle.
Offene Fragen gibt es unter anderem zur Jungwaldpflege und zum Verhalten
der Wildpopulationen nach grossflächigem Windwurf. |
2004 |
149. Jahrgang
|
|
Eric Kubli (Zürich) |
Einführung in das Themenheft «Was
ist Leben?» |
149/1: 1-2 |
Peter Walde (Zürich) |
Was ist Leben? - Gedanken eines Chemikers. Pier
Luigi Luisi zu seinem 65. Geburtstag gewidmet. |
149/1: 3-14 |
Schlagwörter: AIDS-Virus - Autopoiese -
minimale Zellen - RNS (Ribonukleinsäure) - Selbstorganisation -Selbstreproduktion
- Ursprung des Lebens - Vesikel - Wasser |
Leben zu definieren oder eine allgemein
akzeptierte Definition eines Lebewesens zu geben ist schwierig. Aus chemischer
Sicht kann zelluläres Leben im Prinzip als nichts anderes als eine
spezielle Form von Materie betrachtet werden. Ein Lebewesen ist eine hoch
komplexe Organisation von einer Vielzahl chemisch gesehen sehr komplizierten
und chemisch gesehen einfachen Molekülen und deren Wechselwirkungen
innerhalb einzelner abgegrenzter Kompartimente (Zellen) oder innerhalb
einer definierten Ansammlung von Zellen und im Austausch mit der Umgebung.
Diese rein materialistische Betrachtung von Lebewesen basiert auf Hypothesen,
welche einerseits die Verwandtschaft sämtlicher Lebewesen und die
Abstammung aller Lebewesen von einem gemeinsamen Vorfahren postulieren
und andererseits den Ursprung des Lebens als spontaner Übergang von
unbelebter Materie zu lebender Materie annimmt. Die Frage «Was ist
Leben?» beinhaltet somit letztendlich die Frage nach dem Ursprung
des Lebens. Es wird vermutet, dass die Entstehung der ersten Lebewesen
vor etwa 4 Milliarden Jahren eine direkte Folge zunehmender molekularer
Komplexität war, wobei der gesamte Entstehungsprozess, bei welchem
molekulare Selbstorganisationsprinzipien möglicherweise eine Rolle
gespielt haben, in seinen Details zur Zeit nur schwer nachvollziehbar ist. |
Gottfried Schatz (Reinach) |
Genomforschung, die Würde des Lebens und
die wunderbaren Fehler der Evolution |
149/1: 15-22 |
Schlagwörter: Entstehung des Lebens - Individualität
- Komplexität - menschliches Genom |
Die Individualität des Menschen
beruht auf der enormen molekularen Komplexität unseres Körpers
und den praktisch unendlichen Kombinationsmöglichkeiten seiner Komponenten.
Dank diesen ist jeder Mensch ein molekulares Unikat. Es wird die Geschichte
des Lebens erzählt von den einfachsten Lebewesen bis zur (jetzigen)
«Krönung» der Evolution: Homo sapiens. |
Klaus Peter Rippe (Zürich) |
Von der Robo-Roach zum RoboCop? Cyborg-Technologie
aus ethischer Sicht |
149/1: 23-28 |
Schlagwörter: Ethik - Instrumentalisierung
- Perfektionierung - Technikfolgenabschätzung - Wissenschafts-Ethik
- Würde. |
An etlichen Universitäten der
Welt werden derzeit Projekte zur Cyborg-Technologie durchgeführt.
Die Wissenschaft betritt damit ein Gebiet, das bisher der Phantasie von
Science Fiction-Autoren vorbehalten war. Ausgehend von einem dieser Projekte,
der sog. «Robo-Roach», wird die Cyborg-Technik aus ethischer
Sicht überprüft. Der Aufsatz kommt zu folgenden Schlussfolgerungen:
Cyborg-Technologie im ausserhumanen Bereich schadet weniger den betroffenen
Tieren, als dass sich dadurch eine moralisch verdächtige Haltung zeigt,
Lebewesen und Natur bloss als ausbeutbare Instrumente zu sehen. Aus dieser
Haltung könnten für Mensch, Tier oder Umwelt Schäden erwachsen.
Im humanen Bereich hat die Cyborg-Technologie hohes Potential, Menschen
zu helfen. Insbesondere bestehen hohe Erwartungen, Seh- und Hörgeschädigten
und anderen Behinderten qualitativ hochfertige Prothesen und künstliche
Sinnesorgane anbieten zu können. Allerdings ist hier aus ethischer
Sicht vor Missbrauch und zu einfachen Lösungsansätzen zu warnen. |
Christoph Rehmann-Sutter (Basel) |
Eigener Sinn. Kritik der Gegenständlichkeit
von «Leben». |
149/1: 29-37 |
Schlagwörter: Aristoteles - Leben - ökologische
Ethik - organische Praxis - Relationalität lntrinsic Sense. |
Die verbreitete Frageform «Was
ist Leben?» setzt voraus, dass Leben etwas Gegenständliches
sei. Der Artikel analysiert die philosophische Kontroverse, die es dazu
gibt. Sie betrifft den Substantivismus (nicht den «Substanzialismus»).
Diese Auseinandersetzung hat einen starken Bezug zur Ethik und öffnet
die Frage nach theoretischen Alternativen. Als eine davon wird der Ansatz
organischer Praxis aufgegriffen. Er führt zu einer relationalen Theorie
von Leben, die davon ausgeht, dass lebendige Prozesse einen Sinn im eigenen
Vollzug haben. Indem wir eine Wesenheit für «lebendig»
halten, schreiben wir ihr einen eigenen Raum von Sinn zu. Leben wird zum
Anerkennungsbegriff für eine Naturethik. |
F. Klötzli |
BRÜGGER, R. und VASSELLA, A. 2003. Pflanzen
im Wandel der Jahreszeiten. Anleitung für phänologische Beobachtungen.
287 Seiten zweisprachig: d./f.) 8 Phototafeln 6 graphische Darstellungen,
36 Zeichnungen und 5 Tabellen. Arbeitsgemeinschaft Geographica Bernensia,
Bern, Fr. 29.80. |
149/1: 38 |
Christoph P. E. Zollikofer und Marcia S. Ponce de León |
Paläoanthropologie: neue Methoden - neue Erkenntnisse |
149/2-3: 39-50 |
Sch1agwörter: Computerunterstützte Pa1äoanthropo1ogie
- evo1utionäre Entwicklungsbiologie - Geometrische Morphometrie -
Homo erectus - Homo neanderthalensis - Ontogenie - Phylogenie - Sahelanthropus
tchadensis - virtuelle Fossilrekonstruktion |
Die Paläoanthropologie hat
im Lauf der letzten Jahrzehnte einen tief greifenden Wandel durchgemacht,
sowohl was die grundlegenden Fragestellungen, als auch was die quantitative
Analyse von Fossilfunden betrifft. Die Seltenheit und der fragmentarische
Erhaltungszustand vieler menschlicher Fossilien verlangt nach möglichst
effizienten und gleichzeitig nicht-invasiven Untersuchungsmethoden, die
es erlauben, ein Maximum an Information aus den wertvollen Fundstücken
herauszuholen. Die computerunterstützte Paläoanthropologie verfolgt
diesen Ansatz systematisch: Computertomographie (CT) ermöglicht einen
Einblick in bisher unzugängliche interne Strukturen. Unter Einsatz
von Computergraphik können aus CT-Daten virtuelle Fossilien berechnet
werden, die am Computerbildschirm präpariert, rekonstruiert und anschliessend
morphometrisch analysiert werden. Mit Methoden der Geometrischen Morphometrie
wird die dreidimensionale Form der untersuchten Fossilien in ihrer Gesamtheit
erfasst, was Aussagen über komplexe räumliche Muster der Formveränderung
innerhalb einer Stichprobe ermöglicht. Dieses analytische Instrumentarium
ist geeignet, die evolutionäre Entwicklungsbiologie von fossilen Hominiden
zu erforschen, z. B. der Frage nachzugehen, welche Rolle Veränderungen
im Entwicklungsprogramm bei der evolutionären Dichotomie Mensch-Neandertaler
gespielt haben. - Neben neuen Analysemethoden sind es aber immer auch neue
Fossilfunde, die in der Paläoanthropologie für neue Fragen und
Antworten sorgen. In den letzten Jahren wurden in Georgien und dem Tschad
fossile Hominiden gefunden, die entscheidend sind für unser Verständnis
der Out-of-Africa-Bewegungen der frühen Vertreter der Gattung Homo
und des Ursprungs der Hominiden. |
Raoul J. Mutter |
Fossile Fische aus der Trias der kanadischen Rocky Mountains |
149/2-3: 51-58 |
Sch1agwörter: Britisch-Kolumbien fossile Fische - Geologie
- Pa1äonto1ogie - Trias - Wapiti Lake |
Die Suche nach Fossilien
in der Untertrias der Sulphur Mountain Formation (Vega-Phroso-Schichtglied)
in der Nähe des Wapiti Lake (östliches Britisch-Kolumbien) hat
eine Vielzahl neuer Fischfossilien ans Tageslicht befördert. Trotz
der oftmals dürftigen Erhaltung der Fossilreste begeistert eine ganze
Reihe von verschiedenartigen Fischen einerseits durch ihre Vollständigkeit,
andererseits durch ihren wissenschaftlichen Wert: Knorpelfische und Strahlenflosser
ebenso wie Quastenflosser.
Die Untertrias der kanadischen Rockies liefert der Paläoichthyologie
eine wichtige Referenzfauna, weil keine andere Fundstelle dieselbe Diversität
aufweist. Es treten mehrere Abschnitte im Profil des Vega-Phroso-Schichtglieds
auf in denen sich eine Konzentration an artikuliert und gut erhaltenen
Fossilien findet. In bestimmten Horizonten gefundene Muscheln und vielleicht
auch Mikrofossilien könnten erneut zur Bestätigung des relativen
Alters der Faunenassoziationen herangezogen werden, da die Fauna im Vergleich
mit anderen Untertrias-Faunen ursprünglich anmutet. |
Fabian Egloff und Edwin Urmi |
Wasserpflanzen des Kantons Zürich: Kryptogame Makrophyten |
149/2-3: 59-73 |
Sch1agwörter: Bryophyta - Charophyta - Moose - Pteridophyta -
Schweiz - Verbreitungskarten |
Verbreitung, Häufigkeit
und Gefährdung der aquatischen Farnpflanzen (Pteridophyta), Moose
(Bryophyta) und Armleuchteralgen (Charophyta) im Kanton Zürich sind
Gegenstand der vorliegenden Arbeit. Im Zentrum stehen dabei die in den
Jahren 1971 bis 1974 gesammelten Moose. Die Ergebnisse werden in Listen
und Verbreitungskarten dargestellt.
Von fünf festgestellten Farnpflanzen ist eine einzige
Art (Equisetum fluviatile) als einheimische Wasserpflanze im engeren Sinn
anzusprechen. Die Moose zeigen eine beachtliche Vielfalt von 64 verschiedenen
Arten, von denen allerdings nur 16 eigentliche Wasserpflanzen sind. Eine
Torfmoos-Art (Sphagnum teres) ist neu für das Untersuchungsgebiet.
Die Armleuchteralgen sind mit 11 Arten vertreten.
Im Hinblick auf Bestandesveränderungen wurden im
Jahre 2003 an 38 Fundorten mit besonders bemerkenswerten Arten Nachuntersuchungen
vorgenommen. Sowohl Rückgang als auch Zunahme wurden dabei festgestellt.
Seit der ersten Aufnahme sind einzelne Arten möglicherweise ganz verschwunden.
Soll die Diversität an Wasserpflanzen wenigstens
im gegenwärtigen Umfang erhalten bleiben, sind weitere Anstrengungen
nötig. |
Peter Staubli |
Regeneration von Hochmooren im Kanton Zug |
149/2-3: 75-81 |
Sch1agwörter: Brämenegg - Breitried - Georadar - Sägemehl
- Torfmächtigkeit - Zuger Methode |
Die Hochmoorfläche
der Schweiz umfasst heute rund 1500 Hektaren, was rund 14% der ursprünglich
vorkommenden F1äche entspricht. Davon sind lediglich 150 Hektaren
in einem natürlichen Zustand. Die zwei Bundesverordnungen zum Moorschutz
verlangen von den Kantonen, dass bestehende Beeinträchtigungen von
Mooren bei jeder sich bietenden Gelegenheit soweit als möglich rückgängig
gemacht werden.
Der Kanton Zug ist, bezogen auf die Gesamtfläche,
der hochmoorreichste Kanton. Er hat seit 1990 mehrere Projekte zur Hochmoorregeneration
erfolgreich realisiert. Neben der Anwendung bewährter Regenerationsmethoden
entwickelte das Amt für Raumplanung des Kantons Zug neu eine Methode,
bei der Sägemehl in Kombination mit eingerammten Holzbrettern Torf
als Füllmaterial für Entwässerungsgräben ersetzt (Zuger
Methode).
In fünf weitgehend abgeschlossenen Regenerationsprojekten
zeigen sich bereits nach 5-10 Jahren beachtliche Erfolge: die Grundwasserstände
steigen merklich, Moorflächen vergrössern sich, (Torf-)Moose
breiten sich aus, die Verbuschung geht zurück und über neue Extensivierungsflächen
bestehen Verträge.
Eine Übersicht zeigt den Stand von verschiedenen
Regenerationsprojekten in der Schweiz. |
Gerhart Wagner |
Das Mittelmoränen-Modell – aus wissenschaftlicher Sicht
Duplik auf die Replik von Graf et al. in der "Vierteljahrsschrift"
148 (3) |
149/2-3: 83-86 |
|
kein Abstract |
|
Müller,L. und Fraefel,C. |
Mehr als nur Fieberbläschen: Herpes simplex-Viren
im Dienste der Gesundheit |
149/4: 87-94 |
Schlagwörter: Adeno-Assoziierte Viren (AAV) - Amplikon
- Gentherapie - Gentransfer - Herpes simplex-Virus - HSV-1 - Hybridvektoren
- onkolytische Viren |
In der Natur kommen
zahlreiche Herpesviren vor, von denen acht verschiedene beim Menschen als
Krankheitserreger eine Rolle spielen. Zu dieser Gruppe zählt auch
Herpes simplex-Virus Typ 1 (HSV-l), welches vor allem für lästige
Fieberbläschen und seltener auch für Hornhaut- und Gehirnentzündungen
verantwortlich ist. Gegenwärtig erfolgen intensive Bemühungen,
einzelne Vertreter aus der Familie der Herpesviren in den Dienst der Gesundheit
zu stellen. Die wesentlichen Anwendungsgebiete genetisch manipulierter
Herpesviren liegen im Rahmen der somatischen Gentherapie und der Tumorbehandlung
mit onkolytischen Herpesviren. Zahlreiche vorklinische Untersuchungen und
erste klinische Studien belegen das grosse Potential der Herpesviren in
diesen Bereichen. |
Suter, St. und Hölzle, M. |
Kalte Gletscher als Paläotemperaturarchiv - Untersuchungen aus
dem Mont-Blanc und Monte-Rosa-Gebiet |
149/4: 95-104 |
Schlagwörter: Energiebilanz - Firntemperaturen -
Glaziologie - Klimaveränderung – Mikroklimatologie - Modellierung
- Temperaturrekonstruktion |
Wenig war bis anhin
bekannt über die thermischen Verhältnisse hochgelegener Alpengletscher.
Im Rahmen eines internationalen Forschungsprojektes wurden im Mont-Blanc-
und Monte-Rosa-Gebiet systematische Untersuchungen zur Erforschung der
Temperaturverhältnisse so genannt kalter Gletscher und ihrer Beziehung
zum Klima durchgeführt. «Kalt» bedeutet dabei, dass der
Firn über das ganze Jahr hindurch Temperaturen unter dem Gefrierpunkt
aufweist. In der Studie wurden insbesondere die Verbreitung von kalten
Fimgebieten, die Wechselwirkung zwischen kaltem Firn und Mikroklima und
die Eigenschaft als Paläotemperaturarchiv untersucht. Die Verbreitung
von kaltem Firn gehorcht einem komplexen mikroklimatischen Muster und ist
grosser Variabilität unterworfen. Nebst der Höhenlage und der
Hangexposition spielt die Schmelzwasserinfiltration während den Sommermonaten
eine entscheidende Rolle, ob kalter Firn entsteht und wie kalt er ist.
Dies konnte aufgrund einer Energiebilanzstudie gezeigt und mit Modellrechnungen
untermauert werden. Die seit den 1990er Jahren in Mitteleuropa beobachtete
Erwärmung konnte mit Hilfe von gemessenen Bohrlochtemperaturprofilen
aus dem Gletscher auch für die hochalpinen Lagen der Alpen bestätigt
werden. Wegen der hohen Sensitivität kalter Fimgebiete speziell auf
hohe Sommertemperaturen droht diesen Gebieten in naher Zukunft eine rasche
Erwärmung mit weitreichenden Folgen für das Klimaarchiv Gletscher. |
Haab, R. und Jutz, X. |
Das Hochmoor-Regenerationsprogramm im Kanton Zürich |
149/4: 105-115 |
Sch1agwörter: Erfolgskontrolle - Hochmoor - Hochmoorregeneration
- Moor - Moorhydrologie – Regeneration - Wiedervernässung |
Die Fachstelle Naturschutz
Kanton Zürich betreibt seit 6 Jahren em Hochmoor-Regenerationsprogramm
mit dem Ziel, die 10 bis 15 wichtigsten Hochmoore im Kanton zu regenerieren.
Im Rahmen des Programmes wurden in fünf Objekten Massnahmen bereits
umgesetzt. Im Folgenden wird das Vorgehen bei der Planung und Umsetzung
dieser Projekte dargestellt und auf die wesentlichsten Inhalte des Regenerationsprogrammes
hingewiesen. Die bisher vorliegenden Resultate aus der Erfolgskontrolle
zeigen, dass sich die Hochmoore in die gewünschte Richtung entwickeln. |
Kuhn, N. |
Frahm, J.-P. und Frey,W. 2004
Moosflora |
149/4: 116 |
|
kein Abstract |
Kuhn, N. |
Benkova, V.E. und Schweingruber, F.H. 2004
Anatomy of Russian Woods |
149/4: 117 |
|
kein Abstract |
Gilgen, R. |
Pressemitteilung der SANW zur Abschiedsvorlesung von Prof. Dr. Dr.h.c.
Peter Baccini
Kupfer, Holz und Honig - Drei Stoffe und eine Geschichte |
149/4: 118 |
|
Siehe www.sanw.ch |
2003 |
148. Jahrgang    |
|
Heinz Böker |
Sind Depressionen psychosomatische Erkrankungen? |
1: 1-16 |
Keywords: Zirkulares Depressionsmodell - Psychosomatisches
Paradigma - Depressionsforschung -Depressionsbehandlung |
Depressionen sind
sehr häufige, oftmals auch sehr schwere psychiatrische Erkrankungen.
Die Fülle der vorliegenden biologischen, psychologischen und soziologischen
Befünde der Depressionsforschung erfordert einen Integrationsversuch.
Hierzu wird das psychosomatische Paradigma, das auf die zirkulare Verknüpfung
unterschiedlicher Dimensionen zielt, herangezogen und auf das Spektrum
der depressiven Erkrankungen angewandt. Als Bausteine eines zirkularen
Depressionsmodells werden Ergebnisse aus den verschiedenen Bereichen der
Depressionsforschung (Epidemiologie, Life-Event- und Social-Support-Forschung,
Neurobiologie, Kognitive Psychologie, Therapieforschung) herangezogen.
Angesichts der Komplexität des Forschungsgegenstandes wird die Bedeutung
einer die Besonderheiten des Einzelfalls berücksichtigenden Perspektive
unterstrichen. Die sich für die Depressionsforschung und -behandlung
ergebenden Implikationen eines zirkularen Depressionsmodells und des damit
verbundenen «psychosomatischen Denkens» werden abgeleitet. |
Heinz Bachmann |
Versuch einer Homogenisierung der Monatsmittel der Zürcher Temperaturreihe |
1: 17-26 |
Keywords: Dreiermittel - homogenisierte Monatsmittel
- moderne Temperaturmessungen -verschiedene Messstandorte - Vierermittel
- Wetterhütten |
Die zur Beurteilung
der Klimaentwicklung wichtige Homogenisierung der langjährigen Temperaturreihe
eines Ortes kann auf verschiedene Weise durchgeführt werden, wobei
bei allen diesen Versuchen ein gewisses hypothetisches Moment bestehen
bleibt. Eine oft angewandte Methode ist daher der Vergleich mit als homogen
angenommenen Vergleichsreihen anderer Stationen (wie z. B. im Rahmen des
Projektes «KLIMA 90» der METEO Schweiz für die Jahre 1961-90).
Im Gegensatz dazu soll hier die Homogenisierung (Reduktion auf den heutigen
THYGAN-Standard) der gesamten Reihe der Monatsmittel der Temperatur von
Zürich (METEO Schweiz) durch an der Station selbst durchgeführte
Parallelmessungen erreicht werden, soweit dies möglich ist. |
Heinz Furrer , Thomas Reichlin und Andre Grundmann |
Fossile Baumstrünke in der Unteren Süsswassermolasse (spätes
Oligozän) im Bergsturzgebiet von Goldau |
1: 27-34 |
Keywords: Fossilien - Paläobotanik - Abrisswand
- Inkohlung - Rigi-Rossberg-Schüttung - Chattian - Tertiär -Rossberg
- Bergsturz - Geotop |
In einer Mergelschicht
in der Abrissnische des Goldauer Bergsturzes haben wir vier in Wachstumsstellung
fossilierte Baumstrünke gefunden und dokumentiert. Die vier Baumstrünke
sind Zeugen eines Auenwaldes, welcher vor zirka 25 Mio. Jahren auf der
Überschwemmungsebene eines weitverzweigten Flusssystems stockte und
später bei einem Hochwasser zugeschüttet wurde. Diesen aussergewöhnlichen
Fund er-achten wir als erhaltenswert. Mit einem originalgetreuen Abguss
eines der Bäume soll dieses Dokument aus der Vergangenheit der Erdgeschichte
festgehalten und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. |
Conradin A. Burga und Giuseppe Sampietro (Zürich) |
Pollenanalytische Untersuchungen im Robenhauserried (Pfäffikersee/ZH),
Ein Beitrag zur spät- und postglazialen Vegetationsgeschichte im Zürcher
Oberland. 1.Teil
1. Teil: Geographisch-historischer Überblick, Methoden, Profilübersicht
und spätglaziale Vegetationsgeschichte |
2: 35-44 |
Keywords: Pollenanalyse - Robenhauserried - Spätglazial
- Vegetationsgeschichte - Zürcher Oberland |
Mittels Pollenanalysen
an Seesedimenten und Torfbildungen von zwei Bohrprofilen der südlichen
Verlandungszone des Robenhauserrieds wurden die Floren-, Vegetations- und
Klimageschichte im Gebiet der einzigartigen Moorlandschaft des Pfäffikersees
(Zürcher Oberland) untersucht.
Das Hauptziel war die natürliche lokale und regionale
Vegetationsentwicklung seit dem Würz-Spätglazial (ab ca. 14000
J BP) zu rekonstruieren. Die auf den eisfreien Flächen angesiedelte
Pionier-, Steppen- und Rasenvegetation wurde gegen Ende der Ältesten
Dryas von Strauch- bzw. Vorwaldvegetation mit ersten Baumbirkenbeständen
abgelöst. Die spätglaziale Wiederbewaldung durch Birke und Waldföhre
erfolgte im Bölling- und Alleröd-Interstadial. Die Kaltphase
der Jüngeren Dryas bewirkte eine Auflichtung der Mittelland-Wälder
und eine erneute Zunahme der typischen spätglazialen Tundra- und Steppenarten. |
Friso van der Veen |
Die Synchrotron Lichtquelle Schweiz, ein neues Licht zur Erforschung
der Materie |
2: 47-54 |
Keywords: Beugung von Röntgenstrahlen - Photoelektronspektroskopie
- Proteinkristallographie - Röntgentomographie - Strukturaufklärung
- Synchrotronstrahlung |
Während der letzten
Jahre sind Synchrotronlichtquellen für die naturwissenschaftliche
Forschung von immer grösser werdender Bedeutung geworden. Diese äusserst
brillanten Quellen gewähren den Forschem ein Spektrum elektromagnetischer
Strahlung, das sich vom Infrarot bis zum harten Röntgenbereich erstreckt.
Die Synchrotron Lichtquelle Schweiz (SLS), seit August 2001 in Betrieb,
erschliesst den schweizerischen Forschem neue Möglichkeiten für
die Erforschung der Materie. Die Anwendungen liegen vor allem im Bereich
der Strukturbiologie, der Strukturaufklärung von neuen Materialien
und der Untersuchung von elektronischen Bindungszuständen an Oberflächen
und Grenzschichten. |
Dieter Steiner |
Humanökologie und nachhaltige Entwicklung |
2: 55-64 |
Keywords: Effizienz und Suffizienz - Gesellschaft - hierarchische
Struktur - Kapitalstock - Kultur - Ökologie -Orientierung - politisches
System - schwache und starke Nachhaltigkeit - Wirtschaft |
Die neuere Humanökologie
befasst sich mit der Mensch-Umwelt-Problematik und versucht dazu, eine
disziplinenverbindende, integrative Perspektive zu entwickeln. Der vorliegende
Beitrag zeigt, wie sich eine solche Sichtweise auf das aktuelle Thema der
nachhaltigen Entwicklung anwenden lässt. Zuerst wird das konventionelle,
auf den drei Säulen Ökologie, Gesellschaft (i.e.S.) und Wirtschaft
aufbauende Modell mit seiner Idee der Kapitalstöcke vorgestellt, und
es werden die dabei auftauchenden Fragen von schwacher vs. starker Nachhaltigkeit
und von Effizienz vs. Suffizienz diskutiert. Die daran anknüpfende
human-ökologische Kritik weist auf drei Unzulänglichkeiten hin:
1. Das Fehlen eines Bereichs der Kultur (i.e.S.), verstanden als grundlegende
Geisteshaltung; 2. das Fehlen des politischen Systems innerhalb des Bereichs
der Gesellschaft (i.e.S.), also dem Werkzeug zur Einleitung einer nachhaltigen
Entwicklung, und 3. die postulierte Gleichrangigkeit der Bereiche, wo doch
der Ökologie in erster und der Kultur in zweiter Linie ein Primat
zukommen sollte. |
Zehnder, C.A. |
Prof. Dr. h.c. Ambros Speiser (1922-2003) |
2: 66 |
|
|
|
|
|
Gerhart Wagner |
Eiszeitliche Mittelmoränen im Kanton Zürich
2. Teil: Linth/Rhein-Gletscher im Glatttal, Gletschergebiete von Reuss
und Thur/Rhein |
3: 67-77 |
Keywords: Deckenschotter - Drumlins - Eiszeit
- Geomorphologie - Mittelmoränen-Modell - Schweiz |
Im Anschluss an WAGNER (2002)
wird das Paradigma Mittelmoräne auf den Glatttal-Arm des Linth-/Rhein
Gletschers sowie auf die zürcherischen und benachbarten Gebiete des
Reuss- und des Thur-/Rhein-Gletschers angewendet.
1. Drumlins. Das Baumaterial der Drumlins wird im Wesentlichen
auf ursprüngliche Obermoräne zurückgeführt. Die Hügelform
ist primär durch die Art der Sedimentation (Mittelmoränenkämme,
«Hummocky moraines», evtl. Reliefumkehr) entstanden. Die Hügel
können somit als «Obermoränendrumlins» im Sinne von
HEIM (1919 S.262) bezeichnet werden. Manche Hügel wurden durch nachträgliche
Eisüberprägung abgeflacht und mit Grundmoräne überzogen.
2. Deckenschotter. Nach dem «Mittelmoränen
Modell» wurde auch das Baumaterial der Deckenschotter auf dem Eis
herangeführt durch Mittelmoränen, die lokal auf erhöhte
Teile des Molassereliefs aufführen. Das Schuttgut wurde grossenteils
verschwemmt und eisrandnah sedimentiert. Deckenschotter zeigen somit nicht
die Basis, sondern die Oberfläche der zugehörigen Gletscher Die
Vorstellung früherer hochgelegener Einebnungsflächen wird aufgegeben.
Überflüssig wird auch die Annahme eiszeitlicher tektonischer
Ereignisse.
3. Beziehungen zwischen Drumlinfeldern und Deckenschottern.
Auf den aus vielen Teilgletschern zusammengesetzten Eisströmen bildete
sich in jeder Kaltzeit dasselbe Mittelmoränenmuster («Re-Iteration»
der Mittelmoränen). Darum lassen sich manche für die Würmeiszeit
eruierte Mittelmoränenstränge auch in den Vorkommen von älteren
Moränen und Schottern («Riss»- und Deckenschotter) wiederfinden. |
Hans Rudolf Graf , Reto Burkhalter , Thomas Gubler, Oskar
Keller, Max Maisch , Conrad Schindler, Christian Schlüchter und Georg
Wyssling |
Das «Mittelmoränen-Modell» - aus wissenschaftlicher
Sicht |
3: 79-87 |
|
No Abstract |
|
Martin Frank |
Radiogene Isotopensysteme in Eisen/Mangankrusten: Tracer für Zirkulation
und Verwitterungseintrag in den Ozean |
3: 89-96 |
Keywords: Radiogene Isotope - Isotopengeochemie
- Ozeanzirkulation - Paläozeanographie - Verwitterung -Wassermassen |
Die radiogene Isotopenzusammensetzung
bestimmter gelöster Metalle im Meerwasser (Neodym, Blei, Hafnium)
kann als Tracer in der Ozeanographie und Paläo-Ozeanographie genutzt
werden. Diese Metalle haben Verweilzeiten im Ozean, die vergleichbar sind
mit der Zeit, die das Wasser der Weltozeane braucht, um einmal komplett
ausgetauscht zu werden (ca. 1500 Jahre). Die typischen Isotopensignaturen
bestimmter Wassermassen bleiben daher über lange Distanzen erhalten
(Tausende von Kilometern). Änderungen der isotopischen Zusammensetzung
dieser Metalle im Meerwasser geschehen auf Zeitskalen von wenigen 10er
Jahren bis hin zu Millionen von Jahren als Funktion von Veränderungen
der Zirkulation und der Mischung von Wassermassen, der Eintragsquellen
von erodiertem kontinentalem Material, von Verwitterungsprozessen oder
geographischen Veränderungen wie der Öffnung oder Schliessung
von Verbindungen zwischen Meeresbecken oder Gebirgsbildungen. Die Effekte
dieser Prozesse überlagern sich und müssen voneinander getrennt
werden, um aus den Zeitserien der radiogenen Isotopensignale verlässliche
Angaben über Paläozirkulation oder Verwitterungseintrag in der
Vergangenheit abzuleiten. Tiefsee-Eisen-/Mangankrusten, die chemische Meerwasser-Präzipitate
darstellen und die bei ihrem sehr langsamen Wachstum (wenige mm pro Million
Jahre) die radiogenen Isotopensignaturen des Tiefenwassers einbauen, stellen
ideale Archive dar, um die Evolution der radiogenen Isotopensignaturen
im Ozean der letzten 60 Millionen Jahre zu rekonstruieren. |
Pascal Vittoz, Antoine Guisan, Martine Rebetez, Alexandre
Buttler und Frank Klötzli |
Vegetations-Dauerbeobachtungsflächen als Zeiger für Umweltveränderungen
Das Projekt PERMANENT.PLOT.CH bittet um Ihre Mithilfe |
3: 97-99 |
Keywords: Schweiz - Datenbank - Monitoring
- Pflanzengemeinschaften |
Ein neues Projekt wurde dieses
Jahr an der Universität Lausanne gestartet. Es ist darauf ausgerichtet
eine Datenbank zu generieren, in welcher sowohl geschichtlich ältere
als auch jüngere Dauerbeobachtungsflächen in der Schweiz zusammengefasst
werden (floristische Inventarlisten von geographisch genau lokalisierten
Standorten). Dieses Projekt wird einen Langzeit-Zugriff auf die Inventarlisten
von geographisch lokalisierten Standorten sicherstellen und wird als eine
wichtige Informationsquelle für die Schweizer botanische Forschung
in Bezug auf wechselnde Klimabedingungen zur Verfügung stehen. Sollten
Sie von solchen Dauerbeobachtungsflächen wissen, bitten wir Sie mit
uns Kontakt aufzunehmen, so dass wir die Daten in unser System einfügen
können. |
Burga, Conradin |
Begleit-Kommentar der Redaktion der Vierteljahrsschrift |
3: 78 |
|
Zu den Mittelmoränen |
|
Klötzli, F. |
Kratz, R. und Pfadenhauer, J. 2001. Ökosystemmanagement
für Niedermoore. Strategien und Verfahren zur Renaturierung |
3: 78, 88 |
Gassmann, F. |
Kern, F. 1999. Darwin und die Bergpredigt. Vom Leben und seinem Sinn
in «dieser» und der «anderen» Welt |
3: 100 |
Kuhn, N. |
Schweingruber, F.H. 2001. Dendrologische Holzanatomie. Anatomische
Grundlagen der Dendrochronologie |
3: 101 |
Zwimpfer, Theres |
Erhardt, W., Götz, E., Bödecker, N. und Seybold, S.2002.
Zander Handwörterbuch der Pflanzennamen. Dictionary of plant names.
Dictionnaire des noms des plantes 102 |
3: 102 |
Zwimpfer, Theres |
Seybold, S.2002. Die wissenschaftlichen Namen der Pflanzen und was
sie bedeuten |
3: 102 |
Conradin A. Burga und Giuseppe Sampietro |
Pollenanalytische Untersuchungen im Robenhauserried (Pfäffikersee
ZH)
Ein Beitrag zur spät- und postglazialen Vegetationsgeschichte
im Zürcher Oberland
2. Teil: Postglaziale Floren- und Vegetationsgeschichte, menschliche
Landnahme |
148/4: 103-112 |
Keywords: Pollenanalyse - Robenhauserried - Postglazial
- Floren- und Vegetationsgeschichte -menschliche Landnahme - Zürcher
Oberland |
Die postglaziale Floren-
und Vegetationsgeschichte im Umkreis des Pfäffikersees ist geprägt
durch die Einwanderung und Ausbreitung der wärmeliebenden Laubhölzer
(Eiche, Ulme, Linde, Ahorn, Esche [Eichenmischwald], Hainbuche, Hasel,
Buche) und der Nadelhölzer (Tanne, Fichte) sowie durch den Rückgang
von Föhre und Birke. Nachdem der Eichenmischwald im Älteren Atlantikum
seine optimale Phase erreicht hatte, breiteten sich um 6400 J BP rasch
die neu eingewanderten Schatthölzer Buche und Tanne (und später
die Fichte) aus. Zu Beginn des Neolithikums macht sich um 5700 J BP der
Mensch durch ersten Kulturpollen und Waldrodungen bemerkbar (um 5000 J
BP tiefste Buchen- und Tannenwerte, vermehrt Kulturzeiger). Nachdem die
Hainbuche anfangs Subboreal eingewandert war, zeichnet sich im weiteren
Verlauf eine zunehmende Anwesenheit des Menschen ab: Von der Bronze- bis
zur Römerzeit nehmen die Kulturzeiger stark zu (Ackerbau, Rodungen,
Holznutzung, Beweidung, Schneiteln). Um 3000 J BP setzte die lokale Seeverlandung
durch Torfmoorbildungen ein, die später von einer Hochmoorentwicklung
abgelöst wurden. In der Römerzeit wurden Edelkastanie und Walnussbaum
eingeführt. Der 1715 einsetzende Torfabbau dauerte bis ca. 1960 und
führte an der Bohrstelle zu einem Verlust von ca. 1,5 m Torf, was
etwa 1300 Jahre Moorwachstum entspricht. |
Hilbi, Hubert |
Fressen und gefressen werden.
Vom Umgang pathogener Bakterien mit Phagozyten |
4:113-121 |
Keywords: Acanthamoeba castellanii - Amöbe - Apoptose
- Dictyostellum discoideum - Legionella pneumophila -Makrophage - Phagozytose
- Shigella flexneri |
Phagozyten (Fresszellen)
nehmen inerte Partikel und Bakterien in einem Prozess auf, der als Phagozytose
bezeichnet wird. Bakterien werden von Phagozyten des Immunsystems (Makrophagen
und Neutrophile Granulozyten) einverleibt und in einem membrangebundenen
Kompartiment, dem Phagolysosom, getötet und abgebaut. Phagolysosomen
entstehen kontinuierlich aus Phagosomen, indem sie mit Endosomen und Lysosomen
fusionieren.
Verschiedene pathogene Bakterien sind in der Lage, praktisch
jeden Schritt der Phagolysosomen-Reifung zu unterbinden oder zu modifizieren.
Auf diese Weise entrinnen die Bakterien ihrem Tod und töten ihrerseits
die phagozytische Zelle. Zu den pathogenen Strategien gehören Zytotoxizität,
Antiphagozytose, pathogen-induzierte Phagozytose und intrazelluläre
Replikation. Viele Pathogene replizieren in Makrophagen entweder in einer
massgeschneiderten Vakuole oder, nach Flucht aus dem Phagolysosom, im Zytoplasma
der Wirtszelle. Die Interaktion mit Phagozyten ist entscheidend für
den Erfolg der Virulenz-Strategie eines Pathogens.
Freilebende Amöben, wie zum Beispiel Acanthamoeba
castellanii oder Dictyostelium discoideum, sind urtümliche Phagozyten,
die sich von Bakterien ernähren. Gewisse Bakterien, unter ihnen Legionella
pneumophila, replizieren in diesen Amöben in einer spezifischen Vakuole
und töten dadurch letztendlich die Wirtszelle. Werden Legionellen
über Aerosole eingeatmet, können sie sich in den alveolären
Makrophagen der menschlichen Lunge vermehren und die Legionärskrankheit
auslösen. Die intrazelluläre Replikation von Legionellen in Amöben
und Makrophagen läuft mechanistisch ähnlich ab. Daher sind Amöben
ein nützliches Modell, um zelluläre Aspekte der Legionärskrankheit
zu analysieren. |
Panke, Sven |
Bioprozesstechnik in den Zeiten der Genomik |
4: 123-132 |
Keywords: Biokatalysatordesign - Bioverfahrenstechnik - integrierte
Prozessführung - Molekularbiologie |
Bioprozesstechnik
ist das Entwerfen und Analysieren von Prozessen, in denen mit Hilfe von
Biokatalysatoren Stoffwandlungen durchgeführt werden. Typische moderne
Produkte sind komplexe Moleküle und Biopharmazeutika. Während
traditionellerweise die Bioverfahrenstechnik als apparative Unterstützung
für einen mühevoll zu entwickelnden Biokatalysator entwickelt
wurde, ist mit den Erfolgen der Enzymtechnologie und Molekularbiologie
bis hin zur Systembiologie das Spektrum der Entwicklungsmöglichkeiten
stark erweitert: Zum einen gibt es Möglichkeiten, Biokatalysatoren
mehr und mehr gewünschten Prozesseigenschaften anzupassen, zum anderen
ist der Zugang zu Biokatalysatoren sehr viel einfacher geworden. Die moderne
Bioprozesstechnik muss daher ihren Platz im Spannungsfeld aus verfahrenstechnischen
Optionen und biotechnologischen Entwicklungsmöglichkeiten einnehmen
und diesen in beide Richtungen entwickeln - durch Übernehmen von molekularbiologischen
Techniken einerseits und durch die Anwendung von ingenieurwissenschaftlichen
Prinzipien auf die Kunst der Biokatalysatorkonstruktion andererseits. |
Rasche, G., Scharf, G. und S. Haller-Brehm |
Prof. Dr. Armin Thellung (1924-2003) |
4:133-134 |
Stauffer, Felix |
Jugendpreis 2003 der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich |
4: 135 |
|
Dieses Jahr wurden
zum ersten Mal alle Gymnasien im Kanton Zürich eingeladen, je ihre
beiden besten Maturitätsarbeiten aus den Bereichen Biologie, Chemie,
Geographie, Mathematik und Physik für den Wettbewerb um den traditionellen
Jugendpreis der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich einzureichen.
Von rund der Hälfte der Schulen gingen insgesamt 15 Arbeiten ein.
Beurteilt wurden sie von Vertreterinnen und Vertretern der entsprechenden
Fachrichtungen aus unserem Vorstand. Sehr beeindruckend waren das grosse
Engagement aller Autorinnen und Autoren und die hervorragende Qualität
vieler dieser Arbeiten. Hauptkriterien bei der Entscheidungsfindung waren
Wissenschaftlichkeit, Originalität und Relevanz.
Der erste Preis geht an eine Arbeit aus dem Bereich Neuro-Informatik,
die beiden zweiten Preise werden vergeben für eine Arbeit aus der
Bakteriologie sowie eine aus dem Bereich Geschichte, Archäologie und
Chemie.
Gewinner des Jugendpreises 2003: Martin Schmid, Uster
(Kantonsschule Glatttal in Dübendorf)
Zweite Preise: Susanne Vögeli, Fehraltorf (Kantonsschule
Zürcher Oberland in Wetzikon) Samy Boulos, Wallisellen (Kantonsschule
Oerlikon) |
Gassmann, Fritz |
1. Preis: Martin Schmid, Kantonsschule Glatttal |
4: 135 |
|
Entwicklung eines Personenerkennungssystems
basierend auf neuronalen Netzen
Das Erkennen räumlicher Objekte und deren Interpretation
ist für uns so selbstverständlich, dass wir uns der zugrunde
liegenden Meisterleistung unseres Gehirns kaum bewusst werden. Im Gegensatz
dazu gehört das automatische Erkennen von Gegenständen durch
Roboter zu den schwierigsten, nach wie vor nur ansatzweise gelösten
Problemen. Martin Schmid hat ein Computerprogramm entwickelt und sorgfältig
ausgetestet, das mit einer Digitalkamera aufgenommene Porträts von
30-50 Personen erkennt und die entsprechenden Namen mit einer Trefferquote
von 80 bis 97% liefert. In einer Art Lernprozess wird ein simuliertes neuronales
Netzwerk durch Vorgabe mehrerer Ansichten der Personen mit zugehörigen
Namen derart präpariert, dass die Erkennungswahrscheinlichkeit maximal
wird, selbst wenn im Lernprozess nicht verwendete Porträts der Versuchspersonen
zur Interpretation eingegeben werden. Damit ein neuronales Netzwerk imstande
ist, diese Aufgabe zu lösen, müssen die digitalen Porträts
in mehreren aufeinanderfolgenden Schritten transformiert werden. Die ersten
entscheidenden Schritte sind die Lokalisierung des Kopfes, der Augen und
die Bestimmung von deren Koordinaten, um das Bild zu normieren. Dieses
Problem wurde durch den Autor mit Hilfe einer neuartigen Methode basierend
auf fünf aufeinanderfolgenden Tests auf sehr geschickte und effiziente
Art gelöst, die den Kern für ein konkurrenzfähiges, kommerzielles
Produkt bilden kann. Er hat dabei Intuition, Fantasie, Originalität
und Ausdauer bewiesen und sich durch komplizierte, für ihn unverständliche
Fachartikel nicht abschrecken lassen. |
Schwyzer, Martin |
2. Preis: Susanne Vögeli, KZO Wetzikon |
4: 136 |
|
Escherichia coli-Bakterium beim
Schwein - Krankheit -Ursachen - Gegenstrategien
Vor zwei Jahren traf Susanne Vögeli einen niedergeschlagenen
Schweinezüchter, der die Hälfte seines Ferkelbestandes durch
die Ödemkrankheit verloren hatte. Sie beschloss, in ihrer Maturitätsarbeit
dem Problem nachzugehen. Die Ödemkrankheit der Absetzferkel entsteht
durch bestimmte E. coli-Bakterienstämme, die sich via Fimbrien F 18
(Hafthärchen) an die Darmschleimhaut anheften und zudem verschiedene
Toxine bilden. Diese erzeugen Ödeme (Flüssigkeitsansammlungen
in Geweben) und Durchfall. Auch das ZNS kann betroffen sein. Seit 1996
ist bekannt, dass die Rezeptoren auf den Darmzellen, woran sich die Fimbrien
anheften, genetisch bestimmt sind. Inzwischen lassen sich A/A-Schweine
züchten, die gegen den E. coli-F18-Stamm resistent sind. In einem
Praktikum am Institut für Nutztierwissenschaften der ETH Zürich
bestimmte Frau Vögeli die Genotypen von Schweinen mittels PCR (Polymerase-Kettenreaktion).
Die statistische Analyse zeigte, dass vor allem bei der Zucht hochwertiger
Tiere die E. coli-F 18-Resistenz ein wichtiges Zuchtkriterium ist. In Interviews
mit fünf Züchtern wurde dieser Schluss teilweise erhärtet,
teilweise war seitens der Züchter auch Skepsis festzustellen. Die
umfangreiche Arbeit (71 Seiten) ist gut gegliedert, klar geschrieben und
mit passenden Bildern illustriert. Die Autorin versteht es hervorragend,
Zusammenhänge zwischen Forschung und (land-) wirtschaftlichen Fragen
herauszuarbeiten. Aus den Interviews und dem Journal des Laboraufenthalts
ist viel persönliches Engagement zu spüren. |
Bienz, Stefan |
2. Preis: Samy Boulos, Kantonsschule Oerlikon, Zürich |
4: 136 |
|
Die Kunst der Mumifizierung im
Alten Ägypten
Die Untersuchung archäologischer Probleme mit naturwissenschaftlichen
Methoden ist heute wichtiger denn je; sei es, dass neue, zerstörungsfreie
und immer feinere Analyseverfahren direkt auf archäologische Proben
angewendet werden, sei es, dass historisch belegte, aber nicht in jedem
Detail dokumentierte Verfahren experimentell nachvollzogen und wissenschaftlich
überprüft werden. Samy Boulos hat sich in seiner Maturaarbeit
mit letzterem beschäftigt; konkret mit dem Nachvollziehen der Mumifizierungstechnik,
wie sie im Alten Ägypten gepflegt wurde. Er eröffnet seine schöne
Arbeit mit einem übersichtlichen, mit viel illustrativem Bildmaterial
unterstützten theoretischen Teil, worin er den Leser in verschiedene
Aspekte der ägyptischen Mumifizierung einführt. So beleuchtet
und beschreibt er kurz und prägnant sowohl die kulturellen Hintergründe
und Techniken der alt-ägyptischen Mumifizierung als auch die Geschichte
der Mumienforschung bis in die Gegenwart, inkl. wissenschaftlicher Hintergründe.
Im zweiten, experimentellen Teil seiner Arbeit stellt Samy Boulos durch
eigene Mumifizierungsversuche mit Rindfleischstücken den natürlichen
Mumifizierungsprozess dem künstlichen, durch Chemikalien beschleunigten
Prozess gegenüber, untersucht die antibakterielle Wirkung einiger
Salböl-Bestandteile und krönt seine Arbeit mit der detailgetreuen
Mumifizierung eines kleinen Krokodils nach alt-ägyptischer Tradition. |
Burga, Conradin A., Klötzli, Frank, Gloor, Marlies |
Internationale Balzan-Stiftung |
4:137-138 |
Buchbesprechung |
|
|
Camenisch, F. Giovanoli, D. und Stupan, D. 2001 |
Val Fex: Ausblick in ein stilles Tal |
4: 122 |
2002 |
147. Jahrgang    |
|
Frank Klötzli |
Editorial |
1:1-2 |
Christoph Lippuner |
Leishmanien und Leishmaniosen
- Wenig bekannte Geissel der Entwicklungsländer |
1: 3-12 |
Keywords: Impfung - Infektionskrankheit
- Lebenszyklus der Leishmanien - LPG (Lipophosphoglycan) -Krankheitsformen
- Makrophagen - Mausmodell - Parasit - Sandfliege - T-Helferzellen -Verbreitung
- Zytokine |
Leishmanien sind einzellige
Parasiten, die das Spektrum der Krankheiten Leishmaniosen verursachen.
Die Leishmanien werden durch Sandfliegen auf Säuger übertragen.
Die Krankheitssymptome der Leishmaniosen sind sehr unterschiedlich. Gemeinsam
ist, dass bei einer Infektion im Säugetier hauptsächlich die
Makrophagen und dendritische Zellen befallen werden. - Dieser Artikel gibt
einen kurzen Überblick über die Verbreitung und den Lebenszyklus
der Leishmanien und die drei Haupttypen der Leishmaniosen - die kutane,
mucosale und viszerale Form.
Zudem wird die Morphologie des Parasiten und der Einfluss
der Oberflächenmoleküle auf den Infektionsvorgang beschrieben.
Zu den Hauptoberflächenmolekülen gehört Lipophosphoglycan.
Es wird gezeigt, welche Auswirkung dieses Molekül auf den Infektionsprozess
der Makrophagen haben kann. - In einem weiteren Kapitel wird der Einfluss
der Zytokine IL-4, das krankheitsfördernd wirkt, und IFN-y, das schützend
wirkt, auf den Verlauf einer Leishmania-Infektion im Mausmodell beschrieben.
Für die Sekretion dieser Zytokine sind T-Helferzellen sehr wichtig.
Durch die Art der Differenzierung dieser Zellen wird der Krankheitsverlauf
weitgehend bestimmt - die Infektion heilt ab oder nimmt einen tödlichen
Verlauf. Dies ist unter anderem ein Grund, dass das Mausmodell der Leishmaniose
als gutes Beispiel für die Aufklärung der Komplexität des
Immunsystems herangezogen werden kann.
In einem letzten Teil wird kurz auf die Behandlungsmöglichkeiten
und die Notwendigkeit von neuen Behandlungsstrategien und die Versuche
der Impfstoffentwicklung eingegangen. |
Sebastian Brandner |
Neurologische Krankheitsforschung:
von der Stammzelle zum Mausmodell |
1: 13-22 |
Keywords: Alzheimer - Demenz -
Neurodegeneration - Parkinson - Stammzellen - transgene Maus -Transplantation |
Diese Übersicht
über moderne Aspekte neurologischer Krankheitsforschung wird die Krankheitsmechanismen,
aber auch mögliche zukünftige Therapieansätze wichtiger
neurodegenerativer Erkrankungen, der Alzheimer'schen Krankheit und der
Parkinson-Krankheit, durchleuchten. Um zu verstehen, wie es zu der Neurodegeneration
kommt, werden zunächst die krankmachenden Mechanismen erläutert.
Sobald diese in etwa verstanden sind, kann auch nachvollzogen werden, wo
die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen von benutzten Modellsystemen
liegen. Eine ganz wesentliche Rolle nehmen heutzutage Mausmodelle ein,
mit denen versucht wird, die beim Menschen vorkommenden Veränderungen
nachzuvollziehen. Es wird deutlich, dass nur mit Hilfe validierter Modellsysteme
überhaupt Therapiekonzepte ausprobiert und weiterentwickelt, aber
auch verworfen werden können. |
Ursula Kües |
Sexuelle und asexuelle Fortpflanzung
bei einem Pilz mit 12000 Geschlechtern |
1: 23-34 |
Keywords: Basidiosporen - Coprinus
cinereus - Fruchtkörper - Kreuzungstypen - Meiose - Mitose - Oidien
-Pheromone - Rezeptoren - Transkriptionsfaktoren |
Der Hutpilz Coprinus
cinereus hat extrem hohe Anzahlen von Kreuzungstypspezifitäten («Geschlechtern»)
entwickelt, mit denen er Fusionen von monokaryontischen Myzelien mit einem
Typ an Kernen zu dikaryontischen mit zwei Typen von genetisch verschiedenen
Kernen kontrolliert. Die Kreuzungstypgene bestimmen ferner sexuelle und
asexuelle Fortpflanzung am Dikaryon. Das Dikaryon mit seinen zwei Kerntypenund
die hohe Anzahl an Kreuzungstypspezifitäten gibt dem Pilz in Bezug
auf Anpassung an die Umwelt einet genetische Flexibilität, die andere
Eukaryonten nichthaben. Die molekulare Analyse der Kreuzungstypgenehat
die zellulären Funktionen ihrer Produkte, deren Interaktionen und
die Grundlagen der hohen Anzahl anverschiedenen Kreuzungstypspezifitäten
aufgedeckt |
Christian Monn |
Luftschadstoffe und Allergene:
ein ungesundes Zusammenwirken |
1: 35-36 |
|
kein Abstract |
|
Anton Fischer |
Klötzli, F. und Walther,
G.R. (Hrsg.) 1999: Conference on recent shifts in vegetation boundaries
of deciduous forest, esp. due to global warming, 342. S. Birkhäuser
Basel |
1: 37-38 |
Erik C. Böttger |
Das bedrohliche Fremde -molekulare
Aspekte von Infektionserregern |
2: 41-49 |
Key words: Antibiotika - Bakterien
- Impfstoff- Mykobakterien - Rekombination - Ribosom -ribosomale RNA -
Toxizität |
Die Welt der Mikroben
ist unermesslich vielgestaltig, nur ein Bruchteil dieser Mikroorganismen
löst Infektionserkrankungen beim Menschen aus. Die Medizinische Mikrobiologie
ist die Lehre von den infektiösen Krankheitserregern. Antibiotikatherapie
und Impfungen sind zentrale Instrumente im Kampf gegen die Infektionskrankheiten.
Grundlage der Antibiotikatherapie ist das Prinzip der selektiven Toxizität,
dessen molekulare Grundlagen wir erst jetzt verstehen lernen. Unter den
Impfstoffen ist der Tuberkuloseimpfstoff -ein Lebendimpfstoff- weltweit
der am häufigsten eingesetzte, aber auch der umstrittenste Impfstoff
- der Impfschutz schwankt zwischen 0 und 85%.
Jüngste molekulare
Untersuchungen legen nahe, dass genetische Mechanismen der Instabilität
bei dieser Variabilität des Impfschutzes eine Rolle spielen. |
Dennis C. Turner |
Das Verhalten von Hunden und Katzen.
Berührungspunkte zwischen Mensch und Tier |
2: 51-61 |
Key words: Domestikation - Ethologie
- Mensch-Tier-Beziehung - Psychologie - Zucht |
Verschiedene Gründe
für die Domestikation der Vorfahren der Haushunde und der Hauskatzen
wurden schon postuliert. Jene Vorfahren zeig(t)en auch gewisse Präadaptationen,
welche sie besonders attraktiv für die Domestikationsversuche gemacht
haben. Nach einem zusammenfassenden Überblick werden die Ergebnisse
der gezielten Zucht (Rassenbildung), v. a. die Verhaltens- und Charakterunterschiede
zwischen den Hunde- und Katzenrassen, betrachtet. Diese beeinflussen wiederum
die Mensch-Heimtier-Beziehung. Letztlich wird die relative Rolle der Bindungsstärke
zum Tier und die soziale Unterstützung von Menschen im Beziehungsnetz
auf das interaktive Verhalten zwischen Mensch und Katze dargestellt. |
Konstantin Siegmann |
Feuer und Mensch. Von der Altsteinzeit
zum «Global Change» |
2: 63-71 |
Key words: Aerosol - Abgase -
Albedo - Kohlenstoff- Luftreinhaltung - Lungenkrebs - Partikel - Russ -Treibhauseffekt
- Verbrennung |
Der Gebrauch des Feuers
hat unsere heutige technologische Gesellschaft erst ermöglicht. Von
der intensiven Nutzung fossiler Brennstoffe zur Energieerzeugung gehen
jedoch ernsthafte Gefahren aus. Einerseits sind gewisse Schadgase und feine
Schadstäube, wie z. B. Russpartikel, für den Menschen gesundheitsgefährdend,
andererseits ändern andere Verbrennungsprodukte, wie z. B. Kohlendioxid,
den Klimahaushalt der Erde und führen zu einer globalen Erwärmung.
Eigene Forschungsresultate zur Entstehung von Russpartikeln
bei der Verbrennung werden erläutert, und ein generelles Bild der
Russbildung wird präsentiert. |
Dieter Späni |
Jugendpreis der Naturforschenden
Gesellschaft in Zürich: Stephan Gammeter |
2: 73-74 |
Der Jugendpreis der
NGZ wurde für das Jahr 2001 einem Maturanden des Realgymnasiums der
Kantonsschule Rämibühl Zürich zuerkannt. In seiner Semesterarbeit
hat er sich in die anspruchsvolle Theorie der Wavelets eingearbeitet und
Programme zur Bildkomprimierung und zum Bildvergleich erarbeitet. Abschliessend
präsentierte er selbst erstellte Beispiele zur Bildkompression und
zur Bildsuche.
Laudatio:
Der von der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich
für besondere naturwissenschaftliche Arbeiten der Zürcher Jugend
gestiftete Preis von Fr. 500. wurde 2001 Stephan Gammeter für seine
hervorragende, am Realgymnasium der Kantonsschule Rämibühl Zürich
ausgeführte Semesterarbeit «Theorie der Wavelets und ihre Anwendungen»
zuerkannt in Würdigung der ausgezeichneten Einführung und Erklärung
der Methode unter Verwendung eines verständlichen Begriffapparates,
der Dokumentation der verwendeten Module und der eindrücklichen, selbst
erstellten Beispiele zur Bildkompression und zur Bildsuche. |
Eric Kubli |
Einführung zum Themenheft
«Koevolution»: Koevolution- Rüstungswettläufe in
der Biologie |
3: 75-76 |
Georg Benz |
Koevolution von Insekten und Pflanzen |
3: 77-91 |
Key words: Abwehr - Angiospermen
- Bestäubung - diffuse Koevolution - Herbivorie - Induzierte Resistenz
- Kahlfrass - Nachschadenreaktion - Nektarsporn - Populationsgenetik -
Wundreaktion |
Koevolution bezeichnet
gemeinsame Evolution zweier oder mehrerer Arten bzw. Populationen unter
gegenseitiger evolutiver Beeinflussung bzw. Anpassung zu gegenseitigem
Nutzen. Die Arbeit befasst sich mit Koevolution von Gefässpflanzen
und Insekten bezüglich Herbivorie und von Angiospermen und Insekten
bezüglich Blütenbestäubung. Im einleitenden Kapitel wird
eine kurze Übersicht über Evolution im Allgemeinen und von höheren
Pflanzen und Insekten im Besonderen gegeben. Im zweiten Kapitel über
einfache Herbivorie werden Fragen zur Problematik von Herbivoren/Wirts-Beziehungen
besprochen, wie beispielsweise der Nutzen der Herbivoren für ihre
Wirtspflanzen; auch «Induzierte Resistenz» bzw. Abwehr nach
Bedarf und das Lärche/Lärchenwickler-System, das zu sukzessionslosen
reinen Lärchenbeständen führt, werden behandelt. Im dritten
Kapitel wird die viel leichter fassbare Koevolution von bestäubenden
Insekten und entomogamen Blütenpflanzen im Allgemeinen und am Beispiel
der amerikanischen Palmlilie (Yucca filamentosa) und ihrer spezifischen
Bestäuber-Motte im Detail besprochen. Im vierten Kapitel werden
Herbivorie und entomogame Blütenbestäubung abschliessend diskutiert. |
Paul I. Ward |
Die Ko-Evolution der Geschlechter |
3: 93-97 |
Key words: Fortpflanzung - genomische
Prägung - Männchen-Männchen-Konkurrenz - sexueller Konflikt
-Weibchenwahl |
Die Fortpflanzung
wird traditionellerweise als kooperativer Akt zwischen den Geschlechtern
verstanden. Die neuere Ansicht ist allerdings, dass sie zahlreiche Elemente
eines Konflikts beinhaltet. Z.B. ist bei vielen Arten die Paarung mit Kosten
verbunden, die sich bei Weibchen häufig in einer verminderten Lebenserwartung
nach einer Kopulation äussern. Diese Kosten können weit reichende
Konsequenzen für die Evolution vieler physiologischer und morphologischer
Merkmale von Männchen und Weibchen haben. Diese neue Sichtweise und
die dadurch besser zu verstehenden Anpassungen in der Verhaltensbiologie
und der molekularen Genetik werden vor allem aufgrund zweier Beispiele
bei Insekten, der Taufliege Drosophila melanogaster und der gelben
Dungfliege Scathophaga stercoraria, vorgestellt und diskutiert. |
Wolf U. Blanckenhorn |
Die Evolution der Körpergrösse
und des geschlechtlichen Grössendimorphismus |
3: 99-106 |
Key words: Grösse - natürliche
Selektion - Ökologie - quantitative Genetik - Paarungsverhalten -
Pflanzen -sexuelle Selektion - Tiere - Wachstum |
Die Körpergrösse
ist eines der wichtigsten Merkmale eines Organismus. Sie variiert enorm
im Organismenreich, wie auch bei jeder einzelnen Tier- und Pflanzenart.
Die Mehrheit der Organismen zeigt geschlechtliche Fortpflanzung, und die
meisten Tiere bilden zwei Geschlechter aus. Diese Männchen und Weibchen
sind oft unterschiedlich gross. Bei einigen Tiergruppen sind die Männchen
grösser (z. B. Säuger), bei anderen die Weibchen (z. B. Spinnen),
wiederum bei anderen sind beide Geschlechter etwa gleich gross (z.B. Vögel).
Zu Beginn wird kurz Darwins Prinzip der natürlichen Selektion erklärt,
(neben dem Zufall) einer der beiden zentralen Mechanismen, die generell
die biologische Evolution bedingen. Dann werden die wichtigsten genetischen
und ökologischen Faktoren besprochen (Temperatur, Nahrungsangebot,
Länge der Vegetationsperiode), die die Körpergrösse einer
Art beeinflussen. Danach werden einige zentrale evolutionsbiologische Grundregeln
vorgestellt (Bergmann-Regel; Renseh's Regel), die sich mit der Körpergrösse
beschäftigen. Abschliessend wird auf die Ursachen der Grössenunterschiede
von Männchen und Weibchen eingegangen. Ein geschlechtlicher Grössendimorphismus
resultiert dann, wenn die Vor- und Nachteile der Grösse bei Männchen
und Weibchen zu einem unterschiedlichen evolutionären Gleichgewicht
führen. |
Paul Schmid-Hempel |
Koevolution und die Rote Königin |
3: 107-114 |
Key words: Wirt-Parasit-Interaktion
- Selektion - Genotyp - sexuelle Fortpflanzung |
Was ist dafür
verantwortlich, dass genetische Variation in natürlichen Populationen
aufrechterhalten wird? Neuere Ergebnisse zeigen, dass die schnell ablaufende
Koevolution zwischen Wirten und ihren Parasiten ein wichtiger derartiger
evolutiver Prozess ist. Dabei interagieren die Genotypen von Wirten und
Parasiten in enger Weise und so, dass negativ-frequenzabhängige Selektion
entsteht. Dieser Prozess ist vermutlich auch eine der Ursachen für
die Evolution und Aufrechterhaltung sexueller Fortpflanzung. |
Jürg Helbling |
Koevolution und die Sozialwissenschaften |
3: 115-124 |
Key words: Evolution - Soziobiologie
- evolutionäre Ökonomie - Spieltheorie - Wildbeuter -tribale
Gesellschaften |
Das darwinsche Forschungsprogramm
kann dazu beitragen, wichtige sozialwissenschaftliche Probleme wie Kooperation,
Konflikt, Akteurstrategien und Gruppenkonkurrenz, sozialen Wandel zu lösen,
wie am Beispiel von Wildbeuter- und tribalen Gesellschaften gezeigt wird.
Eine evolutionäre Sozialwissenschaft kann aber nur dann gelingen,
wenn das darwinsche Forschungsprogramm vom biologischen Kontext herausgelöst
und für die Analyse sozialer und kultureller Phänomene angepasst
wird, hingegen nicht, wenn eine biologisch-genetische Theorie auf menschliches
Sozialverhalten übertragen wird, wie dies die Soziobiologie vorgeschlagen
hat. |
Eduard Kaeser |
Der Mensch: das Tier, der Automat.
- «Koevolution» von Mensch und Maschine |
3: 125-132 |
Key words: Anthropologie - Automation
- technische Evolution |
Der Mensch ist ein
Werkzeugerfinder. Seit dem Faustkeil lebt und entwickelt er sich mit seinem
Werkzeug zusammen. Im Laufe dieser Entwicklung zeigt sich immer mehr die
Tendenz des Werkzeugs und Geräts zur Verselbständigung. Schon
in der Antike faszinierte die Maschine, die sich selber bewegt, der Automat.
Der triumphale Siegeszug der modernen Technologie, heute vor allem der
Robotik, scheint nun freilich nicht nur die Aussicht auf eine «Ko-Evolution»
von Mensch und Maschine zu eröffnen, sondern mehr: die selbständige,
«selbst-replikative» Weiterentwicklung der Maschine. Löst
sich die Maschine in einer «post-biologischen» Evolution gar
vom Menschen ab? Solche Szenarien stehen heute im hohen Kurs unter Technovisionären.
Sie wecken alte ambivalente Gefühle. Die bekannte Ambivalenz von Segen
und Fluch, Verführung und Angst. Einerseits besteht die Verführung,
menschliche Fähigkeiten hinauszuverlagern, zu verbessern und zu potenzieren
im Werkzeug, im Gerät, im Automaten. Andererseits herrscht die Angst
als ständige Begleiterin, dass sich das so hinausverlagerte, maschinisierte
Menschliche am Ende emanzipieren, wenn nicht gar - als Monstrum - gegen
den Menschen richten könnte. Umso drängender stellt sich deshalb
die Frage: Werden wir die Maschinen, die wir «riefen», nicht
mehr los? |
Kratochwil, A. und Schwabe, A.
2001. |
Ökologie der Lebensgemeinschaften.
Biozönologie |
3:92 |
Hofer, U., Monney, J.-C. und Dusej,
G. 2001. |
Die Reptilien der Schweiz: Verbreitung,
Lebensräume, Schutz |
3:98 |
Internationale Balzan-Stiftung. |
Pressemitteilung |
3:133 |
Heinz Sulser |
Die Muschel der Jakobspilger |
4: 137-140 |
Jakobsmuschel - Jakobsweg - Kammmuscheln - Pectiniden
- Pilgerattribut - Taxonomie |
Die mittelalterlichen Pilger
des Jakobsweges brachten Schalen von Kammmuscheln nach Hause, dies als
sichtbares Zeichen der bestandenen Pilgerreise und des erreichten Ziels,
Santiago de Compostela in Nordwest-Spanien. Nach der heute gültigen
Namengebung handelt es sich bei dieser Muschel um Pecten maximus und nicht
um Pecten jacobaeus wie der Name es nahelegen würde. P maximus kommt
im Atlantik vor, während P jacobaeus ihren Lebensraum im Mittelmeer
hat. Die Gründe für diese Verwechslung werden erläutert.
Neue Ergebnisse der molekular-biologischen Forschung sprechen dafür,
dass die atlantische und die mediterrane Kammmuschel zwei morphologisch
abweichende, geographisch getrennte Formen der gleichen Spezies sind. |
Andreas Schaller |
Die Abwehr von Fressfeinden: Selbstverteidigung im Pflanzenreich |
4: 141-150 |
Herbivore Insekten - Koevolution - Microarray
Analyse - Resistenz - Signaltransduktion -Systemin - Verwundung |
Das Antlitz der Erde ist durch
Pflanzen geprägt, ungeachtet der herbivoren Ernährungsweise der
Hälfte aller Insektenarten. Die Widerstandsfähigkeit der Pflanzen
gegenüber herbivoren Insekten ist einer Fülle von Faktoren zu
verdanken, die sich in Jahrmillionen wechselseitiger Anpassungen entwickelt
haben. Anatomische Merkmale der Pflanzen stellen strukturelle Barrieren
dar, die den Insekten den Zugang erschweren. Toxische Inhaltsstoffe tragen
ebenso zur Resistenz bei wie die natürlichen Feinde der Schädlinge.
Viele Resistenzfaktoren werden erst durch Insektenbefall induziert, wie
zum Beispiel die Wundabwehrreaktion in Solanaceen, die das experimentell
am besten untersuchte System darstellt. Nach Verwundung durch Insektenfrass
kommt es hier zur Bildung von Systemin, einem Botenstoff, der eine systemische
Resistenz auslöst. Die Abwehrreaktion manifestiert sich in einer dramatischen
Änderung der Genexpression. In deren Folge kommt es zur Akkumulation
von Abwehr-Proteinen in den Blättern der Pflanze. Mit dem Verzehr
der Blätter werden diese Proteine aufgenommen und beeinträchtigen
dann Wachstum und Entwicklung des Insekts. Diese Arbeit versucht einen
Überblick über die Vielfalt und die faszinierende Komplexität
der Resistenz-bestimmenden Faktoren in Pflanzen zu vermitteln. |
Gerhart Wagner |
Eiszeitliche Mittelmoränen im Kanton Zürich -
1. Teil: Gebiet des Linthgletschers in der Zürichsee-Talung und im
Knonauer Amt |
4: 151-163 |
Deckenschotter - Drumlins - Eiszeit - Geomorphologie
- Moränen - Schweiz |
In den Eiszeiten vereinigten
sich die meisten ursprünglichen Seitenmoränen der Alpengletscher
zu Mittelmoränen. Diese wurden zu den bedeutendsten Zubringern des
heute im Alpenvorland liegenden alpinen Schuttes. Aus ihm entstanden die
meisten heutigen, aus quartärem Material bestehenden Wälle und
Hügel. Aus Mittelmoränenschutt entstanden zudem glaziofluviale
Schotter auf allen vom Eis erreichten Höhen. Daraus ergibt sich, dass
die Höhenlage von Schottern kein Kriterium für ihr Alter sein
kann.
Der durch die Zürichsee-Talung fliessende Hauptarm
des Linthgletschers führte auf seiner linken Seite einen besonders
breiten Mittelmoränenstrang. Dieser schüttete im Würm-Höchststand
den Lockergesteinskamm Hirzel Zimmerberg. In einem tieferen Stadium lag
er auf dem ins Knonauer Amt transfluierenden Arm und schüttete die
dortige Moränenlandschaft. Im Zürich-Stadium wurde er zur mächtigen
sekundären Seitenmoräne, welche die vielen Wälle an den
Hängen zwischen Sihltal und Zürichsee schüttete.
Mehrere kleine Mittelmoränen auf dem Zürichsee-Gletscher
schütteten am Ende oder am Rande der Gletscherzunge die quartären
Hügel im Bereich der Stadt Zürich, längs des rechten Talhanges
und auf dem Seegrund.
In den früheren Eiszeiten existierten dieselben
Mittelmoränen-Individuen. Der Hirzel-Mittelmoränenstrang schüttete
in einer oder zwei der früheren Kaltzeiten die hochgelegenen älteren
Schotter zwischen Albishorn und Uetliberg. |
Amler, K., Bahl, A., Henle, K., Käule, G. & Poschlod,
P. (Hg.) 1999. |
Populationsbiologie in der Naturschutzpraxis. Isolation,
Flächenbedarf und Biotopansprüche von Pflanzen und Tieren.
336 Seiten, 17 Farbfotos, 88 Abbildungen, 34 Tabellen. Ulmer,
Stuttgart. SFr. 83.-. |
4: 164 |