Vortragsreihe der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich im Wintersemester 2000 / 2001

ETH-Zentrum, Hauptgebäude, Hörsaal F3, Rämistrasse 101, 8092 Zürich

Montag, 30. Oktober 2000 / 19.30 Uhr    

Unser Vieh - unsere Wiesen und Weiden: Wohin führt die Zukunft?

Dr. Walter Dietl und Dr. Josef Lehmann, Eidgenössische Forschungsanstalt für Agrarökologie und Landbau, Zürich-Reckenholz

Gräser, Klee und Kräuter sind für unser Vieh bis heute noch die wichtigsten Nährstofflieferanten. In den letzten fünf Jahrzehnten hat sich die jährliche Milchleistung unserer Kühe etwa verdoppelt. Junges, gehaltreiches Wiesenfutter konnte den höheren Nährstoffanspruch der Tiere weitgehend decken. Nun stösst der "Futterbauer" jedoch an ökologische und tierhalterische Grenzen.
In der heutigen agrarpolitischen Situation ist es wichtig, auf diese Grenzen in Bezug auf Ertrag und Nährwert von Futterpflanzen in der Milchviehfütterung hinzuweisen. 70% der landwirtschaftlich genutzten Fläche in unserem Land sind mit Wiesen und Weiden bedeckt. Eine pflegliche Bewirtschaftung dieser Flächen trägt wesentlich zur Landschaftserhaltung und zur dezentralen Besiedelung unseres Landes bei. Wird jedoch Wiesenfutter bei der Fütterung der Hochleistungskuh immer stärker durch Kraftfutter (Getreide, Soja) verdrängt, so ergeben sich gravierende Konsequenzen: Das Raufutter verliert seine Rolle als Hauptnährstofflieferant, Kraftfutter (Ackerfrüchte) werden vermehrt eingesetzt, die Milchproduktion verlagert sich von Graswirtschaftsgebieten in Regionen mit optimalen Bedingungen für den Ackerbau. Man kann bei der Hochleistungskuh auch nicht mehr von einer wiederkäuergerechten Fütterung sprechen, da stärkehaltige Körnerfrüchte und spezielle Futtermittel den grössten Teil der benötigten Nährstoffe liefern.
 


SAMSTAG, 18. NOVEMBER 2000: EXKURSION ANS PAUL SCHERRER INSTITUT

PROGRAMM:
14.30: Begrüssung im PSI-Forum durch Dr. Fritz Gassmann
           Einiges über das PSI
           PSI-Video (7 Min.) und 3D-Film über Neutronen-Strukturanalyse (15 Min.)
15.00: Besichtigung der Exponate und "Hands-on-Experimente"
15.30: Kaffeepause
15.50: Einführung "Swiss Light Source" (SLS) im Forum
16.00: Transfer zur SLS
16.10: Besichtigung der im Bau befindlichen SLS
17.00: ENDE

SO FINDEN SIE DAS PAUL SCHERRER INSTITUT IN VILLIGEN
Anreise mit der Bahn: Brugg liegt an der Städtezug-Strecke (Zürich-Basel, Zürich-Bern). Ab Bahnhof Brugg können Sie die öffentlichen Postauto-Kurse benutzen. Die Linie Brugg-PSI-Böttstein-Döttingen bringt Sie innerhalb von ca. 20 Minuten zum Paul Scherrer Institut. Aktuelle Fahrpläne unter: http://www.sbb.ch (Brugg nach PSI-West) oder über Telefon 0900 300 300.
Anreise mit dem Auto via Brugg: In Brugg folgen Sie den Schildern Koblenz-Zurzach. Nach der Siedlung "Lauffohr" und einer kurzen Steigung zweigen Sie nach links Richtung Remigen/Villigen und nach etwa 500 m nach rechts Richtung Villigen ab. Ungefähr 1 km nach dem Dorfausgang Villigen liegt rechts das PSI-West. Das PSI-Ost/PSI-Forum erreichen Sie via Aarebrücke. Parkplätze sind vor dem PSI-Forum vorhanden.
Anreise mit dem Auto via Baden: In Baden folgen Sie den Schildern Koblenz-Zurzach. Sie fahren durch Nussbaumen, Untersiggenthal und Station Siggenthal. Ungefähr 1km nach dem Verkehrskreisel biegen Sie dem Wegweiser entsprechend links zum PSI ab und erreichen das PSI-Ost/PSI-Forum. Parkplätze sind vor dem PSI-Forum vorhanden.
 


MONTAG, 27. NOVEMBER 2000 / 19.30 Uhr

HIGH-SEIN IST GEFÄHRLICH: BERGKRANKHEIT UND HÖHENLUNGENÖDEM

PD Dr. Marco Maggiorini, Med. Intensivstation, Universitätsspital Zürich
Prof. Oswald Oelz, Chefarzt Med. Klinik, Stadtspital Triemli, Zürich

Am 1. September 1891 erreichte nach zwei vergeblichen Anläufen der junge Dorfarzt von Chamonix, Dr. Etienne Jacottet, den Gipfel des Montblanc. Von dort sah er seine Heimatstadt Neuenburg und die Gestade des Genfersees. Die folgende Nacht verbrachte er auf der Vallot-Hütte auf 4'350 m, die so schlimm war, dass er sie seinem ärgsten Feind nicht zugemutet hätte. Er litt an schwerer akuter Bergkrankheit, sein Urteilsvermögen war getrübt, so dass er auch am folgenden Tag nicht ins Tal absteigen wollte. Er starb wenige Stunden später an einem Höhenlungenödem, der erste in der westlichen Literatur dokumentierte Fall.
Pro Jahr müssen in der Schweiz mindestens zehn Höhenlungenödem-Patienten durch Helikopter ausgeflogen werden, im Himalaja und in den Anden treten bedeutend mehr solche Fälle auf. Die leichteren Formen der gesundheitsbedingten Höhenstörungen, also die akute Bergkrankheit, finden sich je nach Höhe des Untersuchungsortes in den Alpen bei 10 - 40 % der Bergsteiger. Für die Entwicklung dieser Komplikationen ist einerseits die Disposition, andererseits der zu schnelle Aufstieg - too fast too high - entscheidend. Der zu Grunde liegende Mechanismus ist eine Predisposition zu einem, infolge des verminderten Sauerstoffgehaltes der Luft, überschiessenden Anstieg des arteriellen Druckes im Lungenkreislauf (pulmonal-arteriellen Druck). Bergsteiger die ein Höhenlungenödem schon einmal gehabt haben, weisen auf 4559 m einen 50 - 100% höheren pulmonal-arteriellen Druck auf, als nicht Höhenlungenödem empfindliche Personen. Unklar bleibt ob ein kurz vor dem Höhenaufenthalt durchgemachter viraler Infekt die Entstehung eines Höhenlungenödems begünstigen könnte. Wir nehmen heute an, dass es bei einem zu raschen Anstieg des pulmonal-arteriellen Druckes zu einer Drucküberlastung der Lungenkapillaren - kleine wasserdurchlässige Gefässe - kommt, was zu einem Austritt von Wasser, Eiweiss und roten Blutkörperchen in den Lungenbläschen führt. Bei Patienten mit Höhenlungenödem kommt es zu einer leichten bis schweren Atemnot - im liegen verstärkt - eventuell gefolgt von schaumig blutig tingierten Auswurf, Husten und deutlich hörbares Lungenrasseln. Den Symptomen des Höhenlungenödems überlagern sich in fast 80% der Fälle Symptome der akuten Bergkrankheit.
Patienten mit akuter Bergkrankheit leiden an Kopfweh verschiedener Heftigkeit, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Gleichgültigkeit, Schlafstörungen, Schwindel, erhöhter Körpertemperatur sowie peripheren Ödemen. Bei schwerer akuter Bergkrankheit ist der Gleichgewichtssinn gestört, die Patienten sind nicht mehr in der Lage ihre Situation zu beurteilen. Falls sie nicht rasch in tiefere Lagen gebracht werden, treten Koma und Tod ein. Die Ätiologie der akuten Bergkrankheit ist nach wie vor unbekannt. Als mögliche Ursache wird eine vorübergehende ungenügende Anpassung des Gehirns an den verminderten Sauerstoffgehalt der Luft, mit Einlagerung von Wasser in lebenswichtigen Strukturen diskutiert.
Die Therapie der schweren akuten Bergkrankheit und des Höhenlungenödems ist der Abstieg und/oder Abtransport sowie - falls verfügbar - Sauerstoff. Die Beschwerden des Patienten können verbessert werden und der Abstieg kann erleichtert werden durch Gabe von Dexamethasone bei schwerer akuter Bergkrankheit und Nifedipine bei Höhenlungenödem.
 


MONTAG, 11. DEZEMBER 2000 / 19.30 UHR

Streifzüge durch Sibirien mit Fokus: Das Ringen des Baikals

Horst Machguth und Dominik Thiel, Studenten der Universität Zürich

Unsere fotografische Reise beginnt in Barnaul, in einer der grossen Industriestädte Westsibiriens. Hier, in der Weite der westsibirischen Tiefebene lässt noch nichts darauf schliessen, dass nur zweihundert Kilometer südlich bereits das Altai Gebirge beginnt, welches sich mit seinen vergletscherten Gipfeln bis weit in die Mongolei und nach China erstreckt. Wir berichten von der mehrtägigen Besteigung des Beluchas, des höchsten Gipfels des Altais und von den sehr ariden Hochgebirgsplateaus nahe der Mongolischen Grenze.
Hauptteil des Diavortrages bildet die Reise an die Ufer des Baikalsees. Der Baikalsee ist der älteste See der Erde, man schätzt, dass er etwa 20 Millionen Jahre alt ist. Unsere Schweizer Seen im Vergleich sind am Ende der letzten Eiszeit entstanden und sind nicht einmal 20000 Jahre alt.
In seiner langen Geschichte bildeten sich eine grosse Zahl von endemischen Tier- und Pflanzenarten die heute das Wasser und die Umgebung des Sees bevölkern. In der Nutzung des Resourcenreichtums kommt es zunehmend zu Konflikten zwischen der allmählich entstehenden Tourismusindustrie, den Ideen des Naturschutzes und der Bevölkerung des Baikalgebiets, für die der enorme Reichtum an Naturgütern, vor allem an Fischen, einen entscheidenden Teil ihrer Lebensgrundlage darstellt.
Inzwischen wurde das Gebiet des Baikalsees in die Liste des Weltkulturerbes der UNO aufgenommen. Die Geschichte des Natur- und Artenschutzes am Baikal geht jedoch bis ins Jahr 1916 zurück, als am nordöstlichen Ufer des Baikals der Bargusin Nationalpark gegründet wurde. Unter dem letzten Zaren gegründet um das Zobel vor der Ausrottung zu schützen, ist er der älteste staatliche Nationalpark Russlands. Wir verbrachten in diesem Sommer drei Monate in diesem Nationalpark und haben mit dem Fotoapparat beobachtet, wie versucht wird mit viel Improvisation und trotz widriger Rahmenbedingungen die Aufgaben des Naturschutzes und der Forschung weiterhin zu erfüllen.
 
 


MONTAG, 15. JANUAR 2001 / 19.30 UHR

ZWISCHEN GOLD UND DIAMANTEN - LASERSPEKTROMETRIE AUF NEUEN WEGEN

Prof. Detlef Günther, Laboratorium für Anorganische Chemie, ETH Zürich

Laserstrahlen können aufgrund ihrer hohen Energiedichte und der Möglichkeit, die Strahlung zu fokussieren, sehr gut für die Ablation von Festkörpern im µm-Bereich eingesetzt werden. Das aus der Laserstrahl-Probe-Wechselwirkung resultierende Aerosol kann einer Anregungsquelle (Induktiv gekoppeltes Plasma, ICP) zugeführt werden, um gezielt die Element- oder Isotopenzusammensetzung von Festkörpern zu bestimmen. Aufgrund der sehr geringen Massen, die von einem Festkörper abgetragen werden (ng), sind sehr niedrige Nachweisgrenzen zur quantitativen Spurenelementbestimmung erforderlich.
Die seit 1985 eingesetzte Laser Ablation-ICP-Massenspektrometrie hat sich von den anfangs qualitativen Elementnachweisen mehr und mehr zu einer quantitativen Analysenmethode entwickelt, was massgeblich auf den Wechsel von Infrarot- zu den UV-Laserwellenlängen und die damit verbundene "matrix-unabhängigere" Ablation zurückgeführt werden kann.
Welche Fortschritte durch die gezielte Optimierung der LA-ICP-MS erreicht wurde und welche Anwendungsbereiche zwischen "Gold- und Diamanten" erfolgreich bearbeitbar sind, sollen im Vortrag aufgezeigt und diskutiert werden.
 
 


MONTAG, 29. JANUAR 2001 / 19.30 UHR

ÖKONOMISCHE URSACHEN FÜR DEN VERLUST DER BIOLOGISCHEN VIELFALT

Frau Dr. oec. Irmi Seidl, Institut für Umweltwissenschaften, Universität Zürich

Die Zerstörung von biologischer Vielfalt zählt zusammen mit der Klimaveränderung und der Bodendegradierung zu den alarmierendsten globalen Umweltproblemen. In Gefahr sind unsere unmittelbaren existentiellen Lebensgrundlagen, die materielle und immaterielle Basis unserer Kulturen und wohl als wichtigstes, die Evolutionsfähigkeit der Erde. Dieser Zerstörung liegen zum Teil ökonomische Mechanismen und Entscheidungen zugrunde, die allerdings oftmals verdeckt und kaum bewusst sind. Fünf verschiedene ökonomische Mechanismen und Sachverhalte werden im Vortrag auf ihre Wirkung auf biologische Vielfalt hin untersucht: (i) das Versagen von Märkten; (ii) die Bedeutung (un)geklärter Eigentumsverhältnisse; (iii) die ökonomische Gewohnheit der Abzinsung künftigen Nutzens; (iv) ökonomisches Fehlverhalten des Staates und (v) die ökonomische Globalisierung der Wirtschaft. Ebenso wie diese Punkte aufdecken, wie die Ökonomie zur Zerstörung biologischer Vielfalt beitragen kann, lassen sich auch Instrumente für den Schutz von biologischer Vielfalt ableiten.


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